
Bereits Anfang Juni berichteten wir davon, dass LEGO im September aufgrund allgemein gestiegener Kosten eine Preiserhöhung für über 100 Sets plane, nachdem gerade erst im Januar – bedingt durch die Angleichung der UVPs im Euroraum – in Deutschland eine Reihe von Produkten teurer geworden war. Die Änderungen wurden am 1. September im LEGO Onlineshop und den Brand Stores umgesetzt, werden in Form gestiegener Einkaufspreise auch an den Einzelhandel weitergegeben und waren teilweise anders als erwartet. In diesem Artikel analysieren wir, welche Preisbereiche am stärksten von den Verteuerungen betroffen waren und ob die Aussage von LEGO, für größere und komplexere Sets werde es höhere Preissteigerungen geben, den Tatsachen entspricht.
Zunächst ein kurzer Rückblick auf unsere bisherige Berichterstattung, auf die wir im Rahmen der Analyse gelegentlich Bezug nehmen werden. Am 1. Juni veröffentlichten wir eine Liste von gut 100 regulären LEGO Sets und deren geplanten Preissteigerungen, also solcher Sets, die jeder Spielwarenhändler ins Programm aufnehmen kann. Auch einige Fachhandels-Exclusives waren bereits in dieser Liste enthalten. Unsere eigenen Detailfragen hierzu blieben von der Pressestelle zwar leider unbeantwortet, allerdings reagierte LEGO einen Tag später mit dem folgenden Statement im LAN, also dem (nicht öffentlich einsehbaren) LEGO Ambassador Network. Übersetzung und Hervorhebungen durch StoneWars.
Die gegenwärtigen globalen wirtschaftlichen Herausforderungen in Form von gestiegenen Rohstoff- und Betriebskosten wirken sich auf viele Unternehmen aus.
Für uns als Unternehmen steht der Verbraucher im Mittelpunkt, und wir haben diese Kosten eine Zeit lang aufgefangen, um die Preise stabil zu halten. Da diese Kosten jedoch weiter rapide gestiegen sind, haben wir beschlossen, die Preise für einige unserer Sets zu erhöhen. Diese Erhöhung wird im August und September in Kraft treten.
Die Erhöhung wird je nach Set unterschiedlich ausfallen, wobei sich die Preise bei etwa einem Viertel des Portfolios ändern werden. Bei einigen Sets werden wir die Preise nicht ändern, bei anderen wird es eine einstellige Erhöhung geben und bei größeren, komplexeren Sets wird die prozentuale Erhöhung höher ausfallen.
Wir werden weiterhin daran arbeiten, dass unsere Produkte ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis bieten und sind uns bewusst, wie wichtig dies für unsere Fans und alle, die unsere Produkte lieben, ist.
Bereits damals zweifelten wir die Korrektheit der Aussage an, die prozentualen Preissteigerungen würden bei größeren, komplexeren Produkten höher ausfallen, da sich diese nicht mit den uns vorliegenden Informationen deckte. Auch die von den Kollegen von Promobricks im August veröffentlichte und von uns übernommene Liste (teil-)exklusiver Sets, die von den Preissteigerungen betroffen sein würden, konnte daran nichts ändern.
Wir werden deshalb in diesem Artikel wie folgt vorgehen: Zunächst zeigen wir euch eine Übersicht der von den Preiserhöhungen tatsächlich betroffenen Sets, die wir mit den Vorabinformationen verglichen und nach regulären und (teil-)exklusiven Sets aufgeteilt haben. Hierbei berücksichtigen wir der Vollständigkeit halber auch, welche Sets bereits im Januar von den Preis-Vereinheitlichungen betroffen waren (die in Deutschland leider ausschließlich Verteuerungen, in den meisten anderen Ländern aber auch diverse Vergünstigungen bedeuteten).
Anschließend steigen wir in die tiefergehende Analyse ein, zum Beispiel, welche Preisbereiche bei den Verteuerungen im Vergleich zu ihrem Anteil am Gesamtsortiment über- bzw. unterrepräsentiert waren. Diese Erkenntnisse stellen wir dem oben zitierten Statement von LEGO gegenüber.
