Kästen auf Rädern: LEGO City 60345 Gemüse-Lieferwagen im Review

Review LEGO 60345 Gemuese Lieferwagen Titelbild
Bildnachweis: Hintergrund von freepik/macrovector

Diese City ist zu klein für uns beide: Das kann man über die unendlichen Welten innerhalb der aktuellen LEGO City-Welle nicht sagen. Wir wollen uns in dieser Review erneut mit einem Set aus dem lang erwarteten Bauernhof-Thema beschäftigen, und zwar mit dem LEGO 60345 Gemüse-Lieferwagen. Nur ein weiterer Verkaufsstand oder geniales Spielset – und wo ist eigentlich das Bett im Kornfeld? Your girlfriend’s favorite Stadtkind ermittelt wieder zwischen Landluft und Kuhmist.

Die LEGO Stadtbewohnerinnen und -bewohner müssen seit Juni einiges mitmachen: Das Schienennetz wurde modernisiert, auf dem Stadtmarkt haben sich Jahrmarkt- und Stunt-Unterhaltung breit gemacht, Tiere müssen gerettet, der Weltraum erforscht und das Wasser entkriminalisiert werden – und dann lockt auch noch die Bauernhofidylle. Nach dem LEGO 60347 „fresh“-Supermarkt als natürlichen Endpunkt der Produktionskette und dem von „fresh“ weidlich gesponserten 60335 Bahnhof schauen wir uns nun das Verbindungsglied zwischen Kuh und Kundin an: einen mobilen Verkaufs- und Lieferwagen. Wie immer ist auch diesmal wieder mein kritischer Nachwuchs für den entscheidenden Kinderzimmer-Crashtest mit dabei.

Hier findet ihr meine anderen City-Reviews dieser Welle:

Set und Verfügbarkeit

Der LEGO City 60345 Gemüse-Lieferwagen ist nach dem Supermarkt (wenn man diesen als Teil der aktuellen Bauernhof-Welle bezeichnen will) das steinreichste der fünf City-Bauernhofsets des Jahres 2022 und mit den anderen Sets am 1. Juni in den Verkauf gegangen. Seitdem ist es bei zahlreichen Online-Shops auch schon verlässlich mit 25 bis 30 Prozent Rabatt zu haben gewesen. Designt wurde das Set vom französischen LEGO Mitarbeiter David Tauzia, der seit 2016 mit dem Schwerpunkt City und Friends Sets verantwortet.

Alle Details im Überblick:

  • Setnummer: 60345
  • Name (englisch): Farmers Market Van
  • Name (deutsch): Gemüse-Lieferwagen
  • Preis (UVP): 29,99 Euro
  • Anzahl Teile: 310
  • Preis pro Teil: 9,7 Cent
  • Gewicht (nur Teile): 294 Gramm
  • Preis pro Gramm: 10,2 Cent
  • Designer: David Tauzia
  • Anzahl Sticker: 3
  • Anzahl Minifiguren: 3
  • Altersempfehlung: 5+

Kleine Streetfood-Geschichte

Die Geschichte von motorisieren Verkaufsständen in der LEGO City ist noch keine lange, aber im Sinne von „eins, zwei, drei, viele“ ist sie bereits als Reihe zu erkennen. Los ging es 2017 mit dem 60150 Pizzawagen, der mit zwei Minifiguren schon den Grundstein für alle Nachfolge-Sets legte – für 19,99 Euro bekam man mit 249 Teilen einen schönen schrulligen Transporter in Gelb und Dark Red, der sogar erst nach drei Jahren EOL ging. 2020 folgte der 60253 Eiswagen, der sich auch immer noch im Sortiment findet. Mit einer UVP von 19,99 Euro, 200 Teilen und 2 Minifiguren war er dem Pizzawagen durchaus ebenbürtig, wenn auch deutlich bunter und verspielter. Hier sehen wir auch erstmals das Konzept des Schiebefensters und der aufklappbaren Seitenwand, das wir so auch beim Gemüsewagen wiederfinden werden. Interessanterweise folgte im Jahr 2021 keine Fortsetzung der Reihe, stattdessen kam Anfang 2022 ein erneuter Eiswagen mit quietschenden Reifen um die Ecke – die 60314 Eiswagen-Verfolgungsjagd enthielt als Teil der „City Adventures“-Fernsehreihe ein solches Schurken-Gefährt für 29,99 Euro, 317 Teile und 3 Minifiguren; mit einem kleinen Polizeiauto, einem Geldautomaten und verschießbaren Eisklecksen wurde hier die Action großgeschrieben. Und nun also im Juni 2022 der Gemüse-Lieferwagen mit ebenfalls 3 Minifiguren und etwas umfangreicherem Sidebuild, dafür aber auch der höheren Preisschwelle von 29,99 Euro. Zum direkten Vergleich: Der Pizzawagen wurde netto aus 207 Teilen gebaut, der Gemüse-Van besteht für sich aus 186 Teilen.

