In den letzten Tagen putzten die Fans das Schmuckstück auf Hochglanz. Heute ist es endlich soweit: Der Entwurf „Antique Cash Register“ sammelte 10.000 Stimmen und darf als 36. Kandidat in die 1. Reviewrunde 2022. In Billund wird das Ideas-Team ab Anfang Mai mit der Begutachtung beginnen. Wir haben uns die Idee schon näher angesehen und stellen euch alle Details vor.
Die Kasse wurde vom Ideas-Nutzer dimexart aka Mexx Rustamov aus Aserbaidschan entworfen. Der 3D-Designer sammelte bereits 1997 die ersten LEGO Erfahrungen. Er fing an die normalen Sets zu erweitern und improvisierte gerne. Von diesem Zeitpunkt an wurde LEGO zu einem Bestandteil in seinem Leben und ein Weg sich künstlerisch auszudrücken.
Auf der Ideas-Plattform ist Mexx seit September 2020 unterwegs und schickte bisher 12 Entwürfe ins Rennen und laut seiner Historie konnten bisher drei weitere Modelle mehr als 4.000 Stimmen einsammeln. Die Kasse präsentierte er Mitte September 2021 und konnte innerhalb von einer Woche die ersten 1.000 Stimmen verbuchen. Die Marke bei 5.000 Stimmen passierte die Idee Mitte November 2021 und nach 193 Tagen war der erste Einzug in ein Review perfekt.
Als Vorlage für das Ideas-Modell diente die alte Registrierkasse Modell 452, wie sie die ehemalige National Cash Register (heute: NCR Corporation) Ende des 19. Jahrhunderts herstellte. Für den digitalen Bau benötigte Mexx 2.565 Teile und kommt ganz ohne Minifigur aus. Laut dem Beschreibungstext soll es sich um eine voll funktionsfähige Kasse handeln. Schauen wir uns das gute Stück mal näher an.
Zuerst fällt unser Blick natürlich auf die vielen Tasten, die typisch für die Kassen-Generation war. Der Fandesigner verbaute jeweils fünf Tasten, die in vier Reihen gegliedert sind. Davor sehen wir eine kleine Ablage, auf der vermutlich der gezahlte Betrag vom Kunden abgelegt wurde, um spätere Unstimmigkeiten beim Wechselgeld entgegen zu wirken. In dem großen Fach darunter hat Mexx die Geldlade eingebaut, die sich bei jedem Kassiervorgang öffnen soll.
Über dem Tastenfeld sehen wir das Anzeigenfeld. So konnte die Kundschaft und der Händler jederzeit die korrekte Summierung verfolgen und bei einem Fehler sofort korrigieren. Auf der rechten Seite können wir eine Kurbel erkennen. Diese wurde vermutlich betätigt, wenn der Posten dem Einkauf hinzugefügt werden sollte. Im linken Block neben dem Tastenblock ist die Kassenrolle verbaut. Je nach Kassenmodell konnte damals der Kundschaft direkt ein Kassenbeleg ausgehändigt werden.
Das aufwendige Design hat Mexx viele Arbeitsstunden gekostet. Im Beschreibungstest hebt er hervor, dass sein Ideas-Entwurf mit einigen Funktionen ausgestattet ist: So soll sich die Geldlade öffnen lassen, die Kurbel am rechten Rand drehbar sein und ihr könnt die Tasten drücken. Da wir hier ein digitales Modell vorliegen haben, sollten wir die Aussage mit etwas Vorsicht genießen.
Anhand der Bilder haben wir versucht die Maße der Kasse zu schätzen: Wir würden das Modell mit ca. 26 cm Breite, 21 cm Tiefe und ca. 25 cm Höhe taxieren.
Am 4. November 1879 reichte James Ritty das erste Patent für eine Registrierkasse unter dem Namen „Ritty’s Incorruptable Cashier Machine“ ein. 1881 wurde das kleine Unternehmen mit den Patenten an eine Investorengruppe verkauft, die die Firma „National Manufacturing Company“ (NCR) nannten. 1884 wurde das Unternehmen von John Henry Patterson gekauft und in „National Cash Register Company“ umfirmiert. 1885 wurde dann die erste, weiterentwickelte Kasse auf einer Messe in Chicago vorgestellt. Damit wurde die National Cash Register Modell-Reihe geboren. Das erste Büro mit 13 Angestellten befand sich im Callahan Power Building, in Dayton, Ohio (USA).
Als Patterson die Firma übernahm war die Kasse relativ teuer und die Nachfrage war recht gering. Er glaubte jedoch an sein Produkt und erwies sich als ausgesprochen innovativer Vertriebler: Er schuf die „American Selling Force“, ein Verkäufer-Team, das auf Provisionsbasis arbeitete und führte den ersten vorgegebenen Verkaufsleitfaden ein. Darüber hinaus galt das Unternehmen als Musterbetrieb hinsichtlich der Arbeitsbedingungen.
Die 400er-Modellreihe wurde zu einem Verkaufsschlager. Dazu trugen mit Sicherheit auch die flexiblen Einsatzbereiche bei. Die Kasse konnten von mehreren Personen bedient werden und war in der Lage verschiedene Zahlungsarten zu unterscheiden. Anhand der Modellbezeichnung könnt ihr auch die Kassen-Konfiguration erkennen. Laut dem Carillon Historical Park, das historische Open-Air-Museum in Dayton, Ohio (USA), steht das Modell 452 steht für ein Modell aus der 400er-Reihe, mit einem 5-reihigen Tastenblock und verfügte über einen Summenzähler, einen Beleg und Scheckdrucker.
