Update (22. Februar, 19:08 Uhr): Da mein Kommentar zum LEGO Ideas Entwurf der Wuppertaler Schwebebahn intensiv diskutiert wurde, der Fan-Designer Manuel mit uns Kontakt aufgenommen hat und wir länger telefoniert haben, möchte ich hierzu gerne noch ein paar Worte loswerden:
Mein Kommentar sollte meine persönliche Sichtweise als LEGO Blogger auf die regelmäßig in irgendwelchen Medien auftauchenden und oft mit Fehlinformationen behafteten Beiträge rund um LEGO Ideas Entwürfe darstellen. Dabei wollte ich durchaus den einen oder anderen Seitenhieb gegen übermäßigen Lokalpatriotismus und vor allem eben gegen Clickbaiting und schlichte Falschinformationen loswerden, auch wenn es sich hier um ein „unwichtiges“ Thema wie LEGO handelt. Ich lese solche Beiträge berufsbedingt beinahe täglich und sehe einiges daran als problematisch an.
Was dieser Kommentar allerdings nicht sein sollte, war eine persönliche Kritik am Entwurf oder am Fan-Designer selbst – der genau genommen gar nicht Wuppertaler ist, sondern aus dem Erzgebirge kommt und außerdem aktuell auch gar kein Student ist. So viel zum Thema unsaubere Recherche ;). Meine Kritik an seinem Twitter-Account zielte vor allem darauf ab, warum das Wuppertaler Stadtmarketing ausgerechnet einen Fandesigner unterstützt, der die Schwebebahn-Kontrolleure „beleidigt“. Wie ernst man einen „Shitposting“-Account bei Twitter nehmen darf und sollte, steht nochmal auf einem anderen Blatt.
Zusammengefasst: Meine Kritik galt in erster Linie dem teilweise unreflektierten „Hype“ durch Stadtmarketing und Medien und der daraus resultierenden Enttäuschung um einen Entwurf, dessen Umsetzung quasi ausgeschlossen ist.
Originalbeitrag (20. Februar): Nachdem gefühlt jedes Medium in Westdeutschland in den letzten Wochen über den Entwurf der Wuppertaler Schwebebahn aus LEGO berichtet hat, erreichte das Konzept nun die 10.000 Unterstützer bei LEGO Ideas, sodass LEGO eine Umsetzung des Sets prüft. Entgegen einiger Ausführungen in der westdeutschen Lokalpresse ist eine Umsetzung der Bahn aber quasi ausgeschlossen. Wir wollen euch die LEGO Schwebebahn hier vorstellen und auch erklären, was rund um den Entwurf und dessen Darstellung in den Medien falsch gelaufen ist.
Inhaltsverzeichnis
Der LEGO Schwebebahn-Entwurf
Gestaltet wurde der Entwurf der LEGO Schwebebahn vom Fandesigner Manuel9000, einem Wuppertaler Studenten mit dem Namen Manuel. Durch die tatkräftige Unterstützung des Stadtmarketings benötigte der Entwurf 58 Tage, um die 10.000 Unterstützer zu erreichen und damit das Review zu erreichen. Möglich wurde das unter anderem durch eine „Stadtwette“, die Manuel mit dem Wuppertal Marketing einging:
Wir wetten, dass das Schwebebahn-Modell bis Montag, 28. Februar, mindestens 10.000 Likes erreicht. Wenn nicht, ärgern wir uns natürlich nicht, sondern spenden an jeden Wuppertaler Kindergarten zwei unserer „Wuppsalla“-Spiele (nach Art von Mensch-ärgere-dich-nicht und mit der Schwebebahn).
Diese Wette hat Wuppertal nun gegen sich selbst „gewonnen“. Aber die erste Hürde bei der Umsetzung der Schwebebahn sind schonmal die grundsätzlichen Regeln der LEGO Ideas Plattform: Während der ursprüngliche Entwurf der Wuppertaler Schwebebahn laut dem Fandesigner aus 2.374 Teilen bestand, dürfte die mittlerweile bei Ideas hinterlegte (und vollständig digital gebaute) Version das vorgesehene Maximum von 3.000 Teilen bei weitem gesprengt haben. Denn seit der ersten Version sind nicht nur die Schienenkonstruktion, sondern auch gleich ein ganzer Bahnsteig ergänzt worden, die sich wohl nicht aus wenigen hundert Steinen zusammensetzen lassen. Insgesamt sind hier wohl eher rund 3.500 bis 4.000 Teile verbaut.
Werfen wir zunächst mal einen Blick auf den Entwurf. Dieser zeigt einen Schwebebahnzug der 15. Generation, der seit 2016 im Einsatz ist. Der Zug ist eingebettet in einen nicht näher genannten und von mehreren Minifiguren bevölkerten Bahnsteig in Richtung Vohwinkel. Befestigt ist die LEGO Schwebebahn zumindest zum Schein an einem Stück des Einschienenbahnsystems, stützt sich aber im digitalen Entwurf auf transparente Platten auf dem Boden.
Kurz ein paar Worte zur Geschichte der Schwebebahn, die offiziell übrigens „Einschienige Hängebahn System Eugen Langen“ heißt: Die Wuppertaler Schwebebahn ist seit 1901 im Einsatz und ist nicht nur das Wahrzeichen, sondern auch die wohl bekannteste touristische Attraktion der Stadt. Auch wenn ich selbst in meiner Zeit in Wuppertal das Verkehrsmittel so gut wie nie genutzt habe (was teilweise auch an den zu meiner Zeit mehrere Monaten andauernden Reparaturen lag), ist die Schwebebahn in Wuppertal ein wichtiges Verkehrsmittel und schlängelt sich entlang der Hauptverkehrsader der Stadtteile Barmen, Elberfeld und Vohwinkel.
