Während es in den letzten Jahren verschiedene Bahnhöfe und Haltepunkte in anderen LEGO Themenwelten gab, war das City-Thema zuletzt acht lange Jahre bahnhofsfrei. Mancher hat in seiner Verzweiflung sogar schon Bahnhofs-MOCs gebaut und rezensiert. Aber fürchtet euch nicht: Das Designteam aus Billund durfte sich mit dem LEGO City 60335 Bahnhof endlich mal wieder mit der fundamentalen Dienstleistung an der Schiene austoben!
Auf den ersten Blick dürfen wir uns auch über einen Bahnübergang freuen, den es in den letzten Jahren nur bei den Güterzug-Sets und dem 10259 Winterlichen Bahnhof gab, sowie über ein mehrstöckiges Bahnhofsgebäude. Genauer untersuchen sollten wir aber die Zahl der enthaltenen Fahrzeuge, vor allem den detaillierte Bus, aber auch das interessante Baustellenfahrzeug, auch wollen wir die Zielgruppe zum Thema Bespielbarkeit zu Wort kommen lassen und den aufgerufenen Preis kritisch einordnen. Also zurückbleiben bitte – kein Zug fährt durch!
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Inhaltsverzeichnis
Set und Verfügbarkeit
Mit zahlreichen anderen Sets ist auch der LEGO 60335 City Bahnhof am 1. Juni in den Verkauf gegangen. Das Set ist allerdings teilexklusiv und zurzeit regulär nur bei LEGO selbst, Proshop sowie mit der Bezeichnung „exklusiv“ bei Amazon erhältlich. Inwiefern Amazon auch mal gute Rabatte geben wird, ist also schwer zu sagen. Interessanterweise sind aber unsere üblichen Vergleichsmetriken wie der Preis pro Teil und pro Gramm bei diesem Set überraschend niedrig angesetzt.
Der Set-Designer ist Leon Pijnenburg, der seit 2019 bei LEGO arbeitet und dort bisher fast ausschließlich City- und „Super Mario“-Sets entworfen hat.
Alle Details im Überblick:
- Setnummer: 60335
- Name (englisch): Train Station
- Name (deutsch): Bahnhof
- Preis (UVP): 79,99 Euro
- Anzahl Teile: 907
- Preis pro Teil: 8,8 Cent
- Gewicht (nur Teile): 1207 Gramm
- Preis pro Gramm: 6,6 Cent
- Designer: Leon Pijnenburg
- Anzahl Sticker: 18
- Anzahl Minifiguren: 6
- Altersempfehlung: 7+
Kleine Bahnhofs-Geschichte
In meiner Review zum Bahnhofs-MOC des „Großen Stadtbahnhofs“ habe ich euch ein wenig in die Geschichte einiger LEGO-Bahnhöfe mitgenommen – lest dort also gern die Abschnitte „Das originale Set“ und „Bahnhöfe im Vergleich“ noch einmal nach. Ich habe in dem Artikel auch vom letzten City-Bahnhof 60050 aus dem Jahr 2014 berichtet, seine Vorgänger-Sets aber ausgeklammert. Diese will ich hier zumindest einmal auflisten, denn seit den Neunziger Jahren kam alle drei bis vier Jahre ein kleiner City-Bahnhof in die Verkaufsregale: 7937 Bahnhof aus dem Jahr 2010 für 39,99 Euro, der 7997 Bahnhof, der 2007 erschien und wohl 44,99 US-Dollar kostete (ab hier konnte ich keine deutschen Preise mehr zurückverfolgen) sowie den 4513 City-Bahnhof aus der „World City“-Reihe aus dem Jahr 2003 (50,- US-Dollar) und 4556 Bahnhof von anno 1999 (42,- Dollar aus der 9-Volt-Ära). Davor kamen der rote (2150, 1996) und der gelbe (4554, 1991) Bahnhof, den ich in meinem MOC-Review schon genauer unter die Lupe genommen habe.
Was können wir also von einem LEGO Bahnhof basierend auf dieser Rückschau erwarten? Die älteren Sets haben sich oft an einem klassischen Bahnhofsdesign mit einem Haupt- und zwei Seitenflügeln orientiert, die letzten zwei City-Bahnhöfe waren dann etwas kastenförmiger, fügten aber ein Taxi als zusätzliches Fahrzeug hinzu. Ältere Sets enthielten keine Schienen, die neueren oft etwa vier Geraden. Gemein ist den meisten Sets, dass ein erhöhter Bahnsteig gebaut wird, außerdem sind meist Gepäckwagen, ein Kiosk und ein Fahrkartenschalter bzw. -automat enthalten. Die Minifigurenanzahl startete in den Neunzigern bei üppigen 8 Figuren und pendelte sich dann bald bei 5 Minifiguren pro Set ein. Wie steht in diesen Disziplinen also unser neuer Bahnhof da?
