
Herzstück einer Bauernhof-Welt ist sicherlich der Betriebshof mit viel Getier. Für die lang erwartete Rückkehr der Landwirtschaft in die LEGO City hat das Unternehmen ein 4+ Set zum Gravitationszentrum auserkoren, und so arbeitet sich heute your girlfriend’s favorite Stadtkind durch verblüffende Anleitungshefte, sucht vergeblich den Aufkleberzettel – und fragt sich am Ende, ob es auf dem Bauernhof ein richtiges Tierleben im falschen geben kann.
Damit nähern wir uns auch dem Ende meiner Untersuchung der im Juni erschienen City-Sets, die sich mehr oder minder eng an die schöne neue Welt des fiktiven Monokulturmonopolisten „fresh“ anschmiegen. Meine vergangenen Eskapaden durch die Welt der City-Reviews könnt ihr hier nachverfolgen:
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Inhaltsverzeichnis
Set und Verfügbarkeit
Auch der LEGO 60346 Bauernhof mit Tieren steht, zusammen mit vielen anderen Sets, seit dem 1. Juni im Verkauf – und zwar gemeinhin überall da, wo man LEGO finden kann. Insofern lässt sich das Set fast durchgängig mit um die 30 Prozent Rabatt erhalten. Der Teilepreis von über 20 Cent kann einen dabei durchaus ins Schwitzen bringen, allerdings verweist der Preis pro Gramm, der um den Wert der anderen City-Sets herum schwingt und sogar geringer als beim Supermarkt ist, darauf, dass hier wie bei den 4+ Sets üblich mit sehr großen Teilen gearbeitet wird – ohne Aufkleber, und natürlich auch mit sehr viel Viehzeug.
Alle Details im Überblick:
- Setnummer: 60346
- Name (englisch): Barn & Farm Animals
- Name (deutsch): Bauernhof mit Tieren
- Preis (UVP): 49,99 Euro
- Anzahl Teile: 230
- Preis pro Teil: 21,7 Cent
- Gewicht (nur Teile): 421 Gramm
- Preis pro Gramm: 11,9 Cent
- Anzahl Sticker: keine
- Anzahl Minifiguren: 4
- Altersempfehlung: 4+
Kleine Bauernhof-Geschichte

Bevor wir uns dem Set widmen, möchte ich einen Blick zurück in die sagenumwobene Zeit der LEGO Bauernhöfe werfen, von der bis zum Erscheinen des aktuellen Themas (und teils noch immer) einige AFOLs mit verklärten Blicken raunten. „Das“, sagten sie, „war noch eine Serie, die sollte LEGO mal zurückbringen!“ Für mich selbst lag das Thema in meinen Dark Ages, sodass ich durch alte Kataloge blättern musste, um Bilder dieses Sortiments zu finden – auch wenn ich das Ferkel-Gehege seit ein paar Jahren mein Eigen nenne, nachdem ich es gebraucht erwerben konnte und die enthaltenen Schweine so knuffig gefunden habe.
Anno 2009 gab es tatsächlich eine veritable „Bauernhof“-Welle, aus der ihr einige Sets im abgebildeten 2009er-Katalog finden könnt. Mit dem 4899 Traktor gab es ein kleines Polybag zum Anfüttern, dann den oben auch abgebildeten größeren 7634 Traktor, den darüber stehenden 7635 Pferdetransporter (dessen Zuordnung man für dieses Thema aber auch befragen könnte), der 7636 Mähdrescher und natürlich den stattlichen 7637 Bauernhof für 69,99 € mit 609 Teilen und 3 Minifiguren, außerdem zwei Kühen, einem Hund und einer Katze. 2010 folgte dann das erwähnte 7684 Ferkel-Gehege mit noch ’nem Traktor und immerhin 4 Schweinen für 29,99 €. Interessanterweise gab es 2010 auch eine üppige Bahnhofswelle in der DUPLO Welt (in der das Thema aber schon immer einen zentralen Platz hatte) mit ganzen sieben, auch schön kombinierbaren und unterschiedlich großen Sets. Von denen liegen bei uns auch noch einige zersprengt in den DUPLO Kisten – zumindest bei uns haben sich Tiere und Bauernhof-Geschichten immer großer Beliebtheit erfreut, und die Allgegenwart dieses Sujets im Spielzeugbereich, vom Holzspielzeug über Schleich bis Playmobil, spricht ebenfalls eine deutliche Sprache. Umso erstaunlicher und verwunderlicher, dass sich LEGO (von zwei Traktoren-Ausrutschern 2019 und 2021) im City-Bereich mehr als ein Jahrzehnt um das Thema gedrückt hat. Nicht vergessen sollte man, dass auch in der Technic-Themenwelt regelmäßig landwirtschaftliche Fahrzeuge zu finden sind – und natürlich das vielleicht schönste landwirtschaftliche Set jemals, der 7189 Überfall aufs Mühlen-Dorf, auch bekannt als „das Set mit den Ziegen“.
