Nachdem wir uns im letzten Rückblick mit M:Tron und damit einer der beliebtesten LEGO Space-Reihen beschäftigt hatten, steht heute eine Themenwelt von 1996 auf dem Programm, die nicht unumstritten war: LEGO Time Cruisers. Mit einer gehörigen Portion Phantasie und einem bunten Design-Mix manifestierte sich in dieser Reihe bereits die Idee, aus der später The LEGO Movie hervorgehen sollte.
LEGO Time Cruisers war schrill, bunt und seiner Zeit womöglich etwas voraus. Aus Versatzstücken und buchstäblich auch den Teilen verschiedenster beliebter Themenreihen spann LEGO eine Geschichte um den Wissenschaftler Professor Cyber und seinen Assistenten Tim, die gemeinsam mit dem Affen Ali und Robbi, dem Roboter allerhand Abenteuer auf ihren Reisen durch Raum und Zeit erlebten. Böse Zungen nannten das Resteverwertung, aber hatte die Reihe womöglich Qualitäten, die heute ein wenig in Vergessenheit geraten sind? Das werden wir nun gemeinsam herausfinden und dabei wie immer einen Blick nicht nur auf die Sets, sondern auch auf Kataloge, Werbung und Merchandise werfen.
Inhaltsverzeichnis
Konzept und Figuren
Lernen wir zunächst einmal die Protagonisten kennen, die, je nach Setgröße, alle oder zumindest teilweise in jedem Set vorkamen. Als erstes wäre da Professor Cyber, der mit schiefsitzender Fliege, Taschenuhr und angebundenem Stift problemlos als verrückter Wissenschaftler zu erkennen war. Er hatte laut Geschichte im 38. Jahrhundert mehrere Zeitmaschinen erfunden, mit denen unsere Helden nun diverse LEGO Themenwelten aus verschiedenen Epochen bereisten. Auch der sprechende Roboter Robbi, der als Minifigur aus gewöhnlichen Teilen und dem Kopf eines Spyrius-Androiden bestand, war sein Werk. Tim, der Assistent des Professors, der ihn auf den Zeitreisen begleitete, war unschwer am großen T auf seinem Oberteil zu erkennen und war so etwas wie eine Identifikationsfigur für die Zielgruppe, weshalb er wohl auch die damals sehr angesagte Basecap trug. Ali war der Affe des Professors und immer für eine Überraschung gut. Außerdem enthielt das größte Set noch ein namenloses Skelett – denn davon konnte man schließlich nie genug haben.
Neben diesen Figuren bekam man mit allen bis auf das kleinste Set diverse Zubehörteile, die charakteristisch für die verschiedenen Themenwelten waren, die unsere Abenteurer bereisten. Alleine im 6494 Time Cruiser Labo waren Teile von Aquazone, mehreren Ritterthemen, Ice Planet 2002 und aus der Piratenwelt zu finden. Wer Sets aus einer oder mehrerer dieser Welten sein Eigen nannte, wurde so animiert, die Zeitreisenden sich verkleiden und dorthin reisen zu lassen.
Und das bringt uns auch schon direkt zum Konzept der Reihe: Die Time Cruisers-Sets waren nicht auf besonders raffinierte Designs oder maximale Eigenständigkeit ausgelegt. Sie sollten vielmehr die Phantasie der Kinder dazu anregen, Teile, Charaktere und ganze Spielwelten bunt miteinander zu vermischen. Das zeigte sich nicht nur im Zubehör, sondern auch im Aufbau der Sets, wo Burgenelemente mit Palmen, neonfarbenen Space-Teilen, Town-, Aquazone- und anderen Elementen auf den ersten Blick recht chaotisch, bei genauerem Hinsehen aber doch durchdacht kombiniert wurden – genau so, wie ein Kind es auch tun würde, wenn es seiner Phantasie freien Lauf lässt.
Die Vermischung der Themenreihen zu einer großen, gemeinsamen LEGO Welt im Kinderzimmer war ein Konzept, das LEGO zu dieser Zeit offenbar sehr gefiel, denn schon in den Vorjahren hatte es ähnliche, wenn auch wesentlich subtilere Ansätze in den Katalogen gegeben, wo Figuren themenübergreifend auf verschiedenen Katalogseiten auftauchten. Und auch in den Folgejahren, selbst als die Time Cruisers-Sets schon längst Geschichte waren, lebte die Reihe in den Magazinen des LEGO Clubs weiter. Letztlich war es auch diese Idee, die fast 20 Jahre später die Grundlage für The LEGO Movie bildete, weshalb man die LEGO Time Cruisers mit einigem Recht als geistige Vorfahren von Emmet, Lucy und Co. bezeichnen könnte.
Neben der Gestaltung der Sets bemühte sich LEGO schon beim Design der Kartons, die Spielidee zu verdeutlichen. Sieht man sich einmal beispielhaft den Karton des LEGO 6494 Time Cruisers Labo an, so entdeckt man im Artwork Referenzen auf die Themen Burg, Weltraum, Piraten und Stadt. Wer Zugang zum deutschen Markt hatte, konnte sich außerdem besonders freuen: Nur hier gab es nämlich – anlässlich des damals 40-jährigen Firmenjubiläums der deutschen LEGO GmbH, die 1956 als erste Handelsgesellschaft des Unternehmens außerhalb Dänemarks gegründet worden war – eine Reihe von Hörspielen, die vom Karussell-Verlag produziert worden waren und den Sets beilagen. So konnte man drei Abenteuer von Prof. Cyber, Tim und ihren Freunden am heimischen Kassettenspieler mitverfolgen und gleich mit den eigenen Sets nachspielen. Die Hörspiele werden wir uns später noch genauer ansehen bzw. -hören.
