Auch wenn sich die Emotionen rund um den LEGO Ideas 21337 Tischkicker seit dessen Vorstellung und Verkaufsstart mittlerweile etwas beruhigt haben, wollen wir noch einmal die Gelegenheit nutzen, das Set ausführlich vorzustellen und zu analysieren. Neben den enthaltenen Steinen, den verwendeten Bautechniken und den Minifiguren präsentieren wir euch in diesem Artikel außerdem noch eine Premiere hier im Blog: Die erste Review im Coop-Modus mit Gedanken rund um das Set, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Als Experten heute am Spielfeldrand: Lukas und Tobias. Viel Spaß beim Lesen!
Inhaltsverzeichnis
Vorbericht
„Manche Menschen denken, bei diesem Tischkicker ginge es um Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht! Ich kann Ihnen versichern, es ist noch sehr viel ernster!“
– Lukas Kurth [1]
Als der LEGO Ideas 21337 Tischkicker vergangenen Oktober enthüllt wurde, rief das Set in den Kommentarspalten sofort sehr unterschiedliche Reaktionen hervor. Offizielle Fanmedien (RLFM), zu denen wir selbst nicht gehören, hatten kurz zuvor bei den LEGO Fan Media Days in Billund bereits die Gelegenheit, mit dem Designteam über das Set und die damit einhergegangenen Herausforderungen und Lösungsansätze zu sprechen. Während diese zusätzlichen Erläuterungen bei einigen mehr Verständnis für die finale Version des Sets hervorriefen, bestärkte sie andere wiederum in ihrer Meinung, dass sich der Entwurf nie für eine Umsetzung als echtes LEGO Modell eignete.
Auch im StoneWars Team waren stark unterschiedliche Meinungen vertreten und so entstand in der Diskussion über das Set während einer Podcastfolge des StoneWars.de LEGO News Podcasts die Idee, die erste „Coop-Review“ im Blog zu verfassen. Doch bevor die Experten das Set vom Spielfeldrand aus bewerten, werfen wir zuerst einen genauen Blick auf die Entstehung, den Inhalt und den Aufbau des Sets.
Die wichtigsten Infos zum LEGO 21337 Tischkicker im Überblick:
- Setnummer: 21337
- Deutscher Name: Tischkicker
- Englischer Name: Table Football
- Anzahl Teile: 2.339
- Teilegewicht: 2.221 Gramm
- Preis: 249,99 Euro
- Preis/Stein: 10,70 Cent
- Preis/Gramm: 11,26 Cent
- Anzahl Minifiguren: 22 (+ 22 Köpfe + 21 Frisuren)
- Altersempfehlung: 18+
- Sticker verwendet: Nein
Der Weg zum LEGO Set
Zum Jahresbeginn 2021 veranstaltete LEGO auf der hauseigenen Plattform „Ideas“ einen Bauwettbewerb unter dem Motto „We love Sports“. Aus 869 eingereichten Beiträgen wählte die Jury schließlich zehn Finalisten aus, die daraufhin in einer öffentlichen Abstimmung zur Auswahl standen. Die Ideas-User wählten schließlich mit großem Abstand den Beitrag „Foosball Table“ des Nutzers Constructions by Donat zum Gewinner des Wettbewerbs. Parallel kündigte LEGO an, die Finalisten des Wettbewerbs auch auf ihre Umsetzbarkeit als offizielles LEGO Ideas Set zu überprüfen. Die endgültige Entscheidung ob eines oder mehrere der Modelle schließlich umgesetzt werden, behielt LEGO sich jedoch vor. Nach Prüfung der übrlichen Kriterien wählte das Team schließlich ebenfalls den „Foosball Table“ als zukünftiges, offizielles LEGO Set aus.
Schon zu Beginn des Designprozesses kam es laut Aussagen der Designer jedoch bereits zu ersten Problemen. Der rein digital gebaute Entwurf besaß sehr viele „tote“ Stellen auf dem Spielfeld, an denen der Ball liegen bleiben konnte, ohne von den Minifiguren erreicht zu werden. Ein weiteres, mindestens ebenso großes Problem waren die Stangen. Für ein Modell in der Größe des Fanentwurfs mussten diese länger sein als 32 Noppen, wodurch die Länge der größten LEGO Technic Achse überschritten wurde. Verbindet man mehrere Achsen mit Technic Konnektoren wie im folgenden Bild, lösen diese sich bei den Belastungen während des Spiels zu leicht, wodurch der Tischkicker unbespielbar wird.
