Hobbit Vignetten: Interview mit Thorsten Bonsch über seine Mittelerde MOCs

LEGO Hobbit Thorsten Bonsch Vignetten Serie Titel

Heute schauen wir uns eine Reihe wunderbarer MOCs an! Thorsten Bonsch hat die Geschichte vom Hobbit in über 40 kleinen LEGO-Szenen detailliert nachgebaut und nimmt uns mit auf eine Reise durch Mittelerde. Wir zeigen euch nicht nur die tollen Modelle, sondern haben auch ein Interview mit dem Erbauer geführt.

Immer wieder stecken Fans unglaublich viel Liebe und Arbeit in ihre eigenen LEGO Modelle. Wir möchten euch heute das Projekt von Thorsten Bonsch vorstellen, der sich vorgenommen hat die gesamte Geschichte aus J.R.R. Tolkiens Roman „Der Hobbit“ in kleinen Vignetten nachzustellen. Wie er auf diese Idee gekommen ist und was die Herausforderungen bei dieser Serie war, erfahrt ihr in unserem Interview!

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Hallo Thorsten, wer bist du?

Mein Name ist Thorsten Bonsch, ich bin Mediendesigner und das, was man gemeinhin gerne als ‚alten Sack‘ bezeichnet, zumindest wenn man berücksichtigt, dass die LEGO Zielgruppe im Allgemeinen deutlich jünger ist. Mich begeistern grundsätzlich alle Werkzeuge und Möglichkeiten, die es mir erlauben, kreativ tätig zu werden und damit hat LEGO einen ganz besonderen Stellenwert in meinem Leben eingenommen.

Wie bist du zum LEGO Hobby gekommen?

Durch meinen sieben Jahre älteren Bruder bin ich quasi mit LEGO von Geburt an aufgewachsen. Seine gesamte Kollektion passte in eine einzige, ausrangierte Küchenschublade. Die Anleitungen der Sets waren ebenso verschwunden wie die Kartons, daher realisierte ich erst recht spät, dass man mit LEGO Modelle nach Vorgaben bauen soll oder kann. Ich baute, was mir in den Sinn kam, quasi meine ersten MOCs, wohlgemerkt ohne Kleinteile zu verschlucken. Wir besaßen zudem Fischertechnik und Märklin Metallbaukästen – beides waren Konstruktionsspielzeuge, aber für meinen Geschmack zu technisch. Spätestens mit dem Aufkommen der ersten LEGO Minifiguren, wie wir sie heute kennen, im Jahr 1978, hatte LEGO das Rennen für mich gemacht – bis ich 16 wurde und meine ‚Dark Ages‘ begannen. Aber wessen Kindheit derart stark von einem Hobby geprägt war, kommt nie wirklich komplett davon los. Vor zehn Jahren flammte mein Interesse wieder auf und es ist bislang zum Glück noch kein Ende in Sicht.

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Was gab den Ausschlag deine Vignetten-Serie zum Hobbit zu bauen?

Ich habe 2016 an einem Projekt mitgewirkt, in dem sieben internationale Teilnehmer circa 30 LEGO-Vignetten zu je einem der Harry Potter Bücher veröffentlichten – idealerweise eine pro Tag. Ich hatte dermaßen viel Spaß an dem Projekt, dass ich mir damals schon sicher war, so etwas noch einmal machen zu wollen. Das Hauptproblem war, ein neues Thema zu finden, eine Film- oder Buchreihe, die einerseits einen sehr hohen allgemeinen Bekanntheitsgrad hat – denn ohne Wiedererkennungswert verlieren die Vignetten deutlich an Güte – und andererseits visuell interessant genug war, um spannende Vorlagen für die Vignetten zu bieten. ‚Game of Thrones‘ war mein erster Ansatz und ‚Fantastic Beasts‘ mein zweiter. Aber aller guten Dinge sind drei und somit landete ich bei ‚The Hobbit‘, nachdem ich die Filme erstmalig komplett im frühen Sommer 2018 gesehen hatte.

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Es gibt sowohl das Buch, als auch die Filme zum Hobbit. Woher nimmst du deine Inspiration?

Aus beiden Quellen, eigentlich sogar aus einer weiteren, denn es gibt eine Vielzahl faszinierender Illustrationen zum Hobbit von J. R. R. Tolkien. Ich habe es mir von Anfang an zur Aufgabe gemacht, mich visuell an die Filme und Illustrationen zu halten und inhaltlich ausschließlich an das Buch.  Die kreativen Freiheiten, die sich Peter Jackson erlaubte, um aus einem nur knapp 300 Seiten umfassenden Buch ganze drei Filme mit Überlänge zu machen, wollte ich mir nicht zugestehen. Zudem beinhaltete das Buch mehr als genug Stoff, um daraus über 40 Vignetten zu bauen. Wenn es irgendwie möglich war, hielt ich mich bei dem Design der Architektur, der Landschaften, der Charaktere und Gegenstände an die Filmvorlagen und wenn diese gar nicht passten oder mir nicht zusagten, suchte ich Hilfe in Tolkiens Illustrationen.