Insgesamt fand ich bei der Recherche erstaunlich, dass die „tollen Bauernhof-Sets“ von 2009 und 2010 eine viel kleinere Welle dargestellt haben, als ich es mir aus den Erzählungen der Altvorderen ausgemalt hätte.
Verpackung und Inhalt
Die Vorderseite des Sets zeigt effektvoll das enthaltene Tier- und Menschengewimmel vor stimmungsvollem Hintergrund, das Gebäude spielt auf der Abbildung im Vergleich zum Traktor und den Sidebuilds eher die zweite Geige. Trompetend dagegen der Hinweis „4+“ in der linken unteren Ecke, damit auch keine Verwirrung über die Zielgruppe des Sets entsteht, und rechts unten wieder eine benannte Figur, „Peach“, die Landwirtin mit sportlicher Brille.
Die Rückseite bewirbt vor allem die Figuren, (mehrfach) die Tiere und Sidebuilds, die zwei Module der Scheune und, anhand des Traktors, wie aus nur wenigen Teilen auch kleine Kinder das Set zusammendilettieren können.
Aus dem Karton fallen vier beschriftete Tüten für die vier Bauschritte heraus sowie eine weitere Tüte mit großen Platten und der Kuh sowie den ebenfalls vier Anleitungsheften.
Für Menschen wie mich, die noch nie ein 4+ Set gebaut haben und sich für solche Dinge begeistern können, lohnt sich auch ein Blick in die Anleitung: Auf jeder (!) Doppelseite werden auf der linken Seite zwei abstrahierte Hände gezeigt, die die für den Bau benötigten Teile zeigen. Links oben zeigt ein halbtransparentes Bild, welches Endresultat gerade gebaut wird, außerdem verweist auf dem untenstehenden Beispiel das Symbol „Stein plus“ darauf, dass die Platte aus der unnumerierten Extra-Tüte stammt – und die Baugeschwindigkeit ist sichtbar auf ein Minimum heruntergefahren. Den „Statusbalken“ in der Fußzeile kennen wir auch aus anderen Sets, in diesem Fall steht aber pro Anleitung eine andere Minifigur Pate, die immer auch Teil des jeweiligen Bauschritts ist. LEGO ist hier sicherlich die einfachste, redundanteste Darstellung gelungen, die die bauenden Kinder buchstäblich an die Hand nimmt – auch wenn diese Darstellungsform freilich Seiten frisst, und nur die überschaubare Gesamtteileanzahl sorgt dafür, dass kein Brockhaus beiliegen muss.

Aufbau
Abschnitt 1
Im ersten Bauschritt entsteht der Traktor samt Anhänger, zudem werden die zwei Ferkel mit ihrer Muttersau befreit – und Bäuerin Peach steht auch schon bereit. Verbaut werden für das Doppelfahrzeug 56 von den insgesamt 230 Teilen, also ein gutes Viertel. Die Bautechniken sind erwartbar und sinnvollerweise auf einfachstem Niveau und keine großen Erörterungen wert, es entstehen aber zwei Vehikel in gutgelauntem Dark Azur sowie mit Lime-Akzenten, die in der Bauernhof-Welle für die schöne neue „fresh“-Welt stehen. Wie ein Baufehler fühlt sich für mich immer der Überrollbügel an, den ich bereits beim Gabelstapler des Supermarkts verbaut habe und der für meinen Geschmack immer etwas schief und instabil steht, irgendwie nicht „im System“.
Ich habe die wenigen Teile für das untenstehende Foto in 5 Minuten zusammengestellt („geknollt“) und dann, teilweise (erfolglos) unterstützt von meinem zweieinhalbjährigen Sohn, sehr gemütliche 10 Minuten gebaut.
