
Der gestern veröffentlichte Geschäftsbericht hat gezeigt, dass es LEGO finanziell nach wie vor sehr gut geht – Gewinn und Umsatz stiegen 2024 beträchtlich. Gleichzeitig investiert man in Billund aber auch mehr in die Zukunft – unter anderem offenbar in den Aufbau eines internen Entwicklerstudios für Videospiele.
Geschichte wiederholt sich – manchmal auch bei LEGO. Schon Ende der 1990er-Jahre gewannen digitale Produkte, etwa PCs und Spielekonsolen, aber auch Produkte wie Furby, Tamagotchi und Co., immer mehr an Bedeutung in den Kinderzimmern und LEGO versuchte, sich durch Neuausrichtung und Erweiterung der Geschäftstätigkeiten diesem Trend anzupassen. Das führte damals mangels vernünftiger Steuerung und Kostenkontrolle beinahe zum Bankrott des Unternehmens, aber heute stehen die Vorzeichen wesentlich besser.
Zwar nimmt speziell der Videospiele-Bereich seit Jahren wieder stark an Fahrt auf und buhlt um Geld und Aufmerksamkeit der LEGO Zielgruppe, aber LEGO steht finanziell glänzend da, hat in Kooperation mit externen Entwicklern selbst diverse erfolgreiche Spiele am Markt und sich außerdem in Form lizenzierter Bausets zu Fortnite, Sonic, Super Mario usw. bereits ein zweites Standbein mit Gaming-Bezug aufgebaut. Zur Zeit hat LEGO über 70 Sets aus dieser Kategorie im Angebot, Tendenz steigend. Das sind schon jetzt fast 10% des aktuellen Sortiments!

Jetzt möchte das Unternehmen offenbar den nächsten Schritt wagen. Wie CEO Niels B. Christiansen in einem Interview mit der Financial Times verriet, plane man, künftig auch intern eigene Videospiele zu entwickeln. Auf diese Thematik angesprochen, bemerkte er (alle Übersetzungen durch StoneWars):
Wir können definitiv sagen: Solange wir uns unter der Marke Lego bewegen, können wir Erlebnisse für Kinder aller Altersgruppen abdecken, digital oder physisch. [Interne Spieleentwicklung] ist etwas, das wir aufbauen.
Besonders interessant ist, dass diese Initiative zu einem Zeitpunkt kommt, wo die Videospielebranche eher mit Stellenabbau (weit über 20.000 Entlassungen seit 2023) Schlagzeilen macht und der durch die Corona-Pandemie befeuerte Hype bereits wieder am Abklingen zu sein scheint. Gleichwohl: Etablierte Marken – und dazu zählt LEGO zweifelsohne inzwischen auch im Videospiele-Bereich – laufen weiterhin gut und durch die immer engere Verzahnung physischer und digitaler Produkte hat LEGO außerdem einen möglichen Marktvorteil gegenüber seinen Wettbewerbern, da Kunden aus beiden Segmenten akquiriert werden können.
Bereits im April 2022 hatte LEGO via Pressemeldung bekanntgegeben, die Größe des „digitalen Teams“ innerhalb von drei Jahren – also bis heute – nahezu verdreifachen zu wollen, auf über 1.800 Mitarbeiter weltweit. Diese Zahl umfasst allerdings nicht nur die Angestellten, die sich um Spiele und ähnliche digitale Inhalte kümmern, sondern auch diverse andere digitale Themen oder, wie LEGO CTO Atul Bhardwaj es damals ausdrückte (übersetzt):
Der LEGO® Stein wird immer das Herzstück unseres Unternehmens sein, aber wir sehen große Erfolge dabei, LEGO zu einer digitalen Marke zu machen, durch neue Möglichkeiten zu spielen, einzukaufen und Geschäfte zu machen.
Das hat LEGO sich seitdem einige hundert Millionen Dollar kosten lassen, was Christiansen im Interview mit der Financial Times folgendermaßen kommentiert (übersetzt):
Wir haben eine ganze Reihe von Investitionen in die Zukunft getätigt – ich würde fast schon lieber über-investieren. Das ist der Vorteil eines Familienunternehmens, das langfristig angelegt ist.
