Vor einigen Tagen hat LEGO uns endlich verraten, was das Unternehmen im Hinblick auf die Farbvariationen geplant hat. Ich habe euch hier im Blog die neuen Sets und die beschränkte regionale Verfügbarkeit im Rahmen eines News-Artikels erst einmal relativ nüchtern vorgestellt, wobei mir diesmal die Unaufgeregtheit wahrlich nicht leicht gefallen ist.
Mit diesem Artikel folgt nun ein persönlicher Kommentar zum Pilotprojekt, der erklären soll, warum viele Fans das Experiment von LEGO nicht besonders positiv aufnehmen dürften. Außerdem soll es darum gehen, warum das gesamt Projekt vermutlich ein voller Erfolg sein dürfte und genau deshalb scheitern wird.
Die Entscheidung der LEGO Gruppe, die Farbvarianten (allen voran den hellblauen Fiat 500) und die alternativen Feuerwehr-Sets nur in England im Rahmen eines Tests zu veröffentlichen, ist nämlich nicht nur ein großes Ärgernis für viele LEGO Fans weltweit, sondern auch vermutlich einer der weniger durchdachten Pläne, die LEGO in den vergangenen Jahren vorgestellt hat. Das, was LEGO hier versucht, bringt nicht nur viele Fans (völlig unnötigerweise) gegen LEGO auf, sondern wird vermutlich einfach auch als Pilotprojekt nicht funktionieren.
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Keine regional exklusiven Sets mehr?
Wir erinnern uns zurück an das Jahr 2019, speziell an den Monat Mai. Damals versprach LEGO nach einem internationalen Shitstorm in der Fan-Community, keine regional exklusiven Sets mehr zu veröffentlichen. Auslöser für dieses Versprechen war die Frustration der Fan-Community darüber, dass die wunderschönen ersten LEGO Chinese New Year Sets und die The LEGO Movie 2 BrickHeadz für die Fans nur in wenigen Regionen zugänglich und daher weltweit nur zu horrenden Preisen über eBay verfügbar waren.
LEGO versprach damals Besserung und wollte zukünftig keine Sets mehr nur in bestimmten Regionen der Welt auf den Markt bringen. Aber man formulierte damals auch einige Ausnahmen, wie unter anderem diese hier:
[…]In den folgenden Bereichen werden wir weiterhin Produkte auf den Markt bringen, die eine gewisse Einschränkung der Verfügbarkeit und der Produktionsläufe haben:
[…]
- Pilotprojekte wie Forma, um Märkte und Möglichkeiten zu prüfen, ohne sie einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Und was soll man sagen: LEGO hat hier ein Pilotprojekt gestartet. In Billund hat man damit also die eigenen Versprechen definitiv nicht verletzt, das muss man den Verantwortlichen zu Gute halten.
Aber diese Ausnahme zeigt auch, wie unnütz das ganze Versprechen damit insgesamt ist: Denn solange LEGO etwas als “Pilotprojekt” definiert, gehen LEGO Fans in großen Teilen der Welt leer aus oder müssen horrende Aufschläge bezahlen. Und irgendwie ist bei LEGO ja jede neue Themenwelt auch ein Pilotprojekt. Was, wenn LEGO nächstes Jahr sagt: “Hey, wir bringen die LEGO Castle Serie zurück… Aber wir sind uns unsicher, wie gut das läuft, daher machen wir das mal nur in England.” – wie würde hier wohl die Reaktion der Fans ausfallen? Ja, das ist natürlich plakativ und überspitzt, aber was LEGO als Pilotprojekt ansieht, entscheidet eben nur LEGO ganz allein.
LEGO sollte alle Sets und andere Artikel, die Begehrlichkeiten wecken (und das ist bei LEGO nun mal aufgrund der weltweiten und riesigen Fan-Community fast alles), vermutlich einfach generell nicht mehr als regional exklusive Sets herausbringen und sich dann mit dem Pilotprojekt-Ansatz “herausreden” können. Obwohl… Vielleicht hätte LEGO ja besser mal VIDIYO als nur regional verfügbares Pilotprojekt auf den Markt gebracht, das hätte eventuell eine extrem teure Blamage erspart.
