Update (9. Juli, 19:55 Uhr): Es gibt Neuigkeiten zur Situation rund um das Death Stranding MOC: Heute hat sich LEGO bei Jonas gemeldet, die Situation erklärt und für das Geschehnis um Entschuldigung gebeten. Das Paket an Hideo Kojima stammt, wie von uns beschrieben, tatsächlich aus dem LEGO HQ in Billund. Eine dort arbeitende Person hat das Death Stranding MOC von Jonas nachgebaut, weil es ihr gut gefiel. Anschließend wurde das MOC, bedauerlicherweise ohne vorab bei Jonas nachzufragen und auch ohne auf die Urheberschaft hinzuweisen, an den Videospieldesigner verschickt.
Im Gespräch mit Jonas und in einer anschließenden E-Mail versichert LEGO, an den internen Prozessen für solche Fälle zu arbeiten und damit in Zukunft sicherstellen zu wollen, dass so etwas nicht noch einmal passiert. Außerdem wolle man Hideo Kojima kontaktieren und ihn bitten, die Anerkennung für das Design nachzureichen.
Den wesentlichen Teil der E-Mail haben wir für euch nachfolgend übersetzt und darunter das englische Original eingefügt:
[…] Eine Person in unserem Team war begeistert von der Aussicht, etwas Cooles mit jemandem zu teilen, den es sehr bewundert, und wollte eine physische Nachbildung eines Designs, das nicht ihr eigenes war. Wir hätten uns mit dir in Verbindung setzen und dich um Erlaubnis bitten sollen, dein Design nachzubilden, und natürlich dafür sorgen müssen, dass du für deine Arbeit gebührend gewürdigt wirst – das war ein sehr bedauerliches Versehen, für das wir uns zutiefst entschuldigen.Wir werden mit Hideo Kojima sprechen, um sicherzustellen, dass du ordnungsgemäß als Autor genannt wirst und wir werden unsere internen Prozesse genau überprüfen, um sicherzustellen, dass uns in Zukunft kein ähnlicher Fehler unterläuft.
Die Kreativität unserer Fangemeinde ist ein großer Teil dessen, was uns jeden Tag inspiriert, und wir alle bei der LEGO Group schätzen die Beziehung, die wir mit Creatoren wie dir haben, sehr. […]
Ich für meinen Teil finde es gut, dass LEGO den Fehler zügig eingestanden hat und die Verantwortung dafür übernimmt. Zudem halte ich es für wichtig, dass tatsächlich Schritte unternommen werden sollen, um solche unnötigen Probleme zu vermeiden, so klein und unbedeutend sie (vor allem für Außenstehende) auch wirken mögen. Es ist gut, dass eine Firma wie LEGO, die sich selbst oft (und oft, wenn auch nicht immer mit gutem Recht) auf das eigene geistige Eigentum beruft, es entsprechend auch bei Anderen anerkennt.
Vielen Dank an dieser Stelle auch noch einmal für die kontroverse, aber in sehr großen Teilen äußerst friedliche und wertschätzende Diskussion in den Kommentaren zu dem Thema! 🙂
Wir werden das Thema ab 20:00 Uhr nochmal kurz im Livestream bei Quatschen und Bauen (neben vielen anderen Themen) besprechen – schaut gerne rein, wenn ihr unsere Sicht auf die Dinge sehen wollt.
Originalbeitrag (6. Juli): Eine mutmaßlich im LEGO HQ in Billund orchestrierte Marketing-Aktion ist gehörig misslungen: Der Videospieldesigner Hideo Kojima bekam von LEGO ein Paket mit einem MOC zu seinem jüngsten Videospiel Death Stranding – so weit, so normal. Das Design für das MOC ist allerdings beinahe vollständig baugleich mit einem Modell, dass aus den Reihen des StoneWars Teams stammt.
Rund um das Thema Kopien bereits existierender Designs gibt es in der Welt der Klemmbausteine seit Jahren Diskussionen in den Communitys und Auseinandersetzungen zwischen den auf dem Markt agierenden Firmen. Dass LEGO selbst dabei ein fremdes MOC-Design beinahe baugleich und ohne vorherige Absprache kopiert und benutzt, kam in der Vergangenheit glücklicherweise ziemlich selten vor. Nun hat sich LEGO aber genau hierbei erwischen lassen, auch wenn es sich im Unterschied zu den sonst oft diskutierten Fällen nicht um ein Set handelt, das in den Verkauf gehen wird. Wir möchten die Geschehnisse rund um das Death Stranding MOC in diesem Beitrag aufarbeiten und einordnen.
