Beim Klabautermann! Vorgestern hatten wir im Zuge der Vorstellung der LEGO Eldorado-Festung (10320) auf StoneWars die „Piratentage“ ausgerufen – und eher verfeuern wir unser Holzbein, als dieses Versprechen nicht einzuhalten!
Also alle an Bord für einen weiteren Artikel aus unserem Archiv, der erstmals am 12. April 2020 erschien und in aller Ausführlichkeit das Set vorstellte, das die AFOL-Gemeinschaft wie kaum ein anderes in den vergangenen Jahren beschäftigte: Die LEGO IDEAS 21322 Pirates of Barracuda Bay.
Inzwischen liegt das Set, das für einige zu den schönsten Bauerlebnissen überhaupt zählt und während seiner Laufzeit bei LEGO immer wieder ausverkauft war, leider in Davy Jones‘ Truhe, ist aber auf dem Zweitmarkt noch zu halbwegs zivilen Preisen zu bekommen. Da Wasserfarbe und angedeuteter Sandstrand der Eldorado-Festung sich eindeutig an der Gestaltung der Barracuda-Bucht orientieren, lassen sich die beiden Sets hervorragend kombinieren, zumal ja auch die beiden Vorlagen, also das Gouverneurskastell bzw. Eldorado Fortress (6276) und die Piratenbrigantine bzw. Black Seas Barracuda (6285) anno 1989 parallel erschienen und für spannende Gefechte in den Kinderzimmern sorgten.
Wir wünschen allen neuen Lesern, die seit 2020 zu uns gestoßen sind, viel Freude beim erstmaligen und allen anderen, wenn sie denn möchten, beim erneuten Lesen des Reviews. 😉 Ahoi!
Das LEGO IDEAS Set 21322 „Pirates of Barracuda Bay“ lässt die legendären LEGOLAND Piraten um Captain Redbeard wieder aufleben. Die Erwartungen an das Set waren hoch – doch kann es nur Nostalgiker überzeugen oder auch mit eigenen Stärken glänzen? Finden wir es heraus!
Ich bin bekanntlich ein großer Fan der LEGO Sets der Neunzigerjahre. Als ich das finale Design der Pirate Bay zum ersten Mal sah, fühlte es sich deshalb für mich an wie Weihnachten und Ostern zusammen: LEGO würde tatsächlich eine Art Neuauflage der 6285 Black Seas Barracuda von 1989 herausbringen, die im Jahre 1992 zu meinem ersten großen LEGO Set wurde und deshalb immer einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen wird. Auch die Idee, das Modell mit wenigen Handgriffen zwischen Pirateninsel und -schiff umbauen zu können, begeisterte mich (und viele andere AFOLs) sofort. Andererseits merkten kritische Stimmen zurecht an, dass durch die Umbaumöglichkeit sowohl die farbliche Gestaltung als auch die Formensprache des ursprünglichen Entwurfs auf LEGO IDEAS signifikant verändert worden sei.
Die Farbthematik relativiert sich zwar ein wenig, wenn man am Rendering des Entwurfs eine Farbkorrektur auf die tatsächlichen LEGO Farben vornimmt. Gleichwohl unterscheidet sich das finale Design an manchen Stellen stark vom Entwurf. Zu den Hintergründen, wie es zu diesen Designentscheidungen kam, empfehle ich euch das (englischsprachige) Interview, das Jonas mit den LEGO Designern des Sets für den Blog New Elementary geführt hat.
In diesem Review werde ich weniger auf das eingehen, was im Vergleich zum IDEAS Entwurf geändert wurde, sondern mich – neben der Betrachtung des Sets selbst – mehr auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten mit den frühen Piratensets, speziell der 6285 Black Seas Barracuda, konzentrieren. Denn schließlich hat sich in der LEGO Welt in den letzten 31 Jahren einiges verändert!
Inhaltsverzeichnis
Verpackung
Die Box ist einfach wunderschön gestaltet. Nachdem das Set bei mir eingetroffen war, wollte ich zunächst gar nicht mit dem Auspacken beginnen. Ich stellte es stattdessen verschlossen auf meinen Bautisch, bewunderte für den Rest des Tages immer wieder beinahe andächtig den Karton von allen Seiten und ließ die Tatsache auf mich wirken, mit wie viel Liebe zum Detail LEGO es hier geschafft hatte, dass ich mich gerade wieder fühlte, als sei ich sechs Jahre alt.
Der malerische Hintergrund, die gelbe Umrandung, die Gestaltung des Namens als Reminiszenz an den LEGOLAND Schriftzug, der zur Zeit der originalen Black Seas Barracuda alle Sets schmückte: All das spricht mich an und weckt Kindheitserinnerungen. Sogar die Größe des Kartons ist fast identisch zu damals, mit 58 cm x 47,5 cm x 12 cm ist er in der Breite nur 1 cm schmaler, dafür aber 1 cm höher sowie 2,5 cm tiefer als der Karton der Black Seas Barracuda.
Auch die Gestaltung der Rückseite erinnert an die Vorlage. Leider sind hier keine alternativen Bauvorschläge mehr zu sehen, da LEGO ja schon lange auf diese verzichtet. Stattdessen erfahren wir allerhand über die Funktionen und Maße des Modells und sehen einige schöne Detailaufnahmen. Aber wie schon 1989 schmückt den Hintergrund eine hangezeichnete Seekarte. Wer weiß, zu welchen Schätzen und Gefahren sie uns führen wird?
Zwar handelt es sich nicht um einen Klappkarton wie bei vielen anderen IDEAS Sets, aber dennoch ist die Box bis ins letzte Detail aufwendig gestaltet. So lohnt sich zum Beispiel auch ein Blick auf die Schmalseiten (abgesehen von der Unterseite, die nur Hinweise in vielen Sprachen enthält).
