In den letzten Monaten gab es immer wieder Meldungen rund um die Firma BlueBrixx: Zunächst erwirkte LEGO eine einstweilige Verfügung gegen die BB Services GmbH, dann wurde bekannt, dass BlueBrixx sich die Marke “AFOB” hat schützen lassen, was wiederum Aufsehen erregte. Der Händler aus Flörsheim verschickte E-Mails an andere Klemmbaustein-Händler und forderte dazu auf, Produkte der Firma Xingbao aus dem Sortiment zu nehmen, da BlueBrixx den Exklusivvertrieb der Marke in ganz Europa übernommen habe. Und nun erhärten sich zum wiederholten Male die Vorwürfe, dass BlueBrixx ohne Autorisierung Sets chinesischer Hersteller verkauft, die auf existierenden MOCs beruhen.
Es wird also nicht ruhig um BlueBrixx und den Geschäftsführer Klaus Kiunke und in den sozialen Netzwerken wird immer wieder sehr emotionalisiert über das Thema diskutiert. Grund genug für uns, die Ereignisse der letzten Monate einmal stückweise aufzudröseln und chronologisch aufzuarbeiten. Wir stellen euch in unserem Artikel die Firma BlueBrixx vor und beleuchten ausführlich die einzelnen Vorkommnisse, die sich in den letzten Monaten ereignet haben.
Inhaltsverzeichnis
Was ist BlueBrixx und wer steckt hinter der Firma?
BlueBrixx ist eine im April 2018 angemeldete Marke der BB Services GmbH, die wiederum ebenfalls 2018 gegründet bzw. umbenannt wurde. Geschäftsführer der BB Services GmbH ist Klaus Kiunke. Hervorgegangen ist die BB Services GmbH aus der Premium ClassiXXs GmbH, die im Geschäftsjahr 2018 von der Muttergesellschaft “Model Car World GmbH” umfirmiert wurde.
Muttergesellschaft von BlueBrixx ist also die Model Car World GmbH, die sich seit rund 20 Jahren mit dem Verkauf von Modellautos beschäftigt. Diese hat in den vergangen Jahren diverse kleinere Firmen aufgekauft und teilweise liquidiert (siehe beispielsweise hier und hier). Dabei erwarb die Model Car World GmbH auch immer wieder exklusive Vertriebsrechte, z.B. für die Spielzeugmarken BUB oder eben Premium ClassiXXs. Unter der Model Car World GmbH sind mehrere kleinere Firmen firmiert, die sich hauptsächlich mit der Produktion oder dem Vertrieb von Modellautos befassen. Geschäftsführer der Model Car World GmbH ist ebenfalls Klaus Kiunke.
Die Geschäftsberichte der Model Car World GmbH lassen sich frei im Bundesanzeiger einsehen und geben Aufschluss über die Größe der Unternehmens: Der Gewinnvortrag der GmbH lag zum Stichtag des 30. Juni 2018 bei über 8,7 Millionen Euro. Die jährlichen Überschüsse lagen (abgesehen vom Geschäftsjahr 2017 bis 2018) in den Vorjahren jeweils zwischen 300.000 und 1.400.000 Euro.
Die Model Car World GmbH hat als Muttergesellschaft in den letzten Jahren auch schon erste Erfahrungen mit gerichtlichen Auseinandersetzungen mit internationalen Konzernen sammeln können. Im Jahr 2016 setzte sich die Premium ClassiXXs GmbH beispielsweise mit VW auseinander, da VW Lizenzgebühren für Fahrzeuge forderte (siehe hier und hier).
[Update (12. Februar): Wie die Süddeutsche Zeitung berichtet, hat VW die Klage gegen die BB Services GmbH zurückgezogen.]
BlueBrixx ist also zwar in der Tat eine relativ neue Marke und technisch gesehen auch eine relativ neue Firma. Allerdings steht dahinter ein etabliertes Firmenkonstrukt mit einem beachtlichen Wert, an dessen Spitze Klaus Kiunke als Geschäftsmann mit vielen Jahren Erfahrung steht.