Was gab aber letztlich für LEGO den Anstoß, die Time Cruisers als eingenständige Reihe auf den Markt zu bringen? Folgte diese nur der abstrakten Idee, die bestehenden Themenwelten stärker miteinander verbinden zu wollen, oder gab es womöglich eine konkrete Vorlage, auf der die Reihe basierte? Diese Frage lässt sich ausnahmsweise ganz eindeutig beantworten: Die LEGO Time Cruisers basierten auf einem Comic und ihre Usrprünge reichen schon in das Jahr 1993 zurück!
Max Timebuster – der Ursprung der Reihe
Bereits in den Achtzigerjahren hatte LEGO, weil man die Kinder im Grundschulalter stärker an die Marke binden wollte, testweise ein Magazin mit dem Namen KLICK in Auftrag gegeben, das zunächst in der Schweiz aufgelegt wurde. Weil das Vermarktungskonzept noch nicht ganz ausgereift war, blieb der gewünschte Erfolg aus und das Magazin wurde wieder eingestellt, jedoch startete man einige jahre später, diesmal in Österreich, einen neuen Versuch. Das neue KLICK Magazin (zunächst LEGO Explorers) sollte stärker auf die aktuellen LEGO Themenwelten ausgerichtet sein und man suchte nach einer Möglichkeit, die wechselnden thematischen Schwerpunkte in einer gemeinsamen, übergeordneten Geschichte miteinander zu verknüpfen, die man von Heft zu Heft fortsetzen konnte.
Ein Fan hatte Anfang der Neunzigerjahre bei LEGO eine selbstgebaute, aus seinem Teilefundus bunt zusammengewürfelte Zeitmaschine eingereicht, und die Idee, mit solch einer Maschine die verschiedensten Epochen und LEGO Welten bereisen zu können, gefiel den Verantwortlichen für das Magazin so gut, dass man beschloss, daraus eine Comic-Reihe zu konzipieren. Die Werbetexterin Annemette Allerup entwickelte so schließlich gemeinsam mit dem Illustrator Kim Hagen Jensen, der die Geschichten fortan auch zeichnen und schreiben sollte, den Comic Timebuster mit der Hauptfigur Max Timebuster, der ab 1994 im KLICK Magazin erschien.
Max Timebuster? Diesen Namen kennen wir doch noch in einem anderen Zusammenhang! Ebenfals 1994 tauchte eine Figur dieses Namens, dort allerdings ein Schurke, im LEGO Katalog auf und floh vor der Stadt-Polizei durch die diversen Themenwelten:
Auf diese Weise bekamen auch die anderen Länder, in denen das KLICK Magazin noch nicht erschien, einen kleinen Vorgeschmack auf das, was da noch kommen sollte. Doch zurück nach Österreich: Der Fortsetzungscomic, in dem Max immer wieder neue LEGO Themenwelten bereiste, enthielt bereits viele der wesentlichen Elemente, die später auch die LEGO Time Cruisers auszeichnen sollten. Max trug eine Basecap, ein T-Shirt mit einem großen Buchstaben darauf (zunächst ein L, ab 1995, in Vorbereitung auf die Time Cruisers, dann bereits ein T). Verantwortlich für die Zeitmaschine im Comic, die dem Fanmodell nachempfunden war und deshalb etwas anders aussah als die späteren Sets, zeichnete ebenfalls ein Professor verantwortlich, nämlich Max‘ Großvater. Ali und Robbi fehlten allerdings zunächst komplett und Max ging noch alleine auf die Reise.
Das Magazin im Allgemeinen und der Timebuster-Comic im Speziellen wurden sehr gut aufgenommen. Dies veranlasste LEGO dazu, eine Reihe von Sets auf Basis dieser Idee zu entwickeln, was schließlich zu den Time Cruisers führte. Als das KLICK Magazin 1996 in Frankreich und 1997 als LEGO World Club Magazin auch in Deutschland erschien, verpasste man der Comicreihe dort einen Neustart und glich sie den Time Cruisers an. Der Protagonist hieß nun Tim, die Reihe Time Cruisers und auch die anderen Figuren, inkl. Ali dem Affen, entsprachen nun denjenigen, die die Kinder aus den Sets kannten. Die Geschichte lief bis in die frühen 2000er-Jahre weiter.
Nachfolgend findet ihr ein kurzes Feature aus dem Jahr 1999, in dem der Zeichner Kim Hagen Jensen und sein Arbeitsprozess vorgestellt wurden. Auch ein Beispiel der Time Cruisers-Comics, das aus demselben Jahr stammt, möchte ich euch natürlich nicht vorenthalten.
Die Geschichte und Wandlungen des Comics umfassend zu beleuchten, würde hier den Rahmen sprengen. Interessierten Leser:innen empfehle ich daher für weitere Infos, z.B. wie aus Max plötzlich Tim Timebuster wurde, diesen Thread im Eurobricks-Forum. Wer richtig tief in das Thema einsteigen möchte, dem sei die Homepage von Emily empfohlen, wo sie sehr viele Scans, auch aus den Anfangstagen der Comicreihe, zusammengetragen und eingebunden hat. Mein persönliches Highlight: Das wunderbar schräge Crossover von LEGO Time Cruisers und Prinzenrolle!
