StoneWars Smalltalk: Droht den LEGO Fans die Übersättigung?

Smalltalk Titel

Einer der schönsten Aspekte eines gemeinsamen Hobbys ist es, sich mit Gleichgesinnten darüber auszustauschen. Auch unabhängig von News, Angeboten oder Reviews gibt es viele LEGO Themen, über die man trefflich philosophieren kann, und genau dafür haben wir den „Smalltalk“ ins Leben gerufen.

In unregelmäßigen Abständen reißen wir hier ein Thema an, über das wir uns dann alle in den Kommentaren unterhalten können. Sucht euch ein gemütliches Plätzchen, schnappt euch einen leckeren Kaffee oder ein anderes Heiß- bzw. Kaltgetränk eurer Wahl und plaudert mit uns und miteinander!

Heute geht es um das Thema:

Droht den LEGO Fans die Übersättigung?

Es ist Ferienzeit, und auch bei den LEGO Themen ist gerade – im Vergleich zu anderen Monaten – ein gewisses Sommerloch zu spüren. Das bedeutet für uns als LEGO Blog, dass einmal nicht beinahe täglich neue Infos zu ausstehenden Sets auftauchen, die wir für euch aufbereiten. Aber ist diese Formulierung, „beinahe täglich“, ein reines Bauchgefühl, oder trifft sie tatsächlich zu? Ein Blick in unser Archiv, genauer gesagt auf das Tag Neue Sets, das bei uns alle Artikel bekommen, die sich um offizielle Vorstellungen, erste Bilder usw. zu noch nicht veröffentlichten Produkten drehen, zeigt: Im bisherigen Jahresverlauf, also seit Anfang Januar 2023, sind bei uns 106 Artikel erschienen, die sich mit Neuerscheinungen beschäftigten. Updates sind dabei noch nicht einmal mitgerechnet. Im Schnitt gab es also mindestens an jedem zweiten Tag neue Informationen zu ausstehenden Sets, und unter Berücksichtigung der Updates noch häufiger – ein sehr kurzes Intervall.

Nun kann man argumentieren, dass wir es natürlich selbst in der Hand haben, wie intensiv wir im Vorfeld der offiziellen Vorstellung über die Neuheiten berichten, aber es ist dennoch nicht von der Hand zu weisen, dass in Sachen LEGO sehr viel (zu viel?) hinsichtlich neuer Produkte geschieht. Gerade die Sets für die erwachsene Zielgruppe werden immer zahlreicher, und auch wenn Tobias in seiner Analyse vom April zeigen konnte, dass die steigende Anzahl großer und teurer Sets im Mittel von einer ebenfalls steigenden Anzahl kleiner und günstigerer Sets kompensiert wird, sodass also (unter Vernachlässigung der Laufzeiten) aufs Gesamtsortiment bezogen kein Trend hin zu hochpreisigen Sets erkennbar ist, so bleibt ein Problem dennoch bestehen: Durch den stärkeren Fokus auf die erwachsene Zielgruppe und die damit gestiegene Gesamtzahl relevanter Sets können sich wohl nur die wenigsten AFOLs noch alle LEGO Produkte leisten, an denen sie eigentlich Interesse hätten – vom Platzbedarf ganz zu schweigen. Außerdem sorgt die immer engere Taktung der Veröffentlichungen dafür, dass sich eine echte Vorfreude auf ein Set, also ein „Hinfiebern“ auf die Veröffentlichung, immer seltener einstellen möchte – zumindest geht es mir so.

Früher war ich begeisterter Sammler insofern, dass ich bestimmte Themenwelten oder auch Spezialgebiete wie etwa die Harry Potter Minifiguren gerne komplettieren wollte. Auch hier macht mir inzwischen allerdings die Veröffentlichungspolitik  – bzw. meine eigene Bereitschaft, wie viel Zeit, Geld und Aufwand ich in das Sammeln investieren möchte – einen Strich durch die Rechnung. Es ist mir schlicht unmöglich, z.B. die Minifiguren aus sämtlichen Hausbannern, Büchern aus dem DK-Verlag, den modularen Hogwarts-Erweiterungen, den großen D2C-Sets wie der Winkelgasse, dem Hogwarts Express und jetzt neu der Gringotts-Bank zu vervollständigen, ohne entweder viel zu viel Geld auszugeben oder viel zu viel Aufwand damit zu haben, den nicht benötigten Rest der Sets wieder loszuwerden (seit dem Neustart der Reihe 2018 sind immerhin über 70 Sets und Polybags, außerdem zwei Sammelserien und diverse Bücher erschienen). Der immer noch aufgeheizte Zweitmarkt, auf dem offenbar viele glauben, mit LEGO als Investment den großen Reibach machen zu können, tut dazu sein Übriges.