Abschnitt 2
Es folgt im zweiten Bauabschnitt das Erdgeschoss der Stall-Scheune, allerdings eher nach dem Motto „außer Türen nix zu spüren“. Es ist zugleich auffällig und doch erstaunlich, wie hier mit nur 53 Teilen (23 Prozent des Gesamtteile) das gesamte Haus umrissen wird, zumal die meisten Steine in den Türmechanismus und die oberste Fliesen-Lage (teils mit Noppen) für den modularen Bau fließen. Im Scheuneninneren herrscht dann abgesehen von einer Tränke, etwas Reinigungs-Ausstattung und dem obligatorischen Poop-Content horror vacui.
Mehr Freude bringt da sicher der Blick auf die Säugetierauswahl, die nicht zuletzt für Tierteileträumer eine Freude sind – Schaf und Lamm sind, wie wir weiter unten in der Teileanalyse sehen werden, bisher nie zusammen und jeweils nur in einem weiteren Set zu finden, das abnehmbare Schurwollen-Teil ist sogar exklusiv und aus meiner Sicht einfach und genial, zumal es die etwas schmalen Schafe so schön aufplustert. Nicht weniger kreative Simplizität verströmt der Bauer, der zum Scheren mit dem gleichnamigen Utensil bereitsteht und dessen Haarpracht selbst einen Schur-Einsatz gebrauchen könnte. Genauer schauen wir uns die Figur noch einmal zusammen mit den anderen Minifiguren an.
Auch für diesen Schritt habe ich 5 Minuten geknollt und dann lockere 6 Minuten Steine verbunden.
Abschnitt 3
Im dritten Schritt entsteht aus weiteren 59 Teilen (ein Viertel aller Teile) das Dachgeschoss der Scheune. Auch hier kommen wieder große Teile zum Einsatz, die viel Stabilität verleihen, und die einzige bedruckte (und exklusive) Fliese des Sets: Sie stellt in sehr abstrahierter Form Landschaft, Sonne und Pflanzen dar. Das Dach bietet einige einfache Funktionen: eine Winde als Heuaufzug zur Ernte-Einlagerung auf den Heuboden, klappbare Dachflächen und ein romantisches Bett auf dem Heuboden.
Da wir von den Tieren im Set verwöhnt sind, darf man vom in diesem Bauabschnitt enthaltenen grauen Eichhörnchen ruhig unterwältigt sein, obwohl es in dieser Farbe auch selten ist. Als Minifigur kommt ein Kind mit Latzhose und kurzen Beinen daher.
An diesem Bauschritt habe ich erneut 5 Minuten geknollt und 4 Minuten gebaut. Auf zum Abschluss!
Abschnitt 4
Im vierten Bauabschnitt entstehen einige einladende Sidebuilds: eine Tier-Waschstraße mit Wanne, Waschbürste, Schlauch und Armatur, außerdem ein Gewächshaus für Kürbisse und Möhren, zudem eine Kiste mit Ernteerfolgen, wie wir sie schon aus den anderen Bauernhof-Sets kennen. Dazu gibt es mit der Kuh und dem exklusiven Kalb sowie dem Schmetterling drei Tiere – und eine weitere Fachkraft für Landwirtschaft und Tierhygiene.
Die enthaltenen Teile lagen nach 3 Minuten vor mir und waren innerhalb von 5 Minuten zusammengesetzt.
Restliche und besondere Teile
Wie Konproducerus schon sagt: „Beim Bauen mit großen Teilen bleiben wenige kleine Teile übrig.“ Mit Blick auf den Schuraufwand ist eine zweite Schere sicherlich nicht verkehrt, und Kuhdung kann man nie genug haben.
