Das Versteck im alten Wachturm: Die Entstehung eines Forestmen-MOCs

Passend zum kurz bevorstehenden Verkaufsstart des Sets LEGO Icons 10332 Mittelalterlicher Stadtplatz sind wir bei StoneWars gerade ein wenig im Castle-Fieber. Daher möchte ich die Gelegenheit nutzen, euch mein letztes MOC im Bereich LEGO Castle zu präsentieren. Welches alte LEGO Forestmen Set die Inspiration für dieses Modell gab, wie der Entwurf begann und welche Details es im fertigen MOC zu entdecken gibt, erfahrt ihr in diesem Artikel.

Die Forestmen haben einen alten, verlassenen Wachturm tief im Wald zu ihrem Versteck gemacht. Dort lagern sie ihre gestohlenen Schätze und bereiten ihre nächsten Raubzüge vor. Doch die ehrbaren Gesetzlosen stehlen nicht für sich selbst, sondern um die ärmeren Bewohner der umliegenden Dörfer zu versorgen. Diese kommen regelmäßig zum großen Baum, um sich von den Forestmen mit einer Mahlzeit versorgen zu lassen. Falkenritter, die das Pech hatten bei einem Raubzug gefangen genommen zu werden, werden in das alte Gefängnis im Turm gesperrt, müssen in ihrer Zelle aber weder Hunger noch Durst fürchten.

LEGO 6071 Forestmen’s Crossing

In den späten 80er-Jahren begann LEGO mit der Strategie, nicht alle Sets gleichermaßen auf allen Kontinenten anzubieten. Erst mit Aufkommen des hauseigenen Onlineshops Ende der 90er-Jahre konnten solche Modelle auch wieder im Rest der Welt bezogen werden. Ein Modell, das nur auf dem nordamerikanischen Kontinent verkauft wurde, war das Set LEGO 6071 Forestmen’s Crossing, das im Jahr 1990 erschien. Das Set stellt einen alten Wachturm im Wald und einen großen schwarzen Baum dar, die als Versteck der Forestmen dienen. Zwischen Turm und Baum fließt ein Fluss, der auf eine 16×32 Baseplate gedruckt ist, und darüber spannt sich eine Hängebrücke.

Dieses alte Set war die Inspiration für mein Modell, das ich jedoch etwas größer bauen wollte, um mehr Details darin unterzubringen.

Entstehungsprozess

Das Flussbett

Ein prägendes Element des ursprünglichen Sets war der Fluss, der sich leicht rechts der Mitte über die Grundplatte schlängelt. Um das Modell von einer 16×32 Grundplatte auf meine gewünschte Größe von 32×64 Noppen hochzuskalieren, nutze ich ein einfaches Rastermaß, das ich mit einem Foto der alten Grundplatte überdeckte um anschließend die benötigten Noppen für Wasser und Ufer einzeichnen zu können.

Zur Darstellung verschiedener Wassertiefen im Fluss nutzte ich eine übliche Methode, bei der Platten verschiedener Farben unter weiteren Platten und Fliesen in Trans-Light Blue verbaut werden. Mithilfe heller und dunkler Farben kann dadurch der Eindruck unterschiedlicher Wassertiefen erzeugt werden. Nach einigen Tests legte ich mich auf eine Abstufung mit drei Farben fest: Dark Blue für die tiefsten Stellen in der Mitte des Flusses, Dark Tan als Zwischenstufe und Sand Green als ufernaher Untergrund. Die Platten in Tan stellen in den ersten Iterationen noch den Uferverlauf der bedruckten Baseplate nach. Um dem Modell einen Ausstellungscharakter zu verleihen, war von vornherein ein schwarzer Rahmen eingeplant.

Damit das Ufer eine etwas natürlichere und geschwungenere Form erhält, experimentierte ich anschließend mit Wedge-Plates.

Nachdem der allererste Entwurf noch auf einer grünen Baseplate entstanden war und das Flussbett einen Stein erhöht lag, änderte ich die Basis im Anschluss noch einmal grundlegend. Das Modell fußt seitdem auf regulären Platten, sodass unter der schwarzen Umrandung kein dünner Streifen einer andersfarbigen Baseplate mehr hervorlugt.  Auch das Flussbett liegt nun direkt über der Grundfläche und erreicht zusammen mit einer Lage Platten und Fliesen in Trans-Light Blue nun eine Höhe von einem Stein.

Auch die zweite Hälfte, die den größeren Teil des Flusses enthält, musste noch angelegt werden.

Im linken unteren Eck befindet sich (genau wie im Set 6071) zudem noch ein kleiner runder Teich. Den Uferverlauf mithilfe von Wedge-Plates “abzurunden” war nicht immer einfach und so mussten einige Stellen, an denen sich kein durchgängiger Verlauf erzeugen ließ, mit Vegetation überdeckt werden.

Gleichzeitig begann ich auf der linken Seite mit Versuchen zur Wiese, sowie einem alten Mauerrest und etwas Vegetation. Nachdem zwei Lagen “Wasser” ins Flussbett eingesetzt wurden, sieht das Modell nun so aus:

Bäume und Pflanzen

Ebenfalls inspiriert wurde dieses MOC von der 2022 erschienenen großen LEGO Burg der Löwenritter (10305), die die Fraktion der Forestmen, oder Waldhüter, zurück ins LEGO Sortiment brachte. Bei der Gestaltung der Bäume orientierte ich mich deshalb an der Burg und dem parallel erhältlichen Forestmen Hideout. Beide Sets übernahmen schwarz als Farbe für Baumstämme und Äste, was auch in den ursprünglichen Forestmen Sets der 1980er-Jahre der Fall war. Auch die Verwendung des “Ellenbogen-Elements” (65473), das sich hervorragend für leicht geschwungene, knorrige Baumstämme eignet, übernahm ich aus diesen beiden Sets. Um die Baumkronen etwas dichter wirken zu lassen, sind die großen Blätter zusätzlich mit kleinen Blättern kombiniert.