Kurz gesagt, komme ich nicht umhin, mir selbst eine gewisse Übersättigung in Sachen LEGO zu attestieren – was natürlich auch daran liegen mag, dass ich die Flut an Infos und Neuveröffentlichungen berufsbedingt nur sehr viel schlechter ausblenden kann, als dies vermutlich bei den meisten von euch der Fall ist. 😉 Gerade deshalb interessiert mich aber, wie ihr das Ganze empfindet und ob ihr auch manchmal denkt, dass weniger mehr wäre. Ich habe jedenfalls in der jüngeren Vergangenheit meine private LEGO Leidenschaft stark eingeschränkt und stelle fest, dass es mir immer leichter fällt, auch bei lieb gewonnenen Sammelgebieten „loszulassen“.

Mir ist zwar völlig klar, dass die langjährigen Fans in den Umsatzzahlen von LEGO bei weitem nicht den Stellenwert einnehmen, den sie sich selbst oft zurechnen, schon gar nicht, wenn riesige Märkte z.B. in Asien gerade neu von LEGO erschlossen werden. Dennoch finde ich, dass LEGO teilweise sein Blatt überreizt, da ja mit manchen – um nicht zu sagen: zu vielen – Produkten eben trotzdem gezielt die Sammler angesprochen werden sollen. Muss z.B. das neue Harry Potter Figurenlexikon, das sich ja eigentlich ganz klar an Kinder richtet, unbedingt mit einer exklusiven Minifigur erscheinen? Muss auch in wirklich jedem Spielset der Themenreihe mindestens eine exklusive Figur enthalten sein? Solche Beispiele lassen sich vielfach finden, besonders in den lizenzierten Themenwelten. Ich bin allerdings der Meinung, dass LEGO den Stammkunden auch ohne solche „Leckerlis“ schon mehr als genügend Kaufanreize bietet, und dass der gewünschte Effekt sich schnell ins Gegenteil verkehren kann.

Überhaupt ist die Diversifizierung des Angebots inzwischen manchmal ein Problem, nicht nur für die Sammler, sondern auch für den stationären Einzelhandel. Sogar die eigenen LEGO Brand Stores haben, wenn man den Aussagen einiger Mitarbeiter glauben kann, mitunter Probleme, das gesamte Sortiment vernünftig in den Regalen unterzubringen, zumal gerade die Erwachsenensets im Vergleich zu den Spielthemen oft außergewöhnlich lange im Programm bleiben, aber gleichzeitig immer neue hinzukommen. Doch auch in den Spielwarenabteilungen bzw. -Geschäften anderer Händler lässt sich immer häufiger beobachten, dass Neuheiten entweder ganz fehlen oder erst mit langer Verzögerung im Regal landen, weil zu viele Sets aus den vorherigen Wellen noch nicht abverkauft wurden oder schlicht der Platz nicht ausreicht.

Zusammengefasst kann man es LEGO zwar nicht verübeln, mit immer mehr Produkten eine immer breitere Zielgruppe ansprechen zu wollen, und die wirtschaftlichen Erfolge der letzten Jahre geben dem Unternehmen zweifellos recht. Dennoch wäre es aus rein egoistischer Sicht schön, wenn mit dem „immer mehr, immer schneller“ nun langsam einmal Schluss wäre, denn man behält schon jetzt kaum noch den Überblick und wird immer häufiger mit Sets konfrontiert, an denen einem nur noch ein Teilaspekt gefällt, der Rest aber wie aufgefüllt wirkt. Wenn außerdem (gerade bei den Erwachsenensets) jede Woche „eine neue Sau durchs Dorf getrieben“ wird, verliert jede einzelne Neuheit an Bedeutung und Besonderheit – und das ist schade.

Aber wie seht ihr das? Überfordert euch die Vielzahl an Neuerscheinungen bzw. fällt es euch schwer, den Überblick zu behalten? Wie geht ihr damit um, wenn z.B. in eurer favorisierten Themenwelt viel mehr Sets und Wellen erscheinen, als ihr euch leisten könnt oder wollt? Schmälert dieser „erzwungene Verzicht“ die Freude am Hobby für euch, oder fällt es euch leicht, nur die Highlights herauszupicken und den Rest zu ignorieren? Tauscht euch gerne zu diesem Themenkomplex im Kommentarbereich aus!

Achtung: Hier werden ganz verschiedene Ansichten aufeinandertreffen, und wir möchten gleich vorab betonen, dass alle Sichtweisen grundsätzlich gleich willkommen geheißen und wertgeschätzt werden, wenn diese höflich und in freundlichem Ton vorgetragen werden! Dieser Smalltalk soll nicht dazu dienen, sich hochzuschaukeln, sondern sich wie mit Freunden über ein interessantes Thema zu unterhalten, zu dem man gerne verschiedene Meinungen haben kann. Wie immer gilt unsere Netiquette.

Wenn ihr einen Themenwunsch für den Smalltalk habt und euch schon immer einmal zu einem bestimmten Aspekt des LEGO Hobbys mit anderen Fans austauschen wolltet, schreibt mir gerne eine E-Mail mit eurer Idee an: smalltalk@stonewars.de

Über Jens Herwig 612 Artikel
Mag verzerrte Gitarren, LEGO und Enten. Wollte so sein wie MacGyver, ist aber nur Physiker geworden. Erweckung aus den Dark Ages durch den Technic Unimog. Liebt alte Sets und hat ein Aquazone-Diorama im Wohnzimmer stehen.
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