Am 7. März war es so weit und mein Viking Longship erreichte die 10.000 Stimmen bei LEGO Ideas. Heute möchte ich euch einen persönlichen Einblick in die verschiedenen Phasen des Projekts geben: den Bauprozess, die Erstellung der Anleitung und den Weg zu 10.000 Unterstützern!
Bei den meisten LEGO Ideas Projekten sieht man nur die schönen Bilder und das fertige Projekt. Dass dahinter eine ganze Menge Arbeit stecken kann und welche Gedanken ich mir zu meinem Wikingerschiff gemacht habe, erfahrt ihr heute beim Blick hinter die Kulissen.
Inhaltsverzeichnis
Die Idee mit den Wikingern
Am Ende fragt man sich oft: „Wo hat es angefangen?“ Ich kann die Schuld ganz einfach auf eine einzige Minifigur schieben. Denn mit der Minifigurensammelserie 20 brachte LEGO einen neuen Wikinger heraus, der mir sofort auffiel. Die Umsetzung war nah an den historischen Vorbildern, kam mit einem neuen Helm ganz ohne Hörner, einem runden Schild, einem Speer und sogar einem Umhang. Praktisch für mich war außerdem, dass die Figur keine gelben Bedruckungen hat und somit leicht zu einer fleischfarbenen Figur umgebaut werden kann – das gefällt mir persönlich besser.
Nachdem ich mir die ersten drei Figuren in ihren Beuteln ertasten konnte, war klar: Die grimmigen Typen brauchen ein Schiff! Also zog ich los und erfühlte mir noch sieben weitere Nordmänner, um das Schiff dann auch mit einer ausreichenden Menge an Schilden bestücken zu können.
Zuerst war meine Wikingerboot-Idee nicht konkret für LEGO Ideas bestimmt. Ich wollte ein Schiff für meine Minifiguren haben und da ich in letzter Zeit oft nach Bauanleitungen gefragt werde, habe ich das als Herausforderung genommen, möglichst stabil und mit verfügbaren Teilen zu bauen.
Das Schiff entsteht
Zunächst habe ich mir ein Bild von Wikingerschiffen gemacht. Wie sehen sie aus und wofür wurden sie benutzt? Da es sehr viele verschiedene Langboote gibt, habe ich versucht, die ikonischen Merkmale der Schiffe herauszuarbeiten und mich gleich mit echten Steinen an den ersten Entwurf gemacht.
Ein schmaler Rumpf
Ziemlich schnell waren einige Bautechniken klar, die für den Rumpf zum Einsatz kommen sollten. So sollten Bug und Heck aus hochkant angebrachten 1×4 curved Slopes bestehen und der geschwungene Übergang mithilfe von 4×4 Viertelkreisfliesen gebaut werden. Diese Technik versprach direkt eine passende Kombination zu ergeben.
Da sowohl der Schiffsmast als auch die Slopes vorne und hinten mittig angebracht werden sollten, entschied ich mich, dem Boot eine ungerade Breite zu geben. Das ist natürlich eher untypisch für LEGO Modelle, machte aber vieles einfacher. Zuerst versuchte ich es mit einer Grundlage aus 8×16 Platte + 1 Reihe daneben, aber dadurch wurde mir das Schiff zu bauchig und zu breit. Meine Wikinger sollten in einem schnittigen und schlanken Langboot unterwegs sein. Also baute ich die rechte Variante zwei Noppen schmaler.
Mit der Veränderung der Breite musste auch der Winkel der schrägen Segmente vorne und hinten angepasst werden. Während es vorher mit 90° und einem 1×1 Travis Brick gepasst hatte, brauchte es für den neuen Winkel eine flexible Verbindung. Die ist beim finalen Modell vorne und hinten unterschiedlich, damit am Heck ein Sitz für den Hauptmann entsteht.
Die Farbwahl für den Rumpf ergab sich ziemlich früh durch die verwendete 4×4 Plate with Cutout, die es nur in ausgewählten Farben gibt. In Kombination mit dem Dunkelrot gefiel es mir dann besonders gut. Man hätte das ganze Boot auch nur in Braun bauen können, aber ich finde, so hat es mehr individuellen Charakter und ist abwechslungsreicher zu bauen.