Inhaltsverzeichnis
Hideo Kojima bekommt “Death Stranding” MOC von LEGO…
Gestern postete der japanische Videospielentwickler Hideo Kojima, der unter anderem für die beliebte Videospielreihe Metal Gear Solid verantwortlich ist, auf Instagram und X (ehemals Twitter) Bilder und ein Video von einem LEGO MOC zu dem von ihm entwickelten Videospiel “Death Stranding” von 2019. Laut eigener Aussage wurde ihm dieses Modell aus der LEGO Firmenzentrale in Billund in Dänemark als Geschenk zugesendet.
Received this LEGO version of DS from LEGO headquarters in Denmark. They recreated Sam, the BB pod, and even the BT strands! Thank you very much! pic.twitter.com/jFHTR7ffHL
— HIDEO_KOJIMA (@HIDEO_KOJIMA_EN) July 5, 2024
Ob das Modell tatsächlich aus dem LEGO HQ in Billund stammt, ist bisher von LEGO nicht bestätigt worden. Dazu liegt uns also bisher nur die Aussage von Kojima vor, wobei wir keinen Grund haben, an deren Wahrheitsgehalt zu zweifeln. Dass LEGO solche kleinen Marketing-Aktionen durchführt, ist nichts Unübliches, denn LEGO verschickt immer mal wieder kleinere und größere Aufmerksamkeiten an verschiedenste Influencer. Da Hideo Kojima dafür bekannt ist, seine Social Media Auftritte mit jeweils mehreren Millionen Followern intensiv zu nutzen und dort auch schon oft als LEGO Fan auftrat, konnte LEGO mit einem solchen Geschenk mit wenig Aufwand eine große Reichweite unter den zahlreichen Fans des berühmten Spieledesigners erwarten.
…doch das Design ist kopiert
Wie wenig Aufwand LEGO sich hierfür offenbar machen wollte, ist allerdings verblüffend, denn das Design des verschenkten MOCs ist in großen Teilen von einem Entwurf von niemand anderem als unserem Teammitglied Jonas Kramm kopiert. Jonas hatte nämlich schon 2020 die wichtigsten Charaktere aus Death Stranding als LEGO MOCs nachgebaut und deren Bilder veröffentlicht, die sich bis heute unter anderem bei Flickr finden lassen und nur eine Google-Suche nach “LEGO Death Stranding” entfernt sind.
Wait, that’s my own design from 2020! Copied without my permission. 😔 pic.twitter.com/p7kkdOgHEj
— Jonas Kramm (@jonaskramm) July 5, 2024
Nachfolgend haben wir euch noch einmal das Bild der kleinen LEGO Modelle von Jonas zu Death Stranding eingebunden:
Die Modelle im Vergleich
Wenn man die Modelle im Detail vergleicht, fällt auf, dass deren Ästhetik fast identisch ist. Die Ähnlichkeit geht dabei weit über das hinaus, was üblich ist, wenn zwei MOC-Designer sich unabhängig voneinander am selben Vorbild versuchen. Das grundsätzliche Design und auch die schiere Größe des Rucksacks sind eindeutige Hinweise darauf, dass die bei LEGO für das Geschenk zuständige Person sich an der Version von Jonas orientiert hat. Denn der Rucksack sieht im Spiel, je nach Beladung, immer unterschiedlich aus. Die Reihenfolge und Menge der Container, die gewählten Farben der Einzelteile und auch die Bautechniken am Rucksack sind eindeutig übernommen worden, wenn auch einzelne Elemente auf den Bildern von Kojima um 90° oder 180° gedreht sind. Auch die “Beached Things” genannten Entitäten sind in dem verschenkten MOC mehr oder weniger exakt so umgesetzt wie vor mittlerweile viereinhalb Jahren von Jonas.
Einzelne Details hat LEGO hingegen angepasst, mutmaßlich auch aufgrund der fehlenden Verfügbarkeit einiger von Jonas damals genutzter Teile. So verwendete Jonas beispielsweise das mechanische Bein der Darth Maul Minifigur von 2013 für den Odradek Scanner über der linken Schulter von Sam, wo LEGO nun auf ein anderes, aktuelleres Teil zurückgreift. Auch bei der Minifigur wurden andere Elemente gewählt (der Kopf von Samuel “Sam” Porter Bridges entstammt bei LEGO beispielsweise der neueren Minifigur von Scabior aus dem LEGO 76415 Kampf um Hogwarts Set von 2023) und die weiße Peitsche (die bei Jonas’ MOC aus einer Minifigur von 2010 stammt) sowie der Koffer (zuletzt 2020 in einem Set verwendet) wurden schlichtweg weggelassen.