Sogar die inneren Laschen des Kartons sind mit Detailzeichnungen bedruckt, die man erst nach dem Öffnen sieht:
Eindrücke beim Auspacken
Wie bei großen Sets inzwischen üblich, befindet sich im Inneren der Verpackung ein weiterer, weißer Karton, in dem die Anleitung sowie ein Teil der Tüten untergebracht ist. Dieser Innenkarton enthält die Bauabschnitte 1 – 5 sowie zwei nicht nummerierte Tüten. In der einen befinden sich größere Platten und ein Formteil für den Bug, in der anderen die Segel, die durch eine Pappe vor dem Verknicken geschützt sind. Außerdem liegen zwei große Technic-Achsen (Länge 32) lose bei, die vermutlich später für die Masten benötigt werden. Außerhalb des Innenkartons und somit lose in der Verpackung befinden sich noch die Tüten für die Bauabschnitte 6 – 15. Außerdem finden wir hier zwei weitere, nicht nummerierte Tüten, die einige große Formteile sowie Schnüre enthalten. Schon bevor man überhaupt einen Blick in die Anleitung geworfen hat, merkt man, dass der Aufbau sich abwechslungsreich gestalten wird: Große Bauabschnitte wecheln sich ab mit kleinen, bunte Tüten wechseln sich ab mit weniger bunten, und in beinahe jeder erspäht man sofort ein interessantes Teil. Nachfolgend könnt ihr euch durch die Tüten für die jeweiligen Bauabschnitte klicken:
Insgesamt enthält das Set nach offiziellen Angaben 2545 Teile, in Summe wiegen diese ca. 2,8 kg. Zum Vergleich: Das Teilegewicht der 6285 Black Seas Barracuda betrug gut 1,2 kg für 870 Teile. Hieran sehen wir bereits, dass das moderne Set wesentlich kleinteiliger sein muss als der Klassiker: Rechnet man das durchschnittliche Teilegewicht der alten Barracuda hoch, so müsste die Pirate Bay mehr als 3,5 kg wiegen.
Preislich liegt die Pirate Bay, die im LEGO Online Shop 199,99 Euro kostet, bei ca. 7,1 Cent/Gramm. Für die alte Barracuda zahlten meine Eltern damals 150 DM, was heute einem Preis von ca. 6,4 Cent/Gramm entsprechen würde – ohne Berücksichtigung jeglicher Inflation. Unabhängig von solchen Überlegungen fühlt sich für mich der Preis von 199,99 Euro für die LEGO 21322 Pirates of Barracuda Bay nach dem Auspacken erst einmal gerechtfertigt an – der große Haufen Teile, der vor mir liegt, verspricht eine Menge Bauspaß und im Resultat ein großes Modell.
Aufbau und Teilevergleich
Die Anleitung greift das gelungene Verpackungs-Design auf und stellt auf den ersten Seiten zunächst die LEGO Piraten von 1989 vor. Als Spielanregung wird eine Hintergrundgeschichte zum Set grob umrissen und durch einen hübschen kleinen Comic illustriert, nämlich dass die Piraten seinerzeit von einem Sturm überrascht wurden und auf einer Insel strandeten, auf der sie bis heute leben. Die gedruckt beiliegende Bauanleitung enthält diese Seiten in englischer Sprache, die nachfolgend gezeigte deutsche Version kann allerdings von der LEGO Homepage heruntergeladen werden.
Anschließend lernen wir den Fan Designer des IDEAS Entwurfs, Pablo Sánchez, kennen. Er erzählt, was seine Motivation für den Entwurf war und warum die LEGO Piraten ihm bis heute wichtig sind. Flankiert wird diese Doppelseite von mehreren Bildern seines Entwurfs, was ich sehr fair finde, denn in einigen anderen IDEAS Sets kamen die Fan-Designer in der Anleitung meines Erachtens etwas zu kurz.
Auch die verantwortlichen LEGO Designer, Milan Madge für das Set sowie Austin William Carlsson für die Grafiken, dürfen sich kurz vorstellen. Besonders interessant sind hier jedoch die Bilder, denn sie zeigen mehrere Zwischenentwürfe auf dem Weg vom Fan-Modell hin zum finalen Set. Im Text erklärt Milan, dass viele Änderungen mangels Teileverfügbarkeit notwendig gewesen seien, da manche Formen schon seit den Neunzigerjahren nicht mehr in Verwendung seien.
Hier muss ich kurz einhaken, denn in der deutschen Version wird Milan wie folgt zitiert:
Diese Aussage ist jedoch falsch übersetzt. Im Original sagt Milan:
Allerdings ist auch dies nicht ganz richtig, bzw. sind die Beispiele sehr ungünstig gewählt. Alle genannten Schiffsteile wurden nämlich mindestens bis 2002 produziert, da in diesem Jahr die ursprüngliche Black Seas Barracuda unter der Nummer 10040 ein weiteres Mal aufgelegt wurde. Die Teile für den Palmenstamm wurden bis 2004/ 2005 produziert, die Produktion der vermutlich im Entwurf verwendeten erhöhten Grundplatte begann sogar erst 2005 und endete 2011. Auch der Affe in seiner ursprünglichen Form war noch im Piraten-Adventskalender 2009 enthalten, eine leicht abgewandelte Form kam sogar noch 2016 in zwei Ninjago-Sets vor. Alles in allem also eine eher unglückliche Aussage des Designers. Doch zurück zu erfreulicheren Aspekten.
Nachdem wir also die Designer sowie die ursprünglichen Piraten von 1989 kennen gelernt haben, erfahren wir, wer heute auf der Pirateninsel lebt. Aus den Vierlingen von damals (die Charaktere „Backbord“ und „Steuerbord“ kamen in der 6285 Black Seas Barracuda je zweimal vor), sind Zwillinge geworden. Dafür hat die Crew zwei neue Mitglieder, die sich ihr wohl kurz vor dem letzten (erfolglosen) Beutezug angeschlossen haben müssen.
Minifiguren
Viel schöner ist es allerdings, sich die Minifiguren in natura anzusehen. Nachfolgend seht ihr immer links die Minifigur aus der Mannschaft der ursprünglichen Barracuda von 1989 und rechts die moderne Version, wie sie in diesem Set enthalten ist. Beginnen wir mit dem wohl wichtigsten Charakter, Kapitän Rotbart (Captain Redbeard).
Die lange Zeit auf der Insel ist nicht spurlos an ihm vorübergegangen. Der Bart wirkt wesentlich buschiger und leicht ergraut, ein neues Holzbein wurde auch zwischendurch fällig und seine Epauletten sind nun golden statt braun – vielleicht hatte er aber auch endlich mal genügend Zeit, um sie gründlich zu putzen. Doch Spaß beiseite: Die unterschiedlichen Braun- und Grautöne liegen darin begründet, dass LEGO 1989 ein anderes Farbsystem verwendete als heute. Die klassischen Farben existieren schon viele Jahre nicht mehr, wie leider auch der bedruckte rote Papagei. Die heutige Variante reicht für mich nicht an den Charme des alten Papageis heran. Auch der modernisierte Jolly Roger auf des Kapitäns Zweispitz, bei dem die Kopfform etwas mehr an eine Minifigur erinnert, ist zunächst gewöhnungsbedürftig. Großartig finde ich hingegen die Gestaltung von Gesicht und Uniform – man erkennt sofort, welche Figur hier zitiert wird. Auch sieht man gut, wie sehr sich die Druckqualität in den letzten 30 Jahren verbessert hat.