Der Betrieb wuchs in den Folgejahren sehr schnell und hatte bis 1911 schon etwa eine Million Kassen verkauft sowie rund 6.000 Mitarbeiter. Bis zum heutigen Tag ist das börsennotierte Unternehmen aktiv: In 2020 wurden rund 6,2 Mrd. US-Dollar umgesetzt und ca. 36.000 Personen beschäftigt.
Weitere Ansichten könnt ihr in unserer Galerie betrachten:
Übersicht der Entwürfe im 1. Review 2022:
Bei diesem Entwurf bin ich hin- und hergerissen. Ich finde die Idee richtig gut und die digitalen Umsetzung ausgesprochen gelungen. Sollten sich die beschriebenen Funktionen als real herausstellen, wäre der Entwurf für mich der Inbegriff eines Ideas-Sets. Es würde alles beinhalten, was ich mir erhoffe: Optik, Funktionalität und Originalität. Einfach etwas Neues. Auf der anderen Seite sehe ich viele Teile in Farben, die es bei LEGO nicht gibt und denke dann daran, wie das Modell umgestaltet werden müsste, um ein Ideas-Set zu werden. Ich mache mir große Sorgen, dass der Entwurf den Praxistest nicht bestehen wird.
Kommen wir zur Frage, wie LEGO den Entwurf bewerten könnte. Dafür schauen wir wieder mal ins Ideas-Archiv: Dort können wir weder unter den abgelehnten Review-Entwürfen noch unter den „Expired“-Projekten etwas ähnliches finden. Die Kasse hat auf Ideas ein Alleinstellungsmerkmal. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen wir auch bei unser Suche im LEGO Hauptsortiment: Einzig im LEGO CITY 7907 Adventkalender Tag 15 können wir einen 11-teiligen Mini-Built entdecken. Weitere Treffer gibt es nicht.
Der Versuch über eine allgemeine Suchwortanfrage Hinweise zu erhalten, bringt uns auch nicht sonderlich weiter: Eine Registrierkasse ist bis heute ein normaler Gegenstand für eine Geschäftsausstattung. Hieraus eine mögliche Nachfrage für ein LEGO Produkt abzuleiten, halten wir für unseriös. Das gleiche gilt für die Suche nach dem Unternehmen, die NCR Corp. Das Unternehmen ist börsennotiert und dürfte schon deshalb ein allgemeines Interesse auf sich ziehen.
Es bleibt uns also nicht anderes übrig, als ein paar allgemeine Überlegungen anzustellen. Die alten Kassen stellen bis heute ein beliebtes Sammelgebiet dar. Bei unser Recherche zu diesem Beitrag fanden wir einige Antik-Auktionen, wo die Exponate Ergebnisse von mehreren hundert US-Dollar oder mehr erzielten. Darüber hinaus verkörpert die Kasse einen mechanischen Gegenstand und eine große Portion Retro-Gefühl. Dieser Nostalgie-Faktor taucht zur Zeit an einigen Stellen bei LEGO auf. Ein gutes Beispiel sind die LEGO Ideas 21327 Schreibmaschine oder das LEGO Super Mario 71374 Nintendo Entertainment System.
Hinsichtlich Design und Bespielbarkeit ist das Modell gut ausgestattet. Sollten alle Funktionen tatsächlich zuverlässig arbeiten, wäre das ein großer Pluspunkt. Da der Entwurf ausschließlich digital existiert, können wir hierzu keine Aussage treffen.
Der Fandesigner schreibt selbst:„This was built and rendered in 3d“. Damit kann er in seinem Programm auf eine Vielzahl von Teilen zugreifen, die es in der gewünschten Farbe gar nicht bei LEGO gibt. Im Falle der wahrscheinlich verwendeten Farbe Metallic-Gold kennt die Datenbank von BrickLink nur 105 unterschiedliche Teile und für Pearl-Gold als Alternative wären es 949 Teile. Beide Varianten liefern jedoch nicht die notwendigen Steine, um die Idee zu realisieren. Das würde entweder eine deutliche Farbänderung, viele neue Teile oder eine Ablehnung bedeuten.
Selbst wenn die Funktionen alle einwandfrei arbeiten, sehe ich unter dem Strich große Probleme hinsichtlich der vorhandenen Teile. Leider muss ich das bei meiner Einschätzung entsprechend berücksichtigen und stufe die Umsetzung als unwahrscheinlich ein. Gerne lasse ich mich vom Gegenteil überzeugen.
Jetzt seid ihr gefragt: Sagt euch die alte Kasse zu oder ist sie ein altes Relikt? Wie findet ihr das Design? Kommt es dem Original nahe genug oder sehr ihr Verbesserungsbedarf? Freut ihr euch auf die Funktionen oder seid ihr skeptisch? Würdet ihr das Modell so kaufen oder spricht es euch nicht an? Wie schätzt ihr die Farbproblematik ein? Welche Chancen gebt ihr dem Modell? Schreibt uns eure Meinungen gerne in die Kommentare.