Werbung & Katalog
Die Fortsetzungsgeschichte in den LEGO Magazinen war zwar eine Art Werbung für die Reihe, doch natürlich gab es auch klassische Werbung im Katalog und im Fernsehen. Schon auf dem Cover des deutschen LEGO Hauptkatalogs von 1996 waren die Time Cruisers mit dem 6492 Navigator und einem großen Bild von Prof. Cyber sehr prominent vertreten, was sich anbot, da die Reihe ja als eine Art „verbindendes Element“ der anderen Themenwelten im Katalog angelegt war. Bei unseren britischen Nachbarn dagenen wurden die Time Cruisers auf dem Cover nur angedeutet, denn dort ließ nur ein Bild der bedruckten 4 x 4 Radarschüssel mit Hypnose-Spirale, wahrscheinlich das charakteristischte Bauteil der Reihe, die Time Cruisers erahnen.
Im Inneren beider Kataloge spendierte LEGO den vier Sets je eine ganze Doppelseite, auf der das Konzept und die Charaktere recht ausführlich vorgestellt wurden. Die Gestaltung der Seiten war nahezu identisch, und doch gab es viele Unterschiede im Detail, die es sich lohnt, einmal genauer zu betrachten.
So wurde z.B. nur im deutschen Katalog in zwei Extra-Boxen auf das Jubiläum und die aus diesem Anlass den Sets beiliegenden Audiokassetten hingewiesen, denn diese Aktion galt ja auch nur hierzulande. Im britischen Katalog wurden hingegen die Namen zweier Sets vertauscht: Aus dem Time Cruiser Labo wurde das Time Cruiser Flybo und umgekehrt.
Beim Vergleichen der unterschiedlichen Beschreibungstexte könnte man beinahe den Eindruck gewinnen, dass die Reihe in Großbritannien nicht ganz ernst genommen wurde. Beispielhaft seien hier die Texte von Prof. Cyber in der deutschen und der englischen Version einander gegenübergestellt. Solche kleinen Kuriositäten und lokale Unterschiede bereiten mir immer wieder Freude, wenn sie auch heutzutage durch die stärkere Standardisierung der Texte leider zunehmend verlorengehen.
Professor Cyber
rastloser und genialer Forscher, der durch Tims Wissensdurst angespornt immer neue Time Cruiser erfindet, die noch schneller und präziser die Zeitzonen ansteuern können.
Dr. Cyber
found an old map, rushed out of town, built a laboratory and time travel was born.
Für die Werbung in bewegten Bildern war in Europa die dänische Werbeagentur Advance aus Kopenhagen zuständig, die auch für die meisten anderen Themenwelten dieser Zeit, wenn nicht gar alle, die Werbefilme produzierte. An den Spot, von dem es auch eine deutsche Version gab, kann ich mich noch gut erinnern, halte ihn allerdings im Vergleich zu den meisten anderen Advance-Spots für weniger gelungen. Die besondere Spielidee der Time Cruisers, das Bereisen und spielerische Verbinden verschiedenster LEGO Themenwelten, wurde hier allenfalls durch einen kurzen Schwenk auf die im Flybo enthaltenen Helme gestreift, wodurch die Werbung dem Konzept der Reihe nicht wirklich gerecht wurde.
Ausnahmsweise gefällt mir deshalb der amerikanische TV-Spot besser, welcher die Zeiteisenden auf eine kurze Mission in die Ritterwelt schickte und so die Werbung für beide Themenwelten geschickt verband. Außerdem schafften es die Macher dieses Spots, in 24 Sekunden zehnmal auf sinnvolle Weise das Wort „Time“ unterzubringen, und alleine dafür ist er noch heute sehenswert.
Europäische Version der TV-Werbung:
US-amerikanische Version:
Die Sets
Nachdem wir uns nun so ausführlich mit der Vorgeschichte und der Werbung befasst haben, wird es höchste Zeit, auch mal einen genaueren Blick auf die Sets selbst zu werfen! Hierbei arbeiten wir uns wie üblich nach aufsteigender Setnummer vor, was im Fall der Time Cruisers auch aufsteigende Größe und Teilezahl bedeutete. Da insgesamt nur vier Sets erschienen, war die Vertriebsstrategie weit weniger kompliziert, als wir das von manch anderer Reihe aus den Neunzigerjahren kennen. Auf allen Märkten erschienen alle Sets, wenn auch, und hier blieb LEGO sich treu, zumindest ein Set zusätzlich in einer Sonderedition produziert wurde. Die deutschen Sets mit beiliegender Audiokassette erhielten hingegen keine eigenen Setnummern, weshalb sie heute in den großen Datenbanken wie Bricklink und Brickset nicht von den gewöhnlichen Versionen ohne Kassette unterscheidbar sind. Wer also die Sets auf dem Zweitmarkt kaufen möchte, sollte vorher ganz genau hinsehen. Die ursprünglichen Dollarpreise der Sets, die ich im Folgenden nennen werde, stammen alle aus dem US-amerikanischen Shop at Home-Katalog und damit von LEGO selbst.
6491 Time Cruiser Scooty
Alternative Namen: Time Cruiser Scooty 2025 (UK) / Rocket Racer (US)
Beim LEGO 6491 Time Cruiser Scooty handelte es sich um das kleinste Set der Reihe und damit den obligatorischen „Appetithappen“, der neugierig auf die neue Themenwelt machen sollte. Für 4,50 US-Dollar, also nach historischem Wechselkurs ca. 6,- bis 7,- DM, bekam man eine kleine Ein-Mann-Zeitmaschine aus 58 Teilen inklusive einer Minifigur von Tim.