Inhaltsverzeichnis
Übersicht der im September verteuerten Sets
Im Folgenden findet ihr drei Übersichten: Die regulären Sets, die am 1. September im Preis gestiegen sind, die (teil-) exklusiven Sets, die nur direkt bei LEGO und ggf. einigen ausgewählten Partnern oder im Fachhandel zu bekommen sind, und zuletzt diejenigen Sets aus diesen beiden Listen, die schon im Januar von den Preisanpassungen betroffen waren.
Hierfür haben wir 867 Produkte analysiert, die LEGO aktuell anbietet und von denen insgesamt 140 teurer geworden sind – das entspricht ca. 16,1 Prozent der Sets und damit weniger als dem von LEGO angekündigten „Viertel des Portfolios“.
Allerdings möchten wir anmerken, dass die 867 Produkte auch nicht das gesamte Portfolio abbilden, da wir ausschließlich LEGO Produkte zum Zusammenbauen betrachtet haben, also keine Accessoires wie etwa Aufbewahrungsboxen und auch keine Einzelkomponenten wie Motoren und Hubs. Ebenfalls ausgeklammert haben wir Produkte, die sich nicht an private Endkunden richten, also die Sets aus dem Education-Bereich. Zu guter Letzt tauchen auch die Schlüsselanhänger nicht in der Auswertung auf – hierzu lässt sich allerdings pauschal sagen, dass der Standard-Preis für die meisten Schlüsselanhänger von 4,99 Euro auf 5,99 Euro erhöht wurde.
Polybags und andere Kleinstsets, z.B. die Minifiguren-Sammelserien, sind hingegen in der Auswertung enthalten.
Reguläre Sets
Hier findet ihr die regulären Sets, deren Preise gestiegen sind. Insgesamt waren 90 Sets betroffen. Darunter befinden sich mit dem LEGO Technic 42096 Porsche 911 RSR, dem LEGO Star Wars 75288 AT-AT und dem LEGO Boost 17101 Programmierbaren Roboticset drei Produkte, die nicht in unserer Liste aus dem Juni auftauchten. Das liegt daran, dass sie seit diesem Jahr wie Exklusivsets gehandelt werden, also von den meisten Händlern nicht mehr bestellt werden können. Da es sich aber ursprünglich um frei verfügbare Sets handelte, haben wir sie trotzdem in dieser Tabelle mit aufgenommen.
Hinweis: Falls euch die Tabelle zu umfangreich ist, könnt ihr am oberen Ende via Dropdown-Feld die Länge einschränken und dann am unteren Ende seitenweise durch die Daten blättern.
Neben den drei oben erwähnten (und in der Tabelle hervorgehobenen) Produkten, die überraschend hinzukamen, gibt es einen weiteren Unterschied zu unserer Übersicht vom 1. Juni. Wir haben 16 Sets ausgeschlossen, da es sich hierbei um Produkte handelte, die ab dem 1. August oder später direkt mit der neuen UVP auf den Markt kamen, also nie mit der ursprünglich an die Händler kommunizierten UVP von LEGO zum Verkauf angeboten wurden. Diese Neuheiten fließen daher auch nicht in die Berechnungen mit ein.
(Teil-)exklusive Sets
Bei den (teil-)exklusiven Sets gab es gegenüber der von Promobricks übernommenen Liste ebenfalls einige Änderungen. Insgesamt waren hier 50 Sets betroffen, wobei gleich 18 Sets stärker im Preis stiegen als erwartet bzw. ganz neu hinzukamen. Allerdings gab es hier mit dem LEGO Technic 42136 John Deere 9620R Allrad-Traktor und der LEGO Creator 3-in-1 31120 Mittelalterlichen Burg auch zwei positive Überraschungen, da diese entgegen der Erwartungen stabil blieben und nicht im Preis angehoben wurden.
Sets, die schon im Januar teurer wurden
Manche der nun betroffenen Produkte wurden bereits zum Jahresbeginn im Rahmen der westeuropäischen Preisangleichungen teurer, die LEGO zu diesem Zeitpunkt durchführte. So ergeben sich mitunter Gesamtsteigerungen von über 30%, wobei man der Vollständigkeit halber aber erwähnen muss, dass manche Produkte ursprünglich in Deutschland wesentlich günstiger zu haben waren als im europäischen Vergleich.