Die Böschung am Ufer wurde zusätzlich zu den Wedge-Plates in Dark Tan noch um eine weitere Lage abgerundeter Platten ergänzt, um einen Übergang zur grünen Wiese herzustellen. Rund um das Ufer und den kleinen Teich wachsen verschiedene Gräser und Blumen und auch einige Pilze haben ihren Platz im Modell gefunden.

Zum großen Baum auf der rechten Seite des Modells existiert leider nur ein Bild aus der Bauphase, das ich euch aber dennoch nicht vorenthalten möchte. Der Baum sollte von Beginn an als Teil des Verstecks dienen und musste dazu sowohl ausgehöhlt, als auch zugänglich sein.

Der Wachturm

Das zweite zentrale Element des Modells neben dem großen Baum ist der Wachturm. Dieser sollte alt und verfallen wirken, um den Eindruck zu erwecken, dass es sich hier um einen ehemaligen, seit Langem verlassenen, Wachposten der königlichen Ritter handelt. Um im Vergleich zu den LEGO Torbögen mehr gestalterische Freiheit zu haben, experimentierte ich zunächst mit verschiedenen Möglichkeiten, einen Bogen aus Slopes zu bauen. Neben Light Bluish Gray als Grundfarbe dient Olive als Farbton für vermoderte Steine im Mauerwerk.

Nachdem mir die oben abgebildete Variante zugesagt hatte, mussten vier dieser Bögen über Eck verbunden werden, um das obere Geschoss des alten Wachturms zu formen. Darauf befindet sich eine Aussichtsplattform mit verfallenen Zinnen, auf der ein Mitglied der Forestmen stets Wache hält.

Mit dem oberen Stockwerk standen nun auch die Maße des Turms fest und ich konnte mich an den Bau des unteren Teils begeben. Dort befindet sich eine schwere Holztür und zur linken Seite ragt eine alte Mauer heraus, die jedoch zum größten Teil bereits eingestürzt ist. Die einzelnen Ebenen des Turms sind im finalen Modell mit Leitern verbunden.

Das fertige Modell

Mit fertigem Baum, einer Hängebrücke über den Fluss, zusätzlicher Vegetation und zahlreichen Minifiguren, die die Szenerie beleben, sieht das vollständige Modell nun so aus:

Auch von der Rückseite betrachtet, gibt es einiges zu entdecken. In weiteren Detailbildern möchte ich daher auf einige kleine Geschichten eingehen, die sich im Modell abspielen.

Der alte Wachturm besitzt im unteren Stockwerk eine kleine Gefängniszelle, in die gerade ein gefangen genommener Falkenritter geführt wird. Dieser wurde leider Opfer eines Kutschüberfalls der Forestmen, darf nach einer angemessenen Lösegeldzahlung jedoch wieder zu seiner Burg zurückkehren. Die Waldhüter sind ja schließlich ehrbare Räuber.

Unter dem großen Baum stehen zwei gut gedeckte Tische, an denen nicht nur Forestmen Platz genommen haben. Auch die Bewohner der umliegenden Dörfer finden hier in schlechten Zeiten oft ein Mahl. Erbeutete Speisen oder auch ein großes Weinfass werden von den Waldhütern stets mit den armen Bürgern geteilt.

Nicht jeder im Brickwood Forest kann so zielsicher schießen wie Robin Hood, aber Übung macht bekanntlich den Meister…

Für einen schlafenden Angler erschien kurz vor Baubeginn der perfekte Minifigurenkopf: das schlafende Wendegesicht von Cooper aus der LEGO DREAMZzz Themenwelt. Die Idee für den Waldhüter im Badezuber entstand zunächst aus der Not heraus, da ich mehr Forestmen Hüte als geeignete Torsos zur Verfügung hatte. Eine oberkörperfreie Minifigur, die gerade ein Bad nimmt, löste dieses Missverhältnis. Mit der Zeit wuchs mir der kleine Kerl jedoch ans Herz, sodass er im finalen Modell verbleiben durfte.

Die Hängebrücke führt vom Wachturm zu einer kleinen Plattform im Baum, von der aus man in den ausgehöhlten Stamm gelangt.

Wenn ihr Interesse an weiteren Eigenkreationen von Mitgliedern des StoneWars-Teams oder anderen Baumeistern habt, werft doch gerne mal einen Blick auf unsere LEGO MOC-Seite. Ansonsten freuen wir uns jetzt weiter mit euch gemeinsam auf das Release des Mittelalterlichen Stadtplatzes, der ab dem 1. März im Insiders-Vorverkauf verfügbar ist.

Hier könnt ihr das Set kaufen*:
Mittelalterlicher Stadtplatz im LEGO Onlineshop

Wie gefällt euch meine Neuinterpretation des 34 Jahre alten Forestmen’s Crossing Sets? Hat euch der Einblick in den Entstehungsprozess gefallen und welche MOCs zum Thema LEGO Castle habt ihr selbst schon umgesetzt? Ich freue mich auf eure Kommentare!