Gleiches gilt für den Torso von Lady Anker (Lady Anchor), der meiner Meinung nach herausragend gut (und wesentlich besser als der alte) gestaltet ist. Auch die gewählten Haare stehen ihr gut zu Gesicht, wenn auch das Koptuch dafür weichen musste. Mit ihrem verschmitzten Gesichtsausdruck nimmt man ihr die „schlagkräftige Draufgängerin“ sofort ab – die klassische Variante der Figur war im direkten Vergleich doch eher langweilig gestaltet. Den Säbel von damals, der in einer leicht veränderten Form auch in diesem Set vorkommt, hat sie in der Zwischenzeit gegen eine Machete eingetauscht, vermutlich, um damit dem Inselbewuchs zuleibe zu rücken.
Steuermann Rigg (Quartermaster Riggings) indes hat sich kaum varändert. Er trägt sein Hemd nun etwas legerer und hat es zur Weste umfunktioniert, den Gürtel hat er abgelegt. Eine gravierende Änderung gibt es allerdings doch, und die betrifft seine Augenklappe: Diese bedeckt nun das rechte statt dem linken Auge. Ob sie wohl nur ein modisches Accessoire ist? Sein Zwillingsbruder ist nicht mehr mit von der Partie, er wurde ersetzt durch Robin Freibeuter (Robin Loot), die offensichtlich kein Problem damit hat, sich die Hände (bzw. das Gesicht) schmutzig zu machen. Sie trägt einen Dreispitz mit integriertem Haarteil – eine tolle neue Gussform, die wir auch bei der Piratin der Minifiguren-Sammelserie 20 wiederfinden werden.
Steuerbord (Starboard) kommt heute deutlich grimmiger daher als 1989. Er ist wohl das Inselleben leid und möchte gerne endlich mal wieder auf Beutezug gehen. Sein Design wurde nur wenig verändert. Er hat eine neue Hose bekommen, die Grundfarbe des Torsos ist nun weiß statt gelb und das Kopftuch hat eine neue Form. Dass der Schnauzbart als eigenes Teil umgesetzt wurde statt als Aufdruck, finde ich eine gelungene Idee. Sein Bruder Backbord (Port) durfte sogar seine blaue Hose behalten, allerdings hat in der Zwischenzeit wohl sein Gürtel das Zeitliche gesegnet und musste durch ein Seil ersetzt werden.
Die jeweiligen Zwillingsbrüder von Backbord und Steuerbord wurden durch Tattooga (Tattooga) und „Schwarzer Hai“ Dublone („Dark Shark“ Doubloons) ersetzt. Die Figur Tattooga kam schon früher vor, in den Piratensets ab 1996. Damals war er aber, soweit man das unter seiner Weste erkennen kann, noch deutlich weniger tätowiert. Bei der heutigen Figur ist die Rückseite besonders interessant, denn sie schmückt ein großes Tattoo eines Zweimasters, der doch stark an die Barracuda erinnert (wenn er sich auch in einigen Details unterscheidet).
„Schwarzer Hai“ Dublone hingegen ist ein neuer Charakter und eine Anspielung auf den damaligen britischen Namen der Black Seas Barracuda, Pirate Ship „Dark Shark“.
Die Rückseiten der anderen Minifiguren sind zwar nicht so interessant wie die von Tattooga, aber immerhin sind sie alle bedruckt. Das gab es 1989 ebenso wenig wie die alternativen Gesichter, die Tattooga und Robin Freibeuter mitbringen.
Neben der Besatzung sind noch zwei Skelette enthalten, von denen eines einen Tschako trägt, wie ihn auch die Soldaten der ersten Piraten-Welle trugen.
Der beliebte und von vielen sehnlich zurückgewünschte Affe, der die alte Barracuda unsicher machte, ist leider in der Pirate Bay nicht enthalten. Dafür bekommen wir – neben Krabben, Papageien und Kröten – ein Schwein mit aufgedruckten Augen. Ich persönlich freue mich über das Schwein, den Affen kann man ja zur Not via Bricklink „nachrüsten“. Schweine wurden früher, wenn ein Segelschiff lange auf See war, übrigens tatsächlich an Bord gehalten und liefen dort oft frei herum. Sie waren rubust genug, um den rauhen Bedingungen zu trotzen, aßen alles, was in der Kombüse nicht verwendet werden konnte (z.B. Kartoffelschalen) und bekamen teilweise sogar das fette Spülwasser zu trinken. Da sonst nur konservierte Fleischwaren mitgeführt werden konnten, war frisches Fleisch eine willkommene gelegentliche Abwechslung auf dem Speiseplan. Manch ein Seemann soll aber auch einige Tränen vergossen haben, wenn er von seinem vierbeinigen Freund Abschied nehmen musste…
Bauabschnitt 1
Nun geht es aber endlich ans Bauen! Die Insel, auf der später die gestrandete Barracuda in mehreren Teilen platziert wird, besteht aus zwei Hälften, die nicht miteinander verbunden sind. Im Bauabschnitt 1 beginnen wir zunächst mit der rechten Hälfte, die den mittleren Teil des Schiffs aufnehmen wird. In den Schritten 1 – 55 werden diverse Platten in Medium Azure mit allerlei sandfarbenen Teilen überbaut – übrigens beides Farben, die 1989 noch gar nicht bzw. extrem selten vorkamen und auch hier für manche Teile erstmals eingesetzt werden. Das Ganze wird mit etwas Flora und Fauna ergänzt.
Besonders aufgefallen ist mir beim Bauen der 2 x 4 Stein mit drei Technic-Achslöchern. Diese Form wurde mit SPIKE Prime eingeführt und kam bisher nur in sehr wenigen regulären Sets vor. Hier dient der Stein dazu, eine der beiden Palmen zu halten.
