Ab dem 1. Juli 2021 treten einige Änderungen in der Besteuerung von Auslandssendungen in Kraft, die auch viele AFOLs betreffen werden, die z.B. ihre Einzelteile via Bricklink aus Ländern beziehen, die nicht Teil der EU sind. Unter anderem entfällt die bisherige Freigrenze und es wird ab dem ersten Euro Einfuhrumsatzsteuer fällig. Manches verbessert sich jedoch auch für die Kunden.
Bricklink, der weltweit größte Online-Marktplatz für LEGO Einzelteile und fester Alltags-Bestandteil vieler erwachsener LEGO Fans, verschickte heute morgen eine E-Mail, in der einige kommende Änderungen für Käufer und Händler beschrieben wurden, die die Plattform nutzen und Bestellungen zwischen Drittstaaten und der EU versenden. Diese Änderungen sind das direkte Resultat aus den neuen Regeln, die ab dem 1. Juli EU-weit für Warensendungen aus einem Drittland gelten und die auf der Homepage des deutschen Zolls recht übersichtlich aus Verbrauchersicht zusammengefasst sind.
Wir möchten die heutige E-Mail zum Anlass nehmen, das Thema einmal am Beispiel Bricklink zu beleuchten. Wir sind natürlich keine Steuerberater und können daher hier keine Beratung geben, versuchen allerdings alles nach bestem Wissen zusammenzufassen.
Hinweis: Sobald die Änderungen aktiv sind, also nach dem 1. Juli, werden wir euch auch die praktischen Auswirkungen bei Bricklink anhand einer konkreten Beispielbestellung zeigen.
Inhaltsverzeichnis
Zusammengefasst: Was ändert sich?
Die wichtigsten Änderungen zum 1. Juli sind schnell zusammengefasst, wenn auch deren praktische Umsetzung den einen oder anderen Händler vor größere Herausforderungen stellen dürfte. Wichtig ist hierbei der Unterschied zwischen Einfuhrumsatzsteuer und Zollgebühren: Erstere entspricht der Mehrwertsteuer, die bei inländischen Transaktionen auf die Ware erhoben würde, letzere sind eine zusätzliche Abgabe für Importe aus dem Nicht-EU-Ausland, die allerdings erst ab 150,- Euro Sachwert erhoben wird. In Summe spricht man von Einfuhrabgaben.
Die bisherige Freigrenze von 22,- Euro für Sendungen aus dem Nicht-EU-Ausland entfällt.
Bislang mussten bei einem Sachwert von unter 22,- Euro weder Einfuhrumsatzsteuer noch Zollgebühren bezahlt werden, ab dem 1. Juli gilt dies nicht mehr und die Einfuhrumsatzsteuer greift auch schon bei Kleinstbeträgen. Ausnahme: Einfuhrabgaben in Höhe von unter 1,- Euro werden vom Zoll nicht eingezogen, sodass bei einem Steuersatz von 19% praktisch noch immer eine Freigrenze von 5,26 Euro bestehen bleibt.
Solche Sendungen dürfen vom Transportunternehmen direkt zugestellt werden, für alle anderen Sendungen besteht eine Pflicht zur Zollanmeldung, die i.d.R. vom Transportunternehmen durchgeführt und dem Kunden als Servicepauschale in Rechnung gestellt wird. Bei der Deutschen Post/ DHL beträgt die Höhe dieser Pauschale z.B. 6,- Euro.
Die Freigrenze von 45,- Euro für private Geschenke bleibt übrigens unverändert bestehen.
Das neue Mehrwertsteuer-System Import One Stop Shop (IOSS) tritt in Kraft.
Verkäufer aus Drittstaaten können sich bei diesem System anmelden und für Verkäufe mit einem Sachwert bis 150,- Euro die Einfuhrumsatzsteuer bereits vorab an die EU überweisen – für den Käufer fallen dann bei der Einfuhr keine Gebühren beim Zoll mehr an, sondern man zahlt die Steuer bereits beim Kauf an den Händler.
Allerdings ist lt. Zoll auch für solche Sendungen eine Zollanmeldung verpflichtend. Ob die Post auch hierfür die o.g. Servicepauschale erheben wird, geht aus deren Infoseite leider nicht eindeutig hervor und der Kundenservice war hier ebenfalls überfragt. Wir versuchen weiter, das zu klären.