Um das Modell dennoch in seiner ursprünglich geplanten Größe umsetzen zu können, testete das Team um LEGO Designerin Antica Bracanov viele verschiedene Bauweisen für die Stangen, darunter auch eine Verbindung von Liftarmen, die für ein deutlich größeres Modell gesorgt hätten. Dennoch gab es in jedem dieser Tests verschiedene Fallstricke und schließlich entschied man sich in Billund für Technic Achsen mit einer 32er Länge, was zu einer Verkleinerung des gesamten Tischkickers führte.
Schaut euch zu der Thematik der Umsetzung gerne das englischsprachige Video von RacingBrick an, in dem er seine Einblicke in den Designprozess von den Fan Media Days in Billund schildert und anschaulich erklärt, wieso die finale Umsetzung so aussieht, wie sie eben aussieht. Vieles deutet darauf hin, dass der Kicker an sich die aktuell bestmögliche Umsetzung des Konzepts eines wirklich bespielbaren Tischkickers aus LEGO ist.
Das Team hinter dem Team
So wie im Fußball mehr Personen für ein erfolgreiches Team nötig sind als nur die Elf auf dem Platz, so waren auch an diesem Modell zahlreiche Personen im Vorder- und Hintergrund beteiligt. Zu den drei wichtigsten, den Fan Designer, die Modell Designerin und den Grafikdesigner, haben wir für euch etwas mehr recherchiert:
Donát Fehérvári (Fan Designer)
Donát ist ein begeisterter Sportfan aus Ungarn, der selbst im Handball aktiv ist. Laut eigener Aussage machte es ihm bereits in seiner Kindheit Spaß, eigene funktionsfähige Modelle mit LEGO Steinen zu entwerfen. Die Inspiration für seinen Beitrag zu Ideas Contest „We love Sports“ gab schließlich der Tischkicker im Haus seines Onkels. Obwohl der Tischkicker im Verlauf der Setentwicklung im Vergleich zu seinem Fanentwurf deutlich verkleinert wurde, enthält das Set nach wie vor 22 Minifiguren, bei deren Gestaltung Donát auch einbezogen wurde.
Antica Bracanov (LEGO Model Designer)
Die finale Umsetzung des Tischkickers oblag LEGO Designerin Antica Bracanov. Seit 2009 der AFOL-Community zugehörig, machte sie ihr Hobby 2016 zum Beruf und war zunächst fünf Jahre im LEGO Friends Designteam angesiedelt, bevor sie mit dem McAllister Haus aus Home Alone (21330) ihr erstes LEGO Ideas Set entwarf. Mit dem LEGO Ideas 21337 Tischkicker folgte im Jahr 2022 ein weiteres Ideas Modell, inzwischen arbeitet die aus Kroatien stammende Designerin in der Icons-Reihe (vormals Creator Expert).
Kjeld Walther Sørensen (LEGO Graphic Designer)
Kjeld Sørensen arbeitete als Grafikdesigner bereits an vielen LEGO Sets mit. Viele LEGO Designer berichten in ihren Setlisten auf Brickset von einer Zusammenarbeit mit ihm und in der Teestube in den Ninjago City Gardens sind seine Initialen neben denen des Setdesigners Markus Rollbühler versteckt (Sticker #39). Beim LEGO Ideas 21337 Tischkicker galt es vor allem, vier neue Designs für die beiden Trikotsätze zu entwerfen. Darüber hinaus standen vor allem die Minifiguren im Fokus: 25 der insgesamt 44 Köpfe wurden für dieses Set neu gestaltet.