Verpackung und Inhalt
Die Vorderseite der länglichen Verpackung (die etwa 53 cm x 28 cm x 10 cm misst) zeigt ein geschäftiges Treiben am und um den Bahnhof: Ein Bus, dessen Fahrerin gerade eine Pause macht, wartet am offenen Bahnübergang, während die Schranke auf der Gegenspur noch abgesenkt ist (?!). Ein Baustellenfahrzeug wird genutzt, um am Bahnhof eine Anzeigetafel zu installieren und zugleich eine mobile Toilette in nächster Nähe zu haben. Auf dem Bahnsteig herrscht dabei geschäftiges Treiben, auch wenn der Handwerkereinsatz am Gebäude wenig Hoffnung macht, dass hier in Kürze ein Zug einfährt. Immerhin stehen aber mit dem Bus und dem Fahrrad alternative Fluchtmöglichkeiten vom Bahnhof bereit. Auch auf dieser Verpackung wird in der rechten oberen Ecke auf die enthaltenen Straßenplatten hingewiesen.
Die Rückseite zeigt nicht etwa die Hinteransicht des Bahnhofs, sondern eine andere Perspektive und Fahrzeuganordnung um die Gebäudefront herum. In den kleineren Kästen daneben wird der Bus sehr präsent beworben, aber auch einige situative Details aus dem Bahnhofsinneren werden dargestellt sowie Spielfunktionen – wie die klappbare Schranke und die optional herunterschwenkbaren Schienenräder des Baustellenfahrzeugs – hervorgehoben.
Interessant ist auch, was nicht auf der Packung steht: Offensichtlich gehört das Set nicht zur „beliebten TV-Serie“.
Aus der Packung (die im Gegensatz zum Supermarkt etwas üppiger gefüllt ist, zu etwa drei Vierteln – auch hier hätte sich also noch etwas Luft sparen lassen) purzeln zehn Tüten heraus – sie enthalten die Teile für acht Bauschritte (Schritt 5 erhält zwei Tüten) sowie in einem Beutel die großen Elemente, d.h. die Schienen, die Straßenplatte und die beiden Aufgleishilfen.
Die Anleitungen sind in einem Pappumschlag versteckt und dort bestens vor Knicken geschützt – es war das einzige City-Set meiner Reviewrunde, das einen solchen Umschlag enthielt. Der Bau wird über drei Anleitungen verteilt, sodass man auch problemlos parallel bauen kann. Das kleinste Kind könnte dann das Straßenbaufahrzeug mit Dixiklo-Anhänger aus den zwei ersten Tüten zusammenstecken, während der nächstältere Nachwuchs den etwas filigraneren Bus aus zwei Tüten formen könnte – und die Erwachsenen haben sich dann für die vier Tüten Bahnhofsgebäude qualifiziert, die auch für die City-Reihe einige etwas ungewohnte Bautechniken enthalten.
Der nicht ganz kleine Stickerbogen kommt uns durch die geschützten Anleitungen ebenfalls in bestem Zustand entgegen.
Aufbau
Abschnitt 1
Mit dem Inhalt der ersten Tüte bauen wir ein sogenanntes Zweiwegefahrzeug, das sowohl auf Straßen als auch Schienen eingesetzt werden kann. Mit der Hebebühne kommt der zeitgleich zusammenzusetzende Bauarbeiter auch an erhöhte Problemstellen heran, ein Mülleimer transportiert den üblichen Aufräumbedarf mit. Das Fahrzeug besteht, neben dem dunkelgrauen Fahrgestell, aus vielen Teilen in Bright Orange und ist dadurch mühelos dem drittältesten Gewerbe der Welt zuzuordnen. Das Gefährt ist mit sechs Noppen in der üblichen Breite gebaut, hier ist nur ein Fahrerplatz vorgesehen. Vordertüren sind leider nicht eingebaut, Minifiguren müssen sich also von der riesigen Hand eines deus ex machina ins Fahrzeug setzen lassen, indem das Autodach entfernt wird.
Für diesen Schritt habe ich etwa 8 Minuten Teile sortiert (Knolling) und dann immerhin 13 Minuten gebaut. Von den 907 insgesamt verbauten Teilen werden hier 118, also 13 Prozent verbaut.
Abschnitt 2
Im zweiten Bauschritt wird ein Anhänger für das Zweiwegefahrzeug gebaut, der auf Zugrädern steht. Mit diesem Gefährt wird eine Baustellentoilette transportiert, die mit ein paar simplen SNOT-Techniken zusammengesetzt wird. Frei nach dem Motto, dass bei der Zielgruppe nichts so einschlägt wie ein paar Fäkalwitze, darf man davon ausgehen, dass die Kerze in Dark Tan eine fatal leere Toilettenpapierrolle anzeigt und das braune Endprodukt in der Kloschüssel kein Törtchen vom Kiosk nebenan ist. Das Aussehen der Toilette und die Anwesenheit von Pipikaka-Humor teilt sich das Set übrigens mit weiteren Klohäuschen der jüngeren Vergangenheit, darunter dem 70423 Spezialbus Geisterschreck 3000 aus der Hidden-Side-Reihe, der braune Scheiben verschoss, und dem 60073 Baustellentruck, mit dem ich das Set weiter unten noch einmal vergleichen werde. Wer sich mit diesem Thema eingehender beschäftigen möchte, dem empfehle ich ein frisches Paar Gummihandschuhe und den Griff in die „Toilet Thursdays“ im LEGO Reddit.