Für Sendungen mit einem Sachwert von über 150,- Euro greift das IOSS übrigens nicht mehr, denn ab diesem Betrag werden neben der Einfuhrumsatzsteuer auch Zollgebühren fällig. Hier läuft die Abwicklung dann unverändert wie bisher.
Für Händler aus der EU gilt eine EU-weite Lieferschwelle von 10.000 Euro, ab der sie in allen belieferten Staaten steuerpflichtig werden.
Dies ist wohl die gravierendste Änderung, von der wir als Kunden allerdings nicht viel mitbekommen werden – es sei denn, dass viele Händler den Versand in andere EU-Staaten massiv einschränken werden, doch dazu gleich mehr.
Bisher galt für Händler aus EU-Staaten für den Verkauf von Waren an Privatkunden im EU-Ausland in jedem Land eine individuelle Schwelle, ab der die Händler dort steuerpflichtig wurden. Diese lag vergleichsweise hoch zwischen 35.000 und 100.000 Euro – wurde sie nicht überschritten, reichte die Versteuerung beim Heimatfinanzamt des Händlers. Ab dem 1. Juli gilt nun allerdings eine EU-weite Schwelle von 10.000 Euro für alle Länder zusammen, was bedeutet, dass auch kleinere Händler plötzlich in jedem Land steuerpflichtig werden können, in das sie auch nur ein Paket verschicken, sobald diese Grenze in Summe überschritten wurde.
Zur Vereinfachung für die Händler wurde das System One Stop Shop (OSS) eingeführt, mit dessen Hilfe man elektronisch eine zentrale Steuererklärung abegeben und die Steuern für alle Länder gemeinsam entrichten kann, in Deutschland z.B. an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt).
Auswirkungen am Beispiel Bricklink
Werfen wir nun mit diesem Hintergrundwissen einen Blick auf die heutige Mail von Bricklink, die wir euch nachfolgend im englischen Originaltext sowie einer durch uns angefertigten Übersetzung eingebunden haben:
Erläuterungen und Anmerkungen
Wie wir an der E-Mail von Bricklink sehen, wird der Marktplatz das IOSS-Verfahren nutzen und die Einfuhrumsatzsteuer für alle betroffenen Bestellungen einziehen, sodass die Bricklink-Kunden schon beim Kaufabschluss deren genauen Betrag kennen und sie sofort bezahlen können. Das bedeutet für uns als Kunden bestenfalls eine wesentlich schnellere Zustellung der Sendung, da keine aufwendige Zollabfertigung mehr stattfinden muss, sowie evtl. den Wegfall der Servicepauschale von DHL für die Abwicklung, wobei wir dies, wie oben erwähnt, noch nicht abschließend klären konnten.
Damit die neue Art der Abwicklung funktionieren kann, müssen nun alle Händler aus Drittstaaten auf Bricklink, die in die EU-Staaten versenden wollen, die „On-Site Payment“-Funktion anbieten – wer das partout nicht möchte, muss den Versand in die EU einstellen. Dies ist keine „Gängelei“ seitens Bricklink, sondern der einzig sinnvolle Weg für die Plattform, die Einfuhrumsatzsteuer in jedem Fall korrekt auf den Betrag der Bestellung zu addieren, vom Kunden einzuziehen und an die Finanzbehörden abführen zu können. Ich finde es begrüßenswert, dass Bricklink hier für Klarheit sorgt und es nicht jedem Händler selbst überlasst, wie er damit umgeht – Chaos und Ärger wären sonst vorprogrammiert.
Diesen neuen Service bietet Bricklink allerdings nur für Bestellungen mit einem Sachwert bis 150,- Euro an. Hier sind dem Anbieter die Hände gebunden, denn Sendungen mit einem höheren Wert dürfen aufgrund der anfallenden Zollgebühren generell nicht über IOSS abgewickelt werden, sondern müssen ganz klassisch verzollt werden.