Außen vor lasse ich den 31104 Burger-Monster-Truck aus der Creator 3-in-1-Reihe, der das Motiv „Food-Truck“ (ähnlich wie einige Friends-Vans) in eine andere Themenwelt überführt, hier aber vor allem durch die andere Bauweise nicht so richtig in den Vergleich passen will.

Verpackung und Inhalt

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Die Packung hat die Abmessungen von 28 cm x 26 cm x 6 cm und präsentiert auf der Vorderseite effektiv den Setinhalt: Die Verkäuferin mit den auffällig blauen Haaren hat wohl gerade den Apfel für 5 Geld an den Kunden verkauft, aus der Ferne schaut der Bauer auf dem Weg von seinem Feld zu, der in der rechten Ecke auch einen Namen erhält: Horace, möglicherweise ein Wortspiel mit dem lateinischen „Horatius“, in dem wir mit „hora“ für einen Gärtner oder Bauern die „Zeit“ oder „Jahreszeit“ wiederfinden können, oder auch mit „hortus“ den Garten, vgl. „Hortensie“.

Waten wir jetzt aber aus den Tiefen der Etymologie heraus und lieber zur Rückseite der Verpackung. Hier finden wir den obligatorischen Hinweis auf die „erfolgreiche TV-Serie“ City Adventures, außerdem werden einige Spielfunktionen gezeigt, die wir uns auch noch einmal genauer anschauen werden.

Beim Öffnen der Packung entdecken wir drei Plastikbeutel und zwei (nicht weiter verpackte) Anleitungen sowie einen kleinen Aufkleberbogen mit nur drei Stickern.

Auffällig und zumindest für mich neu war die Struktur der Anleitung, in der gleiche Teile nicht aufsummiert mit Zahlen zusammengefasst, sondern die Teile mehrfach in der Bauschritt-Teileliste abgebildet werden. Da ich das bei den anderen Sets der Bauernhof-Reihe nicht gesehen habe, gehe ich davon aus, dass es sich um eine Besonderheit für diese Sets „ab fünf“ handelt.

 

Aufbau

Abschnitt 1

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In diesem Bauabschnitt bauen wir einen Miniacker, der von „Horace“ bestellt wird. Die beiden links herausragenden Technic-Pins mögen verwirren oder an eine unterirdische Bewässerungsanlage erinnern, dienen aber der Verbindung mit der später zu bauenden Holzkisten-Insel. Auf dem Feld muss man sich derweil keine Sorge über Monokulturen machen, stattdessen wachsen hier – pars pro toto – Spitzpaprika (?), Weintrauben und Mais friedlich nebeneinander als Mischkultur. In der Reihe davor wurden Möhren angepflanzt, die mit einer simplen Technic-Konstruktion geklappt werden können – entweder ragt nur das Möhrengrün aus der Erde oder die geerntete Möhre schaut fast bis zur Spitze aus dem Boden. Nicht ganz landwirtschaftlich korrekt, aber spaßig.

Bei den drei großen Pflanzen kommen etliche der neuen „Pflanzenstängel“ zum Einsatz, die wir auch schon beim Supermarkt bewundern konnten – sie sind den wohlbekannten LEGO Kerzen ähnlich, aber besitzen jeweils einen Seitentrieb, den man durch seine Hohlnoppe flexibel einsetzen kann. Hier werden sie zweimal hängend und einmal stehend verbaut, die Baurichtungsumkehrung erfolgt ganz einfach mit einer Rundfliese mit kleiner Stange (20482).

Anstelle einer vierten Pflanze ist leider nur ein leeres Regenfass dabei, neben dem Feld finden wir eine simple rote Wasserpumpe, sie pumpt kühles Nass in eine Gießkanne, die es durch die Landwirtschaftssets endlich aus der Minidoll-Welt in die City geschafft haben, „Friends“ ist da ja manchmal das Fabuland der Neuzeit. Ein grauer und exklusiver Hase hoppelt abschließend dem Dritten Stand durch die Beine.