Setnr. | Name | Themenwelt | Release | Erh. Jan. | Erh. Sept. | Erh. ges. |
---|---|---|---|---|---|---|
42096 | Porsche 911 RSR | Technic | 2019, 01 | 6,7% | 25,0% | 33,3% |
10295 | Porsche 911 | Creator Expert | 2021, 03 | 7,7% | 21,4% | 30,8% |
10265 | Ford Mustang | Creator Expert | 2019, 03 | 7,7% | 21,4% | 30,8% |
10273 | Geisterhaus auf dem Jahrmarkt | Creator Expert | 2020, 06 | 8,7% | 20,0% | 30,4% |
10956 | Erlebnispark | DUPLO | 2021, 06 | 20,0% | 8,3% | 30,0% |
31109 | Piratenschiff | Creator 3-in-1 | 2020, 06 | 20,0% | 8,3% | 30,0% |
76191 | Infinity Handschuh | Marvel | 2021, 06 | 14,3% | 12,5% | 28,6% |
43196 | Belles Schloss | Disney | 2021, 06 | 6,3% | 17,6% | 25,0% |
10270 | Buchhandlung | Creator Expert | 2020, 01 | 12,5% | 11,1% | 25,0% |
10255 | Stadtleben | Creator Expert | 2017, 01 | 8,3% | 15,4% | 25,0% |
42128 | Schwerlast-Abschleppwagen | Technic | 2021, 08 | 13,3% | 5,9% | 20,0% |
42115 | Lamborghini Sián FKP 37 | Technic | 2020, 06 | 5,3% | 12,5% | 18,4% |
71043 | Schloss Hogwarts | Harry Potter | 2018, 09 | 5,0% | 11,9% | 17,5% |
75288 | AT-AT | Star Wars | 2020, 08 | 6,7% | 6,3% | 13,3% |
Bei dieser Liste fällt auf, dass mehrheitlich Sets enthalten sind, die sich primär an ein erwachsenes Publikum richten. Allerdings gibt es u.a. mit dem LEGO DUPLO 10956 Erlebnispark und dem Set LEGO Disney 43196 Belles Schloss auch eindeutige Gegenbeispiele. Manche Sets wie das LEGO Harry Potter 71043 Schloss Hogwarts oder das LEGO Creator Expert 10255 Stadtleben sind schon sehr lange im Programm, während andere Sets wie etwa der LEGO Technic 42128 Schwerlast-Abschleppwagen erst seit gut einem Jahr verkauft werden. Kurzum: Ein klares System ist hier nicht zu erkennen, sondern nur ein Schwerpunkt auf Sets für Erwachsene.
Analyse
Gehen wir nun in die Analyse der Daten. Hierbei werfen wir zunächst einen Blick darauf, wie die Preiserhöhungen verteilt sind und welche Durchschnittswerte sich dadurch ergeben, auch in Relation zum Gesamtsortiment. In den unten folgenden Grafiken haben wir der Übersicht halber die Sets, die keine Preiserhöhungen erfahren haben, nicht mit aufgenommen.
Durchschnittswerte und Verteilung
Manche Sets wurden „nur“ um 4,8% ihrer alten UVP teurer, andere um bis zu 25%. Aber wie verteilen sich diese prozentualen Erhöhungen und wo lag ihr Schwerpunkt? Dies bildet die folgende Grafik ab, in der wir die prozentualen Preissteigerungen in sechs Intervalle zwischen dem Minimum und dem Maximum, also zwischen 4,8% und 25% unterteilt haben.
Es zeigt sich, dass der Schwerpunkt der prozentualen Preissteigerungen im mittleren Bereich mit einer Tendenz zum Intervall zwischen 11,5% und 14,9% lag. Dies zeigen auch die berechneten Werte, denn der arithmetische Mittelwert aller prozentualen Preiserhöhungen lag bei 13,6%. Der Median, also die „Mitte der Verteilung“, sodass alle Werte der unteren Hälfte nicht größer und alle Werte der oberen Hälfte nicht kleiner sind, liegt bei 12,5%. Hierbei wurden nur Sets berücksichtigt, die auch tatsächlich im Preis gestiegen sind. (Wir werden weiter unten auch den Durchschnittswert auf Basis des Gesamtsortiments berechnen.)