Mannschaftsaufstellung
Seit langer Zeit bekommen LEGO Fans wieder Minifiguren-Fußballmannschaften mit generischen und nicht-lizenzierten Trikotsätzen. Passenderweise gleich zwei Teams mit je elf Minifiguren. Die Torwarttrikots unterscheiden sich von denen der Feldspieler und für beide Mannschaften wurde ein eigenes, in einem klassischen LEGO Stil gehaltenes Wappen entworfen.
Die 44 enthaltenen Köpfe und 43 beigelegten Frisuren bieten die Chance, 22 Spieler mit männlichen Attributen, als auch 22 Spielerinnen mit weiblichen Attributen zusammenzustecken. Neben einer reinen Herren- oder Damenmannschaft sind natürlich auch beliebige Mischformen möglich. Prinzipiell war es in einem einzelnen LEGO Set noch nie so leicht, ein individuelles Sportteam zusammenzustellen.
Um diese Vielfalt zu erreichen, enthält das Set Minifigurenköpfe in allen sechs derzeit verfügbaren realistischen Hauttönen. Besonders die beiden „Neuzugänge“ aus dem Jahr 2022, Warm Tan und Medium Brown, erhalten dadurch deutlichen Zuwachs, was die Auswahl der Köpfe in diese Farbe anbelangt. Während sich darunter insgesamt 25 neue Drucke befinden, erkennt man auch einige bekannte Spielerinnen und Spieler, darunter zum Beispiel Han Solo, Dudley Dursley, Poe Dameron, Finn, Phyllis Lapin Vance oder Monica Geller. Unter den neuen Drucken stechen besonders die Sportbrille und die beiden Cochlea-Implantaten hervor. Außerdem ist erstmals ein LEGO Minifigurenkopf mit der Hautkrankheit Vitiligo enthalten, die immerhin 0,5% bis 2,0% der weltweiten Bevölkerung betrifft.
35 der 44 Figurenköpfe besitzen auch auf der Rückseite einen Druck, was die Kombinationsmöglichkeiten mit den Frisuren beeinflusst. Während dabei fast immer die bekannten Wendegesichter mit alternativer Mimik zum Einsatz kommen, hat ein Kopf auch aufgedruckte Haare auf der Rückseite, was sich sehr gut mit einer „kurzen“ LEGO Frisur kombinieren lässt.
Die Minifigurentorsos sind logischerweise bereits mit Händen ausgestattet, deren Farbverteilung in etwa zum Verhältnis der Hautfarben der Köpfe passt. Die Handschuhe der Torleute haben den Vorteil, dass alle Köpfe mit den beiden Torsos kombiniert werden können und nicht auf passende Hauttöne geachtet werden muss.
Aufbau
Der Aufbau des Sets LEGO Ideas 21337 Tischkicker beginnt gar nicht mit dem Tischkicker selbst, sondern mit einer kleinen Tribüne, auf der später die Ersatzspielerinnen und -spieler Platz finden. Während zweireihige Auswechselbänke in deutschen Stadien kaum anzutreffen sind, hat es anderswo (beispielsweise im Old Trafford in Manchester) durchaus Tradition, dass die Ersatzspieler und der Trainerstab in mehreren Reihen hintereinander Platz finden. Der Unterbau der Auswechselbank dient gleichzeitig als Schatulle mit zwei Fächern, in denen die zusätzlichen Minifigurenköpfe und Haarelemente verstaut werden können.
Nachdem die Auswechselbank fertiggestellt ist, geht es endlich mit dem eigentlich Aufbau des Tischkickers los. Die ersten Schritte deuten durch die mit Pins verbundenen Technic-Steinen bereits auf die große Stabilität hin, die dieses Modell am Ende haben wird.
Auf den ersten Blick mögen einige Teile in der Innenkonstruktion bunt und wahllos wirken, bei genauerem Hinschauen ergeben sich hier jedoch die Signaturen der kreativen Köpfe hinter dem Set. Die 1×2 Fliese mit dem Motiv von Heart Lake City und die 2×2 Fliese in Medium Lavender deuten auf die lange Vergangenheit von Antica Bracanov im LEGO Friends Team hin, die 2×2 Fliese mit dem Bild einer Brücke könnte dementsprechend Kjeld Sørensen zuzuordnen sein. Vermutlich stammt das darauf abgebildete Design aus seiner Feder, genauere Informationen konnte ich dazu jedoch bisher nicht finden.