Umsetzung ausgeschlossen!
Und auch wenn ich persönlich für die Schwebebahn eine Menge Begeisterung und Sympathie aufbringen kann, muss ich an dieser Stelle einiges loswerden: Der Entwurf der Wuppertaler Schwebebahn ist aus meiner Sicht ein Paradebeispiel dafür, wie sich lokalpatriotische Lokalmedien, das Stadtmarketing und sogar der Oberbürgermeister von einem LEGO Ideas Entwurf einspannen lassen, obwohl eine reale Umsetzung der Schwebebahn durch LEGO vollkommen ausgeschlossen ist.
Denn abgesehen von der Überschreitung der maximal erlaubten Teile in einem Ideas Entwurf gibt es ein viel größeres Problem: Noch nie wurde ein lokales Wahrzeichen von LEGO im Rahmen der Ideas Serie umgesetzt. Ganz im Gegenteil: Es gibt zahlreiche Beispiels für abgelehnte Projekte in diesen Bereichen, beispielsweise hier, hier, hier und hier. Die Liste ließe sich noch beliebig fortführen. Jedes Jahr erscheinen nur eine Hand voll LEGO Ideas Sets und diese werden grundsätzlich weltweit veröffentlicht. Der potentielle Absatzmarkt für solche regionalen Attraktionen ist einfach zu klein. Aber eine Überschrift wie „Neue Schwebebahn bald als Lego-Set?“ klickt sich in einem Lokalmedium vermutlich einfach viel zu gut, um sie nicht zu veröffentlichen.
Ein weiterer Punkt verwundert hier aber ganz besonders: Dass sich das Stadtmarketing sowie der offizielle Twitter-Account der Stadt und sämtliche Lokalmedien von einem Studenten einspannen lassen, der sich auf Twitter selbst noch über all die Aufmerksamkeit lustig macht und dort mit zahlreichen „merkwürdigen“ Bemerkungen auffällt, in denen beispielsweise ausgerechnet die Fahrkartenkontrolleure in der Schwebebahn auch mal übel beleidigt werden, ist ehrlich gesagt nur schwer nachzuvollziehen.
Die Tatsache, dass so etwas wie die Wuppertaler Schwebebahn bei LEGO Ideas recht schnell die 10.000 Unterstützer erreicht, illustriert sehr schön ein seit langem bestehendes Problem bei LEGO Ideas: Immer wieder wird an diversen Stellen im Netz für Entwürfe zu gewissen Partikulärinteressen geworben und ein reales LEGO Set in Aussicht gestellt. Alles was dafür nötig ist, ist eine kurze Anmeldung bei LEGO Ideas und eine Teilnahme an der Abstimmung. Das oft nicht mal 5% der erfolgreichen Entwürfe umgesetzt werden, wird an diesen Stellen völlig außen vor gelassen.
Das gilt allerdings bei weitem nicht nur für die Schwebebahn, sondern leider für extrem viele „erfolgreiche“ Entwürfe bei LEGO Ideas. Während früher nur ein paar wenige Entwürfe die 10.000 Unterstützer knacken konnten, berichten wir mittlerweile mehrfach pro Woche über neue Entwürfe, die die Grenze knacken konnten. Schon vor knapp zwei Jahren hat sich Oliver Gedanken darüber gemacht, ob eine LEGO Ideas Reform notwendig ist. Seitdem hat sich die Anzahl der dort angemeldeten Nutzer nochmal beinahe verdoppelt, auf mittlerweile fast 2,2 Millionen – von einer Reform ist leider immer noch nichts in Sicht.
Diese Ideen sind neben der Schwebebahn bereits in der 1. Reviewphase von 2022:
Fazit
Vermutlich hätte die Stadt Wuppertal mehr davon gehabt, wenn das Stadtmarketing die Wette verloren hätte. Denn dann hätte laut Wetteinsatz jeder Wuppertaler Kindergarten zwei „Wuppsala“-Spiele bekommen.
(Update: Das Stadtmarketing hat vor einiger Zeit bekannt gegeben, dass die „Wuppsala“-Spiele auch bei einer gewonnenen Wette an die Kindergärten ausgegeben werden – vielen Dank für den Hinweis in den Kommentaren!)
So gibt es hier vor allem einen Gewinner: Der Fan-Designer, der sich durch das erreichen der 10.000er-Schwelle bei LEGO Sets im Wert von 500,- Euro als Belohnung aussuchen kann. Und vielleicht haben auch die Zeitungen und Lokalmedien ein paar Klicks gewonnen, die in ihren Beiträgen in großer Zahl den Eindruck erweckt haben, das LEGO tatsächlich ein Modell der Schwebebahn umsetzen würde.
Wir glauben jedenfalls nicht daran und schließen diesen Beitrag ebenfalls mit einer Wette gegen uns selbst: Sollte LEGO die Wuppertaler Schwebebahn nicht als Set umsetzen, spendet StoneWars 500,- Euro an das Bergische Kinder- und Jugendhospiz Burgholz in Wuppertal. Wir werden die Wette verlieren und haben die Spende daher vorsichtshalber bereits veranlasst. 🙂
Wie gefällt euch der Entwurf der Wuppertaler Schwebebahn bei LEGO Ideas? Und was denkt ihr generell über solche lokalen Attraktionen bei LEGO Ideas? Äußert euch gerne in den Kommentaren und geht dabei auch gerne auf unsere etwas anders als übliche Auseinandersetzung mit dem Thema ein.