Apropos Palmen: Wer meine Classic-Artikel regelmäßig liest, weiß inzwischen, dass ich ein großer Freund der klassischen LEGO Palmen aus den Neunzigerjahren bin. Umso enttäuschter war ich von der Konstruktion des Stamms, der hier zum Einsatz kommt. Es tut mir leid, aber so sieht für mich keine LEGO Palme aus. Die Gestaltung des Wipfels lasse ich mir gefallen – zwar fehlt mir auch hier der Nostalgiefaktor, aber objektiv ist die moderne Version wesentlich filigraner und durch die Früchte (Kokosnüsse?) auch detaillierter gestaltet. Aber der Stamm stört mich, vor allem, weil er zu glatt ist und man durch die Schlitze der Technic-Verbinder die Farbe der verwendeten Pins durchscheinen sieht.
Dabei wäre die neue Konstruktion des Wipfels problemlos mit den alten Stammelementen kombinierbar gewesen, da in beiden Fällen das identische Teil (2566) als Verbindung zum Einsatz kommt. Wenn LEGO irgendeine Gussform für dieses Set hätte reaktivieren sollen, dann die für die klassischen Palmenstamm-Elemente!
Nun ja, dank Bricklink kann man diesen kleinen Schönheitsfehler ja glücklicherweise leicht selbst korrigieren. Und weil so oft im Leben Freude und Leid dicht beieinander liegen, war das nächste Detail des ersten Bauabschnitts ein großes Highlight für mich: Halb vergraben im Sand finden wir den Kopf einer Statue, wie er nahezu identisch in zwei der LEGO Insulaner-Sets von 1994 vorkam. Da jene eine meiner liebsten Reihen überhaupt waren (und sind), habe ich mich über dieses Easteregg sehr gefreut. Nachfolgend der vergrabene Kopf im Vergleich zum Original aus den Sets 6262 bzw. 6278. Für Teilesammler besonders interessant sind die Hörner, die hier mittels jeweils zweier Kuh-Hörner (64847) umgesetzt wurden, die bisher nur in sehr wenigen Sets und seit 2014 gar nicht mehr vorkamen.
Neben der Insel bauen wir im ersten Abschnitt auch unseren Freund Backbord und ein kleines Ruderboot mit Piratenflagge zusammen. Auf den ersten Blick wirkt das Boot im Vergleich zum Original von 1989 nahezu identisch.
Sieht man aber genauer hin, bemerkt man, dass sich in Wirklichkeit fast alle Teile neben den geänderten Farben auch in ihrer Form unterscheiden! Das Ruderblatt wurde in der neuen Gussform durch einen Dorn verstärkt, damit es nicht mehr so leicht abknickt – das passierte früher leider häufig. Die Clips an der Flagge wurden verstärkt und damit bruchsicherer, gleiches gilt für den Korb des Säbels. Die Spitze der Antenne ist nicht mehr abgerundet, vermutlich, um die volle Länge besser ausnutzen zu können, und die Muskete wurde etwas aufgehübscht. Bis auf die rein optische Überarbeitung der Muskete finde ich dies alles schöne Beispiele für Qualitätsverbesserungen bestehender Teile.
Nicht nachvollziehbar ist für mich hingegen, warum beim Formteil für das Beiboot die beiden hohlen Noppen im vorderen Bereich weichen mussten. Diese fand ich als Kind immer recht praktisch, um die Ruder darin aufzustellen, wenn sie gerade einmal nicht gebraucht wurden.
Bauabschnitt 2
Im zweiten Bauabschnitt (Schritt 56-78) vollenden wir die rechte Inselhälfte und beginnen mit dem Bau des mittleren Teils des Schiffsrumpfs.
Neben einigen Stegen und einer Treppe mit blumenverzierter Plattform schmücken nette kleine Details die Insel, z.B. Laternen und Fässer mit verschiedenen Utensilien sowie einer leeren Flasche. Man beachte die „zusammengezimmerte“ Optik des Stegs im Vordergrund. Diese hätte auch dem alten Angelladen gut zu Gesicht gestanden, ist aber auch ein Beleg dafür, dass das Set sich eher an AFOLs richtet als an Kinder. Stabil ist diese Konstruktion nämlich nicht, da manche Teile nur von einer Noppe gehalten werden.
Auch in diesem Abschnitt ist ein Teilevergleich mit 1989 interessant: Die Laternen, die seinerzeit noch mithilfe des Palmwipfel-Elements (2566) gebaut wurden, wurden hier durch das Formteil ersetzt, das wir z.B. aus den Harry Potter Sets kennen. Das Fass, das damals noch relativ neu war, wird bis heute unverändert produziert und kommt in diesem Bauschritt in Dark Brown vor. Am Vergleich der 1 x 1 Plates mit Clip kann man wieder sehr schön erkennen, wie der Clip verstärkt wurde, um bruchsicherer zu werden. Überrascht hat mich hingegen, dass die Form des Papageis verändert wurde. Unter anderem ist der Schnabel heute merklich größer und breiter als früher, auch die Schwanzfedern sind breiter.
In Sachen Schiffsrumpf passiert im zweiten Bauabschnitt noch nicht allzu viel. Im Wesentlichen werden drei große Formteile miteinander verbunden und mit einigen Steinen überbaut.
Der Vergleich der Formteile mit der alten Barracuda ist aber wieder interessant, denn obwohl sie sich in ihren Maßen gleichen, sind die Teile grundverschieden. Während es früher noch unüblich war, System- und Technic-Teile zu kombinieren, ist dies heute eine Selbstverständlichkeit. Deshalb werden die modernen Rumpfteile mit Technic Pins verbunden, währen bei den alten Teilen noch Aussparungen für 2 x 4-Steine vorhanden waren. Die Löcher in der Oberseite verliefen bei den alten Teilen quer, bei den neuen hingegen längs zum Schiff – eine sinnvolle Änderung, die z.B. das stabile Verankern von Masten wesentlich flexibler macht. Alte und neue Rumpfteile können übrigens problemlos miteinander verbunden werden, z.B. über 2 x 2 Steine mit Technic Pin (6232).
Bauabschnitt 3 – 5
Der dritte Bauabschnitt umfasst die Schritte 79 – 112 und konzentriert sich ganz auf die Inneneinrichtung des mittleren Schiffsteils. Während wir bei der alten Barracuda an dieser Stelle das Kanonendeck erwartet hätten, orientiert sich dieses Set eher an den Bedürfnissen der Inselbewohner. Folgerichtig bauen wir eine kleine Schenke mit Rumfass und Tresen.