Das Ergebnis ist ein schöner kleiner Sidebuild, der die Herkunft der im Gemüsewagen verkauften Waren erfolgreich auf ein Spielelement komprimiert. Da das Feld aus zwei sehr ähnlichen Teilen besteht, die in der Mitte ebenfalls durch Technic-Pins und -Steine verbunden sind, könnte man die Anordnung des Feldes auch umkehren – oder einfach die Pflanzen umstecken, was wahrscheinlich schneller geht.

Für die fotografierte Teileübersicht habe ich 7 Minuten lang Teile rechtwinklig auf dem Tisch angeordnet („geknollt“) und dann in flotten 7 Minuten zusammengesteckt.

Abschnitt 2

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In diesem zweiten Bauabschnitt steht die Verkäuferin mit der leuchtenden Frisur Patin, außerdem bauen wir ein kleines, leider sehr instabiles Gemüsekisten-Arrangement und die untere Karosserie des Lieferwagens zusammen. In einer kleineren Kiste kommen drei verschieden reife Paprika-„Hörner“ zusammen: eine gelbe, eine orangefarbene und eine etwas unappetitliche in der Farbe Lime. Ein saftigeres Grün hat LEGO für dieses Teil bisher noch nicht hergestellt, in Lime nutzten es die Designteams in der Vergangenheit aber ausgiebig als Spinnenbeine.

Das Fahrzeug sieht mit seinem Farbschema aus viel Weiß und Grün sowie den Akzenten in Lime modern, frisch, gesund und knackig aus, die Bautechniken bergen für Menschen, die schon mehrfach City-Fahrzeuge oder gar die anderen motorisierten Verkaufsstände gebaut haben, keine Überraschungen. Gespannt darf man allerdings sein, wie viel Platz der hintere Transportbereich bietet, passt hier vielleicht nur die Mini-Paprikakiste hinein? Immerhin muss ja auch noch Platz für den Verkaufsraum übrigbleiben … Wie auch die anderen Food-Trucks gibt es auch hier im Fahrerinnenbereich erfreulicherweise Türen zum Ein- und Aussteigen, und der Einbau eines 1×2 Steines mit Halterung weckt die Hoffnung, dass hier eine Klappfunktion zum leichteren Bespielen des Fahrzeugkastens enthalten ist. Schon jetzt ist aber zu erkennen, dass das Fahrzeug trotz sechs Noppen Breite nur Platz für eine Fahrerin lässt.

An diesem Bauschritt habe ich 11 Minuten geknollt und 9 Minuten gebaut.

Abschnitt 3

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Und mit dem dritten Bauabschnitt ist das Set auch schon zum Abschluss gekommen, hier wird der obere Teil des Lieferwagens gebaut. Die drei Sticker habe ich hier noch nicht verklebt, auf sie werfen wir dann im nächsten Kapitel einen genaueren Blick. Das Set bietet einen schönen Minifiguren-Rhythmus, weil mit jedem Beutel eine Figur mit muss, und so bauen wir hier den Kunden des Lieferwagens, der stolz eine Möhre ergattert hat.

Die Konstruktion des Wagens unterscheidet sich auch hier wenig von den Vorgängersets, ist aber durchdacht und auch im Detail schlüssig: Das vordere Dach sitzt nur auf der Windschutzscheibe auf Noppen und ist dadurch leicht entfernbar; damit es nach hinten nicht wegbricht, liegt es an den Ecken locker auf jeweils einer hellgrauen 1×1 Platte mit Zahn auf – diese Konstruktion funktioniert für mich besser als die Hinge Plate beim Krankenwagen vom neuen Krankenhaus. Ebenfalls gefällig ist das fahrerseitige Schiebefenster, das Kiosk-Flair plus Bespielbarkeit erzeugt. Auf der gegenüberliegenden Seite lässt sich dann die gesamte Seitenwand aufklappen und damit das Innere problemlos erreichen. Hinten wird dann sogar ein 6er-Türrahmen mit zwei 3er-Türen eingebaut – da müssen wir gleich mal ein paar Kisten einbauen!