Verkauf von “Kiloware” bei BlueBrixx
Kommen wir zum ersten “interessanten Vorfall” rund um BlueBrixx: Im August 2019 begann man im Shop von BlueBrixx mit dem Verkauf von sogenannter “Kiloware”. Dabei wurden zu günstigen Preisen Steinepakete verkauft, mit denen man “wie durch Zufall” unter anderem das LEGO Creator Expert 10224 Rathaus (Video), den LEGO Star Wars 10221 Super Star Destroyer oder den LEGO Technic 42056 Porsche nachbauen konnte – nur eben nicht mit Steinen von LEGO, sondern denen anderer (ungenannter) Hersteller.
Verkauft wurden die Steinepakete, nachdem sich BlueBrixx öffentlich von der Firma Lepin und deren Produkten distanziert hatte. Natürlich erfolgte der Verkauf ohne Minifiguren und Anleitungen und gekennzeichnet als Kiloware. Die Vermutung, dass es sich bei dieser Kiloware um Restbestände von Lepin Sets (oder anderer Hersteller, die Bausätze kopieren) handelte, liegt allerdings nahe.
Einstweilige Verfügung von LEGO
Anfang September 2019 verbreitete sich in den sozialen Medien und Foren rasch die Nachricht, dass BlueBrixx von der LEGO Juris A/S durch den Gerichtsvollzieher eine einstweilige Verfügung zugestellt wurde. Darin untersagte LEGO den Vertrieb einzelner Sets von alternativen Klemmbaustein-Herstellern. Kern der einstweiligen Verfügung waren übrigens nicht generell alternative Klemmbausteine (und auch nicht die zuvor abverkaufte mutmaßliche Kiloware von Lepin), sondern solche Sets, die aus der Sicht von LEGO das immer noch bestehende Markenrecht der LEGO Minifigur (Markeneintragungen hier, hier und hier) verletzen.
Schnell lag wieder für kurze Zeit eine Stimmung wie beim Fall LEGO vs. Held der Steine in der Luft, obwohl die beiden Fälle in fast allen Punkten unterschiedlich waren. Die Gemeinsamkeit war eigentlich nur die Tatsache, dass es ein anwaltliches Schreiben von LEGO gab. Allerdings ist BlueBrixx eben entgegen der in den sozialen Medien verbreiteten Ansicht kein kleiner Einzelhändler, sondern eine Firma mit beachtlichen Strukturen im Hintergrund.
BlueBrixx veröffentlichte dazu folgendes Video:
Klaus Kiunke erklärte in dem Video ziemlich eindeutig, dass man sich rechtlich gegen LEGO mit Hilfe von guten Anwälten zu Wehr setzen wolle: “Das lasse ich mich auch was kosten – und wenn es an meine Privatschatulle geht.” Einen Tag später gab es ein Update zur Situation, die im folgenden Video erläutert wurde:
BlueBrixx bedankt sich in dem Video vor allem für den Zuspruch und die Unterstützung der Fans. Unter anderem bedankt sich Kiunke sichtlich gerührt bei einem Fan im Rentenalter für einen Brief, in dem jener ankündigt, Ersparnisse seiner Rente bei BlueBrixx ausgeben zu wollen, um der Firma durch seine Umsätze bei der rechtlichen Auseinandersetzung mit der LEGO Juris A/S beizustehen. Auf die Einrichtung eines Spendenkontos will Kiunke zwar verzichten (“ich hoffe das werden wir nicht brauchen“), er bittet aber indirekt um die Unterstützung durch Käufe bei BlueBrixx (“Wenn ihr weiter bei uns bestellt, […] dann hilft uns das sehr“). Auf eine ethisch-moralische Beurteilung dieses Videos verzichten wir an dieser Stelle – das überlassen wir dem Urteilsvermögen unserer Leser.