Die prozentualen Verteuerungen sind jedoch nur wenig aussagekräftig, wenn man nicht auch einen Blick auf die absoluten Preiserhöhungen wirft, also auf die Euro-Beträge, um die die Sets effektiv im Preis gestiegen sind – denn 10% von einem kleinen Mitbringsel-Set wirken sich z.B. weit weniger gravierend aus als 10% von einem AFOL-Set für mehrere hundert Euro. Die folgende Grafik zeigt daher die Verteilung der absoluten Preissteigerungen.
Hier sehen wir, dass die große Mehrheit der verteuerten Produkte, nämlich fast zwei Drittel, eine Preiserhöhung von 5,- oder 10,- Euro erfahren haben. Der Median liegt daher auch genau dort, bei 10,- Euro, es gibt allerdings auch einen deutlichen zweiten Peak am oberen Ende der Skala, was zu einem merklich höheren Mittelwert führt. 20 Sets wurden um 50,- Euro teurer, der Mittelwert aller absoluten Preiserhöhungen liegt daher bei 17,52 Euro.
Bezieht man auch die Sets mit ein, die nicht teurer wurden, und bildet den Durchschnitt der absoluten Preissteigerungen des Gesamtsortiments, so liegt dieser bei 2,83 Euro. Wer jedes aktuell angebotene LEGO Set einmal kaufte, würde aufgrund der Preiserhöhungen mancher Sets also im Schnitt 2,83 Euro mehr für jedes Produkt zahlen – zugegebenermaßen eine sehr theoretische Betrachtungsweise. Die Summe der UVPs aller von uns betrachteten Sets stieg demnach übrigens von 54.845,33 Euro auf 57.298,33 Euro, was einer prozentualen Verteuerung des Gesamtsortiments von knapp 4,5% entspricht.
Sets, die in diesem Jahr vom Markt gehen, also die sogenannten EOL-Sets, werden üblicherweise nicht im Preis angehoben, und tatsächlich gibt es auch hier nur eine Ausnahme, das LEGO Boost 17101 Programmierbare Roboticset. Dieses soll nach unserem letzten Kenntnisstand Ende 2022 vom Markt verschwinden, wurde aber dennoch im Preis erhöht. Die restlichen 395 Sets, die in diesem Jahr auslaufen oder bereits EOL sind und nur noch abverkauft werden, blieben im Preis konstant, werden aber im neuen Jahr aller Voraussicht nach durch neue Sets ersetzt, in die die Preissteigerungen bereits eingeflossen sind. Um dieser Tatsache Rechnung zu tragen, haben wir die durchschnittliche Verteuerung des Gesamtsortiments erneut berechnet, indem wir die EOL-Sets außen vor gelassen haben. In diesem Fall stieg die Summe aller UVPs des restlichen Sortiments von 37.355,29 Euro auf 39.808,29 Euro, was einer prozentualen Verteuerung aller über 2022 hinaus im Sortiment bleibenden Sets von 6,6% entspricht.
Anteil der Preisbereiche
Bisher haben wir uns nur auf die Preissteigerungen selbst konzentriert. Noch interessanter – gerade im Hinblick auf das oben zitierte Statement von LEGO – ist allerdings die Frage, aus welchen Preisbereichen die betroffenen Sets stammen. Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, haben wir zunächst die Anzahl verteuerter Sets in Abhängigkeit von ihrer alten UVP ermittelt.
Wie ihr in der obigen Grafik sehen könnt, wurde kein einziges Set im Preis angehoben, das weniger als 19,99 Euro kostete. Direkt danach, also im Preisintervall zwischen 19,99 Euro und 49,99 Euro sowie im anschließenden Intervall bis einschließlich 79,99 Euro lag allerdings der Schwerpunkt der Preiserhöhungen, wobei man berücksichtigen muss, dass es in diesen Preisbereichen natürlich auch viel mehr Sets als im Hochpreissegment gibt.