Der kleine Flitzer macht mir noch heute viel Freude, da er mit einem sehr simpel konstruierten, dadurch aber umso gelungeneren Spielfeature aufwartet: Auf den gummierten Hinterrädern liegt eine Propellerkonstruktion mit einem Boat Stud (2654) am Ende auf, also einer 2 x 2 Rundplatte mit glattem, abgerundetem Boden. Die Achse ist lose durch eine Technic-Platte gesteckt, sodass der Propeller nur durch sein eigenes Gewicht den Kontakt zum Reifen hält und gedreht wird, sobald der Scooty rollt. Nachfolgend habe ich euch ein Video eingebunden, in dem ihr das Set in Aktion sehen könnt.
Auf die Teile werde ich weiter unten noch gesondert eingehen, weshalb ich an dieser Stelle direkt zum Fazit komme: Ich liebe einfach diese kleinen Sets, das stelle ich bei jedem Rückblick erneut fest. Als Kind hätte ich unheimlich viel Spaß daran gehabt, mit dem Scooty durch die Wohnung zu flitzen, ja sogar heute hält mich nur mein eigener Anspruch, mich erwachsen zu verhalten, davon ab. 😉
Alternative Namen: Time Cruiser Navigator 2025 (UK) / Hypno Cruiser (US)
Der LEGO 6492 Time Cruiser Navigator war das nächstgrößere, mit gerade einmal 157 Teilen aber immer noch recht kleine Set. Er erschien in den USA in zwei verschiedenen Versionen, einmal unter der regulären Nummer 6492 und einmal unter der Nummer 1853 in einer Sonderverpackung, die darin bestand, dass der Set-Karton auf einer violetten Plastik-Aufbewahrungsbox mit Deckel auflag und beides gemeinsam in Folie eingeschweißt war. Vermutlich handelte es sich hierbei um ein Toys’R’Us-exklusives Set, auf Bricklink könnt ihr euch ein Bild davon ansehen. Wir bleiben im Folgenden allerdings bei der regulären Version, die damals für 22,- US-Dollar und somit für ca. 30,- bis 35,- DM angeboten wurde.
Der Navigator enthielt die drei wichtigsten Charaktere der Reihe, Prof. Cyber, Tim und den Affen Ali, als Minifiguren, wobei die beiden menschlichen Protagonisten in zwei separat zu öffnenden Teilen des Cockpits Platz nehmen konnten, Ali hingegen in bester Affen-Manier auf der Zeitmaschine herumklettern und sich irgendwo festhalten musste, wenn es holprig wurde.
Einmal aufgebaut, bietet das Set für seine geringe Größe eine Menge Spielspaß. Neben den hochklappbaren Cockpit-Scheiben bringt es einen abnehmbaren Anhänger mit, in dem man allerlei Kopfbedeckungen für die verschiedensten Themenwelten verstauen kann. Über fehlende Motorisierung kann man sich ebenfalls nicht beklagen, denn der Navigator wartet mit einem flammenspeienden Motorblock mit Propeller, einem großen, helikopterartigen Rotor sowie zwei seitlichen Düsentriebwerken auf, am Heck sorgen zwei Drachenflügel für die Lenkung im Flug. Der große Rotor wird beim Fahren über einen Gummiriemen – sozusagen die Rutschkupplung des kleinen Mannes – angetrieben, außerdem dreht sich auf beiden Seiten eine 4 x 4 Radarschüssel mit aufgedruckter Spirale. Diese war ein wiederkehrendes Symbol der Reihe, das die Zeitwirbel darstellen sollte.
Auch hier habe ich ein kurzes Video erstellt, in dem ihr euch die Funktionen einmal in Aktion ansehen könnt.
Da ich das Set glücklicherweise originalverpackt erworben hatte, konnte ich einige Bilder vom Unboxing schießen und kann euch diese nun zeigen. Hier lag das erste der drei speziell für den deutschen Markt produzierten Hörspiele als Audiokassette bei, was auch auf dem Karton durch einen zusätzlichen Aufdruck beworben wurde. Eine weitere Besonderheit der Time Cruisers-Kartons bestand darin, dass neben dem Namen der Themenwelt auch der Name des jeweiligen Sets auf dem Karton aufgedruckt war, was heute ein normaler Vorgang ist, zur damaligen Zeit aber in Europa absolut unüblich war.
In der Vorderseite der Box befand sich ein geschwungener kleiner Ausschnitt, hinter dem die drei Minifiguren in einer speziellen Halterung arrangiert waren, die im Inneren wiederum durch eine spezielle Papp-Schablone an der richtigen Stelle gehalten werden musste. Kurzum: An diesem Karton war fast nichts standardisiert, und es ist aus heutiger Sicht immer wieder erstaunlich, welchen Aufwand LEGO früher bei der Gestaltung der Verpackungen trieb, manchmal selbst bei einem eher kleinen Set wie diesem hier.
Etwas, das ich heute ebenfalls vermisse, sind die Kataloge, die damals vielen, ja zumindest als Faltblatt praktisch allen Sets beilagen. Ich sehe ein, dass es bei der Größe des heutigen Sortiments schwierig wäre, den Katalog auf ein so kompaktes Format zu komprimieren, aber etwas schade ist es trotzdem, dass diese Art der Werbung verloren gegangen ist – von einigen wenigen Werbeseiten am Ende der Bauanleitung einmal abgesehen. Denn schon als Kind waren die Kataloge für mich immer ein besonderes Highlight, das neugierig machte und meine Lieblingssets oft noch einmal in einem anderen Artwork zeigte als der große Hauptkatalog.