Insgesamt habe ich kaum 5 Minuten fürs Foto und eure Teileübersicht geknollt und die paar Teile innerhalb von 7 Minuten zusammengesetzt. Hier werden nur 52 Teile verbaut, also lediglich 6 Prozent des Sets. Insgesamt besteht das Zweiwegefahrzeug mit Anhänger damit aus immerhin 19 Prozent des Gesamtsets.
Abschnitt 3
Im dritten Bauabschnitt kommen gleich drei neue Figuren dazu: eine Busfahrerin bzw. Kundenbetreuerin sowie eine Mutter mit ihrem Sohn als Passagiere. In die Minifiguren sliden wir im entsprechenden Abschnitt dieser Review noch einmal genauer hinein.
Gebaut wird nun der blaue Niederflurbus, das heißt zuerst der untere Teil. Im Gegensatz zu manch berühmt gewordener Buskonkurrenz können in diesem Bus sogar Minifiguren mitfahren, immerhin sechs Sitze sowie ein Fahrersitz werden hier verbaut, außerdem ist Platz für einen Rollstuhl und, wie wir im nächsten Schritt sehen werden, auch ein Fahrrad findet Platz im, also besser: am Bus. Dieser Bauschritt hier enthält keine Überraschungen, das Fahrzeug wird im Farbschema Dark Azure und Gelb zusammengesetzt, als Akzentfarbe wurde Schwarz gewählt. Damit das entstehende Fahrzeug beim Bau nicht wegrollt, werden wie üblich die Räder als letztes angebracht.
Am unteren Teil des Busses habe ich 8 Minuten geknollt und dann auch 8 Minuten gebaut.
Abschnitt 4
Hier, in Abschnitt 4, leisten wir einen Beitrag zur ÖPNV-Struktur unserer City und vollenden den Bus – er wird optisch durch Sticker etwas aufgelockert, diese bringe ich aber erst wieder nach Abschluss des Baus an. Gute Einsicht ins Innere gewähren die Fenster und Türen in Trans-Black, als barrierearmer Einstieg für die Minifiguren wird der neuerdings beliebte Türrahmen mit 6er-Breite eingesetzt, hier passen locker Rollstühle, Kinderwägen oder IKEA-Einkäufe hindurch. Barrierefreiheit für erwachsene Wurstfinger bietet zudem das in drei Teilen komplett abnehmbare Dach, eine in meinen Augen massive Verbesserung im Vergleich zu einer früheren Stadtbus-Inkarnation, mit der ich diesen Bus später auch noch einmal vergleichen möchte.
An diesem vierten Bauschritt habe ich 9 Minuten geknollt und immerhin 11 Minuten gebaut. In den Bus werden insgesamt satte 206 Teile investiert, also 23 Prozent der Gesamtteile.
Abschnitt 5
In diesem Bauschritt kommen uns sogar zwei Tüten entgegen, es entsteht vor allem der Unterbau des Bahnhofs. Für diesen Teil kann, wenn man das Set Kinder aufbauen lässt, sich gern ein Erwachsener opfern – das Zusammenstecken der inneren Konstruktion aus langen Platten, Steinen und Fliesen ist nicht sonderlich spannend. Ansonsten zeichnet sich bereits der Zuschnitt des Bahnsteiges ab: ein einfacher Fahrradständer, eine Sitzbank, der Unterbau eines Ticketautomaten und ein Kiosk mit zwei Durchreichen, einmal für Kulinarisches, einmal für Tickets. Eine letzte Minifigur unterstützt uns bei diesem Bauabschnitt, es ist der Kiosk-Angestellte, der mit dem gelben Fahrrad zur Arbeit kommt.
Hier habe ich in der Vorbereitung 9 Minuten Teile sortiert und dann 13 Minuten gebaut. 121 Teile werden in diese Grundkonstruktion gesteckt, das sind 24 Prozent der Teile, die für das Bahnhofsgebäude verbaut werden, und 13 Prozent aller Teile des Sets.
Abschnitt 6
Langsam nimmt das Bahnhofsgebäude Gestalt an: Das Erdgeschoss wurde in diesem sechsten Bauschritt fertiggestellt, Bank und Automat sind vollendet, zwei Doppeltüren führen ins Innere. Die kühle und klare Ästhetik des Hauptgebäudes wird durch die Rückseite der medium nougat Mauersteine im linken Teil etwas aufgebrochen. Den Clou finde ich die Kunst am Bau neben dem Zugangsbogen, die durch ganz simple, bunte Dreiecksfliesen dargestellt wird und denen in meinen Augen ein farbenfroh abstrakter Eindruck gelingt. Auch das Grünzeug über dem Torbogen versucht den klaren, oft transparenten Kanten der aktuellen City-Architektur etwas botanische Verspieltheit entgegenzusetzen. Im Inneren ist – Achtung, Kaffee-Content! – auch eine veritable Siebträgermaschine entstanden.
Für diesen Bauschritt habe ich 8 Minuten Steine ordentlich hingelegt und dann 11 Minuten gebaut. Währenddessen werden 29 Prozent der Bahnhofsteile und 16 Prozent des gesamten Sets verbaut.