Im hinteren Bereich befinden sich außerdem zwei Betten, einige Ablagemöglichkeiten und ein Eimer, über dessen Verwendung wir besser nicht weiter nachdenken wollen.
Neben der Inneneinrichtung ziehen wir auch einen Teil der Bordwand hoch. Anstelle der Stückpforten werden Fenster verbaut, auch dies ist ein Hinweis, dass hier keine Kanonen vorgesehen sind. Besonders interessant fand ich die Kostruktion der Leitersprossen an der Bordwand, die sich perfekt deren Schräge anpassen. Nachfolgende Animation zeigt euch die Bautechnik, die eigentlich ganz einfach ist – wenn man denn darauf kommt.
Generell erinnerte mich der Bau der Pirate Bay in vielerlei Hinsicht an die modularen Häuser aus der Creator Expert Reihe. Freunde netter kleiner Details und interessanter Bautechniken kommen bei diesem Set definitiv auf ihre Kosten!
Auch in diesem Bauabschnitt gibt es wieder zwei interessante Farbvarianten im Vergleich zu 1989. Das Fass, das wir schon aus dem vorherigen Abschnitt in Dark Brown kennen, kommt hier auch in Reddish Brown zum Einsatz. Robin Freibeuter, die wir in diesem Abschnitt ebenfalls zusammenbauen, hat zwei klassische Steinschloss-Pistolen in Pearl Dark Gray im Gepäck.
Im Bauabschnitt 4 (Schritt 113 – 144) vollenden wir die Bordwand und beginnen mit dem Bau des Oberdecks inklusive Reling. Um die „Inselvariante“ des Sets glaubhafter zu gestalten, wird am Eingang der Schenke eine Wand mit Eingangstür eingezogen, außerdem bauen wir ein kleines Vordach mit Bewuchs und Laterne. Dank des (bedruckten) Schilds wissen wir nun auch, wie die Schenke heißt: José’s Inn. Dies ist eine Anspielung auf den Vater des Fan Designers, über die er sich bestimmt sehr gefreut hat.
Im Bauabschnitt 5 (Schritt 145 – 186) wird das Oberdeck vollendet und eine kleine Gefängniszelle darauf montiert. Diese enthält eines der Skelette – ein makaberes Detail, das es 1989 garantiert nicht ins finale Set geschafft hätte. Außerdem wird der Mast mit großem Jolly Roger und aufgerollten Segeln montiert. Die nur einseitig angebrachten Wanten verstärken den „heruntergekommenen“ Look. Hinten am Mast befindet sich eine kleine Verladevorrichtung, die allerdings später beim Umbau zum Schiff dem Gaffelsegel weichen muss. Beim Bauen fiel mir auf, dass – nach meinem laienhaften Wissen – einige nautische Details besser umgesetzt wurden. Hierzu zählen unter anderem die Dopplung am Masttop und die Tatsache, dass die Wanten unterhalb der Mars montiert sind. Bei der alten Barracuda waren diese noch seitlich an der Mars befestigt. Die trapezförmige Form der Wanten war hingegen beim alten Schiff realistischer, soweit ich das einschätzen kann.
Der komplette Mittelteil des Schiffs wird schließlich mit der Insel verbunden. Hierfür hält diese zwei Technic Pins bereit:
Zum Thema Segel: Diese sind im neuen Set deutlich größer als bei der alten Barracuda und variieren auch in der Form (speziell der Klüver), sie können daher leider nicht als Ersatz für eventuell beschädigte oder verlorene Segel des Originals verwendet werden. Das Gaffelsegel kommt komplett neu hinzu. Der Stoff ist merklich dünner bzw. weniger gestärkt – vermutlich, um das Aufrollen zu erleichtern. Nicht zu erklären ist hingegen die Tatsache, dass die neuen Segel im Gegensatz zu den alten nur einseitig bedruckt bzw. nicht durchgefärbt sind. Dadurch wirken die Segel von hinten sehr hell, was sich später negativ auf die Optik auswirken dürfte, wenn man die Backbordseite des Schiffs betrachtet.
Und damit sind wir auch schon mitten im Teilevergleich. Für den oberen Abschnitt der Masten kommen in beiden Sets Formteile zum Einsatz, jedoch verschiedene. Die Kanonen sind heute noch – bis auf die Farben – identisch zu 1989, einzig die Gussform der Räder hat sich verändert. Die Mars wird in der Pirate Bay aus vier Standardteilen zusammengebaut, während bei der alten Barracuda noch ein Formteil zum Einsatz kam. Der große Jolly Roger verwendet wie schon die kleine Variante und der Kapitänshut ebenfalls die die neue grafische Gestaltung.
Bauabschnitt 6 – 7
Im nächsten Bauabschnitt beginnen wir in den Schritten 187 – 234 mit der linken Hälfte der Insel. Zunächst bauen wir diverse Pfähle, auf denen dann Plattformen und Stege montiert werden. Die Aussparung oben in der Bildmitte (unter dem grauen Bogenelement) dient zum Verstecken einer Schatztruhe, die man in diesem Schritt ebenfalls zusammenbaut.
Die Form der Schatztruhe ist noch heute identisch zum Original, die verchromten Goldmünzen wurden allerdings durch bemalte Goldbarren ersetzt. Immerhin kommt hier die Farbe Metallic Gold zum Einsatz, die ein recht guter Ersatz für die Chromteile ist, weshalb man diese nicht allzu schmerzlich vermisst. Auch ein Hai ist in diesem Bauabschnitt enthalten – zum Vergleich habe ich einen alten Hai aus dem Set 6257 verwendet, denn die alte Barracuda musste leider ohne Hai auskommen.
Nach Vollendung des sechsten Bauabschnitts sieht die Insel folgendermaßen aus:
Im nächsten Abschnitt (Schritt 235 – 268) wird die Insel um eine Wand mit erhöhter Plattform sowie um viele schöne und ein weniger schönes Detail ergänzt. Auf der Rückseite finden wir einige Vorräte und Ruder, sowie das Skelett eines Soldaten (bzw. „Kolonialbeamten“, wie es ein Katalog 1989 ausdrückte). An einen der Pfeiler gelehnt versteckte er sich hier wohl verletzt vor den Piraten und verstarb. Sehr makaber und irgendwie unnötig. Da wäre mir ein echter Soldat lieber gewesen.