Insgesamt bin ich von diesem Set recht angetan, sowohl was die Aufmachung der Verpackung, als auch was das fertige Modell angeht. Hätte ich als Kind selbst eine Zeitmaschine entwerfen sollen, hätte sie wahrscheinlich sehr ähnlich ausgesehen. Unter diesem Gesichtspunkt halte ich den LEGO 6492 Navigator für ein gelungenes Spielset, da er durch Aussehen und Funktionen die Phantasie der Zielgruppe beflügelte. Nicht unerheblich war hierfür auch an die beiliegende Hörspielkassette, die das chronologisch zweite Abenteuer der Time Cruisers, Unternehmen Cybercom, enthielt und auf die ich später noch näher eingehen werde. Sie leistete damals, wofür LEGO heute eine TV-Serie produzieren lassen würde: Sie verlieh den Minifiguren eine Persönlichkeit und gab eine Geschichte vor, die man dann mit den eigenen Sets nachspielen oder als Inspiration für weitere Abenteuer nutzen konnte, ließ der Vorstellungskraft aber dabei durch die fehlenden Bilder mehr Freiraum.
6493 Time Cruiser Flybo
Alternative Namen: Time Cruiser Labo 2025 (UK) / Flying Time Vessel (US)
Das 6493 Time Cruiser Flybo besaß ich als einziges Set schon als Kind – und hatte sehr viel Freude daran. Auch dieses Set, das 44,- US-Dollar und somit umgerchnet ca. 65,- bis 70,- DM kostete, bot zwar mit 237 Teilen kein allzu langes Bauvergnügen, doch das Resultat war schon deshalb beeindruckend, weil hier viele große Schiffsteile, unter anderem ein zweiteiliger Rumpf in der exklusiven Farbkombination Dark Gray/ Schwarz, ein dreiteiliger Mast und zwei Wanten enthalten waren. Das fertige Flybo war quasi das Universalfahrzeug der Time Cruisers, weil es fahren, fliegen, schwimmen und tauchen konnte. Alle vier Fortbewegungsarten sah man dem Modell auch sofort an, es handelte sich deshalb meines Erachtens um das verrückteste Design der Reihe, das gleichzeitig aber auch den größten Spielwert bot.
Auf dem „Cockpit“ – einem Eisenbahn-Führerhaus, das sich aufklappen lässt – finden wir ein drehbares Persikop für die Tauchfahrt, hierfür hat das Flybo am Heck neben dem großen Rotor für den Vortrieb in der Luft noch eine kleine Schiffsschraube, mittels derer man auch lenken kann. Zum Fahren dienen vier Räder, von denen die beiden großen über Stangen mit den Flügeln verbunden sind, sodass das Flybo mit diesen schlägt, wenn man es vorwärts schiebt – gleichzeitig dreht sich dann auch der Propeller am Heck.
Achtern befindet sich eine Lagervorrichtung für Helme und sonstige Kopfbedeckungen, direkt hinter dem Cockpit eine Truhe für Waffen, Zauberstäbe und andere nützliche Utensilien, die man auf einer Zeitreise benötigt. Diverse Verzierungen wie Antennen, Triebwerke und Drachenteile runden den besonderen Look des Sets ab, das als Minifiguren, wie schon der 6492 Navigator, den Professor, Tim und Ali enthielt.
Auch hier habe ich euch ein kurzes Video des Flügelschlags eingebunden:
Als Audiokassette lag dem Flybo der dritte Teil der Hörspiel-Reihe, SOS aus der Vergangenheit, bei. Wenn man sich (wie ich als Kind) darauf einlassen konnte, bot das Flybo in Verbindung mit dem Hörspiel, in dem es natürlich eine wichtige Rolle spielte, eine Menge Spaß und auch heute bin ich der Meinung, dass das Flug-Tauchboot-Auto für Kinder im Grunde eine großartige Sache war.
6494 Time Cruiser Labo
Alternative Namen: Time Cruiser Flybo 2025 (UK) / Mystic Mountain Time Lab (US)
Kommen wir zu guter Letzt zum größten Set der Reihe, dem LEGO 6494 Time Cruiser Labo. Hierbei handelte es sich laut Hintergrundgeschichte um das Labor des Professors, in dem er die Zeitmaschinen erfand und baute. Es war also quasi die Basisstation der Zeitreisenden, um einmal im 90er-Sprachgebrauch zu bleiben. Das Set umfasste 504 Teile und war damit das mit Abstand umfangreichste der Reihe. Das fertige Modell ließ sich aufklappen, ähnlich wie einige LEGO Ritterburgen, sodass es entweder die Grundfläche einer 32 x 32 Noppen-Baseplate einnahm oder sich über eine Breite von 64 Noppen (also ca. 51 cm) bei 16 Noppen Tiefe erstreckte. Der Verkaufspreis lag bei 66,- US-Dollar, also umgerechnet ca. 90,- bis 100,- DM.
Ähnlich wie die anderen Sets wirkte auch das Labo, das als einziges ein Gebäude und kein Fahrzeug darstellte, als sei es aus Teilen diverser Epochen bzw. LEGO Themenwelten bunt zusammengewürfelt worden.
Beim Aufbau merkt man schnell, dass auch bei diesem Set der Fokus auf der Bespielbarkeit lag. So gibt es mehrere Türen und Fenster, die sich öffnen lassen, eine Gefängniszelle, natürlich mit Skelett, und eine Art drehbare Strahlenkanone. Manche Teile des Gebäudes stellen sich als abnehmbare, fliegende Vehikel heraus, und auch ein „richtiges“ Flugboot bringt das Labo mit.