Für die überschaubare Teileanzahl enthält der Bauernhof eine erstaunlich große Anzahl von exklusiven oder zumindest seltenen Steinen, wobei die enthaltenen Tiere naturgemäß (ha!) am meisten herausstechen:
- 70085 Ferkel (exklusiv)
- 41948 8×8 Rundplatte in Bright Green (exklusiv)
- 18922 8×16 Stein mit Vertiefungen in Bright Green (exklusiv)
- 60219 6×4 Doppel-Slope in Dark Azure (exklusiv)
- 95270 Fensterladen in Rot (exklusiv)
- 15627 Paneel mit Fenster in Rot (exklusiv)
- 41539 8×8 Platte in Rot (exklusiv)
- 70050 Kalb (exklusiv)
- 1570 Schafwolle (exklusiv)
- 80400 Doppeltür-Rahmen in Weiß (exklusiv)
- 70122 2×6 Fliese mit Aufdruck (exklusiv)
- 78219 Schaf (nur in 1 weiteren Set, Disney 2021)
- 67989 Eichhörnchen in Light Bluish Gray (nur in 1 weiteren Set, City 2022)
- 69673 Kuh (nur in 1 weiteren Set, Icons 2022)
- 18922 8×16 Stein mit Vertiefungen in Weiß (nur in 1 weiteren Set, Disney 2020)
- 69998 Lamm (nur in 1 weiteren Set, Icons 2022)
- 50373 3×4 Wedge in Dark Azure (nur in 2 weiteren Sets)
- 74214 Rad in Light Bluish Gray (nur in 2 weiteren Sets)
- 15624 8×8 Stein mit Vertiefungen in Rot (nur in 2 weiteren Sets)
Die Minifiguren


Jetzt haben wir die Gelegenheit, noch einmal einen genaueren Blick auf die enthaltenen Minifiguren zu werfen. Mein Favorit ist sicherlich der Bauer mit dem üppigen Haarwuchs – die entsprechende Frisur mit integriertem Bart kam 2010 erstmals für die Steinzeitmensch-Sammelfigur ins Sortiment -, der passenderweise (vielleicht nachdem er selbst mit der Schere Hand angelegt hat?) einen Dreitagebart auf dem darunterliegenden Kopf hat; auf dem Wendegesicht gibt es dabei zwei freundliche Gesichtsausdrücke zur Wahl. Der Torso mit grüner Latzhose taucht hier im Set zweimal und sonst noch im 60336 Güterzug und im 30590 Polybag auf, die Hose in Lime ist unbedruckt.
Die danebenstehende Landwirtin ist bis auf Kopf und Frisur identisch – auch hier freue ich mich, dass sich LEGO für einen Unisex-Torso ohne Taille entschieden hat. Ihr schwarzer Bob wurde 2008 für die Gegenspielerin von Indiana Jones im „Kristallschädel“ eingeführt und erfreut sich seitdem einiger Beliebtheit. Auch hier finden wir erfreulicherweise ein Wendegesicht vor, auf dessen einer Seite die Figur die Augen euphorisch schließt, vielleicht beim Abduschen des Viehbestands.
Wenige Rätsel gibt die nächste Figur auf, deren Torso mit der „fresh“-Latzhose auf weißem Grund wir im schon vorgestellten Gemüselieferwagen sowie im Hühnerstall gesehen haben bzw. noch entdecken werden. In dieser Ausstattung handelt es sich, wie schon zu Beginn erwähnt, um die namentlich erwähnte „Peach“.
Zuletzt sehen wir das Kind, vielleicht als Alter Ego für das spielende 4+ Kind, aus Standardteilen und mit lockigen schwarzen Haaren. Die extrakurzen Beine lassen sich bekanntermaßen nicht einknicken und reduzieren insofern die buchstäbliche Flexibilität im Spiel. Peach und das Kind haben keine Wendegesichter spendiert bekommen.
Das fertige Set
In Ermangelung von Aufklebern kann ich euch leider kein Vorher-Nachher-Bild mit und ohne Sticker präsentieren, stattdessen habe ich die Scheune einmal aufgeklappt und einmal verschlossen fotografiert:


Während sich die Sidebuilds in meinen Augen ganz gut machen, sieht man der Scheune das 4+ Set selbst von meterweiter Entfernung an – mich hat die Konstruktion an simpelste Duplo-Aufbauten erinnert. Immerhin: Hier bricht nichts ab, die dicke Grundplatte trägt zur Stabilität bei und die kleinsten LEGO Fans können nach Herzenslaune das Tor, das Fenster und die Dachflächen aufklappen.
Die Spielfunktion mit dem Heuaufzug funktioniert gut, leider ist aber nur ein Heuballen enthalten, obwohl im Traktor-Anhänger sicher mehr Futter Platz gefunden hätte. Immerhin: Die drei kleinen Schweinchen passen hier sogar mit ihrem schlammigbraunen Untergrund hinein.
Gebaut habe ich an dem Set übrigens 25 Minuten (teils sabotiert von helfenden Kinderhänden) und 18 Minuten geknollt.
Die beiden Sidebuilds sind effektiv: Das Bürsten, Striegeln und Waschen verschieden großer Tiere mit den unterschiedlichen Utensilien ermöglicht Jungs und Mädchen die volle Pflegebandbreite, und das sogar außerhalb der Friends-Reihe! Das Gewächshaus bietet dagegen Erntespaß und lässt sich mit großen und klitzekleinen Fingern beidermaßen gut erreichen. Durch die kleinen „Spielinseln“ lassen sich die verschiedenen Stationen gut selbst von mehreren Kindern gleichzeitig bespielen, ohne sich in die Quere zu kommen, weil die Betriebsfläche flexibel über den Fußboden wachsen kann.