Bug mit Drachenkopf
Am meisten Spaß hatte ich auch bei diesem MOC an den kleinen Details und so auch an dem ikonischen Drachenkopf, der den Bug des Schiffes dekoriert. Ich habe hier unzählige Versuche gestartet und mich Schritt für Schritt an das finale Design angenähert.
Bei dieser Version versuchte ich die Augen noch mit einem dunkelgrauen Eimerhenkel anzudeuten:
Die nächste Variante ist schon sehr nah dran am Favoriten und zeigt die zündende Idee, den Innenraum des 1×3 Bogens mit dem Scharnier zu füllen. Jedoch fehlte hier noch das Auge der Figur und der Kopf war mir insgesamt zu grau.
Die Version, die es ins finale Modell geschafft hat, überzeugt mich mit ihrem einfachen Design, das die gewünschte Ästhetik genau einfängt. Sie lässt sich theoretisch auch komplett in Braun bauen, aber da eh schon viel Braun am Boot ist, hab ich mich für einen Kopf aus Metall entschieden.
Heck
Wenn am Bug der Kopf des Drachen sitzt, dann ziert das Heck entsprechend der Schwanz. Auch hier versuchte ich wieder verschiedene Ansätze, um die passenden Bautechniken zu finden. Die erste Variante benutzt eine 1×2 Fliese mit Zähnen.
Die Form einer Spirale im nächsten Entwurf gefiel mir, aber die Umsetzung war mir dann doch zu kantig. Auch wollte ich das Heck etwas niedriger und subtiler als den Bug gestalten.
Am Ende hat es dieser Schnörkel ins Modell geschafft, der eine 1×2 Platte mit Technic Loch als zusätzliches Detail verbaut.
Mast
Die Idee, den Mast zu kippen, kam mir, als ich ein Gameplay-Video zu „Assassin’s Creed Valhalla“ sah. In dem Wikingerspiel kann man mit seinem Boot unter Brücken hindurchfahren, wofür die Crew den Mast herunterklappt. Das fand ich faszinierend und wollte diese Funktion auch für mein Schiff haben!
Die Umsetzung war dann doch etwas komplizierter, da man dafür die Seile am Mast einholen muss. Dank einer Technic-Achse kann man den Mast am unteren Ende nach Belieben fest verankern oder lösen und kippen.
Für eine potenzielle LEGO Ideas Umsetzung des Schiffs würde ich mich sehr über ein Stoffsegel freuen. Aktuell gibt es leider farblich noch nichts Passendes, sodass der Entwurf vorerst mit einem eingeholten und aus Steinen gebauten Segel auskommen muss.
Wikinger-Figuren
Natürlich braucht ein Wikingerschiff auch eine Crew, die es über die Meere schippert, um neue Kontinente zu entdecken. Für meinen Entwurf habe ich dafür vor allem die Wikinger-Minifiguren aus der Sammelserie 20 verwendet, die das ganze Projekt initiiert hatten. Ausgestattet mit ein paar andersfarbigen Bärten und verschiedenen Gesichtern ergab das eine solide Rudermannschaft.
Trotzdem waren mir die grimmigen Typen alle noch zu ähnlich, sodass ich mit einem Update dem Ideas Projekt zu einem späteren Zeitpunkt weitere Figuren hinzugefügt habe. Neben den bis zu den Zähnen bewaffneten Kerlen auf der rechten Seite habe ich auch eine taffe Schildmaid an Bord genommen. Die extrem detaillierten Torsi der Frau und der Krieger sind übrigens allesamt Rohan Oberköper aus LEGO Herr der Ringe Sets.
Bauanleitung erstellen
Nachdem ich mit dem Aussehen und der Stabilität meines Schiffs zufrieden war, habe ich begonnen, die Anleitung zu erstellen. Dafür gehe ich in der Regel nach den folgenden Schritten vor:
Digital nachbauen
Da ich das Modell am liebsten erst mit echten Steinen baue, habe ich das Schiff wieder zerlegt und dabei digital nachgebaut. Dafür arbeite ich mit Stud.io von BrickLink, was für mich sehr gut funktioniert. Mittlerweile kann man in der Software sogar flexible Elemente wie die Seile mit etwas Geduld grob an die richtige Stelle biegen, sodass das Digitalisieren bei diesem Entwurf keine Probleme gemacht hat.