Ein Hingucker ist sicherlich die große Möhre auf dem Wagendach, die das Werbeschild am neuen Supermarkt noch einmal übertrifft. Wer genau hinschaut, findet im 41701 Streetfood-Markt der Friends-Reihe vom Anfang dieses Jahres, für das der Setdesigner ebenfalls verantwortlich zeichnete, einige Ähnlichkeiten, darunter die bunten Markisen, den Aufklappmechanismus und ein ähnliches Wurzelgemüse:

An diesem Bauschritt habe ich 10 Minuten geknollt und weitere 10 Minuten gebaut, bis das Set fertig vor mir stand.

 

Restliche und besondere Teile

Nach dem Bau blieben 20 kleine Teile übrig – zwar kaum etwas Bemerkenswertes, aber immerhin eine Komplettausstattung Spitzpaprika für die nächste Gemüselieferung und etwas Wechselgeld.

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Das Set enthält auch wieder einige besondere Teile, wobei mir vor allem die grünen Platten aufgefallen sind, die teilweise in nur wenigen Sets vorgekommen sind. Den Stempel „Besondere AFOL-Eignung“ bekommen von mir die exklusiven weißen Türen und das süße kleine graue Häschen, denn alle Tiere ohne Friends-Wimpern sind per definitionem besonders wertvoll – keine Widerrede!

  • 41539 8×8 Platte in Bright Green (exklusiv!)
  • 49308 3×3 Rundstein mit 1 Noppe in Bright Orange (exklusiv!)
  • 68554 Hase in Light Bluish Grey (exklusiv!)
  • 80683 3×6 Tür in Weiß (exklusiv!)
  • 3034 2×8 Platte in Bright Green (in nur 1 weiteren Set, Island Xtreme Stunts 2002)
  • 6233 3×3 Cone in Bright Orange (in nur 1 weiteren Set, Nexo Knights 2017)
  • 1411 Maiskolben (in nur 1 weiteren Set, City 2022)
  • 37762 Kerze in Bright Green (in nur 2 weiteren Sets)
  • 3033 6×10 Platte in Dunkelgrün (in nur 2 weiteren Sets)

Die Minifiguren

Werfen wir nun einen genaueren Blick auf die enthaltenen Minifiguren. Zuerst sehen wir die Verkäuferin mit ihrer auffälligen Frisur: Das Haarteil, das es seit 2020 gibt, ist in der Farbe Blau exklusiv in diesem Set, genauso wie die Jacke mit den orangefarbenen Armen. Der weibliche Kopf ist das einzige Wendegesicht (mit freundlich-entschlossenem und begeistertem Gesichtausdruck), zusammen mit der unbedruckten Hose in Dark Azure ist er aber nichts Besonderes.

Noch unspektakulärer ist der Kunde des Gemüsewagens, der ohne alternativen Gesichtsausdruck und mit unbedruckten Beinen daherkommt. Seinen Oberkörper kennt man vor allem als Standardoutfit von Jack, einer der Hauptfiguren von Hidden Side, leider fehlt seinem weißen T-Shirt ein wenig Pigmentierung und damit Kontrast. Gehen wir also lieber schnell weiter.

Der Landwirt kommt im „fresh“-Look daher, auch wenn seine Teile eher weniger frisch sind – sein Kopf mit grau melierten Koteletten und Schnurrbart wurde beispielsweise 2017 für den Alten Angelladen eingeführt, hat kein Wendegesicht und ist regelmäßig in City-Sets zu sehen, und auch hier sind die Beine unbedruckt. Allein der Oberkörper kommt neu für die aktuelle City-Reihe ins Sortiment und ist ebenfalls im Bauernhof und beim Hühnerstall zu finden – durch die fehlende Taillierung oder sonstige abgebildeten Rundungen kann der Torso dabei flexibel für beide Geschlechter verwendet werden.

Das fertige Set

Zuerst habe ich die drei bisher ausstehenden Sticker auf die Steine gefummelt und euch ein Vorher-Nachher-Bild zusammengestellt. Ich finde diese niedrige Stickeranzahl (8 Sticker für den Pizza-Van, 8 für den Eiswagen der Verfolgungsjagd, 15 (!) für den einzelnen Eis-Verkaufsstand) sehr angenehm, letztlich hätte man sich sogar das Autokennzeichen (mit den Initialen des Designers) sparen können. Das „fresh“-Schild (das, anders als beim Supermarkt, leider nicht als unregelmäßige Kontur ausgestanzt wurde) und die simple Preisliste haben auch einen sichtbaren Mehrwert und sind farbtreu. Ich freue mich, dass die witzige Riesen-Möhre und die dreifarbigen Käseecken weitere Aufkleber für mehr optische Betriebsamkeit unnötig machen.