Die Aufregung in Deutschland hält sich zum gesamten Thema bisher überraschenderweise in Grenzen – was meinem (schon einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe geplanten) Kommentar hier sicherlich auch ein kleines bisschen den Wind aus den Segeln nimmt. 😉
Das liegt aber vermutlich vor allem daran, dass der Fiat 500 in Hellblau über Zavvi bestellbar ist und damit das attraktivste der neuen Sets auch für unsere Leser (und aufgrund des riesigen Versandbereichs von Zavvi beinahe weltweit) zugänglich ist. Das ist aber unseres Wissens keine Entscheidung von LEGO gewesen, sondern vermutlich einfach ein “glücklicher Zufall”. Wäre der Fiat nicht bestellbar gewesen, wären die Kommentarspalten zum Thema sicherlich deutlich voller und weniger entspannt.
Die anderen Sets (also die Farbvariationen der Dinos und die beiden City Feuerwehr-Sets) sind aus Deutschland zwar nicht bestellbar, aber vermutlich auch nur für Hardcore-Sammler attraktiv. Dennoch hätte ich hier (gerade aus Deutschland heraus) einen größeren Aufschrei vermutet.
Von Erfolg und Scheitern
Aber kommen wir nun zu einem ganz anderen Problem: Viel schlimmer als die regionale Exklusivität ist die Tatsache, dass jemand bei LEGO scheinbar ernsthaft glaubt, dass im Rahmen dieses Versuchs belastbare Infos herauskommen werden. Hier kann und muss man wirklich mal fragen: Wie gut kennt LEGO eigentlich die eigenen Fans?
Das Pilotprojekt von LEGO wird ein voller Erfolg werden und ist damit zum Scheitern verurteilt. Eine zeitlich begrenzte, regionale Verfügbarkeit der Sets (wir erinnern uns: die Sets werden nur bis zum 30. November verkauft) wird dazu führen, dass die Sets so stark nachgefragt werden wie sonst kein Release. Der hellblaue Fiat 500 wird im UK vermutlich deutlich stärker nachgefragt werden, als es das gelbe Modell jemals wurde. Zumindest unsere Zahlen belegen das: Der hellblaue Fiat 500 verkaufte sich unter unseren Lesern (also über unseren Affiliate-Link zu Zavvi) häufiger als das gelbe Modell seit seiner Markteinführung (ebenfalls wieder über unsere Links).
Aber heißt das zwingend, dass Fans den blauen Fiat schöner finden oder sich einfach über die Farbauswahl freuen? Natürlich nicht! Es heißt nur, dass viele Fans in Großbritannien (und sicherlich auch einige Fans aus Deutschland) sich natürlich darüber im Klaren sind, dass sie den Fiat bald mit einem sattem Preisaufschlag in die ganze Welt weiterverkaufen können und ihnen die Fans teilweise auch noch dankbar sind. Und auch bei vielen, die das Modell für sich selbst behalten, gilt: Exklusivität schafft Bedürfnisse! Alleine das Wissen um die Seltenheit des Sets sorgt dafür, dass es häufiger gekauft wird.
Durch Zavvi ist das in Deutschland und vielen anderen Ländern nicht nötig, aber für die anderen Sets gilt: Wer Bekannte, Freude oder Familie in England hat, wird diese bitten, ein Set (oder mehrere) bei LEGO zu bestellen, einfach um diese exklusiven Sammlerstücke zu bekommen. LEGO wird vermutlich also durch die gesamte Aktion so viele vermeintliche Neukunden in England anwerben, dass sie gar nicht anders können, als anzunehmen, die Sache mit den Farbvarianten und neu zusammengestellten City-Sets sei ein absoluter Erfolg.
Wie es LEGO stattdessen hätte machen können
Ich bin kein Fan davon, so zu tun, als wüsste ich alles besser als die Verantwortlichen in Billund. Das vor allem in Deutschland weit verbreitete Vorurteil, dass in der Firmenzentrale in Billund ausschließlich aufs Geld fixierte Manager säßen, die grundsätzlich den Kunden nicht verstünden und nur falsche Entscheidungen träfen, halte ich nicht nur für abgenutzt, sondern auch für vollkommen falsch. Dennoch würde ich gerne an dieser Stelle einen Vorschlag machen, wie LEGO mit solchen Pilotprojekten in Zukunft umgehen könnte, um bessere Ergebnisse zu erhalten.