Optimieren
Im nächsten Schritt nehme ich noch einige Verbesserungen am digitalen Modell vor. Eher teure Teile werden im besten Fall durch günstigere Varianten ersetzt und Teile, die am Ende eh nicht zu sehen sind, werden auch farblich angepasst. Ziel ist es, möglichst wenige unterschiedliche Teile zu verbauen, ohne das Aussehen des Schiffs zu verändern. Das hilft allen, die später das Modell nachbauen wollen und dafür die Steine bestellen möchten.
Die bedruckten Schilde habe ich für die Anleitung durch eine bezahlbare Alternative ersetzt. So kann man sich trotzdem ein schönes Langboot bauen, auch wenn man nicht genügend Wikingerfiguren hat.
Bauschritte
Um den Aufwand hinter offiziellen LEGO Anleitungen zu würdigen, muss man selber mal eine Anleitung erstellt haben. Je komplexer das Modell wird und je mehr Untermodelle erst gebaut und dann angebracht werden müssen, umso unübersichtlicher kann es werden. Deswegen gehe ich meistens rückwärts an die Sache ran und arbeite mich vom fertigen Model schrittweise bis zum ersten Stein.
Man kann noch so viel darüber nachdenken – der beste Weg, eine Anleitung auf ihre Funktionalität zu prüfen, ist sie zu testen. Dafür gebe ich die Rohfassung auch gerne mal jemandem, der nichts mit LEGO zu tun hat, und schaue, ob die Versuchsperson trotzdem damit zurecht kommt.
Rendern und Layout
Wenn ich sicher bin, dass nichts mehr am Modell oder den Schritten verändert werden muss, rendere ich mir die PNG-Bilder aus Stud.io und erstelle das finale Layout in InDesign. Man kann auch aus Stud.io heraus ein PDF erstellen, aber die Texte werden nicht als Vektoren, sondern Pixel exportiert, womit ich persönlich nicht zufrieden bin und dann lieber den Umweg über die professionelle Software nehme.
Für das Layout habe ich einige Grafikelemente wie einen keltischen Knoten, Wellen und eine passende Schriftart verwendet, um der Anleitung ein stimmiges Gesamtbild zu verleihen. Außerdem interpretierte ich das Symbol zum Modell-Drehen neu als Wikingerschild.
Die fertige Anleitung könnt ihr euch gratis downloaden und, wenn ihr wollt, natürlich auch das Modell nachbauen. Da ich die Anleitung auch bei meinem LEGO Ideas Projekt verlinkt habe, sind die Texte alle auf Englisch.
Während ich mit der Anleitung beschäftigt war, fragte ich mich: Warum nicht das Projekt bei LEGO Ideas einstellen? Die Anleitung ist schön und gut, aber damit kann man sich nur ein Wikingerschiff bauen – das Problem mit den Wikinger-Minifiguren bleibt bestehen. Also wurde der Plan geändert und das Projekt zu meinem neuen LEGO Ideas Entwurf erkoren!
Ich kann aber nicht empfehlen, eine Anleitung für ein LEGO Ideas Projekt zu erstellen. LEGO Ideas möchte – aus gutem Grund – nicht, dass Bauanleitungen zu laufenden LEGO Ideas Projekten verkauft werden, sodass nur kostenlose Anleitungen erlaubt sind. Das LEGO Ideas Team zu überzeugen, dass meine Anleitung tatsächlich kostenlos ist und bleibt, erforderte ein Hin und Her per E-Mail und sorgte dafür, dass sich die Veröffentlichung meines Wikingerschiffs um gut zwei Wochen verzögerte.
Präsentation
Bereits 2018 hatte ich mit einem MOC aus dem Pixar-Film „Oben“ mein Glück bei LEGO Ideas versucht. Leider ist das Projekt nach zwei Jahren mit ungefähr 2.500 Stimmen ausgelaufen. Mir war also bewusst, dass ein Projekt dort kein Selbstläufer ist, sondern man eine Strategie braucht, um bis zu den 10.000 Stimmen zu kommen. Dafür musste vor allem ein gutes Titelbild her, damit das Schiff aus der Vielzahl an Entwürfen auf der Plattform hervorsticht.