Kurz darauf verschwindet die Innenkonstruktion vollständig unter dem Spielfeld, das aus vier bedruckten 8×16 Fliesen besteht. auch die weiße Innenwand wird Schritt für Schritt weiter nach oben gezogen und außen mit großen Brackets verkleidet. Die späteren Tore sind bereits klar erkennbar und auch die Eckfahnen werden in dieser Phase platziert.
Als Nächstes erhält der Tischkicker seine Beine, die mit einer Größe von 4×4 Noppen und einer zusätzlichen Verstrebung durch einen Halbbogen ebenfalls stabil gebaut sind. An der Unterseite besitzen die Füße zudem je einen kleinen Gummireifen, der dafür sorgen, dass das Modell beim Spielen nicht auf dem Tisch herumrutscht.
Als weiteres Kicker-typisches Element werden anschließend die Auffangbehälter unter den Toren gebaut, die den Ball nach einem Tor nach außen leiten, damit er wieder aufgenommen und ins Spiel gebracht werden kann. Die runden Slopes an den Seiten lassen den Ball nach draußen rollen und die eingebaute Stufe sorgt dafür, dass das Spielgerät nicht aus Versehen wieder ganz nach hinten in den Kicker rutschen kann.
Sobald die Auffangbehälter am Modell angebracht sind, werden sie mit verschiedenen Elementen (z.B. einer 2×6 Fliese) mit dem restlichen Bauwerk verbunden, um auch diesen Teil des Tischkickers gegen ein Auseinanderfallen bei zu enthusiastischem Bespielen zu sichern.
Mit der Fertigstellung der Tore und den ersten blau-roten Verzierungen kommt das Design dem Endergebnis nun immer näher.
An diesem Punkt folgt der wichtigste Bauabschnitt, in dem die eigentliche Funktionalität des Tischkickers implementiert wird: die Spieler. Hierfür verwendet das Modell die derzeit längsten LEGO Technic Achsen (32L), an denen jeweils zwei oder drei Minifiguren befestigt werden.
Die Befestigung erfolgt dabei durch ein bestehendes Element, das eine Aufnahme für Technic Pins besitzt und mit der Unterseite zudem auf zwei Noppen befestigt werden kann. Da die Minifiguren allein mit dieser Befestigung immer nach vorn hängen würden, wird noch ein Gegengewicht unter dem „Rucksack“ angebracht, das die Anbringung zudem um die nötigen Achsaufnahmen erweitert.
Die Stangen erhalten nun zu beiden Seiten eine sehr stabile Befestigung, die aus zwei Noppen breiten Standardsteinen und modifizierten Steinen mit seitlichen Noppen gebaut ist.
Mit den hinzugefügten Griffen könnte der Kicker nun schon bespielt werden, lediglich einige optische Details und die Spielstandsanzeigen fehlen noch. An den Seiten befinden sich zudem noch viele seitliche Noppen der verbauten Brackets, die mit Platten und Fliesen verkleidet werden.
Nach der Fertigstellung der Außenwände werden im letzten Schritt noch die Figuren an ihren Halterungen befestigt, womit der Tischkicker fertig aufgebaut ist.
Details und Teileauswahl
Für die beiden enthaltenen Spielbälle griff LEGO bei diesem Set nicht auf die bekannten Minifiguren-Fußballe zurück, sondern verwendete einen Ball, der zuvor nur in Sets aus der LEGO Educational „SPIKE Prime“ Reihe enthalten war. Der Ball (52629) diente dort als Kugelrolle und wurde nun erstmals in einer anderen Funktion eingesetzt. Auch wenn der Ball nicht als Fußball für normale Minifiguren geeignet ist, so besitzt er im Falle des Tischkickers eine passende Größe.