Abschnitt 7
Fertig? Nicht ganz! Mit diesem siebten Bauschritt schließen wir aber zumindest die Bahnhofsarchitektur ab, ein erhöhtes Stellwerk überblickt die Bahnhofsumgebung – auch wenn es denkbar minimalistisch eingerichtet ist, mehr als einen drehbaren Stuhl, zwei Mini-Bedienelemente in Form bedruckter Fliesen und eine Kaffeetasse stellt der Arbeitgeber hier nicht zur Verfügung. Mit Blick auf den Personalschlüssel darf man sich aber ohnehin fragen, wieviel Zeit zur Büroprokrastination bleibt. Und: Wie bei City üblich, gibt es keine angedeutete Treppe oder Leiter, um die Figuren ins Obergeschoss zu bringen. Außerdem befestigen wir zwei Fluter für TÜV-geprüfte Sicherheit und eine digitale Fahrplananzeige.
Eine interessante Abwechslung zum stumpfen Wändehochziehen ist die Konstruktion des Daches, das durch eine „Studs Not On Top“-Bauweise erstaunlich erwachsen gebaut wird – die verwendeten Fenster werden liegend eingebaut, die Last der Verantwortung tragen dabei 16 1×2 Platten mit vertikaler Röhre, also die üblichen Verdächtigen für eine Baurichtungsänderung. Die entstehende, leicht überhängende Dachstruktur verleiht dem Set dabei das gewisse Etwas, auch wenn für die Bespielbarkeit ein entfernbares Dach hilfreich gewesen wäre, denn wie so oft: Trotz der geringen Bautiefe merken zumindest erwachsene Finger bald, dass dieses Set nicht für sie entworfen wurde.
Den Blick fest aufs Bauende gerichtet, habe ich hier 9 Minuten geknollt und dann noch 12 Minuten lang die 134 Teile zusammengesteckt – das sind immerhin 27 Prozent des Bahnhofsgebäudes und 15 Prozent der Gesamtteileanzahl. Insgesamt nutzt das Bahnhofsgebäude 44 Prozent der gesamten mitgelieferten Steine.
Abschnitt 8
In diesem finalen Bauschritt können wir uns mit etwas Grobmotorik entspannen, denn es werden vor allem die vier mitgelieferten Schienengeraden zusammengesetzt und mit der Straßenplatte zu einem Bahnübergang gestaltet. Auf diesem wird mit recht viel Fliesenaufwand die Noppenstruktur der Übergangsschiene überbaut, damit Straßenfahrzeuge ohne größere Achsschäden über die Schienen gelangen. Im Vergleich zu den meist knackig durchgefliesten Bahnübergängen der Vergangenheit erscheint mir diese Lösung mit einigen Rundfliesen erstaunlich elaboriert.
Eine schöne Überraschung war für mich die Verwendung von zwei Aufgleishilfen. Dieses Teil, mit dem Loks und Waggons unbeschwert auf die Schienen geführt werden können, sodass alle Räder perfekt auf den Gleisen sitzen, kam bisher nur im Hidden-Side-Zug vor und erfreut sich in meinem Haushalt bei Groß und Klein einiger Beliebtheit, weil es viel Feinmotorik und Frustration beim Aufbringen der Eisenbahnen auf den Schienen abnimmt. Außerdem ist er eine geschickte Möglichkeit, auch ohne viel weiteres Gleismaterial die Züge (sofern sie nicht nicht motorisiert sind) auf dem Fußboden weiterzuschieben, ohne dass man gleich eine Entgleisung durchspielen muss. Insofern ein sehr sinnvolles Element – das sein Fehlen in allen anderen Eisenbahnsets nur umso deutlicher spürbar macht. Zuletzt werden auch die beiden Schranken aus einer Handvoll Technic-Teilen zusammengesetzt, die verlässlich ihren Dienst tun, indem sie Straßen- und Schienenverkehr voneinander fernhalten. Also, zumindest ist das der Versuch, denn große Verkehrskatastrophen stehen bekanntermaßen in Deutschlands Kinderzimmern an der Tagesordnung.
Die großen Teile machen sich auch in meiner kleiner Hausmänner-Statistik bemerkbar: Die 100 Teile machen nur 20 Prozent der Bahnhofsimmobilie und nur 11 Prozent des Setteile aus. Der Bauschritt ging entsprechend schnell von der Hand: 6 Minuten habe ich mich dem Knolling hingegeben, 7 Minuten schließlich gebaut.
Besondere Teile
Im Set kommen uns einige seltene Teile entgegen, allerdings nicht in für die meisten AFOLs unabdingbaren Farben. Besonders hinweisen möchte ich auf die bereits erwähnte Aufgleishilfe und den gelben Fahrradrahmen.
- 61252 1×1 Clip horizontal in Lime (exklusiv!)
- 47755 Radlauf in Lime (exklusiv!)
- 6179 4×4 Platte mit Noppen an einer Kante in Dark Tuquiose (exklusiv)
- 53834 Aufgleishilfe (erstmals seit Hidden-Side-Zug!)