Innen, bzw. auf der Rückseite, wenn man das Modell aufklappt, hat es eine manuelle Kurbelfunktion, die einige Teile in Drehung versetzt – etwa den erhöht angebrachten Platz des Professors. Auch gibt es eine versteckte Abschussvorrichtung, deren Sinn (falls es einen gibt) sich mir nicht ganz erschlossen hat, sowie mehr Zubehör zum Verkleiden als in allen anderen Sets der Reihe.
Das Labo bietet also auf verhältnismäßig kleinem Raum eine Menge Spielmöglichkeiten, wozu auch die fünf Minifiguren, nämlich Prof. Cyber, Tim, Ali, Robbi Robot und das Skelett, beitragen. Ich habe euch auch hierzu ein Video erstellt, das einige der Funktionen in bewegten Bildern zeigt:
Weil ich auch das Labo erst kürzlich erworben und für dieses Review neu ausgepackt hatte, kann ich euch wieder einige Bilder vom Unboxing präsentieren. Das Set wurde in einem der damals üblichen, aber doch für jedes Set immer wieder neu gestalteten Aufklapp-Kartons mit Folieneinsatz verkauft, sodass man, wenn man den Deckel hochklappte, ins Innere der Box schauen konnte. Einige besondere Teile wie z.B. die Hypnosescheibe und einige der Minifiguren wurden in einem speziellen Plastik-Inlay präsentiert, während sich die restlichen LEGO Elemente wie heute in Tüten befanden, die damals allerdings noch nicht nummeriert waren. Einige Teile wie z.B. die Felsen (6083) lagen lose im Karton, weil sie zu groß für das automatische Abpacken in Tüten waren.
Auch dieses Set brachte einen der schönen Kataloge sowie ein Serviceheft mit, das quasi der Vorläufer des heutigen Steine und Teile-Services war. In diesem Heft gab es zu verschiedenen Themen vorgepackte Service Packs, die einige Teile enthielten, die typischerweise mit der Zeit verloren gingen oder die an einer Reihe besonders reizvoll waren, etwa spezielle Drucke. Diese vorgefertigten Tüten konnte man per Bestellformular kaufen und sich zuschicken lassen.
Das dritte und letzte, chronologisch aber das erste Hörspiel, Testflug TC 13, war ebenfalls im Time Cruiser Labo enthalten. Ihr findet es weiter unten als eingebundenes Youtube-Video, falls ihr mal ein Ohr riskieren wollt.
Keine bloße Resteverwertung: Besondere und neue Teile
Den Time Cruisers wird, meines Erachtens zu Unrecht, gerne unterstellt, eine reine „Resteverwertung“ der übrig gebliebenen Teile aus anderen Themenreihen gewesen zu sein. Wer sich ein wenig mit dem Produktionsprozess von LEGO beschäftigt hat, weiß, dass das nicht zutreffen kann, allenfalls könnte man der Reihe zum Vorwurf machen, dass für sie keine neuen Teile eingeführt wurden. Doch auch das stellt sich bei genauerer Betrachtung als falsch heraus.
Die Time Cruisers enthielten nämlich diverse neue Teile, einige blieben sogar exklusiv für die Reihe. Eine Auswahl habe ich im obigen Bild für euch festgehalten. Da wäre z.B. die 16 x 16 Noppen große Grundplatte, die in Blau ausschließlich im 6494 Time Cruiser Labo vorkam. Auch der Bootsrumpf (6051c03 + 6053c03) in der Farbkombination Dark Gray/ Schwarz, das Zugführerhaus (2917) in Light Gray sowie die beiden Triebwerke (4229 + 4868a) in Gelb kamen ausschließlich in der Time Cruisers -Reihe vor. Die anderen Teile waren 1996 alle neu erschienen und blieben teilweise selten, da sie in nur wenigen weiteren Sets verwendet wurden, etwa das grüne Fenstergitter (2529).
Ausgerechnet das Teil, das man wohl am meisten mit den Time Cruisers assoziiert, nämlich die 4 x 4 Radarschüssel mit aufgedruckter Hypnose-Spirale, war hingegen nicht exklusiv für die Reihe: LEGO legte sie in den Folgejahren gerne als kleines Highlight diversen Steineboxen bei.
Merchandise
Dass LEGO in den Neunzigerjahren mit Merchandise-Artikeln nicht gerade geizte, ist regelmäßigen Leser:innen unserer Rückblicke vermutlich inzwischen bekannt. Gerade bei den Time Cruisers, die mit ihrer kurzen Laufzeit von nur einem Jahr und einem Umfang von gerade einmal vier Sets (ohne Berücksichtigung der Time Twisters) ja ein absolutes Nischenthema waren, verwundert es dennoch, wie viele Artikel hierzu abseits der eigentlichen Sets erschienen.
Ich habe mal meine Sammlung durchforstet und euch nachfolgend einige Bilder eingebunden. Vor kurzem hatte ich das Glück, ein originalverpacktes T-Shirt und eine Uhr zu erstehen. Solche Gebrauchsgegenstände sind heute nur noch recht selten erhalten, weil sie im Laufe der Jahre meist getragen und dann irgendwann entsorgt wurden.
Zu beziehen war das Merchandise üblicherweise über den LEGO Club. Das T-Shirt gab es allerdings beim US-amerikanischen Shop at Home-Service, in dessen Katalog von 1996 ich dank Brickset einen Werbe-Einleger gefunden habe, den ich euch auf keinen Fall vorenthalten möchte und den ihr deshalb ebenfalls in der Galerie findet. Dort sehen wir, dass es das T-Shirt sogar für Erwachsene gab, was ein Zeichen dafür ist, dass die AFOL-Szene in den USA in den Neunzigerjahren schon um einiges etablierter war als in Europa, wo meines Wissens stets nur Kindergrößen angeboten wurden.