Die symmetrische Bauweise des Kickers und der Bedarf nach einer hohen Stabilität führen dazu, dass einige Teile sehr häufig im Modell enthalten sind. Das Element 93274 („Bracket 1 x 2 – 2 x 4“), das für die Verkleidung und Stabilisierung der äußeren Wände zum Einsatz kommt, ist 92-mal im Set enthalten und damit das am häufigsten auftretende Teil. Die weiteren Elemente in der „Top 5“ der häufigsten Teile seht ihr im folgenden Bild aufgelistet. Interessant ist dabei vor allem die halbrunde 1×2 Fliese, die in diesem Set erstmals in schwarz verbaut war und gleich 48-mal vorkommt.
Doch nicht nur kleine Teile sind zahlreich vertreten, durch den stabilen zwei Noppen breiten Aufbau der Umrandung sind auch viele Standardsteine mit einer oder zwei Noppen Breite enthalten, von denen einige, versehen mit der jeweiligen Anzahl, im nächsten Bild zu sehen sind.
Analyse
„Grau is‘ im Leben alle Theorie, aber entscheidend is‘ auf’m Platz“ [2]
Dieses inzwischen geflügelte Wort unter Sportjournalisten gilt auch für den LEGO Ideas 21337 Tischkicker. Fan Designer und LEGO Angestellte haben ohne Zweifel viel Enthusiasmus und gute Ideen in das finale Modell einfließen lassen, doch kann das Modell als LEGO Set wirklich überzeugen? Zur Klärung dieser Frage haben wir uns heute Lukas Kurth als Experten in diese Review geholt.
Lukas: LEGO hat bei der Umsetzung des Tischkickers zwar manches richtig gemacht und das Set vermutlich sogar bestmöglich umgesetzt – und dennoch ist die Tatsache, dass das Set überhaupt erscheint, ein Beleg dafür, dass eine Menge schiefgelaufen ist.
Spielerlebnis
Tobias: Den LEGO Ideas 21337 Tischkicker mit einem gewöhnlichen, großen Kicker zu vergleichen, ist wohl nicht ganz fair. Das Designteam in Billund verkleinerte das Modell nämlich nicht einfach irgendwie von elf auf fünf Spielfiguren pro Team, sondern orientierte sich dabei an standardmäßigen, echten Mini-Tischkickern. Dennoch lässt sich auch am LEGO Tischkicker ein ordentlicher Spielfluss erzeugen, der durchaus Spielspaß bietet. Aufgrund der Größe lassen sich natürlich keine satten Schüsse aus dem Handgelenk wie bei großen Tischkickern erzeugen, auch die Ballführung und ein Halten des Balls in einer Reihe der Formation ist schwierig. Die 8×16 großen Spielfeldfliesen sollten außerdem gut festgedrückt werden, um keine Kanten zwischen den Übergangen zu lassen, die den Ball ablenken würden. Obwohl der Abstand zwischen den Figuren in der Abwehrreihe nur in etwa dem Durchmesser des Spielgerätes entspricht, lassen sich Tore leichter erzielen, als ich beim Aufbau dachte.
Lukas: Das Spielerlebnis sagt mir leider gar nicht zu. Es kam bei meinen Testrunden mehrfach vor, dass der langsam rollenden Ball aufgrund des nicht perfekten Untergrundes durch die Rillen zwischen den Fliesen abgelenkt wurde – im Gameplay-Video ist das zum Beispiel etwa bei 0:47 zu sehen. Die sehr bulkigen Figuren samt dem Gegengewicht an der Stange sorgen außerdem dafür, dass eine geschickte Führung des Balls fast schon unmöglich wird. Die dicht besetzte Dreierkette vor dem Tor spielt sich für mein Empfinden ebenfalls sehr seltsam. Dadurch verkommt das Spielen mit dem LEGO Kicker zu einem ähnlich spannenden Spielerlebnis, wie wenn bei einem echten Kicker wie wild „gedrillert“ wird.
Stabilität
Tobias: Die Verbindung der seitlichen Noppen mit Platten und Fliesen sorgt dafür, dass die aufeinandergesteckten Standardsteine sich nicht mehr voneinander lösen können. Diese Art der „Verschränkung“ zweier Baurichtungen zur Stabilisierung des Modells findet sich an vielen Stellen des Tischkickers, zum Beispiel bei der Verstärkung rund um die Führungen der Stangen. Trotz der Symmetrie und der sich daraus ergebenden gleichen Bauweisen ist der Aufbau abwechslungsreich und interessanter gehalten, als man es beim Anblick des Modells erwartet.