Gleichwohl hat die Vergangenheit gezeigt, dass auch LEGO durchaus rigoros reagieren kann, wenn das Wachstum einmal schwächelt und der gewünschte Erfolg ausbleibt. Es wird deshalb spannend sein zu sehen, welche Früchte die Bemühungen um digitale „Aufrüstung“ bei LEGO letztendlich tragen werden.
Werden wir z.B. wieder verstärkte Bestrebungen dahingehend feststellen, die Bausets um ein digitales Spieleerlebnis zu erweitern, wie dies (beide Male recht erfolglos) bei LEGO Hidden Side oder LEGO VIDIYO der Fall war? Erwartet uns möglichweise ähnlich zu LEGO Dimensions eine neue Produktreihe, bei der das digitale Erlebnis sogar klar im Vordergrund steht? Zielt LEGO hinsichtlich vollwertiger Videospiele darauf ab, diese zukünftig komplett intern zu entwickeln, oder wird man auch weiterhin mit externen Studios kooperieren, wie dies in der jüngeren Vergangenheit, aber auch um die Jahrtausendwende fast immer der Fall war? Und was bedeutet der interne Kapazitätsaufbau für das langjährige Partnerunternehmen TT Games, dem wir die typische Spielemechanik verdanken, die in vielen Titeln wie etwa der LEGO Star Wars Skywalker Saga oder der „GTA-Parodie“ LEGO City Undercover, aber auch in Spielen zu zahlreichen anderen Lizenzen wie etwa Harry Potter, Indiana Jones, Herr der Ringe usw. zum Einsatz kam?

Zuletzt entwickelte TT Games, das Warner Bros. Games gehört, nur noch Titel mit LEGO Bezug, seit 2022 wurde es aber verdächtig still um das Studio. Die Entwicklung der Skywalker-Saga machte mit diversen Verschiebungen und Berichten über schlechte Arbeitsbedingungen von sich reden, außerdem hat der Mutterkonzern zur Zeit mit massiven Problemen zu kämpfen und bereits mehrere Studios geschlossen. Eine mögliche Schließung oder ein Verkauf von TT Games könnte daher ebenfalls in Raum stehen – wäre LEGO ein möglicher Interessent? Das ist zur Zeit noch reine Spekulation. Zuletzt hatte man sich dort vermehrt auch neuen Partnern, etwa 2K für LEGO 2K Drive und den eigentlich anvisierten Nachfolger LEGO 2K Goooal! zugewandt, außerdem natürlich EPIC für LEGO Fortnite.
Kurzum: Was der Aufbau interner Kapazitäten für Spieleentwicklung bei LEGO konkret bedeuten wird, bleibt abzuwarten. Festzuhalten ist auf jeden Fall die Tatsache, dass LEGO offenbar auch weiterhin bereit ist, viel Geld und Aufwand in das Thema Gaming zu investieren, und das nicht nur hinsichtlich der vermehrten Zuwendung hin zu Bauset-Lizenzen aus diesem Bereich. Ob bei den LEGO Videospielen letztlich alles wie bisher bleibt und lediglich eine Verlagerung der Entwicklung hin zu einer größeren Eigenbeteiligung seitens LEGO geht, oder ob man in Billund schon an Ideen für ganz neue Konzepte und ggf. auch deren Verzahnung mit den physischen Produkten arbeitet, werden wir mit Spannung beobachten und euch diesbezüglich natürlich auf dem Laufenden halten!
Was denkt ihr über die Aussagen des LEGO CEOs und den Plan, offenbar vermehrt auf eigene digitale Entwicklungen bei LEGO zu setzen? Worin könnte eurer Meinung nach ein Vorteil der internen Entwicklung neuer Spiele liegen, wie könnte sich dies nachteilig auswirken? Reizt es euch, wenn die klassischen Bausets durch eine (gut gemachte) digitale Komponente ergänzt werden bzw. umgekehrt? Tauscht euch gerne in den Kommentaren aus!