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Wie lange hast du an diesem Projekt gearbeitet?

Eigentlich arbeite ich immer noch daran, aber die Vignetten an sich sind fertig. Wie zuvor erwähnt, habe ich 2018 begonnen. Allerdings habe ich in diesen zwei Jahren zwischendurch ein paar andere LEGO-Projekte abgeschlossen. Ich hätte vermutlich haarige Füße bekommen, wenn ich mich so lange nur auf den Hobbit konzentriert hätte.

Was macht deinen Vignetten-Standard aus?

Die Vignetten besitzen eine Grundfläche von 14 x 14 Studs und einen umlaufenden, schwarzen Rand, der einen Stud breit ist. Die Höhe der Basis ist abhängig von der jeweiligen Bautechnik und somit variabel. Einige der Vignetten sind rundherum komplett offen, andere besitzen eine oder zwei Rückwände; aber selbst Szenen, die in geschlossenen Räumen spielen, müssen nicht zwangsläufig durch Wände begrenzt werden. Manchmal nutze ich Teile des schwarzen Rands, aber ich baue nie darüber hinaus.

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Wie genau gehst du beim Bauen einer Vignette vor?

Ziemlich unkoordiniert. Das gilt übrigens für fast alle meiner MOCs. Ich schaffe es grundsätzlich irgendwo auf halber Höhe anzufangen und muss danach in zwei Richtungen weiterbauen. Dabei bin ich so lange nervös, bis ich eine Basis oder Bodenplatte habe, auf der ich aufbauen kann. Im Falle der Vignetten war zumindest das etwas einfacher, da ich mich an eine 14 x 14 Bodenplatte zu halten hatte. Wann immer ich eine neue Vignette begann, las ich im Buch weiter, bis ich an eine Stelle kam, die mich inspirierte. Dann schaute ich mir die entsprechende Szene im Film an. Ich wollte auf jeden Fall mindestens eine Vignette pro Kapitel bauen und alle Schlüsselszenen dabei haben, wodurch ein paar weniger spektakuläre MOCs entstanden sind, da sie visuell einfach nicht genug hergegeben haben. Zudem gibt es ein paar „Füller-Vignetten“, in denen nicht viel passiert, aber in denen ich eine neue und für mich interessante Bautechnik ausprobiert habe.

Gelingt jede Vignette beim ersten Versuch?

Das wäre schön. Vielleicht aber auch nicht, denn das würde dem Hobby viel von seinem Reiz und seiner Herausforderung nehmen. Ich erinnere ich mich, als ich vor zehn Jahren wieder eingestiegen bin und staunend und neidisch auf die Werke renommierter FOL [Fans of LEGO] geblickt habe. Bei denen sahen die Ergebnisse immer perfekt aus, während ich mich abmühte und jedes Modell immer wieder ab-, auf- und umbaute, bis es irgendwann vorzeigbar war. Aber das war ein Irrtum, denn niemand, den ich aus der LEGO-Gemeinschaft kenne, egal ob Anfänger, Veteran oder dazwischen, baut jedes MOC im ersten Anlauf perfekt. Manchmal gelingt das, aber oft nicht. Wir sehen nur die Ergebnisse auf Instagram, Flickr und Co, aber nie, mit welchen Schwierigkeiten auch erfahrene Designer zu kämpfen haben.

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Was sind die Herausforderungen bei der Serie?

Der Hobbit ist, zumindest was die Filme betrifft, ein episches Werk mit großen, ausladenden Schauplätzen und Kulissen. Die größte Herausforderung bestand darin, diese monumentalen Szenen mit kleinen Vignetten im Minifigurenmaßstab darzustellen. Eine weitere ergab sich durch eine Regel, die ich mir selber auferlegt hatte: Die Bildbearbeitung durfte nur dazu dienen, Staub, Kratzer und störende Lichtreflexionen zu entfernen, nicht aber für „visuelle Effekte“. In der Harry Potter Vignettenserie haben wir zum Beispiel Dinge schweben lassen, in dem wir bei der Bildbearbeitung Elemente rausretuschiert haben. Bei der Hobbit-Serie wollte ich darauf verzichten, damit ich die Vignetten gegebenenfalls ausstellen kann und sie dann genau so wirken, wie auf den Fotos.

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Einige Szenen spielen drinnen, andere draußen und manche zeigen gebaute Kreaturen. Was bedeutet das fürs Bauen? Welche Art an Modellen magst du am liebsten?

Es macht das Bauen eindeutig spannender, da ich mich durch die unterschiedlichen Themen aus meiner „Comfort-Zone“ entfernen musste. Architektur ist definitiv mein LEGO-Lieblingsthema, besonders Fassaden und Gebäude. Kreaturen hingegen stellen für mich den absoluten Horror dar, beinahe so schlimm wie Autos, bei denen ich grundsätzlich versage. Zum Glück kommen keine Autos in Tolkiens Geschichten vor. Aber wie ich zuvor bereits bemerkte, baue ich ein Modell so oft um oder neu auf, bis es mir gefällt – so geschehen bei den Trollen, Adlern und anderen Wesen, die ich für die Vignetten bauen musste. Erschwerend kam hinzu, dass ich im Verlauf der zwei Jahre meinen Stil änderte und neue LEGO-Teile auf den Markt kamen, ich aber versuche, in der Serie ein kohärentes Erscheinungsbild einzuhalten. Gerade bei den Kreaturen war das schwierig.