- 3036 6×8 Platte in Dark Azure (nur in 1 weiteren Set)
- 42205 6er Türrahmen in Schwarz (neu für 2022, nur in 2 weiteren Sets)
- 4477 1×10 Platte in Lime (nur in 1 weiteren Set)
- 50340 Klickscharnier in Orange (nur in 1 weiteren Set)
- 60383 3×6 Tür in Trans-Black (nur in 1 weiteren Set)
- 65574 Fahrrad in Gelb (nur in 1 weiteren Set)
- 41740 1×4 Platte mit 2 Noppen in Dark Azure (nur in 2 weiteren Sets)
- 45677 Fahrzeugdach in Dark Azure (nur in 2 weiteren Sets)
- 35787 Dreiecks-Fliese in Dark Tuquiose (nur in 2 weiteren Sets)
- 58176 Bionicle-Auge in Grün (nur in 2 weiteren Sets)
- 35787 Dreiecks-Fliese in Grün (nur in 2 weiteren Sets)
- 81911 Windschutzscheibe in Trans-Clear (nur in 2 weiteren Sets)
Die Minifiguren
Hier habe ich alle enthaltenen Minifiguren noch einmal zusammengebracht. Ganz links sehen wir zuerst zwei Kundenbetreuerinnen des City-Nahverkehrs. Die Dame mit mit dem schulterlangen Haar besteht aus bekannten Teilen, ihr Oberkörper kommt abseits vom Bahnhof auch noch im neuen Schnellzug vor. Ähnliches lässt sich über die Kollegin mit dunkelblauer Schirmmütze und Pferdeschwanz sagen – auch hier sind kaum besondere Teile enthalten, aber auch diesen Torso findet man sonst nur im Schnellzug. Die Bluse der erstgenannten Dame ist durch das Halstuch etwas weiblicher konnotiert, während das geschlossenere Jackett (wie auch im Zug bzw. hier im Bahnhof demonstriert) sowohl für weibliche als auch männliche Minifiguren funktioniert. Sehr positiv finde ich apropos, dass LEGO augenscheinlich die taillierten Oberkörper stark zurückgefahren hat, man Oberkörper jetzt also wieder flexibler für Figuren jeglichen Geschlechts nutzen kann.
Der Bahnarbeiter daneben ist mir vor allem durch den exklusiven Kopf aufgefallen: Es ist der erste im LEGO Design männlich zu lesende Kopf mit einem Hörgerät, nachdem es 2020 bereits im 60271 Stadtplatz eine schwerhörige Frau gab. Torso und Helm gibt es sonst auch nur im neuen Güterzugset.
Unscheinbar, aber aus meiner Sicht eine versteckte Überraschung ist die Frau mit den schulterlangen Haaren: Ihre Beine, der nicht sonderlich aufregende Pullover-Torso und der ebenfalls auffällig unauffällige Kopf mit Brille sind aktuell alle exklusiv in diesem Set zu finden – vor allem die sandblaue Jeans empfinde ich als lohnend und flexibel einsetzbar.
Daneben sehen wir den Jungen, der aus üblichen Standardteilen besteht, abgesehen von dem aktuell exklusiven Torso mit Batik-„Swirl“-Shirt.
Der Kioskverkäufer bringt, last but not least, zwei neue Drucke mit: Sein Oberkörper mit der Schürze, die auf die Beine übergeht, ist exklusiv im Set. Außerdem gab es sein Haarteil in Bright Light Yellow bisher nur im Selfie-Stuntman.
Das fertige Set
Bevor wir das fertige Modell in all seiner Pracht bewerten können, habe ich noch schnell die Aufkleber aufgebracht – und für euch vorher und nachher ein paar Bilder zum Vergleichen gemacht. Die meisten der 18 Sticker kommen auf schwarzem Grund am und im Bus sowie zur Beschilderung des Bahnhofs zum Einsatz.
Wenn ihr mitgerechnet habt, solltet ihr wie ich zu dem Ergebnis gekommen sein, dass ich knapp über eine Stunde Teile geknollt habe (was, wenn man nicht gerade eine Review schreibt, bei einem City-Set sicherlich in den wenigsten Fällen notwendig ist) und etwa 1:20 Stunden gebaut. Wenn die Kinder ungeduldig warten, schafft man es vielleicht auch etwas schneller, ein Mädchen oder Junge der umworbenen Zielgruppe wird sicher um die zwei Stunden Aufbauspaß haben, falls nicht beim Gleisunterbau das Handtuch geworfen wird. Und noch ein rascher Blick auf den Meterstab: Das gesamte Set ist etwa 37 cm lang, an der höchsten Stelle 21 cm hoch und immerhin 12 cm tief.
Widmen wir uns nun der weiteren Bewertung des Sets, indem wir unsere Aufmerksamkeit zuerst ein paar Einzelabschnitten des Bausatzes widmen. Mich hat dabei unter anderem der Bus interessiert, weil in den letzten Jahren kaum Busse in die City-Welt rollten, nachdem es so um 2010 herum einige Sets mit diesem Transportmittel gab. Außerdem war das Set 60154 Busbahnhof von 2017 eines der ersten Sets nach Ende meiner Dark Ages, und den enthaltenen Niederflurbus habe ich trotz einiger Schwächen in Ehren (und aufgebaut) gehalten.