Nachfolgend haben wir euch eine Galerie eingebunden, die verschiedene Screenshots aus dem Spiel und damit auch vier beispielhafte (von unzähligen möglichen) Konfigurationen des Rucksacks zeigt.
Persönliche Einschätzung und Statement von Jonas
Wenn einer unbeteiligten dritten Person oder auch Firma ein solcher Fehler unterläuft, mag man dafür noch Verständnis aufbringen. Dass aber ausgerechnet bei LEGO in Billund eine für diese Aktion verantwortliche Person offenbar keine Problematik darin erkennt, ein fremdes Design ohne vorherige Absprache zu nutzen und werbewirksam zu verschenken, ist aus meiner Sicht hingegen kaum nachvollziehbar. Zum einen wären in Billund genug fähige Designer ansässig, die in kürzester Zeit ein eigenes kleines Design zum Videospiel hervorbringen könnten und zum anderen sollte gerade in Billund das Bewusstsein für die Problematik von kopierten Designs überall in der Firma präsent sein – egal ob in der Produktentwicklung oder im Marketing. Zu guter Letzt wäre es auch keine Schwierigkeit gewesen, den Urheber des Designs vorab zu kontaktieren und nach seiner Erlaubnis zu fragen.
Fakt ist aber auch: Fehler können passieren und entscheidend ist nun auch, wie LEGO mit der Situation umgeht und ob man daraus lernt. Außerdem bleibt bisher unklar, ob es eine von mehreren Personen im Team durchgeführte Aktion war, das Geschenk an Kojima zu schicken, oder ob dies unüberlegt von einer Einzelperson durchgeführt wurde. Letzteres scheint mir persönlich zwar eher unwahrscheinlich, aber ausschließen können wir das nicht. Zudem ist es natürlich weiterhin im Rahmen des Möglichen, dass die Aussage von Kojima, das Paket stamme von LEGO in Billund, schlichtweg nicht stimmt.
Sollte das Paket allerdings von LEGO stammen, so hoffen wir an dieser Stelle natürlich auf eine vollumfängliche Aufarbeitung der Geschehnisse und auf eine weitere Sensibilisierung der Mitarbeiter in den verschiedenen Abteilungen, was die Nutzung von Fan-Designs angeht. Denn solche Vorkommnisse schwächen die sich so häufig auf “Fair Play” berufende Argumentationsgrundlage von LEGO in der Auseinandersetzung mit Herstellern von simplen Kopien und auch mit legitimen Wettbewerbern erheblich.
Ich habe für diesen Artikel natürlich auch Jonas um ein Statement gebeten:
‘Das kommt mir aber bekannt vor’ war mein erster Eindruck, als ich den Post von Kojima gesehen habe, und die Überraschung, dass das Modell direkt von LEGO kommt, war noch größer.
Ich bin bitter enttäuscht von der Person, die entschieden hat einfach mein Death Stranding MOC zu kopieren, um dem Spieleentwickler ein Geschenk zu machen, und frage mich, warum man mich nicht kurz gefragt hat? Denn natürlich freue ich mich, dass mein MOC den Weg zu Kojima gefunden hat und es ihm gefällt, aber besonders LEGO sollte mit gutem Beispiel voran gehen und sich nicht ungefragt an Fan-Designs bedienen. Meine Hoffnung ist, dass LEGO von diesem Fehler lernt und die Beschäftigten in allen Unternehmensbereichen dafür sensibilisiert werden, die Arbeit von Künstlern und Fan-Designern zu achten.
Jonas hat sich diesbezüglich bereits an LEGO gewandt und auch ich habe noch einmal bei LEGO nachgefragt, ob das Paket tatsächlich von LEGO stammt und wie es dazu kommen konnte. Wir halten euch auf dem Laufenden, wie sich die Situation entwickelt und werden das Thema auch am kommenden Dienstag ab 20:00 Uhr bei Quatschen und Bauen im Livestream besprechen.
Was denkt ihr über dieses Vorkommnis? Dürfen aus eurer Sicht solche Fehler einer Firma wie LEGO passieren, oder habt ihr kein Verständnis dafür? Diskutiert die Situation rund um das an Hideo Kojima verschenkte Death Stranding MOC gerne in den Kommentaren, bleibt dabei aber sachlich, friedlich und konstruktiv. Es gilt hier ganz ausdrücklich unsere Netiquette und aufgrund des Wochenendes kann es länger dauern, bis einzelne Kommentare freigeschaltet werden.