Ich habe mich für einen dunkelgrünen Hintergrund entschieden und mit Nebel für eine mystische Stimmung gesorgt. Hier könnt ihr das Bild vor und nach der Bearbeitung vergleichen.
Für das LEGO Ideas Titelbild habe ich dann noch einen Überschrift eingefügt, damit wirklich jeder sofort sehen kann, was ich hier gebaut habe. Mittlerweile hat LEGO Ideas dahingehend die Regeln geändert, sodass neue Projekte keinen Titel mehr im Bild haben dürfen.
Der Weg zu den 10.000 Stimmen
Am 10. Dezember ging mein Viking Longship auf LEGO Ideas online und damit begann die heiße Phase des Projekts. Ab da galt es, stetig neue Unterstützer und Stimmen zu sammeln. Im besten Fall, ohne meine Follower und die LEGO Community mit Postings zu meinem Wikinger-Projekt zu Tode zu nerven.
Die Reise meines Schiffes begann direkt gut und ich konnte den ersten Meilenstein von 100 Supportern gleich am ersten Tag knacken. Kurz darauf postete Lukas das Projekt hier auf StoneWars, wodurch es dank eurer Unterstützung nochmal einen Schub bekam.
Der Graph vermittelt das Gefühl, als wäre es von Mitte Dezember bis Mitte Januar schlecht gelaufen, aber meine Wikinger bekamen kontinuierlich mehr als 50 Unterstützer am Tag, was für mich ein vollkommen ausreichender Wert war, da es bei einer maximalen Lauflänge von über zwei Jahren auf jeden Fall zum Ziel geführt hätte.
Solange hat es aber nicht gedauert, denn am 17. Januar starte die LEGO Ideas Umfrage zum 90. Jubiläum und die Besucherzahlen auf der Website gingen durch die Decke, wovon auch mein Projekt profitierte. Einen besonders großen Schritt kam ich dem Ziel am 3. Februar näher, als der zweite Teil der Abstimmung folgte und am Tag drauf, als die LEGO Ideas Ergebnisse und zwei neue Sets bekanntgegeben wurden.
Insgesamt musste ich also kaum Werbung für mein Projekt machen, da über die Ideas Plattform genug Menschen auf mein Schiff aufmerksam geworden sind. Nach nur 87 Tagen war es am 7. März dann so weit und die nötigen 10.000 Unterstützter für das Viking Longship gesammelt, deutlich schneller als erwartet!
Einen besseren Verlauf für mein Ideas Projekt hätte ich mir wirklich nicht vorstellen können. Ich hätte sehr gerne noch auf Ausstellungen und Treffen der Community mein Schiff gezeigt und Unterstützer überzeugt, aber das war wegen der Corona-Situation leider nicht möglich. Zum Glück ging es aber auch ohne.
Um herauszufinden, wie die Fahrt meines Wikingerschiffs weitergeht heißt es jetzt abwarten. Die aktuelle Phase des LEGO Ideas Reviews geht noch bis Anfang Mai und mit einem Ergebnis können wir dann wahrscheinlich am Ende dieses Jahres rechnen.
Persönliches Fazit
Ich werde nicht müde, mich bei euch zu bedanken für eure tolle Unterstützung! Vor allem der tatkräftige Support gleich nach der Veröffentlichung und das kontinuierliche Mitfiebern, wo das Wikingerschiff denn gerade steht, hat mich extrem motiviert und das Ganze schon jetzt zu einem erfolgreichen Projekt gemacht! Mit etwas Glück setzt LEGO dem Schiff noch die Krone auf, indem sie es zu einem offiziellen Set machen, aber das liegt nun nicht mehr in unserer Hand.
Egal was kommt, ich halte euch natürlich über alle weiteren Entwicklungen meines Langboots auf dem Laufenden und falls ich nochmal ein weiteres LEGO Ideas Projekt starte, stelle ich es euch auch gerne wieder hier vor.
Gefällt euch der Einblick in die Entstehung meines LEGO Ideas Projekts? Welchen Abschnitt der Reise findet ihr am interessantesten und zu welchem Bereich würdet ihr gerne mehr erfahren? Schreibt mir eure Meinung gerne in die Kommentare!