Lukas: Ja, der kleine Tischkicker mag jetzt irgendwie funktionieren, aber zu welchem Preis? Er ist schon beinahe lächerlich klein geworden, jeder Spieler bedient nur noch zwei Stangen, von denen eine mit effektiv drei Torwarten bestückt ist. Dafür flossen tausende Steine in den Bau eines unglaublich massiven Korpus, was bestimmt eine Meisterleistung ist, wenn es um Stabilität geht. All das, um krampfhaft eine mehr oder weniger bespielbare Version der Idee umzusetzen.
Tobias: Es gibt jedoch auch Aspekte, bei denen die verbauten LEGO Elemente an ihre physikalischen Grenzen kommen. Ein Beispiel hierfür sind die sehr langen Technic Achsen. Ragen diese weit aus ihren Aufnahmen heraus, lassen sie sich im Eifer des Gefechts leicht verbiegen, was bei Metallstangen eines echten Tischkickers natürlich deutlich schwieriger ist. Es sollte also bei aller Spielfreude immer noch etwas Vorsicht mitschwingen.
Lukas: Berichte von der Bricking Bavaria im vergangenen Jahr, auf der mehrere dieser Sets zum Testen bereitstanden, zeigen außerdem, dass eine wirklich intensive Benutzung des Kickers ihre Spuren hinterlässt. Nach mehrtägigem intensivem Einsatz zeigten sich bereits Abriebe an den Technic Achsen, die bei jeder Bewegung, egal ob schieben oder drehen, an den Wänden der Technic Bricks reiben, mit denen sie befestigt sind.
Spielstandsanzeige
Tobias: Ein wirkliches Problem an diesem Set sind zudem die beiden Spielstandsanzeigen. Die Technic-Gelenkkugeln in rot und blau, die als Punkteanzeige dienen, sind mithilfe von Technic Achsverbindern (32039) an einer Achse befestigt und sollen daran hin- und hergeschoben werden. Leider führen die Reibung der Achse und der ungünstige Angriffspunkt beim Schieben dazu, dass sich die Achsverbinder verkanten und kaum bewegbar sind. Ein Griff in die Steinekiste zu anderen Achsverbindern (32013) mit Pin Connector statt Achsloch schafft hier zwar leicht Abhilfe, lässt jedoch auch erahnen, warum die Designerin sich nicht bereits selbst schon für diese Idee entschied. Die Verbinder mit aufgesteckten Kugeln sind nun so locker gelagert, dass sie sich bei zu enthusiastischem Spielen leicht von selbst bewegen und den aktuellen Spielstand „resetten“.
Die Minifiguren
Lukas: Kommen wir jetzt zum Thema Minifiguren, denn auch hier wurde der LEGO Kicker viel diskutiert. Immerhin ist das neueste Ideas Set das erste nicht-lizenzierte Set, das vollständig auf Minifiguren mit realistischen Hautfarben setzt. Insgesamt kommen sechs verschiedene Hautfarben zum Einsatz und daraus entsteht zumindest die Möglichkeit, dass eine Identifikationsmöglichkeit für die Käufer des Sets geschaffen wird. Die Idee, hier auf eine größtmögliche Diversität zu setzen, eine weitere Minifigur mit Hörgerät und die erste LEGO Minifigur mit der Hautkrankheit Vitiligo zu veröffentlichen, verdient meiner Meinung nach durchaus Applaus. Aber dass diese Figuren dann ausgerechnet in einem Set für 250,- Euro eingestreut werden, um ein ansonsten wenigstens fragwürdiges Konzept verkaufsfähig zu machen, ist wiederum wirklich schwach. Denn warum wurde eine ähnlich diverse Minifigurenauswahl nicht in einem deutlich günstigeren Set umgesetzt? Damit hätte man vielleicht sogar etwas mehr als die Behauptung von Diversität erreichen können – die endet beim Tischkicker nämlich dort, wo das Portemonnaie des Fans keine 250,- Euro mehr hergibt.