Das Problem mit den Minifiguren
Laut der einstweiligen Verfügung von LEGO sehen einige der von BlueBrixx in Verkehr gebrachten Minifiguren der 3D-Marke der LEGO Minifigur zu ähnlich, was Grundlage für die einstweilige Verfügung ist. In einem weiteren Video einige Tage später erklärt Klaus Kiunke für Laien leicht verständlich, was eine 3D-Marke ist, bzw. zumindest das, was er unter einer 3D-Marke versteht:
Laut BlueBrixx sind die verkauften Figuren auf keinen Fall mit LEGO Figuren zu verwechseln. In einem späteren Video wird Klaus Kiunke allerdings zugeben, dass die gerichtliche Auseinandersetzung bewusst in Kauf genommen wurde – dazu später mehr.
Im Verlauf des Videos bezieht sich Klaus Kiunke zur Unterstützung seiner Argumentation auf die Ergebnisse einer Umfrage, die vom Youtube Kanal “Johnny’s World” erstellt wurde. Johnny’s World ist ein Youtuber, der sich in erster Linie mit alternativen Klembausteinen (bis vor rund 9 Monaten u.a. auch Lepin, heute beispielsweise Xingbao, Cobi und Kazi) beschäftigt. Die Umfrage von Johnnys World ist laut Kiunke deutlich aktueller und damit valider, als die Verkehrsbefragung von LEGO aus dem Jahr 2010.
Wichtig ist hierbei zu bedenken, dass es bei der Gültigkeit von Marken und den dazu durchgeführten Verkehrsbefragungen eben nicht auf den gut informierten Hobbyisten und Abonnenten eines Klemmbaustein-Youtube-Kanals geht, sondern eher um den durchschnittlichen Kunden. Also auch Oma, Opa, Tante oder Onkel, die Klemmbausteine für die jüngere Zielgruppe kaufen.
Ob eine Verkehrsbefragung aus dem Jahr 2010, oder eine Online-Umfrage eines Alternative-Klemmbausteine-Youtubers von 2019 valider ist, müssen natürlich im Zweifelsfall Gerichte entscheiden und werden das im Laufe des Prozesses von LEGO Juris A/S gegen die BB Services GmbH wohl auch tun. Es sei denn, die beiden Unternehmen einigen sich doch noch außergerichtlich.
Um den Auflagen des Gerichts zu entsprechen, ist BlueBrixx darauf umgestiegen, die Figuren auf den Kartons zu überkleben und die zugehörigen Figuren in den Sets ohne Köpfe zu verkaufen. Die entsprechende Stelle des Videos findet ihr hier. Die Beurteilung, ob dort gezeigten Figuren noch LEGO Minifiguren ähneln, überlassen wir an dieser Stelle wieder euch.
BlueBrixx will sich also gerichtlich gegen LEGO wehren und den Prozess bis zum Ende durchfechten. Dabei geht es laut BlueBrixx zwar auch um BlueBrixx, aber vor allem um die Käufer und Fans von alternativen Klemmbausteinen: “Dann wisst auch ihr, was ihr noch kaufen dürft. Ob ihr das nun bei BlueBrixx kauft, oder ob ihr das irgendwo im Internet woanders bestellt […].”
Ist/war die einstweilige Verfügung berechtigt?
Ob die einstweilige Verfügung im Endeffekt standhält, können wir an dieser Stelle natürlich nicht beurteilen, denn damit werden sich in den kommenden Monaten und wahrscheinlich Jahren die Gerichte beschäftigen müssen.
Klar ist jedoch: Dass ein Unternehmen wie die LEGO Gruppe bei potentiellen Markenrechtsverletzungen rechtliche Schritte einleitet, ist kein Wunder und ein in der Geschäftswelt bei einer Firma dieser Größe ein absolut üblicher Vorgang. Als Inhaber einer Marke ist LEGO gezwungen, diese zu verteidige. Jedes unterlassene Vorgehen gegen eine potentielle Verletzung schwächt eine Marke bei möglichen Prozessen in der Zukunft.
All das war übrigens anscheinend auch Klaus Kiunke seit einiger Zeit bewusst, wie er in diesem Video selbst klarstellt: “Natürlich hat mich das nicht überrascht, dass LEGO sich irgendwann mal meldet.”