Ein Highlight war für mich hingegen der bedruckte Minifigurenkopf, der eine Ananas darstellt – ich glaube, ich muss demnächst eine Ananasfarm bauen! Besonders interessant fand ich auch die Bautechnik, mittels derer das Fenster mit 15 Grad Neigung in der Wand verbaut wird.
Noch ein weiteres Highlight verbirgt sich hier: Das Fass kommt in diesem Set nicht nur in Dark Brown und Reddish Brown, sondern auch in Schwarz vor! Ein schwarzes Fass gab es bisher erst ein einziges Mal, nämlich im Space Shuttle 1682 von 1990. Und während die Piraten 1989 noch mit gelben Pokalen vorlieb nehmen mussten, haben sie nun goldene.
Bauabschnitt 8 – 10
Als nächstes ist der Bug der Barracuda an der Reihe. In den Schritten 269 – 296 beginnen wir mit dessen Bau. Im Gegensatz zur alten Barracuda kommt als Grundlage nicht ein großes, sondern zwei etwas kleinere Formteile zum Einsatz, wie in beinahe allen größeren Schiffen seit 2009.
Die Höhe und Breite beider Teile kombiniert entspricht der des alten Formteils, allerdings ist der neue Bug zwei Noppen länger. Ein Rat an alle, die das Set noch bauen wollen: Stellt für die folgenden Bauschritte unbedingt sicher, dass ihr eine rutschfeste Unterlage verwendet. Bei einigen Schritten muss man etwas Kraft aufwenden und die abgerundete Form sorgt dafür, dass, wenn man nicht sehr aufpasst, der Rumpf plötzlich auf dem Boden statt auf dem Bautisch liegt.
Zunächst wird die spartanische Innenausstattung eingebaut. Diese besteht aus dem (in diesem Falle wohl nicht so) stillen Örtchen, einem Eimer sowie der Verankerung des vorderen Masts. Danach werden die Bordwände hochgezogen, der Vordersteven am Bug sowie die Halterungen für Klüverbaum und Galionsfigur angebracht.
Im Bauabschnitt 9 mit den Schritten 297 – 330 werden Klüverbaum und Galionsfigur montiert (die ich sehr gelungen finde) sowie das Deck und die Reling fertig gebaut. Auch beim Bug kommen wieder einige Pflanzen zum Einsatz, damit er als Teil eines schon lange gestrandeten Schiffs glaubhafter wirkt.
Absolut begeistert war ich in diesem Bauschritt von der Ankerwinde. Wo bei der alten Barracuda eine einfach Rolle zum Einsatz kam, die quer vor dem Mast eingebaut wurde und mehr an moderne, motorisierte Ankerwinden erinnerte, wird hier eine frei um den Mast drehbare Konstruktion gebaut, mit der der Anker gehoben werden kann. Eigentlich auch wieder eine ganz einfache Bautechnik, auf die ich aber nie gekommen wäre.
Der Stockanker selbst ist nicht mehr wie früher nur ein großes Fomteil, als Stock kommt nun ein separater Stab zum Einsatz. Das neue Ankerteil ist durch die flache Form sowie mehr Möglichkeiten zur Verbindung mit anderen Teilen zwar flexibler einsetzbar, das alte gefällt mir dennoch besser. In diesem Abschnitt ebenfalls enthalten ist eine neue Version der Seekarte, die in ihrem ursprünglichen Design bis 2005 produziert wurde.
Im zehnten Abschnitt mit den Schritten 331 – 350 wird der Mast montiert. Während die alten Masten aus jeweils drei Formteilen bestanden, kommt nun nur noch für den oberen Abschnitt ein Formteil zum Einsatz. Der untere Teil wird um eine 32 Noppen lange Technic-Achse herum aufgebaut, indem 2 x 2 Rundsteine sowie einige andere Element zur Verankerung der Bäume auf diese „aufgefädelt“ werden.
Mit fertig montiertem Mast und aufgerolltem Klüver ist der Bauabschnitt im Wesentlichen beendet. Im Gegensatz zur alten Barracuda muss hier übrigens nichts verknotet werden, es kommen ausschließlich Schnüre zum Einsatz, die an beiden Enden in Noppen eingegossen sind und somit durch einfaches Stecken angebracht werden können. Nun muss der Bug nur noch mit der Insel verbunden werden. Dazu wird zunächst ein kleines Stück des Kiels gebaut, der ja normalerweise nicht vorhanden ist, weil das Schiff nur aus dem Teil über der Wasserlinie besteht. Damit kippt man den Bug leicht nach hinten.
Anschließend wird der so geneigte Bug auf der Rückseite mittels zweier Kugelgelenke fest mit der Insel verbunden. Diese Befestigung ist sehr stabil und lässt sich trotzdem einfach wieder lösen – gut so!
Bauabschnitt 11 – 14
Mit großen Schritten nähern wir uns nun der Fertigstellung des Sets. Im Bauabschnitt 11 mit den Schritten 351 – 408 bauen wir zunächst das Heck der Barracuda. Auf ein großes Formteil wird hier verzichtet, stattdessen wird auf Basis eines der Teile, die schon die Grundlage für den Mittelteil bildeten, die geschwungene Form mit SNOT-Technik realisiert.
Zunächst erzeugen 2/3-Slopes eine Schräge, auf die dann die separat gebauten Bordwände umgedreht aufgesetzt werden. Die ganze Konstruktion ist am Ende erstaunlich stabil. Fixiert wird sie im Inneren mit zwei Clips auf jeder Seite. Hier befindet sich übrigens die Kombüse des Schiffs mit einer Kochstelle und zwei Arbeitsflächen zur Vorbereitung der Speisen: Es steht offenbar Fisch auf dem Speiseplan!
Im Bauabschnitt 12 mit den Schritten 409 – 441 bauen wir dann die steuerbordseitige Wand des Heckkastells, sowie einen kleinen Teil der Innenausstattung der Kapitänskajüte – der Rest wird im nächsten Abschnitt ergänzt. Das Heck wird mit jedem Abschnitt interessanter, da hier nur sehr wenige rechte Winkel zu finden sind. Die Wände z.B. laufen spitz nach hinten zu. Achtet auch auf die beiden Pneumatic T-Stücke, die hinter dem Boden eingeclipst sind: Jene dienen als Gelenk, an dem gleich die Rückwand montiert werden wird.