Tobias: Würde ich eine ähnliche Minifigurenauswahl lieber in günstigeren Sets sehen? Definitiv! Dennoch sollte man die Entscheidung für Minifiguren in realistischen Hautfarben nicht mit den Kritikpunkten am Setkonzept und Spielerlebnis selbst vermischen. Nach Aussagen bei den Fan Media Days in Billund entstand die Idee, dass sich möglichst alle Fans in diesem Set wieder finden können ohnehin unabhängig von den technisch bedingten Änderungen am Ideas Fanentwurf und die Minifiguren waren bereits Bestandteil des Sets, als noch an Möglichkeiten zur Umsetzung des Modells von Donát Fehérvári getüftelt wurde.
Wenn das bestmögliche ist nicht gut genug ist
Lukas: Der LEGO Tischkicker ist (mit einigen Abstrichen) vermutlich die bestmögliche Umsetzung des Konzepts und auch die Idee der enthaltenen Minifiguren kann man durchaus begrüßen. Dennoch bin ich an dieser Stelle der Meinung, dass es den Tischkicker so niemals hätte geben dürfen. Das Firmenmotto von LEGO besagt: „Nur das Beste ist gut genug.“ Der Kicker ist nicht das Beste. Der Kicker ist vielleicht „bestmöglich„, aber das ist ein wichtiger Unterschied. Er ist ein Kompromiss. Und zwar kein kleiner Kompromiss mit leichten Abstrichen, sondern eine komplette Abwandlung der ursprünglichen Idee, bei der mit der Brechstange ein Modell umgesetzt wurde, dessen Konzept einfach nicht funktioniert. Wir haben in der jüngsten Vergangenheit erlebt, dass LEGO durchaus auch schon finalisierte Modelle kurz vor der Veröffentlichung streicht und sich aus verschiedenen Gründen entscheidet, sie nicht zu veröffentlichen. Warum also nicht auch hier?
Unser persönliches Fazit
Tobias: Mit einem echten Tischkicker, vor allem einem Modell in voller Größe mit je elf Spielern, kann der LEGO Ideas Tischkicker natürlich nicht mithalten. Allerdings war das auch nicht meine Erwartungshaltung. Viele LEGO Fans haben auch beim Moccen Spaß daran, alle möglichen Dinge (möglichst) funktionsfähig mit Steinen nachzubauen und der Tischkicker funktioniert in seiner LEGO Version sehr gut. Ohnehin sollte man das Spielerlebnis nicht mit einem „großen“ Kicker vergleichen, sondern eben mit den äquivalenten Modellen, die ebenfalls nur fünf Spieler jedes Teams besitzen. An dieser Stelle kommt natürlich das Hauptproblem ins Spiel: der Preis. Denn diese vergleichbaren Tischkicker kosten eben nur ein Zehntel bis ein Fünftel des LEGO Ideas Sets. Wer also einfach einen kleinen Kicker zum auf den Tisch stellen und regelmäßig Spielen sucht, sollte Abstand vom LEGO Modell nehmen. Die Zielgruppe hier sind LEGO Fans, die gerne alles Mögliche aus LEGO bauen und es anschließend auch mal benutzen wollen. Die LEGO Ideas Schreibmaschine oder das LEGO Nintendo NES sind weitere Beispiele für Sets für diese Zielgruppe. Wer den Tischkicker allerdings aus diesem Grund kauft, kann nach dem Bau jederzeit die ein oder andere Partie damit spielen. Nach einer kurzen Eingewöhnungsphase kommen damit durchaus kurzweilige und spaßige Matches zustande.