Weil ich den Vergleich auch immer aufschlussreich finde, hier mal beide Sets im Vergleich:
- Setnummer: 60154
- Name (englisch): Bus Station
- Name (deutsch): Busbahnhof
- Preis (UVP): 39,99 Euro
- Anzahl Teile: 337
- Preis pro Teil: 11,9 Cent
- Gewicht (nur Teile): 385 Gramm
- Preis pro Gramm: 10,4 Cent
- Anzahl Sticker: 13
- Anzahl Minifiguren: 6
- Altersempfehlung: 5-12
- Verbaute Teile im Bus: 104
- enthält: Bus, Haltestelle, Zeitungsstand
- Setnummer: 60335
- Name (englisch): Train Station
- Name (deutsch): Bahnhof
- Preis (UVP): 79,99 Euro
- Anzahl Teile: 907
- Preis pro Teil: 8,8 Cent
- Gewicht (nur Teile): 1207 Gramm
- Preis pro Gramm: 6,6 Cent
- Anzahl Sticker: 18
- Anzahl Minifiguren: 6
- Altersempfehlung: 7+
- Verbaute Teile im Bus: 206
- enthält: Bus, Bahnhof, Zwei-Wege-Fahrzeug mit Anhänger, Bahnübergang und Schienen
Wenn wir beide Busse vergleichend betrachten (abgebildet ist jeweils ein teilabgebauter Querschnitt), sehen wir viele Ähnlichkeiten in der Grundkonstruktion, darunter die Fahrradaufhängung und die zweiflügelige Mitteltür. Der ältere Bus ist zwei Noppen länger gebaut und enthält ein Räderpaar mehr, dafür lässt sich im neueren Modell das Dach leicht zum Bespielen des Inneren entfernen (eine große Achillesverse des alten Sets, die mich sogar zu einer ersten Modifikation damals genötigt hat), die Mitteltür ist geschickter gebaut und es stehen 50 Prozent mehr Sitze zur Verfügung.
Als kurzes Zwischenfazit im direkten Vergleich würde ich insofern zusammenfassen, dass in meinen Augen das neuere Set für den damals (!) doppelten Preis mehr als das Doppelte an Spielmöglichkeiten bietet; der heutige Bus ist detaillierter und besser verwendbar, das umgebende Set ist vollwertiger; auch die üblichen Kenn- und Vergleichzahlen weisen in diese Richtung. Nur die gleiche Minifigurenanzahl beim doppelt so teuren neueren Set muss sich LEGO vorwerfen lassen (bzw. erklärt sich daraus vielleicht auch der vergleichsweise hohe Preis des Busbahnhofs). Und nicht ungesagt darf bleiben: Der Busbahnhof war im freien Verkauf mit üppigen Rabatten zu finden, der neue Bahnhof ist teilexklusiv.
Ein weiteres Déjà-vu hatte ich mit dem Zweiwegefahrzeug inklusive Toilettenanhänger, das es sehr ähnlich bereits 2015 gab und das ich auch in meiner spielbereiten Sammlung habe – theoretisch zumindest. Aufgrund der Anwesenheit von Klabauterkindern in meinem Haushalt habe ich aber lieber ein offizielles, weil vollständiges Setfoto als Vergleichsbild genommen.
Für den Hinterkopf auch noch einmal ein paar Werte: Der 60073 Baustellentruck enthielt zwei Minifiguren und 233 Teile, verkauft wurde er zu einer UVP von 19,99 Euro an Kinder zwischen 5 und 12. Im direkten Vergleich sieht man meiner Erachtens schon, dass das alte Set – das natürlich auch nur mit dem Truck und Anhänger glänzen konnte – etwas detaillierter und vollständiger gebaut wurde, auch der Hebekran war zum Auf- und Absetzen der Baustellentoilette gut geeignet, während die Hebebühne des neueren Fahrzeugs eher an den Bahnhof andockt. Dass man das 2022er Fahrzeug sowohl auf Schienen als auch auf Straßen verwenden kann, ist jedoch definitiv ein Pluspunkt.
Nun zum Bahnhof als Gesamtkunstwerk: Es ist offensichtlich, dass das LEGO Designteam hier versucht hat, einerseits eine sinnvolle Ergänzung zu den beiden zeitgleich erschienenen Eisenbahnsets 60336 und 60337 zu kreieren, andererseits aber auch ein in sich geschlossenes Set anzubieten, das sich auch ohne große Schienenstrecke sinnvoll bespielen lässt. Das gelingt in meinen Augen auch, vor allem das Zweiwegefahrzeug schlägt eine schöne Brücke zwischen den Straßenplatten und den beigelegten Schienen, es kann – wie auf der Verpackung angedeutet – für Reparaturen am Bahnhofsgebäude eingesetzt werden, aber auch als natürlicher Feind des Busses im Straßengetümmel dienen. Und mit dem beigelegten Fahrrad ist dann ja auch noch der Anfang der StVO-Nahrungskette enthalten. Wie erwähnt, ermöglichen die beiden Aufgleishilfen auch einen problemlosen Übergang von der Schienen- zur Straßenwelt.