In den USA hat LEGO übrigens vor einigen Wochen einen seit langem schwelenden Prozess gegen die in Neuseeland gegründete und nun in Hong Kong ansässige Firma Zuru Inc. (zumindest teilweise) gewonnen. In dem Urteil teilt das Gericht mit, dass die einstweilige Verfügung gegen den Verkauf der Zuru Minifiguren bei Walmart berechtigt war. In zwei anderen Punkten (dem Verkauf eines Packs einzelner Steine und eines Noppenstein-Klebebands) konnte LEGO sich hingegen nicht durchsetzen.
Hier ein Vergleich der LEGO Minifiguren und der Zuru Minifiguren aus dem Urteil des Gerichtes in den USA. Unter dem Bild findet ihr die übersetzte Urteilsbegründung des Gerichtes:
LEGO behauptet, dass die ZURU Figuren im Wesentlichen dem allgemeinen Aussehen und der Haptik von LEGO Minifiguren, einem der ikonischsten Konstruktionsspielzeuge von LEGO, ähneln. Das Bezirksgericht stimmte dem zu.
Inwiefern das Urteil in den USA Strahlkraft auf den Prozess zwischen BlueBrixx und LEGO hat, wird sich zeigen. Wenn ein Gericht in den USA allerdings schon die Figuren von Zuru denen von LEGO gegenüber als “zu ähnlich” empfindet, sind auch viele weitere Figuren der anderen Klemmbausteinhersteller in Gefahr, zu große Ähnlichkeit aufzuweisen.
Anmeldung der Wortmarke AFOB
Vor einigen Wochen ging ein weiteres Thema rund um BlueBrixx durch die Foren und verschiedene Blogs: Es wurde berichtet, dass BlueBrixx sich die Wortmarke AFOB, also das Akronym von “Adult Fan of Bricks” gesichert habe. Darauf aufmerksam gemacht hatte der Youtuber Thomas Affentranger aus der Schweiz, der auf seinem Kanal “Steine Meister” Ende Dezember 2019 ein Video zu dem Thema publizierte:
https://www.youtube.com/watch?v=Ca3Tt_fhw3I&t=1s
Der Steine Meister hatte in seinen ersten Videos die von BlueBrixx geprägte Bezeichnung “Hallo AFOBs” genutzt und wurde anschließend von einem Fan auf den Markenschutz hingewiesen. Auf Nachfrage bei BlueBrixx wurde Thomas Affentranger die Nutzung in einem “begrenzten” Umfang und “bis auf Widerruf” erlaubt.
Tatsächlich besteht die Wortmarke AFOB der BB Services GmbH seit März 2019 und wurde im Oktober 2018 angemeldet. Angemeldet wurde die Marke nur in der Nizza Klasse 28, also für den Bereich “Spielzeug“. Das bedeutet, dass es zum aktuellen Zeitpunkt beispielsweise erlaubt wäre, T-Shirts mit dem Begriff “AFOB” zu verkaufen, oder einen Lebensmittelladen unter dem Namen zu eröffnen. Es darf nur eben kein Spielzeug verkauft werden.
Ob die Begrüßung “Hallo AFOBs” in einem Youtube-Video eine sogenannte “markenmäßige Verwendung” im Bereich Spielzeug ist, müssen wiederum im Zweifelsfall Anwälte und Gerichte beurteilen. Und ob das Akronym “AFOB” generell schützbar ist, steht auf einem anderen Blatt. Aber ohne einen begründeten (und kostenpflichtigen) Antrag auf Löschung gegenüber dem DPMA von einem Inhaber einer konkurrierenden Marke, bleiben solche Marken in der Regel bestehen, sobald sie einmal eingetragen sind.
Der Kanal vom Steine Meister ist übrigens mittlerweile auf die Begrüßung “Freunde des Steins” “Steinefreunde” umgestiegen.