Rechnen wir die Bauzeit zusammen, so habe ich 28 Minuten Teile geknollt und 26 Minuten gebaut. Ein fünfjähriges Kind mit „4+“-Erfahrung könnte sich hier wahrscheinlich durchbeißen, braucht aber vermutlich zumindest stellenweise Hilfe eines Erwachsenen und die doppelte Zeit. Mit Vorerfahrung gehe ich davon aus, dass eine Siebenjährige (und älter) das Set auch allein zusammensetzen kann. Ich kann aber nicht sagen, dass ich einen der Teil-Bauabschnitte geeigneter für kleine Baumeister:innen finde als einen anderen, wie es bei manch anderem Modell der Fall ist.

Der entstehende Lieferwagen ist, von der Seite betrachtet, etwa 25 cm breit, 17 cm tief und 10 cm hoch.

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Für mich gibt es an diesem Set wenig zu orakeln – ich würde sogar so weit gehen, dass ich es von der gesamten Bauernhof-Welle am gelungensten finde. Das liegt vor allem daran, dass ich die Verbindung von „Brumm-brumm“-Fähigkeit des massiven Fahrzeugs und die Kaufsmannsladen-Rollenbespielbarkeit des integrierten Ladens für doppelt sinnvoll halte. Das beigelegte Feld ist vielleicht ein befragbarer Sidebuild, aber ich mag, dass hier mit vergleichsweise wenigen Teilen (inklusive Minifiguren gehen weniger als ein Drittel der Gesamtteile für diesen Teil drauf) ein kleiner Produktzyklus dargestellt wird: Die Lebensmittel fallen nicht vom Himmel, sondern wachsen aus dem Boden heraus, hängen an den Mutterpflanzen, müssen geerntet und verpackt, abgeholt und zugestellt werden, bis sie schließlich jemand kaufen kann. Das lädt zum aktiven Nachspielen der (vereinfachten) Wirklichkeit ein – und vielleicht sogar zum Reden über die Herkunft unserer Versorgung, die auch wir Erwachsenen manchmal vielleicht einfach nur als gegeben hinnehmen.Review LEGO 60345 Gemuese Lieferwagen 14

Der Lieferwagen hält auch ruppige Bespielung aus – außer an einer Sollbruchstelle, die ich wirklich sehr bedauere: Die Möhre, die Kinder auch gut als Griff zum Herumfahren des Vans nutzen können, fällt viel zu leicht ab, egal, wo man den Wagen anfasst. Die 2×2 Noppen bringen einfach nicht genügend Klemmkraft auf, und der schmal zulaufende Teil der Möhre ist der perfekte Hebel, der die Verbindung zum Dach mühelos löst. Das nervt schnell gewaltig.

Schlichtweg genial ist der Stauraum im Auto, und meine dahingehenden Bedenken wurden nach dem Bau schnell beiseite gewischt. Die etwas seltsame Konstruktion, die hinter der großen Türen wartet – ein von gebogenen Slopes umschlossener Bereich von 2×2 Noppen – verheißt erst nichts Gutes, weil man befürchten muss, dass hier nur die kleinste der mitgelieferten Kisten reinpasst. Doch weit gefehlt: Beide großen Kisten (mit der 2×3 Platte unter jeder von ihnen, die es als eine Art Palettenaufsatz auch bei den Kisten im Supermarkt gibt und die auch als Stapelhilfe dienen) passen locker in den Ladebereich, und trotzdem kann die Verkäuferin im mittleren Bereich ihre Waren feilbieten – eine Kasse und ein kleiner Jumper-Tisch, auf den man die kleine Kiste stellen kann, finden auch noch Platz. Doch nicht nur das: Fährt die Verkäuferin das Auto, passen weitere zwei große Kisten übereinander in den Verkaufsraum, es lassen sich also innerhalb des Fahrzeuges vier große und eine kleine Holzkiste transportieren. Eine Ladekapazität, von der das knubbelige Supermarkt-Elektroauto nur träumen kann. Kritisch sehe ich im Detail die kleine separate „Ausstellungsplatte“, auf die man die Kisten leicht angeschrägt präsentieren kann – zumindest in meinem Aufbau habe ich weder in der Anleitung noch beim Ausprobieren eine Position gefunden, bei der die Kisten nicht ständig umzufallen drohen