Negativ wirkt sich die neue Regelung für alle Bestellungen im Nicht-EU-Ausland mit einem Sachwert zwischen 5,27 Euro und 22,- Euro aus, da hier im Gegensatz zu früher nun auf jeden Fall Einfuhrumsatzsteuer fällig wird. Auch gilt zwar, wie oben bereits beschrieben, dass seitens des Zolls/ DHL Gebühren von unter einem Euro nicht eingezogen werden (woraus sich ein effektiver Freibetrag von 5,26 Euro ergibt), aber es ist fraglich, ob Bricklink und andere Händler bzw. Plattformen dies ebenfalls so handhaben werden. Hier könnte sich das neue System IOSS als Nachteil für die Kunden erweisen, weil Gebühren vorab gezahlt werden müssen, wo der Zoll die Sendung normalerweise einfach „durchgewunken“ hätte.
Ein weiterer Nachteil ergibt sich für kleine und mittlere Händler, die bisher aufgrund der recht hohen individuellen Lieferschwellen der EU-Staaten dort nicht steuerpflichtig waren und deshalb all ihre Umsätze bei ihrem Heimatfinanzamt versteuern konnten. Durch die drastisch gesenkte, pauschale Summenschwelle von 10.000 Euro wird für diese Händler die Steuererklärung nun womöglich wesentlich komplizierter, selbst wenn sie das OSS-System nutzen. Das könnte dazu führen, dass kleine Händler auf Bricklink, die bisher innerhalb der EU in andere Mitgliedsstaaten versendet hatten, diese Versandoption künftig nicht mehr anbieten, weil sie sich den zusätzlichen Aufwand gerne ersparen wollen – womit das Angebot auf Bricklink für uns als EU-Kunden kleiner werden würde.
Fazit
Die neuen Regeln bieten aus Kundensicht sowohl Nach- als auch Vorteile, was sehr von der Höhe der Bestellungen abhängt. In jedem Fall sorgt das neue Steuerrecht aber meines Erachtens für eine lange überfällige Vereinheitlichung und größere Gerechtigkeit innerhalb der EU. In unserem Fall, wo es um LEGO Sets bzw. Einzelteile geht, mögen sich die Vorteile nicht allzu deutlich zeigen. In anderen Bereichen bestand jedoch lange der Nachteil für europäische Verkäufer, dass niedrigpreisige Artikel aus dem Nicht-EU-Ausland, etwa aus China, zu konkurrenzlos günstigen Konditionen angeboten werden konnten, weil sie unter die Freigrenze von 22,- Euro fielen und somit keine Umsatzsteuer entrichtet wurde, während die europäischen Händler diese mit einkalkulieren mussten.
Auch Amazon nutzte seit dem Brexit dieses Schlupfloch und verkaufte z.B. LEGO Sets in Deutschland extrem günstig, die dann aus Großbritannien versandt wurden. Entweder fielen diese unter die Freigrenze, oder der Kunde musste beim Erhalt Einfuhrumsatzsteuer zahlen – in jedem Fall umging Amazon die 19% Steuern, die beim Versand innerhalb der EU hätten abgeführt werden müssen. Doch auch die hohen Lieferschwellen innerhalb der EU sorgten bisher mitunter für Ungerechtigkeiten, wenn Umsätze in hohem Maße im EU-Ausland erzielt, aber nur im Heimatland versteuert wurden.
Ich sehe die Neuerungen daher insgesamt eher positiv, einzig in Sachen Verwaltung wird nun Vieles für die Händler komplizierter, vor allem innerhalb der EU. Wir als Kunden profitieren hingegen, auch wenn wir für kleinere Sendungen nun Einfuhrumsatzsteuer zahlen müssen, voraussichtlich von deutlich schnelleren Durchlaufzeiten unserer Sendungen, die, wenn sich alles einmal eingespielt hat, nun wohl nicht mehr wochenlang beim Zoll hängen bleiben. Mir persönlich ist das allemal die 1,- bis 4,- Euro wert, die ich künftig zusätzlich zahlen muss.
Was ist eure Meinung zu den anstehenden Änderungen auf Bricklink, die in ähnlicher Weise auch alle anderen Shops bzw. Plattformen außerhalb der EU betreffen werden? Seid ihr persönlich betroffen, oder bestellt ihr sowieso hauptsächlich innerhalb der EU? Überwiegen für euch die Vor- oder die Nachteile? Tauscht euch gerne in den Kommentaren aus.