Klaus Kiunke äußert sich am Ende eines seiner aktuelleren Videos übrigens auch dazu und gibt an, den Begriff nur geschützt zu haben, damit ihn niemand anderes schützen kann und er frei verwendet werden darf. Ohne dass BlueBrixx die Marke selbst verwendet, dürfte das allerdings auf Dauer schwierig sein. Denn eine Marke verfällt nach einer gewissen Zeit, wenn sie nicht im angemeldeten Bereich genutzt wird.
Die recht gönnerhafte Formulierung, dass man den Begriff AFOB ruhig auf T-Shirts und Tassen drucken dürfe, ist übrigens korrekt. Denn in den genannten Nizza-Klassen ist die Marke wie erwähnt gar nicht angemeldet. Dass man eine angemeldete Marke nur dann findet, wenn man selbst eine Marke anmelden möchte, ist übrigens nicht korrekt. Die Markenrecherche des DPMA ist für jeden frei zugänglich und Markenanmeldungen werden auch in vielen anderen Szenarien geprüft.
Exklusivvertrieb von Xingbao
Ein weiteres Thema, das im Zusammenhang mit BlueBrixx gewisse Wellen geschlagen hat, ist die Zusicherung der exklusiven Online-Vertriebsrechte von Produkten der Firma Xingbao (einer Schwesterfirma von Lepin) für ganz Europa. Diese hat BlueBrixx sich nämlich nach eigenen Angaben gesichert, wie uns auch von Xingbao bestätigt wurde.
Damit wird BlueBrixx zum Generalimporteur der Produkte von Xingbao in Europa. Durch die Vereinbarung mit BlueBrixx dürfe Xingbao nach eigenen Angaben nun an keinen anderen Händler mehr in Europa mehr ausliefern, sondern müsse interessierte Händler wiederum an die BB Services GmbH als Großhändler verweisen. BlueBrixx beschreibt dies als einen “ganz normalen Vorgang” und “keine Monopolbildung”.
Ausgelöst wurde die Diskussion rund um den Exklusivvertrieb durch den Klemmshop, der eine E-Mail von BlueBrixx bekam, in der er aufgefordert wurde, den Vertrieb von Xingbao Produkten einzustellen, da BlueBrixx seit dem 28. November den Exklusivvertrieb für Xingbao bekommen habe. Laut dem Betreiber des Klemmshop wurde die Problematik durch ein Telefonat aus der Welt geräumt. Stein des Anstoßes war hier im wahrsten Sinne des Wortes wohl die Xingbao 25001 Chinesische Dschunke – die gehörte nämlich zu den Neuheiten, die eigentlich nur noch exklusiv an BlueBrixx hätten ausgeliefert werden dürfen.
Hier die beiden Videos von Klaus Kiunke zu dem Vorgang:
https://www.youtube.com/watch?v=NYO_Y9mo-Qs
https://www.youtube.com/watch?time_continue=623&v=IdhMyevhj7Y&feature=emb_title
Die Problematik ist: Ob BlueBrixx hier das Recht hat, anderen Händlern (und sei es nur kurzfristig) den Vertrieb zu verbieten, ist mehr als fraglich. Ein Vertrag über den Generalimport ist eine Sache zwischen dem Importeur und dem Exporteur, also zwischen BlueBrixx und Xingbao. Wenn letztere parallel noch an andere Händler ausliefern, ist das demnach ein Vertragsbruch von Xingbao, der allerdings dem anderen Händler (in diesem Fall dem Klemmshop) nicht zur Last fallen kann.
Zwischenzeitlich gaben andere Händler an, laut Xingbao weiterhin direkt beliefert zu werden. Ob dies nur ein Kommunikationsproblem war, das durch die chinesischen Neujahrsfeiern bei Xingbao ausgelöst wurde, oder tatsächlich so geplant ist, wird die Zeit zeigen.