Der Gleisbereich ist recht nackig, bietet aber viel Platz für Wochenendgedränge von Seiten der Minifiguren. Ich finde es amüsant und irgendwie bewundernswert, wie LEGO die vor Jahrzehnten etablierte Bahnhofsausstattung immer wieder aufleben lässt: Nie dürfen Sitzgelegenheit, Ticketshop und Kiosk fehlen. Die exzessive Werbung der Bio-Marke „fresh“, die hier auf der Parkbank und am Bus auftaucht (und in den anderen City-Sets auch beim Supermarkt und dem Gemüselieferwagen zu sehen ist), finde ich in Verbindung mit dem ähnlichen Farbschema des Gebäudes ein wenig dystopisch, so als würde hier ein Öko-Monopolist die Stadt mit Werbung zukleistern, überall Franchises eröffnen und sogar den öffentlichen Nahverkehr im eigenen Corporate Design verantworten. Public–private partnership, Octan 2.0, ick hör‘ dir trapsen?
Apropos Sticker: Wie auch bei der Friends-Theaterschule muss ich hier den Versuch, die Wandpaneele mit ein bisschen Aufkleberei aufzubrechen, kritisieren – die gefundene Katze, die per Abreißzettel annonciert wird (und von der sich offensichtlich schon drei Leute angesprochen gefühlt haben), hängt doch sehr verloren herum, zumal neben der Seitenwand kein (ich weiß, ich weiß) „realistischer“ Aufenthaltsort für eine Person zu finden ist, sondern nur eine Noppenbreite. Auch der Zugplan auf der anderen Seite desselben Paneels erscheint mir eher wie eine Verlegenheitslösung. Sinnvoller wird dieser „abgeschnittene“ Bereich übrigens, wenn man das Set mit dem Minibahnsteig vom 60337 Personenzug kombiniert, dieser dient nämlich als perfekte Verlängerung des Bahnhofs nach rechts, bietet eine weitere (aber werbefreie) Sitzbank und sogar einen separat aufgebockten Netzplan. Warum diese sinnvolle Setkombination aber auf keiner Verpackungsrückseite oder zumindest in der Anleitung beworben wird, weiß wahrscheinlich nur jemand in Billund, denn LEGOs Wege sind unergründlich.
Mit den Innenräumen des Bahnhofs kann zumindest ich als wurstfingriger Vater wenig anfangen. Zum Spielen ist der Minikiosk mit seinen beiden Ausgaberichtungen zu schlecht erreichbar, und die Raumtiefe steht mit vier bespielbaren Noppen in stolzer City-Tradition. Hier hätte ich mir, auch für die Kinder, etwas mehr Spielmöglichkeiten gewünscht: Warum nicht eine Durchreiche nach außen aufs Gleis, warum kein Streckenplan an der (ebenfalls fehlenden) Eingangstreppe, warum kein Schlechtwetteraufenthaltsraum, Zeitungskiosk oder irgendwie ans Bahnhofsthema angedockter (Bahn-)Hofladen, eine kleine Post, eine Laderampe für den überregionalen Gemüsehandel?
Was sagt aber nun die Zielgruppe in freier Wildbahn zu dem Set? Meine beiden Kinder (7 und 2) haben gern mit dem Bahnhof gespielt, vor allem das Auf- und Zuklappen der Schrankenanlage war (neben zahlreichen gewollten Unfällen damit) ein Höhepunkt, und auch der Bus wurde immer wieder mit neuen Passagieren aufgefüllt. Als dann unsere Zugstrecke mit zwei separaten Streckenführungen für die beiden ferngesteuerten Züge und die vier verschiedenen Bahnhöfe, die wir nun unser Eigen nennen, standen, waren die Feinheiten des LEGO Spiels aber ohnehin perdu – da waren dann vor allem die verschiedenen Geschwindigkeiten und Weichen von Interesse, ab und zu durften die Bahnkundinnen aber immerhin mal umsteigen. Die kindliche Freude und auch geschwisterliche Kooperation hat mich aber wieder sehr begeistert, und man merkt, dass Bahnhöfe als ÖPNV-Leuchttürme ein wichtiger Bestandteil dieser Strecken sind. Die nicht-schienengebundenen Fahrzeuge wie unsere Straßenbahn oder der Bus sind auch spieltaktisch eine sinnvolle Ergänzung, gerade für Fremd- oder kleinere Kinder, die gerade keine Fernbedienung in die Hand bekommen haben, aber trotzdem aktiv mitspielen möchten.
Fazit
Was bleibt unterm Strich vom lang ersehnten City-Bahnhof? Wie immer muss man einen ordentlichen Betrag auf den Tresen legen, und aufgrund der (Teil-)Exklusivität ist schwer zu sagen, ob es das Set mal unter der UVP von gut 80,- Euro geben wird. Rechnet man die „Einzelmodelle“, vor allem die beiden Fahrzeuge aus den erwähnten älteren Sets zusammen, kann man durchaus zu der Erkenntnis kommen, dass die Bepreisung des Modells angemessen ist – das ist auch meine Schlussfolgerung, wenn ich mir unsere Vergleichswerte „Preis pro Stein“ und „Preis pro Gramm“ anschaue, denn da habe ich definitiv schon gruseligere Werte in der City-Reihe gesehen.