Stille Stars des Sets und für viele Erwachsene, wenn nicht sogar auch für die Kinder sogar der Kaufgrund sind gewiss die enthaltenen Tiere, an denen ich mich kaum sattsehen kann: Die Rückkehr der Kuh nach acht langen Jahren, das plüschig runde Kalb mit seinen kleinen Ohren, das Schaf mit Wollkleid und schneeweißem Lamm (inklusive Fell-Pony auf der Stirn), das bekannte Schwein und seine (zwei!) knuffigen Ferkel (auch wenn ich mir hier eine etwas realistischere Farbe wie das 2010er Nougat oder sogar das neue Coral sehr gewünscht hätte). Das Eichhörnchen ist mir, nach der anfänglichen Begeisterung zu Beginn des Jahres – schon in anderen Sets über den Weg gesprungen und stinkt für mich gegen die Bauernhof-Menagerie doch ein wenig ab. Tiefpunkt dieser herrlichen Reihe ist für mich dagegen der einfarbige, unbedruckte Schmetterling, dem ich auch seine Friends- und Disney-Herkunft zu sehr ansehe und der deshalb nicht so ganz in die etwas unverspieltere City-Welt passen will. Hier hätte ich mir eine hochwertige Bedruckung, einen Dual-Mold oder sogar eine Marmorierung gewünscht, wie es sie seit Jahren beim LEGO Papagei gibt. Man wird ja wohl noch träumen dürfen!


Vom Schaf und seiner Wolle-Ergänzung habe ich im entsprechenden Bauschritt ja bereits geschwärmt. Was für ein schöner Spielmoment, wenn das Schaf nach erfolgreicher Schur viel dünner vor uns steht – und innerhalb von Augenblicken auch wieder aufgeplustert und schwitzend! Das macht Spaß und lädt gemeinsam mit der Wasch-Station zum heiteren Waschen, Schneiden, (Eier-)Legen ein.
Fazit
Widmen wir uns in der Bewertung des Sets zuerst den Sonnenseiten: Das Tiere-Battle-Pack, das man hier bekommt, ist zuerst einmal der Hammer. So viele schön gestaltete Tiere, die sich bei uns in der Familie unabhängig vom Alter – wie eigentlich unsere ganze Box mit LEGO Tieren mehrerer Jahrzehnte – großer Beliebtheit erfreut. Die kleinen Sidebuilds sind schnell zusammengesetzt und laden zum Spielen ein, gerade die Kompatibilität von Waschstation und Tieren ist so einfach wie überzeugend. Das Gewächshaus schließt hingegen angenehm die Lücke zum Acker des Gemüselieferwagens, öffnet diesen Aspekt der Landwirtschaft und lässt auch zu, dass die Tiere in einem unbemerkten Augenblick ordentlich Schabernack treiben und das Gemüsebüffet plündern. Als Andockpunkt zu den anderen Sets hätte ich mir allerdings noch zwei weitere Kisten gewünscht, an die ich in einem anderen Review schon eine Ode geschrieben habe.
Die Zielgruppenanalyse meiner siebenjährigen Tochter und des Zweieinhalbjährigen fällt gemischt aus; die Tiere und der Traktor – wie alles, was auf Rädern steht und tuckern kann – begeistern, die Scheune blieb bei uns eher stehen, abseits vom Heuaufzug fehlen hier einfach Spielangebote. Überrascht war ich – wie jeder Elternteil, der sein Kind für selbstverständlich hochbegabt hält -, dass für meinen durchaus LEGO affinen Sohn die niedrigstschwellige Anleitung und auch das betreute Bauen noch viel zu schwer waren, hier fehlt offensichtlich noch das räumliche Vorstellungsvermögen und auch die Feinmotorik. Ich würde sogar sagen, dass bei einigen Schritten auch Vierjährige noch deutliche Unterstützung brauchen könnten, je nach Entwicklungsstand, Vorerfahrung und allgemeiner Geschicklichkeit. Während das gebaute Modell von Zwei-, Drei- und Vierjährigen zerstörungsarm bespielt werden kann, ist für den Bauspaß sicherlich noch DUPLO die bessere Wahl.