Es lohnt sich immer, einmal durch die alten Zeitschriften und Kataloge zu blättern, denn dort gibt es viel zu entdecken – wenn man auch manchmal ein wenig traurig wird, was man damals alles verpasst hat.
Audio-Kassetten
Eine ganz besondere Art des Merchandising für die Time Cruisers gab es nur in Deutschland: Die Time Cruisers Hörspiele. Wie oben bereits erwähnt, wollte LEGO das 40-jährige Jubiläum der deutschen LEGO GmbH feiern und legte aus diesem Anlass nur hierzulande den drei größten Sets je eine der Audiokassetten bei, die vom Karussell-Verlag produziert worden waren.
Testflug TC 13, das erste Hörspiel der Reihe aus dem 6494 Time Cruiser Labo, habe ich euch unten via Youtube eingebunden, wo ihr auch die beiden anderen Folgen findet. Unternehmen Cybercom lag als Kassette dem 6492 Time Cruiser Navigator bei, SOS aus der Vergangenheit (meine Lieblingsfolge, jedoch wahrscheinlich nur, weil ich diese als einzige schon als Kind besaß), kam mit dem 6493 Time Cruiser Flybo. Wer die Manuskripte der Hörspiele lieber nachlesen möchte, kann dies dank des Eurobricks-Users Runamuck ebenfalls tun.
Die Hörspiele verleihen der Hintergrundgeschichte wesentlich mehr Tiefe. So erfahren wir etwa, dass die Zeitreisenden aus dem Jahr 3777 stammen und dass der Vergangenheits- und Zukunftsminister den Einsatz der Zeitmaschinen eigentlich verboten hatte, bis… ja, dafür müsst ihr dann schon die erste Folge selbst hören. 😉
Die Sprecher (ja, es sind tatsächlich nur Männer aufgeführt) stammten quasi alle aus der Hamburger Schaupiel- und Synchronszene. Edgar Bessen in der Rolle des Prof. Cyber dürfte unter ihnen wohl der bekannteste gewesen sein. Er sprach viele Jahre lang die Rolle des Kommissar Glockner in der TKKG-Hörspielreihe und auch Fans der Klassiker des Hamburger Ohnsorg-Theaters (Opa wird verkauft, Tratsch im Treppenhaus, etc.) sollte dieser Name ein Begriff sein.
Als Autorin fungierte Susanne Schindler-Günther, die auch die Manuskripte vieler anderer LEGO Hörspiele schrieb, die in Zusammenarbeit mit der Karussell Musik & Video GmbH entstanden.
Vermutlich kam die Zusammenarbeit mit diesem Label, das seinerzeit in Hamburg beheimatet war, durch die räumliche Nähe zu LEGO Deutschland zustande, das damals seinen Sitz in der norddeutschen Kleinstadt Hohenwestedt hatte.
Ich persönlich finde, im Vergleich zu den alten Piratenhörspielen oder z.B. auch der Jagd nach dem Pharaonenschatz aus der Adventurerers-Reihe sind die Hörspiele weniger gut gealtert, vor allem die aus meiner Sicht übertriebenen Effekte und die etwas nervtötende Sprechweise von Robbit Robot stören mich heute. Aber das ist natürlich Geschmackssache, und wenn man vorher die Nostalgiebrille aufsetzt (gibt es eigentlich auch Nostalgiekopfhörer?), lohnt es sich auf jeden Fall trotzdem, einmal hineinzuhören – alleine schon, um sich über die Cross-Promotion für die in den Geschichten besuchten Themenwelten zu amüsieren.
Brettspiel
Ein weiterer besonderer Werbeartikel, wenn man ihn so sehen möchte, war das Brettspiel LEGO Time Cruisers, das ab 1998 im deutschen Katalog des LEGO World Club Shops als 8859 LEGO Zeitreise-Spiel beworben wurde und zunächst 39,- DM, später dann als Restposten 29,- DM kostete.
Wer sich genauer für die Regeln interessiert, findet diese unten in der Galerie, wo ich euch auch ein kleines Unboxing des Spiels präsentiere.
Kurz zusammengefasst ging es in diesem launigen Spiel, das ein wenig wie eine Mischung aus Monopoly, Mensch ärgere dich nicht und dem Spiel des Lebens daherkam, um Folgendes: Man besuchte mit seiner zeitreisenden Spielfigur die vier LEGO Welten Wilder Westen, Aquazone (Juhu!), Weltall und Ritterburg. Aus jeder dieser Welten musste man ein Artefakt mitbringen, damit Prof. Cyber beweisen konnte, dass seine Zeitmaschine funktioniert. Diese Artefakte waren für die jeweilige Themenwelt typische LEGO Elemente (etwa ein Kristall für Aquazone), die an der Minifigur des Spielers befestigt werden mussten. Natürlich gab es vielfältige Möglichkeiten, diese Artefakte wieder zu verlieren oder auf dem Weg in die Irre geleitet zu werden.
Das Schönste an diesem Spiel ist, zumindest für Nostalgiker wie mich, die grafische Gestaltung, die jedem Fan dieser LEGO Epoche das Herz höher schlagen lässt. Jetzt wäre nur noch die Frage zu klären, ob es sich bei der Drehscheibe, die in der Mitte des Spielfelds platziert wird, um ein offizielles LEGO Element handelt…
Wie ging es weiter?