Die Bautechnik für die schräge Wand ist übrigens denkbar einfach: Sie wird nur vorne befestigt und dann über ein Drehgelenk an die schräge Platte heran geschwenkt, die den Boden bildet. Das Kugelgelenk am hinteren Ende der Wand wird später zur Fixierung in dieser Position dienen.
In diesem Bauabschnitt lohnt sich auch mal wieder ein Teilevergleich mit der originalen Barracuda. Wie damals kommen weiße Gitterfenster in einem gelben Rahmen zum Einsatz, allerdings wurden die Gussformen leicht verändert. Die früheren Fensterahmen hatten z.B. zusätzlich zur inneren Aufnahme für die Gitterfenster noch eine äußere Aufnahme, an der Fensterläden befestigt werden konnten. Die neue Variante hat diese nicht mehr.
Die Laterne, die auf der Insel schon mehrfach hängend verwendet wurde, wird in diesem Bauabschnitt umgedreht, ein in die hohle Noppe des transparent-gelben 1 x 1 Rundsteins gesteckter Stab ermöglicht die Montage einer kleinen Radarschüssel als Schirm. So sieht die Laterne zwar nicht identisch zu ihrem Vorbild aus, erinnert aber zumindest sehr an dieses. Der gelbe Zierstein (4088), der schon im Original die Fenster schmückte, wurde hier in Schwarz mit modernen Steinen nachgebaut – eine sehr schöne Hommage!
Bauabschnitt 13 (Schritte 442 – 479) fügt dem Kastell die zweite Wand hinzu und komplettiert die Einrichtung der Kajüte.
Im Vergleich zur alten Barracuda, deren Kajüte nur eine Schatztruhe mit Trinkpokal und eine Seekarte enthielt, hat es der Kapitän hier richtig gemütlich. Ein kleiner Schreibtisch mit vier Kerzen und ein Drehstuhl laden zum Verweilen ein, auch Porzellan wird auf der Barracuda offenbar mitgeführt! Die obligatorische Schatztruhe darf natürlich trotzdem nich fehlen – sie enthält einen Pokal und Juwelen. Die Noppen auf der Sitzfläche des Stuhls sind übrigens bewusst so angebracht, damit der Kapitän trotz Holzbeins hier Platz nehmen kann. An der gegenüberliegenden Wand ist ein Klappbett befestigt, ja sogar eine Marmorbüste schmückt des Kapitäns kleines Reich.
Damit es nicht so sehr zieht, bauen wir in Abschnitt 14 mit den Schritten 480 – 527 die Rückwand der Kajüte. Diese wird unten an den Pneumatic T-Stücken schwenkbar befestigt und dann hochgeklappt. Die Kugelgelenke halten alle drei Wände in ihrer jeweiligen Schrägstellung – eine clevere Lösung, die allerdings auch einen gravierenden Nachteil hat: Im Gegensatz zur alten Barracuda lässt sich die Rückwand nicht mehr leicht zum Bespielen aufklappen, bzw. führt dies zur Instabilität des kompletten Heckkastells.
Abschließend wird noch das Deck gebaut und die Halterung für das Steuerrad sowie eine Kanone darauf platziert. Auch eine Tür erhält die Kajüte natürlich. Einige Anbauten, unter anderem ein kleines Vordach ähnlich dem der Schenke sowie ein Steg auf der Vorderseite bereiten die Integration dieses Abschnitts auf der Insel vor.
Besonders gefällt mir das zugenagelte Fenster und die Ranke, die in das andere Fenster hineinwächst. Da diese Details wegen des Vordachs etwas untergehen, habe ich jenes für das folgende Bild noch einmal demontiert.
Das Heck wird schließlich einfach auf den Teil der Insel gelegt, auf dem auch schon der Bug befestigt wurde. Dafür muss ein Teil des Ruderblatts entfernt werden, was in der Konstruktion bereits dahingehend berücksichtigt wurde, dass er nur mit zwei Noppen befestigt ist. Die Wanten, die beim hinteren Mast bisher nicht benötigt wurden, werden an einem der Pfahle festgeclipst, die nun das Heck tragen. Sie fixieren aber das aufgesetzte Heck nicht weiter.
Das fertige Modell
Damit ist die Pirate Bay vollendet! Das fertige Modell misst 64 cm in der Breite, ist 59 cm hoch und 32 cm tief. Damit bewegt es sich – bis auf seine geringere Tiefe – beinahe in den gleichen Regionen wie das große 71043 Schloss Hogwarts. Kurzum: Das Set ist groß! Die vielen schönen Details habe ich euch ja schon während des Aufbaus näher gebracht, deshalb lasse ich nachfolgende Bilder des Gesamtensembles aus verschiedenen Perspektiven einfach mal für sich selbst sprechen:
Beim Fotografieren habe ich mich gefragt: Wie sähe das Ganze wohl aus der Perspektive einer Minifigur aus? Auch hierzu habe ich einige Impressionen eingefangen.
Darf’s ein bisschen älter sein?
Als unverbesserlicher Nostalgiker und aufgrund der Tatsache, dass meine geliebten Palmen nicht enthalten waren, habe ich mich sofort gefragt, ob und wie sich das Set wohl ein wenig „auf alt“ umbauen ließe. Diese Frage ist ja auch für jene interessant, die die Pirate Bay gerne mit ihren alten Piratensets kombinieren möchten. Der Einfachheit halber habe ich nur die Palmen und die meisten der sonstigen Pflanzenteile gegen solche getauscht, die schon 1989 oder zumindest in den frühen Neunzigerjahren existierten. Auch Kanonen, Minifiguren und Piratenflaggen habe ich durch entsprechende Teile aus dem Set 6285 ersetzt. Das Ergebnis finde ich, gemessen am geringen Aufwand, den ich spendiert habe, gar nicht mal so schlecht.
Wenn man nun noch die azurblauen Platten austauscht, z.B. gegen klassische blaue Platten, glaube ich, dass sich das Set sehr harmonisch in eine bestehende Piratenwelt integrieren lässt, ohne dass es allzu sehr heraussticht. Farblich passt der Rest der Pirate Bay nämlich gut zu den alten Sets. Sandfarbene Teile kamen zwar damals noch kaum vor, was aber aufgrund der Neutralität der Farbe nicht stört. Dass die Brauntöne sich unterscheiden, finde ich auch nicht weiter schlimm, denn Holz kommt ja bekanntlich in allen möglichen Schattierungen vor.