Werfen wir deshalb als nächstes einen Blick darauf, welchen Anteil die einzelnen Preisbereiche an der Anzahl der Preiserhöhungen hatten und wie sich im Vergleich dazu ihr Anteil am Gesamtsortiment verhielt. Als Basis hierfür haben wir die alten UVPs herangezogen. Die grauen Balken in der folgenden Grafik beziehen sich auf das Sortiment – es kosteten vor der Preiserhöhung also z.B. über 40% aller LEGO Sets zwischen 19,99 Euro und 49,99 Euro. Die roten Balken beziehen sich auf den Anteil an der Anzahl der Preiserhöhungen – es lagen also z.B. gut 25% aller Produkte, die teurer wurden, mit ihrer alten UVP im eben genannten Preisbereich.
Hier zeigt sich auch, dass das von den Preiserhöhungen komplett ausgenommene Segment unterhalb von 19,99 Euro mehr als 20% des Gesamtsortiments von LEGO ausmacht und dass das folgende Segment bis einschließlich 49,99 Euro bei den Preiserhöhungen weit unterrepräsentiert ist – und das obwohl die Anzahl der verteuerten Sets hier am höchsten war. LEGO hat also offenbar bewusst einen wesentlich kleineren Anteil der „günstigeren“ Sets im Preis erhöht, als dies bei den teureren Sets der Fall war. Gut zu erkennen ist, dass ab dem Preisintervall von 50,- Euro bis 79,99 Euro – mit wenigen Ausnahmen – der rote Balken immer höher ist als der graue, also mehr Sets im Preis erhöht wurden, als dem Anteil der jeweiligen Preisbereiche am Gesamtsortiment entsprochen hätten.
Vergegenwärtigen wir uns nun noch einmal den entscheidenden Abschnitt des Statements von LEGO aus dem LAN:
The increase will differ depending on the set and prices will change on around a quarter of the portfolio. On some sets we will not alter price, on others there will be a single digit increase and on larger, more complex sets the percentage increase will be higher.
Auf Deutsch übersetzt heißt dies so viel wie:
Die Erhöhung wird je nach Set unterschiedlich ausfallen, wobei sich die Preise bei etwa einem Viertel des Portfolios ändern werden. Bei einigen Sets werden wir die Preise nicht ändern, bei anderen wird es eine einstellige Erhöhung geben und bei größeren, komplexeren Sets wird die prozentuale Erhöhung höher ausfallen.
Dass tatsächlich nur gut 16% des Portfolios teurer wurden – wobei man die von uns ausgeklammerten Produktbereiche bedenken muss – hatten wir oben bereits dargelegt. Dieser Teil des Statements scheint also den Tatsachen zu entsprechen. Auch, dass einige Sets „nur“ einstellig im Preis gestiegen sind, konnten wir belegen. Die Aussage allerdings, dass die prozentuale Preiserhöhung bei größeren, komplexeren Sets höher ausfallen werde, hatten wir bereits im Juni auf Basis unserer Vorabinformationen angezweifelt und können sie nun anhand der finalen Daten widerlegen.
Um dies zu verdeutlichen, haben wir in einer weiteren Grafik die prozentualen Preiserhöhungen als Punktewolke in Abhängigkeit von der alten UVP dargestellt. Je größer ein Punkt ist, desto mehr Sets mit einer bestimmten UVP wurden um einen bestimmten Prozentsatz teurer. Am häufigsten wurden etwa Sets mit einer alten UVP von 39,99 Euro um 12,5% auf 44,99 Euro erhöht.
In dieser Darstellung sieht man ganz deutlich, dass es auch im niedrigpreisigen Segment zu vielen Preiserhöhungen von 15% und mehr kam, und dass die prozentuale Verteuerung mit steigender UVP (und damit einhergehend wohl auch der von LEGO erwähnten steigenden Größe und Komplexität) sogar abnahm. Warum LEGO sich also für diese, objektiv falsche, Kommunikation entschied und stattdessen nicht einfach argumentierte, dass überproportional viele hochpreisige Sets von den Preiserhöhungen betroffen sein würden und das Niedrigpreissegment dafür „geschont“ würde, erschließt sich uns nicht.