Lukas: Ich kann bei meinen Testspielen den Spaßfaktor nicht wirklich erkennen und dabei macht mir das Spielen an großen Kickern durchaus Spaß. Die sich biegenden Stangen, das manchmal „hakelige“ Spielgefühl durch die Fugen zwischen den Fliesen und die vollkommen fehlende Möglichkeit von taktischem Spielen und gezielter Führung des Balls nehmen mir jegliche Freude am Modell. Es mag sein, dass meine Ansprüche hier an ein LEGO Modell einfach zu hoch sind. Dennoch bleibt für mich die Frage: Wieso hat LEGO beim Tischkicker nicht die Reißleine gezogen? Chancen dafür hätte es genug gegeben. LEGO hatte sich damals schließlich offen gehalten, ob überhaupt ein Set aus dem „We Love Sports“- Wettbewerb umgesetzt wird und sich außerdem ausdrücklich vorbehalten, gar nicht den Gewinner, sondern ein anderes Set aus den Top 10 der Teilnehmer auszuwählen. Spätestens an dieser Stelle hätte LEGO das Konzept des Kickers ausführlich prüfen müssen, bevor im Rahmen der ersten LEGO CON eine Umsetzung angekündigt wurde. Dass man hier einer Umsetzung grünes Licht gegeben hat, ohne ein funktionierendes Konzept vorliegen zu haben, war im Nachhinein wohl eher ungeschickt. So wird der Kicker im Regal stehen und dabei eher trist aussehen. Wo technisch ebenso beeindruckende LEGO Ideas Modelle wie die Schreibmaschine und der Konzertflügel optisch wenigstens noch einen tollen Eindruck machen, dürfte der Kicker weniger Begeisterung beim durchschnittlichen Betrachter auslösen.
Nachberichterstattung
Seit der Veröffentlichung des LEGO Ideas 21337 Tischkickers ist inzwischen einige Zeit vergangen und die Diskussionen haben sich im Vergleich zu den ersten Reaktionen auf die Vorstellung wieder gelegt. Durch die Vielzahl erscheinender Sets mussten Fans auch nicht lange warten, bis neue Sets angekündigt wurden, die vielleicht eher ihrem Geschmack entsprachen. Wer zunächst noch unschlüssig war, was den Tischkicker angeht, wurde in der Zwischenzeit eventuell auch mit dem ein oder anderen Angebot im LEGO Onlineshop überzeugt, wo das Set zeitweise für 149,99 Euro erhältlich war. Auch wenn LEGO natürlich keine Zahlen veröffentlicht, dürfte ein solches Angebot zumindest dafür sprechen, dass die Nachfrage deutlich geringer war als geplant.
Neben der womöglich vorschnellen Zusage zu einer Umsetzung zeigt der Tischkicker erneut auch das „Realitätsproblem“ von digitalen Entwürfen bei LEGO Ideas auf. Weil er vor der Auswahl nie mit echten Steinen gebaut werden musste, hatte Donáts Entwurf weder Probleme mit nicht erreichbaren Stellen auf dem Feld, noch mit auseinanderfallenden Technic Achsen bei vollem Einsatz an den Stangen. Gerade bespielbare und funktionsfähige Modelle sollten jedoch besser früh als spät einen Realitätscheck erfahren. Ein Umstand, auf den LEGO nun zumindest im Rahmen des Bricklink Designer Program deutlich mehr Wert legt.
Dennoch kann gesagt werden, dass dieses Modell wohl den bestmöglichen und stabil bespielbaren Tischkicker aus LEGO darstellt. Und wer sich auf das kleinere Spielfeld einlässt, kann (je nachdem, wen man fragt) auch mit diesem Kicker immer wieder Spaß haben. Ob das bestmögliche Ergebnis letzten Endes zufriedenstellend oder immer noch zu wenig ist, müsst ihr für euch selbst entscheiden.
Als MOC hätte ein solches Modell im Freundeskreis allerdings sicher für viel Freude und Begeisterung gesorgt. Und so wollen wir als versöhnlichen Abschluss dazu motivieren, eure eigenen Ideen auszuprobieren und damit vielleicht für einen zukünftigen Treffer bei LEGO Ideas zu sorgen, der im Gegensatz zum Tischkicker alle begeistern kann. Also, geht’s raus und baut’s LEGO! [3]
Was denkt ihr über den Tischkicker? Könnt ihr dem ein oder anderen unserer persönlichen Gedanken zum Set folgen? Welche Meinung habt ihr inzwischen zu diesem Set? Tauscht euch gerne in den Kommentaren dazu aus. Denkt aber bitte daran, dabei friedlich und freundlich zu bleiben, damit der Austausch über ein gemeinsames Hobby nicht in Streitigkeiten endet – vielen Dank! 🙂