Bei einer wirklich weltweiten Verfügbarkeit solcher Produkte wären die künstlichen “Exklusivitäts-Effekte” deutlich minimiert und LEGO erhielte viel bessere Aussagen darüber, wie attraktiv für die Fans eine neues Produkt (beispielsweise eine Farbvariation wie der Fiat 500) wirklich ist. LEGO möchte in diesem Pilotprojekt allerdings auch herausfinden, wie Kinder (und vielleicht auch Erwachsene) nicht nur online, sondern auch am Supermarktregal auf die Produkte reagieren.
Wenn England für LEGO ein so geeigneter Markt für den Beta-Test ist, sollte LEGO an seinem Vorgehen dort auch nichts ändern und die Versuche so durchführen. Aber zusätzlich sollte es doch möglich sein, die Produkte ausschließlich über die internationalen LEGO Onlineshops weltweit zu vertreiben. Der logistische Aufwand (und damit auch die zusätzlichen Kosten) würden sich für LEGO in Grenzen halten, da nicht wie in England hunderte kleine Händler beliefert werden müssten, sondern je Zielmarkt nur wenige zentrale Versandlager des Onlineshops. Und in den Brand Stores müsste man bei einem reinen Online-Vertrieb auch keinen Platz in den Regalen schaffen.
Damit würde LEGO den Hardcore-Fans (und meinetwegen auch den Resellern) auf der gesamten Welt die Chance geben, die Produkte zu bestellen. So würde LEGO deutlich weniger Ärger der Fans auf sich ziehen und hätte zeitgleich beim richtigen Versuch in England ein valides Ergebnis, da eben nicht in England zusätzlich die Produkte für die weltweite Fangemeinde gekauft werden müssten.
Ein Stück weit hat LEGO das natürlich schon diesmal mit der Verfügbarkeit über Zavvi gewährleistet. Aber wie gesagt: Das war vermutlich von LEGO nicht aktiv geplant, sondern letztlich eine Entscheidung der “The Hut”-Gruppe, zu der Zavvi gehört.
Positiv erwähnen will ich aber an dieser Stelle noch die Tatsache, dass LEGO mit anerkannten LEGO Fanmedien einen “Round Table” durchgeführt und dort wenigstens die eigenen Pläne recht offen kommuniziert hat. Das zugehörige Embargo für Fanmedien lief dann um 1 Uhr nachts deutscher Zeit ab, gefolgt von der Vorstellung des Camp Nou Stadions und dem Batman Tumbler. Ob das “Zufall” war oder ob LEGO einfach die unschöne Neuigkeit gerne von größeren Neuankündigungen überstrahlt wissen wollte, darüber kann ich an dieser Stelle nur spekulieren.
Fazit zum “Pilotprojekt”
LEGO hat sich aus meiner persönlichen Sicht mit dem jüngst gestarteten Pilotprojekt keinen Gefallen getan. Während sich die Stimmung bei uns in den Kommentaren noch in Grenzen hält, dürfte die Laune in manchen Ländern, in die Zavvi nicht liefert, deutlich schlechter sein. Damit könnte LEGO einmal mehr treue Fans und Bestandskunden vergraulen und bekommt auf der anderen Seite der Gleichung nicht mal ein valides Ergebnis für den eigentlichen Versuch.
Der Plan der LEGO Gruppe, keine regional exklusiven Sets zu veröffentlichen, ist mit den getroffenen Ausnahmen (Gratisbeigaben und Aktionen, Comic Cons oder eben Pilotprojekte) kaum mehr als eine leere Hülle, je nachdem, welches Label ein Set oder gar eine ganze Themenwelt von LEGO verpasst bekommt. Zwar hält LEGO damit natürlich auch ein Stück weit den “Mythos der Exklusivität” am Leben, aber andererseits birgt es eben jede Menge Potential für Frust. Und das wäre vermeidbar.
Wie seht ihr das? Gehe ich hier zu streng mit dem Pilotprojekt zu den Farb- und Setvarianten bzw. mit LEGO ins Gericht? Glaubt ihr, dass der Versuch für LEGO sinnvolle Ergebnisse liefern wird? Und wie hättet ihr reagiert, wenn der Fiat 500 nicht über Zavvi bestellbar gewesen wäre? Ich bin sehr auf eure Kommentare gespannt!
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