Viele Fans von alternativen Klemmbausteinen gaben an, dass es ihnen egal sei, wer die Sets importiere und dass das ja nur die Händler und nicht die Konsumenten interessiere. Ob diese Sichtweise so durchdacht ist, sei dahingestellt. Denn wann immer ein Händler als Generalimporteur sowohl Großhandel als auch Endkundenhandel betreibt, hat er effektiv die volle Kontrolle über die Preise und ist faktisch immer der günstigste Händler. Das könnte auf Dauer die Vielfalt der Händler einschränken. Uns gegenüber bestätigten auch schon einzelne Händler, lieber Xingbao aus dem Sortiment zu nehmen als den Einkauf über die BB Services GmbH abzuwickeln.
Abgesehen vom Preis hat der Generalimport durch BlueBrixx natürlich auch Auswirkungen auf die Produktvielfalt am Markt: Wenn BlueBrixx sich entschließt, ein Set nicht zu importieren, weil es z.B. mit einer Eigenentwicklung konkurriert (oder aus anderen vielfältigen Gründen), gibt es für den Endkunden keinen Weg, das Set auf dem europäischen Markt zu kaufen. Natürlich bleibt für den informierten Endkunden weiterhin der private Import aus China, der allerdings mit einigen Hürden verbunden sein kann.
Dass eine Firma einen Generalimporteur bestimmt, ist wohl in der Tat ein “ganz normaler Vorgang”, wie Klaus Kiunke es in seinem Video darstellt. Dass ein Generalimporteur anschließend parallel einen Großhandel und einen Endkundenvertrieb betreibt, kommt allerdings schon seltener vor. Und auch wenn das sicherlich nicht direkt ein Monopol zur Folge hat, begünstigt die Kontrolle über Preise und die importierten Produkte ein solches jedoch sehr. Ob dies dann wirklich “zum Vorteil aller” ist oder doch eher zum Vorteil von BlueBrixx, überlassen wir eurer Interpretation.
Verkauf von Kopien bekannter MOCs
Ein Thema, das im Zusammenhang mit BlueBrixx schon mehrfach diskutiert wurde und zu dem jetzt neue Vorwürfe aufgetaucht sind, ist der Verkauf von Sets verschiedener chinesischer Hersteller, die auf MOCs bekannter Rebrickable User und anderer Größen in der MOC-Szene basieren.
Kopierte Designs von DeCool
So stammt z.B. das 10 in 1 Set Forklift vom MOC-Bauer Keep on Bricking auf Rebrickable. Keep on Bricking versicherte uns gegenüber, dass es weder mit DeCool, noch mit BlueBrixx eine Vereinbarung gebe und er bisher in keiner Weise (Stand: 17. Dezember 2019) für den Verkauf der Sets kompensiert wurde. Das Set ist nach wie vor bei BlueBrixx im Sortiment. Keep on Bricking wurde seitens BlueBrixx nahegelegt, sich direkt mit DeCool in China in Verbindung zu setzen.
Johnny’s World setzte sich schon vor Wochen in folgendem Video sehr intensiv mit dem Thema auseinander, daher wollen wir euch das Video ans Herz legen:
Auf die Frage von Johnny’s World, wie man solche Probleme umgehen könnte, mag man antworten: Vielleicht arbeitet man in Zukunft besser grundsätzlich nicht mit solchen Firmen (oder deren Schwesterfirmen) zusammen, die in der Vergangenheit schon öfters durch Kopien aufgefallen sind. Und wenn man in China nicht über eine Messe gehen und Sets einkaufen kann, ohne ständig der Gefahr ausgesetzt zu sein, Kopien einzukaufen, dann hat vielleicht eine ganze Branche ein massives Problem.
Brickative Modelle von UrGe und Zhe Gao kopiert
Ein weiterer Fall erreichte uns vor einigen Wochen von MOC-Designern und deren Fans zu diesem Video von BlueBrixx (vom 29. Oktober 2019), in dem sich Kiunke über die wirklich gelungenen Modular Buildings des gezeigten Herstellers freut. Die zugehörigen Designs stammen von unterschiedlichen MOC-Bauern (hier und hier), die ebenfalls nicht gefragt oder auch nur informiert wurden. Unseren Infos zufolge versuchte BlueBrixx, nachdem sie unmittelbar nach der Veröffentlichung des Videos auf die Herkunft der MOCs aufmerksam gemacht wurden, u.a. bei Brickative die Rechte an den MOCs für 1.000,- Euro je Set zu kaufen. Brickative stimmte dem laut eigener Aussage zunächst zu, lehnte den Deal aber später doch ab.