Die ursprünglichen LEGO Time Cruisers, deren Konzept es ja gewesen war, mit allen anderen Themenwelten aus dem LEGO Kosmos interagieren zu können, überdauerten nur eine Welle. Im Folgejahr 1997 entschied LEGO sich, doch wieder den klassischen Weg zu gehen und eine Art Gegenspieler für die Time Cruisers einzuführen: Die bösen Time Twisters, die mit reichlich Geistern, Skeletten und Totenköpfen sowie einem düstereren Farbschema aufwarteten. Zumindest meinen Eltern gefiel dieser Wandel damals gar nicht, und auch ich muss aus heutiger Sicht sagen, dass ich diesen Schachzug von LEGO nicht ganz nachvollziehen kann – mögliche „Gegner“ boten schließlich schon die anderen Spielwelten zu genüge, und wer wollte dort schon die Bösen unterstützen?
Mit dem 6494 Time Cruisers Geisterbus, dem 6495 Time Cruisers Fledermaus-Flieger und dem größten Set, dem 6497 Time Cruisers Grusel-Expreß kamen nur noch drei neue Sets auf den Markt, danach verschwand die Time Cruisers-Reihe wieder. Zugutehalten muss man den Sets, dass auch sie mit einem angenehm schrägen und phantasievollen Design aufwarteten und auch einige gelungene Spielfunktionen mitbrachten, die jedoch stark an die der Vorjahressets erinnerten. So richtig „warm geworden“ bin ich mit dieser zweiten Welle der Time Cruisers jedoch nie, weshalb ich ihr auch hier nicht allzu viel Platz einräumen möchte.
Auf ein Kuriosum möchte ich euch aber gerne dennoch hinweisen: Während im deutschen Katalog die Charaktere der Time Twisters unbenannt blieben (genau genommen wurde nicht einmal die Bezeichnung Time Twisters erwähnt), ging der britische Katalog, dessen Seite ihr oben ebenfalls findet, einen anderen Weg. Hier hatten nicht nur die Time Twisters als Ganzes, sondern auch der Oberschurke einen Namen: Baron Blomberg. Das ist insofern pikant, dass es tatsächlich ein deutsches Adelsgeschlecht der Freiherren von Blomberg gab (bzw. sogar noch immer gibt). Ob es sich hier um einen bloßen Zufall oder eine bewusste Entscheidung der britischen Werbetexter handelte, ist nicht bekannt. Die Idee eines deutschen Barons als Oberbösewicht kam jedenfalls offenbar so gut bei den amerikanischen Kollegen an, dass sie sie ein Jahr später übernahmen, was uns Baron von Barron in der Adventurers-Reihe bescherte.
Fazit
Wie bewertet man nun eine „Reihe außer der Reihe“ wie die LEGO Time Cruisers?
Auch wenn die Sets nach gängigen Maßstäben nicht gerade einen Designpreis gewinnen würden, so bin ich, zumindest, was die erste Welle aus dem Jahre 1996 anbelangt, trotzdem ein Fan der Time Cruisers. Sie nahmen bereits vor 25 Jahren die Idee vorweg, die später The LEGO Movie so ungemein populär machen sollte: Das grenzenlose, mitunter etwas verrückte Kombinieren verschiedenster LEGO Themenwelten zu einer gemeinsamen, großen Geschichte, sowie ein Plädoyer für kreatives Spielen.
Vielleicht waren die Time Cruisers ihrer Zeit mit dieser Idee ein wenig voraus, vielleicht hätte eine sorgfältigere Ausarbeitung in Verbindung mit einem ansprechenderen Design der einzelnen Sets für einen längerfristigen Erfolg sorgen können. LEGO entschied sich jedoch bewusst und aus für mich nachvollziehbaren Gründen für einen Look, der den Sets den Anschein verlieh, die Kinder hätten sie gerade selbst aus ihrem eigenen Teilefundus zusammengebastelt. Denn genau dazu sollte die Reihe anregen, und unter diesem Gesichtspunkt würde ich sie auch als gelungen bezeichnen.
Die Time Twisters, denen ich in diesem Artikel bewusst nur einen kurzen Abschnitt gewidmet habe, da ich selbst nie einen wirklichen Bezug zu ihnen entwickeln konnte, stellten für mich einen Schritt in die falsche Richtung dar – ich hoffe, die Fans dieser Sets unter euch werden mir das verzeihen.
So verbleiben also die vier ursprünglichen Sets in meiner Sammlung, die ich in gewisser Weise als Kuriositäten in Ehren halte. Die Spielfeatures, speziell der Flügelschlag und der sich drehende Heckrorot des Flybos, bereiten mir zwar noch heute Freude, vor allem aber habe ich Spaß am Gesamtpaket mit den drei amüsanten, wenn auch etwas angestaubten, Hörspielen und dem gelungenen Brettspiel. Ich bin allerdings ehrlich: In die Vitrine würde ich mir die Time Cruisers nicht stellen.
Ich hoffe, diese kleine Zeitreise hat euch gefallen. Jetzt interessiert mich eure Meinung: Was haltet ihr aus heutiger Sicht von den LEGO Time Cruisers? Und noch viel wichtiger: Wie standet ihr als Kinder zu diesen Sets, falls ihr damals im passenden Alter wart? Seht ihr die Time Cruisers wie ich als Vorläufer dessen, was einmal The LEGO Movie werden sollte? Ich freue mich auf den Austausch in den Kommentaren.
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