Natur spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, aber die verschiedenen Arten, Bäume, Sträucher, Felsen und Steine zu bauen, sind nun einmal begrenzt und wiederholen sich mit der Zeit. Das macht es nicht unbedingt einfach, eine interessante Vignette zu bauen, die nur Natur zeigt. Zudem habe ich gerade in dieser Kategorie jedes Mal das Gefühl, ich hätte mehr tun können. Es gibt FOL, die liebevoll  jeden Halm und jede Pflanze sorgfältig platzieren und ich ziehe meinen Hut vor diesen Kollegen.

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Welche Vignette gefällt dir besonders gut?

Die erste Vignette der Serie hat für mich einen besonderen Stellenwert, denn sie war der Auftakt zu dieser zweijährigen Odyssee. Wenn sie mir damals nicht wirklich gut gefallen hätte, wäre vermutlich nichts aus meiner Serie geworden. Abgesehen davon mag ich alle Vignetten, die in und um Bag End spielen, daher gibt es fünf Stück von ihnen. Zu keinem anderen Schauplatz habe ich so viele Vignetten gebaut.

Auf welche Bautechniken bist du besonders stolz?

Häufig weiß ich nicht, ob eine Technik, die ich anwende, wirklich neu ist oder ob ich sie unterbewusst bei jemand anderem gesehen habe, daher möchte ich mich im Vorfeld entschuldigen, sollte ich etwas Falsches behaupten. Wirklich glücklich bin ich mit Bilbos Pfeife in der ersten Vignette. Die Idee dazu kam mir, als ich das erste Harry Potter Set mit den neuen Zauberstäben öffnete – sie eignen sich einfach perfekt zum Pfeifenbau.

Etwas unglücklich bin ich nach wie vor mit der Trauerweide in der sechsten Vignette, obwohl sie sehr gut ankam, finde ich, diese Technik wirkt allenfalls bei deutlich größeren Bäumen.

Sehr zufrieden bin ich wiederum mit der Regentechnik, die ich in der sechzehnten Vignette  angewandt habe. Dabei ist allerdings zu beachten, dass die Antennen alle im selben Winkel ausgerichtet sein sollten. Weitere Faktoren begünstigen in dieser Vignette die Wirkung: Die Figuren stehen schräg, ihre Umhänge wehen im Wind und durch die steile Felswand konnte ich die Antennen  mit sehr viel Höhenunterschied anbringen – bei „flachen“ MOCs wirkt diese Technik nicht.

Was ist dein Lieblingsdetail?

Ich glaube, meine wirklichen Lieblingsdetails kommen erst in der zweiten Hälfte der Serie. Dennoch könnte ich an dieser Stelle das Bodenmosaik der 14. Vignette erwähnen. Ich habe drei komplette Anläufe und mehrere kleine Versuche gebraucht, bis es vernünftig aussah und dem Design im Film entsprach. Leider geht es etwas unter, da die Minifiguren darauf stehen.

LEGO Hobbit Thorsten Bonsch Vignetten Serie (22)

Das war’s für heute. Wir machen nach Modell 22 eine Pause und freuen uns schon darauf, die restlichen Hobbit-Vignetten zu posten, sobald die Serie vollständig vorgestellt wurde. Bis dahin könnt ihr jede Woche Montags und Donnerstags eine neue Hobbit Szene auf Thorstens Flickr-Account oder Instagram entdecken. Thorsten ist unter seinem Nicknamen Xenomurphy im Netz unterwegs und hat schon Modelle zu Mittelerde, Harry Potter, Superheroes, Doctor Who und vielen weiteren Themen gebaut. Schaut sie euch an, es lohn sich!

Vielen Dank an Thorsten für das ausführliche Interview. Falls ihr Fragen habt, lasst gerne einen Kommentar da, dann können wir sie im nächsten Beitrag, zusammen mit dem zweiten Teil der Hobbit-Serie, hier beantworten.

Hier geht’s direkt zum zweiten Teil unseres Interviews mit Thorsten und über 20 weiteren Szenen.

Wie findet ihr den Ausflug in die MOC-Welt? Wie gefällt euch Thorstens Hobbit Serie und welche Szene gefällt euch am besten? Schreibt uns gerne einen Kommentar!

Über Jonas Kramm 818 Artikel
28 Jahre jung mit 24 Jahren LEGO Erfahrung. MOC-Bauer, Pilz-Pflanzer, Dino-Zähmer, Bautechniken-Tester, Set-Schlachter, Foto-Bearbeiter, Farben-Kenner und Teile-Experte.
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