Nun zu meinem Hauptkritikpunkt: Ich finde den Set-Zuschnitt grundlegend falsch. Warum muss eine solche Anzahl von Tieren mit breiter Attraktivität kombiniert werden mit einem großen, simplifizierten Gebäude und dessen eng geführten Zielgruppe, ein Gebäude, das meines Erachtens schon Sechsjährige in Bauerlebnis und Spielmöglichkeiten komplett unterfordert? Und da die Tiere zwar divers, aber für sich genommen auch (abseits von den Schweinen) in nur geringer Stückzahl im Set vorkommen, als dass man beispielsweise „Mama, Papa, Kinder“ auf Tierebene spielen könnte, sehe ich auch einen Mehrfachkauf des Sets im Bereich des Möglichen – aber was macht man dann mit den riesigen Teilen, von denen schon der erste Schwung die LEGO Kisten verstopft? Das Argument, dass hier die attraktiven Tiere in einem hochpreisigen Set versteckt werden, finde ich auch nicht überzeugend – will man hier wirklich verhindern, dass sich die Zielgruppe (von uns tierverrückten AFOLs sehe ich mal ab) erst mit einem Tier-Pack, das den Namen verdient, eindeckt und dann alle LEGO Wünsche für erfüllt hält? Das ist in meiner Vatererfahrung ganz anders: Sets, die vorhandene Elemente komplettieren und erweitern, gern zu einem überschaubaren Preis bis 30,- Euro, schenke ich gern – und sie werden auch mit Nachdruck eingefordert.
Mein konstruktiver Verbesserungsvorschlag für das Line-up wäre deshalb entweder, die Tiere auf die anderen Bauernhof-Sets zu verteilen (die Kühe zum ohnehin etwas zu teuren Supermarkt, die Schafe zum Lieferwagen, die Schweine in ein eigenes Schweinekoben-Set und die Schafe vielleicht zum Bahnhof oder Hühnerstall). Oder aber, ein wirkliches Tier-Battle-Pack mit zwei Minifiguren und den Sidebuilds aus Tüte 4 für 25, maximal 30,- Euro anzubieten. Dazu als separates Sets einen Gebäude-Bausatz mit Stall, Scheune und Melkstation ab 7 Jahre und ein kleines 4+ Set mit dem simplen Traktor oder Mähdrescher, Anhänger, vielleicht zwei Vorsätzen, einem Milchtank o.ä. Ggf. sogar kombiniert mit einer Tierart, weil aus meiner Sicht ein einfaches Fahrzeug auch in das Spiel größerer Kinder sinnvoller integriert werden kann als ein großes, schwerfälliges Gebäude im DUPLO Stil. Das würde die (in meinen Augen grundsätzlich gelungene) Bauernhof-Themenwelt verbreitern und modular ergänzbar machen, und einem Mehrkauf der Tiere würde nichts im Wege stehen. Stattdessen müssen die hübschen Tiere die ungelenke Scheune aufwiegen.
Insofern fällt mir eine Bewertung des Sets schwer. Aufgrund der Tiere kommen kindliche Bauernhofliebhaber:innen kaum an diesem Set vorbei, doch der Preis ist selbst mit Rabatten deutlich zu hoch und die kreative Verbaubarkeit der großen 4+ Teile schlichtweg zu beschränkt – würde ich das Modell noch einmal kaufen, würde ich die Bauschritte 2 und 3 wahrscheinlich sogar überspringen und nur die Tiere verwenden, und vielleicht freut sich ein Kindergarten mit Schleich- oder Playmobil-Tierfundus über eine geschenkte Scheune. Den Element-Designteams, die für die Tiere verantwortlich waren, erweist der strategische, mangelhafte Setzuschnitt in meinen Augen einen Bärendienst. Das ist umso betrüblicher, als dass ein Bauernhofgebäude und das Set mit den meisten Bauernhoftieren eigentlich die Herzkammer der lang erwarteten Bauernhof-Welle 2022 sein müsste.
Findet ihr meine Kritik an der Set-Konzeption zu harsch? Habt ihr euch die Tiere bei „Pick a Brick“ einzeln geholt, liebäugelt ihr mit dem Set oder habt ihr sogar bereits zugeschlagen? Wie gefällt euch und eurem eventuellen Nachwuchs diese Bauernhof-Welle, und was würdet ihr euch für eine mögliche Fortsetzung wünschen? Ich freue mich auf eure Kommentare!