Klar sagen muss man auch, dass das Set als Einzelstück kaum sinnvoll ist, man muss es schon an einen neuen oder alten Passagier- oder Güterzug andocken; gerade in Kombination mit dem Bahnsteig des neuen 60337 Personenzug ist das Set definitiv eine sinnvolle Ergänzung. Mit dem Bahnübergang und dem Bahnhofsgebäude leistet der City-Bahnhof einen kaum ersetzbaren Beitrag zur Diversifizierung der eigenen Schienen-Infrastruktur; sollte man allerdings bereits einen City-Bahnhof besitzen, muss man sich doppelt fragen, ob die Anschaffung notwendig ist oder man mit dem Kauf eines oder mehrerer Hogwarts-Express-Bahnsteige (ohne Zug und Figuren) nicht mehr fürs Geld bekommt. Das Zweiwegefahrzeug funktioniert simpel und verlässlich, das finde ich weiterhin genial.
Beim Bus wohnen zwei Seelen, ach, in meiner Brust. Einerseits finde ich das Fahrzeug deutlich besser als seinen Vorgänger und einfach schick, und die direkte Bespielbarkeit des Sets steigt durch ihn enorm. Andererseits wird mir seine Funktion nicht ganz klar – und warum steht auf der digitalen Anzeige am Gleis dieselbe Endhaltestelle wie auf dem Bus (in derselben LCD-Ästhetik), sodass man mutmaßen muss, dass hier der Anschlussbus angezeigt wird und nicht die nächste Zugeinfahrt? Ich weiß, es gibt solche Anzeigetafeln auch an deutschen Bahnhöfen, aber so dicht am Gleis finde ich das auch für die reisenden Minifiguren nur verwirrend und hätte mir eine klare Zuganzeige gewünscht. Damit überstrahlt der Busverkehr auf seltsame Weise den Zugbahnhof. Und ob hier wirklich ein infrastrukturkritisches Statement zur Verlässlichkeit des Zugverkehrs im Legoland und der Notwendigkeit eines Schienenersatzverkehrs gemeint war, darf man sicherlich befragen.
Im Wissen, dass das Leben weder ein Ponyhof noch ein Zug-Eldorado ist, aber man Kritik ja gern auch mit Vorschlägen untermauern darf, deshalb hier meine Idee: Den Bus hätte LEGO gern in ein 20-Euro-Set mit drei Minifiguren outsourcen können (übernächstes Jahr dann gern abgelöst durch eine Straßenbahn, die stünde nach dem eher misslungenen 60271 Stadtplatz dann auch mal wieder an), die etwas halbherzige Toilette (für die es auch auf keinem Kartonbild ein witziges Spielangebot gibt) hätte ich gänzlich gestrichen, um dann den Preis des vorliegenden Sets um 10,- Euro abzusenken und noch 100, 150 Teile in einen etwas größeren Bahnhof mit noch mehr Spielmöglichkeiten und gebauten Details zu investieren.
Weiterer Kritikpunkt: Die Integration der 2022er Eisenbahn mit der Bauernhof-Linie hätte gern noch ausformulierter sein können – beim Güterzug ist sie gelungen, hier finden wir (wie einige von euch auch in den Kommentaren meiner Review anmerkten) die Ladestation fürs knubbelige E-Auto aus dem Supermarkt, zwei Kirschbaum-Setzlinge und zwei Kisten mit Lebensmitteln. Das hätte ich mir für Personenzug und Bahnhof auch weitergedacht gewünscht, wo sollen denn sonst die Hamsterfahrten der ausgezehrten Stadtbevölkerung, bei der ständig Feuer gelöscht und Diebe gefasst werden müssen, hingehen?
Insofern lege ich mich als LEGO City-Zugfan fest: Ich freue mich riesig, dass es endlich wieder einen Bahnhof draußen vor der großen Stadt gibt und sehe auch die kindliche Bespielbarkeit am lebenden Objekt. Trotzdem hätte ich mir einen etwas anderen Setzuschnitt und ein etwas bespielbareres und verspielteres Gebäude und nicht nur schickes Glasdesign mit Kunst am Bau gewünscht. Wer noch keine City-Haltestelle sein Eigen nennt, wartet am besten auf eine Rabattaktion bei Proshop oder ein attraktives GWP im LEGO Online Shop, um zuzuschlagen – immerhin bekommt man auch rechnerisch gar nicht so wenig fürs Geld.
Könnt ihr euch meinem Fazit anschließen? Wie gefällt euch der Bahnhof, oder habt ihr ihn gar schon gekauft und gebaut? Habt ihr Kinder, die mit LEGO Eisenbahnen spielen? Und was haltet ihr von meiner Idee, den Bus und den Bahnhof zu teilen? Ich freue mich auf den Austausch mit euch in den Kommentaren!