Das Schiebefenster ist zum Posieren der Minifiguren und als Durchreiche im Verkaufsvorgang sinnvoll, zudem kann man den Wagen rasch für die Abfahrt verschließen, Dreh- und Angelpunkt ist aber buchstäblich die klappbare rechte Fahrzeugseite, durch die selbst die breitesten Erwachsenenfinger gelangen. Diese Klappseite ist aber auch bitter nötig, denn das Fahrzeugdach ist nicht so konstruiert, dass es sich abnehmen lässt.

Und was sagt meine hausinterne Zielgruppe von einem siebenjährigen Mädchen und einem zweieinhalbjährigen Jungen? Die hat sich sehr über die ständig abfallende Möhre geärgert, sonst aber mit viel Freude den Lieferwagen wo nur möglich mit gefüllten Kisten gemästet und über die Parkettprärie sausen lassen. Auch die hochschießenden Möhren auf dem Feld erfreuten sich einiger Beliebtheit, und so pendelte der Wagen zwischen Supermarkt und Feld, „farm to shelf“, bis der Diesel ausgegangen ist.

Fazit

Ob für erwachsene Foodtruck-Sammler oder kindliche City-Bürgermeisterinnen – der Gemüse-Lieferwagen ist für mich ein rundes Set, das einfach Spaß macht und sicher auch Kinder länger beschäftigt, als Set-Solitär oder im Zusammenspiel mit aktuellen oder älteren City- und Friends-Welten. Schon für den Originalpreis wird viel geboten; wer das Set mit Rabatt sogar für um die 20,- Euro entdecken sollte, kann meines Erachtens ohne viel Federlesen zugreifen. Von kleinen Konstruktionsschwächen wie der Möhre und dem Kisten-Ständer abgesehen, wird hier viel richtig gemacht, auch als ein Element einer durchkonzipierten Themenwelt. Da ich (Achtung, Spoiler) die Anlage des tierreichen Bauernhofes kritisch sehe, hätte ich mir aber auch in diesem Set noch ein oder zwei zusätzliche Tiere gewünscht, die im Feld Unruhe stiften oder den Lieferwagen leer fressen.

Wenn LEGO weitere „Essen auf Räder“-Gefährte wie dieses hier anbieten würde (ich könnte mir auch einen witzigen Pommes- oder Getränkeladen wie in diesem leider abgelehnten Ideas-Entwurf vorstellen, oder natürlich die obligatorischen Tacos, Crêpes, Würstchen am Stiel oder andere Evergreens), die auch gar keine Polizei-Action enthalten müssen, oder die Bauernhof-Reihe mit weiteren Sets flankiert, die ineinandergreifen und den Spielwert der bereits vorhandenen Modelle heben, würde ich jederzeit gern wieder zuschlagen – auch weil ich sehe, wie friedlich und komplex die Kinder damit spielen, ohne dass es gleich eine wilde Verfolgungsjagd mit explodierenden Gefängnissen oder Geister-Angriffen sein muss. Immerhin ist diese Spielrealität spannend genug: Wird die Lieferung Sonnenblumenöl noch rechtzeitig im Supermarkt ankommen? Dürfen wir die Maiskolben überhaupt essen, wenn dieses Getreide schon in die höchsten Ämter der LEGO Stadt aufgestiegen ist? Vor allem aber: Wird der Hase Caerbannog die gesamte Möhrenernte vernichten? Alles ist möglich in den Kinderzimmern der Republik.

Jetzt interessiert mich aber eure Meinung: Was nehmt ihr von diesem Review mit? Nennt ihr den Lieferwagen schon längst euer Eigen? Habt ihr auch die anderen Food-Trucks schon in eurer Sammlung? Und welche Geschichten spielen eure Kinder in ihrer City- oder Friends-Welt? Wir sehen uns in den Kommentaren!

Über David 23 Artikel
Mitte 30, arbeitet in einer bayerischen Kulturinstitution und erkundet mit zwei Kindern die Welt. Hat 2016 durch DUPLO zurück zu LEGO gefunden und 2019 StoneWars entdeckt. Nun baut er die Blauröcke-Festungen und Piraten-Schlupfwinkel, von denen er als Kind geträumt hat.
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