Auswirkung auf erwachsene Zielgruppe
Betrachten wir zu guter Letzt noch kurz die Auswirkungen, die die Preiserhöhungen für uns als AFOLs haben. Die Ankündigung von LEGO, komplexere Sets stärker verteuern zu wollen, wurde von den meisten dahingehend interpretiert, dass vor allem die kaufkräftige erwachsene Zielgruppe belastet werden würde. Analysiert man die betroffenen Sets in dieser Hinsicht, so stellt man fest, dass sich darunter 45 Sets mit einer Altersempfehlung von „18+“ befinden sowie 8 weitere Sets, die schon länger im Programm sind und nach heutigen Maßstäben aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls gezielt an Erwachsene vermarktet würden – etwa das Stadtleben aus der Creator Expert Modularhaus-Reihe.
Insgesamt richten sich also 53 der 140 Sets explizit an erwachsene Käufer, sodass diese Sets mit 37,9% im Verhältnis zu ihrem Anteil am Gesamtsortiment weit überrepräsentiert sind. Die Vermutung, dass vor allem die erwachsene Zielgruppe belastet wird, trifft also offenbar zu.
Fazit
Die anstehenden Preiserhöhungen waren lange bekannt, sodass hoffentlich alle, die noch das eine oder andere betroffene Set auf ihrer Wunschliste hatten, rechtzeitig zuschlagen konnten. Jetzt, da die tatsächlichen Preisänderungen feststehen, lässt sich festhalten, dass LEGO wie erwartet vor allem bei den hochpreisigen Sets „noch eine Schippe draufgelegt“ hat, die oft schon vorher als Luxusartikel verstanden werden mussten.
Diese Strategie ist aus Sicht des Unternehmens nachvollziehbar, denn Bausätze wie z.B. das große Schloss Hogwarts sind ohnehin enorm teuer, sodass ihre Anschaffung nur schwer rational, sondern vor allem mit emotionalen Argumenten begründet werden kann. Ob man dafür nun 400,- Euro oder 470,- Euro investiert, macht vor allem für diejenigen, die sich nur sporadisch oder gar einmalig ein solches Set kaufen, wohl keinen großen Unterschied mehr. Für viele AFOLs und LEGO Sammler hingegen sind die gestiegenen Preise, die sich ja auch bei den neu auf den Markt kommenden Produkten fortsetzen werden, auf jeden Fall ein nicht zu vernachlässigender Faktor, wenn es um die Weiterführung des Hobbys geht.
Gleichwohl: Warum sollte ausgerechnet LEGO in der aktuellen Wirtschaftssituation, die allgemein von stark gestiegenen Preisen gekennzeichnet ist, die große Ausnahme darstellen und die Preise nicht ebenfalls anheben? Zumindest hat man in Billund offenbar Wert darauf gelegt, die kleinen Sets für die Kernzielgruppe weitgehend zu verschonen, denn die Preise für die allermeisten Produkte unter 50,- Euro wurden überhaupt nicht erhöht. Auch zeigen die Daten, dass die überwältigende Mehrheit der Preiserhöhungen sich in einem Rahmen von 5,- oder 10,- Euro bewegte – ein Betrag, der zwar manchen im Portemonnaie weh tut, aber doch vergleichsweise noch recht gut zu verkraften ist. Auch die Verteuerung des Gesamtsortiments liegt mit 4,5% bzw., wenn man die EOL-Sets vernachlässigt, mit 6,6% sogar weniger hoch als erwartet, gerade im Vergleich zur aktuellen Inflation.
Es gibt also, wenn man die eigenen Interessen einmal kurz beiseite lässt, auch Lichtblicke in dieser allgemein eher ärgerlichen Situation, wenngleich natürlich jede Betrachtungsweise auch ihre Gegenargumente hat – etwa, weil nicht alle Produkte des Sortiments gleich beliebt sind und sich gleich gut verkaufen. Wahrscheinlich müssen wir uns einfach damit abfinden, dass die Frage, ob wir uns als AFOLs, die regelmäßige Großeinkäufe bei LEGO tätigen, dieses Hobby auch weiterhin in gleichem Umfang leisten können, bei den wirtschaftlichen Planungen und Betrachtungen bei LEGO nur eine untergeordnete Rolle spielt.
Wie denkt ihr über die tatsächlichen Preiserhöhungen? Gibt es noch weitere Erkenntnisse, die ihr aus den Grafiken oder den Tabellen ziehen könnt? Hat euch etwas überrascht? Tauscht euch gerne in den Kommentaren aus, doch bleibt dabei bitte fair und sachlich.