Dann aber wurden wir letzte Woche erneut auf Brickative aufmerksam, nachdem BlueBrixx das UrGe Hotel (Hersteller: UrGe) im eigenen Shop gelistet hatte. Dies basiert auf dem Design des Cuba Hotel von Brickative, die die Anleitung für 23,- US-Dollar verkaufen. Wir haben bei Brickative angefragt und uns wurde bestätigt, dass es bei diesem Set wieder keine Absprachen zwischen BlueBrixx und Brickative gab und auch keine Kompensation stattgefunden habe.
Nun gibt es seit heute ein offizielles Statement von Brickative zu dem Sachverhalt, dass ihr hier im englischen Original auf Facebook einsehen könnt. Dabei geht es allerdings wieder um die im Video von der Messe in China gezeigten Sets des Herstellers Zhe Gao. Im Folgenden könnt ihr unsere Übersetzung des Textes mit einem Klick ausklappen:
Brickative veröffentlichte angehängt an das Statement auch folgende Dokumente zum Nachweis der Überweisung und der anschließenden Rücküberweisung:
Klaus Kiunke von BlueBrixx hat zu den Anschuldigungen eine Stellungnahme auf Facebook veröffentlicht, die wir hier ebenfalls an euch weiterreichen wollen:
Unser Fazit zu BlueBrixx und den Vorkommnissen
Die Firma BlueBrixx schafft es seit Monaten immer wieder auf sich aufmerksam zu machen und hinterlässt damit bei vielen LEGO-, aber auch bei Alternativ-Klemmbaustein-Fans alles andere als einen positiven Gesamteindruck. Vor allem die anfangs in den Augen vieler Betrachter verzerrte Eigendarstellung als kleine Firma, die von der großen bösen Firma LEGO vollkommen überraschend abgemahnt wurde, ist in Anbetracht des beachtlichen Firmenkonstruktes im Hintergrund, der vorhanden Gerichtsprozesserfahrung mit Automobilherstellern und des Bewusstseins über die Möglichkeit einer rechtlichen Auseinandersetzung wohl nicht haltbar.
Die darauf folgenden Vorkommnisse wie die Anmeldung der Wortmarke AFOB und die Sicherung des Xingbao Exklusivvertriebes verstärken den Eindruck, dass Klaus Kiunke natürlich in erster Linie ein Geschäftsmann ist, der BlueBrixx genau wie seine Model Car World GmbH führt, über deren Geschäftsgebahren und Beliebtheit bei den Kunden sich ebenfalls viele Berichte in den einschlägigen Modellauto-Foren finden lassen.
Zu guter Letzt zeigt das Vorgehen beim Verkauf von Sets, die (ohne Erlaubnis) auf den Designs MOCs etablierter Szenegrößen beruhen, dass Klaus Kiunke anscheinend bereit ist, BlueBrixx so zu zu führen, dass er dabei auch nicht vor potentiellen rechtlichen Auseinandersetzungen zurückschreckt. Diese können sich die MOC-Designer dieser Welt allerdings gegen eine Firma wie die BB Services GmbH nicht leisten – denn im Gegensatz zu dieser steht hinter Brickative wohl keine Firma mit Gewinnvorträgen in Millionenhöhe auf dem Konto. Und auch die direkte Auseinandersetzung mit den Produzenten in China dürfte für die MOC-Designer wohl schwierig werden.
Wie immer freuen wir uns auch bei diesem Arikel sehr auf eure Kommentare, auch wenn ihr diesmal “etwas” mehr zu lesen hattet! Bleibt dabei bitte sachlich und äußert eure Gedanken zu BlueBrixx, den Vorgängen der letzten Monate und speziell natürlich auch zum aktuellen Fall BlueBrixx vs. Brickative.