So wird die Barracuda wieder seetüchtig
Egal ob original oder modifiziert, die Inselvariante des Sets ist schon einmal großartig. Der besondere Clou ist aber bekanntlich die Möglichkeit, die Barracuda wieder „seetüchtig“ zu machen. Dieser Umbau wird im letzten Bauabschnitt der Anleitung, Abschnitt 15, in weiteren 33 Schritten beschrieben. Zur Einordnung: Die komplette Bauanleitung der 6285 Black Seas Barracuda hatte nur 28 Schritte!
Folglich wird der Umbau, wie auch der Aufbau selbst, in der Anleitung extrem detailliert dargestellt, sodass eigentlich nichts schief gehen kann. Zunächst müssen die Teile des Schiffs von der Insel herunter genommen und diverse Pflanzenelemente und Anbauteile, u.a. die Gefängniszelle, entfernt werden. Das Ruderblatt am Heck wird wieder vervollständigt und die Lücke im Heck (also die Tür der Kombüse in der Inselvariante) wird mit einigen zusätzlichen Steinen aus Tüte 15 geschlossen. Der Kiel unter dem Bug wird wieder entfernt, die Bäume mit weiteren Zusatzteilen komplettiert und dann müssen eigentlich nur noch die Segel aufgezogen und die Schiffsteile miteinander verbunden werden. Nachfolgende Animation zeigt euch, wie der Umbau vonstatten geht.
Da die drei Teile des Schiffs zunächst nur an der Unterkante und mit jeweils nur zwei Technic Pins bzw. Kugelgelenken verbunden sind, muss die Verbindung zusätzlich stabilisiert werden. Dies geschieht zwischen Heck und Mittelteil seitlich, indem die „Naht“ zwischen den Teilen mit einigen Platten überbaut wird. Zwischen Mittelteil und Bug wird die zusätzliche Verbindung auf dem Oberdeck durch zwei 2 x 2 Jumper geschaffen. Das Schiff ist nun so stabil, dass man es problemlos transportieren kann. Es reicht aber nicht an die Stabilität der alten Barracuda aus 1989 heran.
Nun steht sie also vor uns, die Barracuda Mk II. Von ihrer „Sahneseite“ betrachtet, also von der Seite, auf der Klüver und Gaffelsegel bedruckt sind, macht sie einen hervorragenden Eindruck! Die Rumpfform ist interessant anzuschauen und hat schon beim Bauen viel Freude bereitet. Auch ist die neue Barracuda natürlich etwas detaillierter als ihre Vorlage und das Gaffelsegel kam dort überhaupt nicht vor, sie fängt deren Charme aber dennoch gut ein. Einen genaueren Vergleich werde ich gleich noch anstellen.
Werfen wir aber zunächst einen Blick auf das, was von der Insel übrig bleit, nachdem die Teile der Barracuda abgenommen wurden. Und das sieht meines Erachtens gar nicht schlecht aus! Mit ein paar zusätzlichen Teilen, und einige sind ja nun durch die Demontage der Pflanzen und Anbauten übrig, lässt sich die Insel bestimmt so gestalten, dass man sie im Zusammenwirken mit dem Schiff super bespielen kann. Zwar empfiehlt die Anleitung, beinahe alle Kisten und Fässer mit Vorräten von der Insel zu entfernen und stattdessen auf dem Schiff zu verteilen, aber das ist ja letztlich der Phantasie des Baumeisters überlassen. Genauso gut könnten die Piraten auch mit hungrigen Bäuchen eine Insel überfallen, die noch reichlich Vorräte hat…
Barracuda vs. Barracuda
Schauen wir uns nun die beiden Schiffe einmal im direkten Vergleich an. Die neue Barracuda ist mit ca. 57 cm deutlich höher als die alte, jene misst nur ca. 47 cm. Das liegt zum einen daran, dass schon das Oberdeck deutlich höher liegt und zum anderen, dass sowohl die Masten selbst als auch der am hinteren Mast befestigete Fahnenstock jeweils nochmal ein Stück größer sind als beim Vorbild. In der Länge sind die beiden Schiffe allerdings fast identisch, die neue Barracuda ist ca. 64 cm lang, bei der alten hatte ich ca. 62 cm gemessen. Im Rumpf sind beide Barracudas gleich breit, durch die größeren Segel ist die neue aber mit ca. 27 cm insgesamt 4 cm breiter.
Wenn man ehrlich ist, haben die beiden Schiffe eigentlich nicht viel gemeinsam. Die Formgebung und die Bautechniken unterscheiden sich grundlegend. Die Tatsache, dass Klüver und Gaffelsegel nur von einer Seite bedruckt sind, stört mich, wie ich schon befürchtet hatte. Aus irgendeinem Grund stelle ich Schiffe immer so aus, dass man die Backbordseite sieht, und das ist hier genau die Seite, die aufgrund der Segel schlechter aussieht. Dennoch schafft es das neue Schiff, sofort dieses gewisse „Retro-Feeling“ bei mir auszulösen. Das liegt natürlich am Farbschema, aber auch an diversen kleinen Details, die eben doch an die alte Barracuda erinnern. Am Heck wird das besonders deutlich:
Zwar ist auch hier der Aufbau grundverschieden, aber allein die Gitterfenster, die Platzierung der Laternen und der Piratenflagge (wo ist eigentlich die dritte Laterne?) sowie die nachgebauten Ziersteine rufen einem sofort zu: „Ich bin ein Nachfahre deines Lieblingsschiffs aus Kindertagen!“
Leider haben die Designer davon Abstand genommen, wie beim alten Schiff umgedrehte Fabuland-Blumen als Verzierung einzusetzen. Auf eine liebevolle Anspielung hierauf müssen wir dennoch nicht verzichten, denn eine solche Blume findet sich auf der Insel wieder:
Auch von vorne betrachtet unterscheiden sich die beiden Schiffe deutlich. Die neue Galionsfigur ist wesentlich kunstvoller gestaltet und eigentlich auch schöner, die alte war jedoch lustiger. Was mich gefreut hat, ist die bessere Befestigung des Klüvers. Bei der alten Barracuda ließ es sich quasi nicht vermeiden, dass das hintere Loch mit der Zeit ausriss, da hierauf immer Spannung war – das ist beim neuen Modell besser gelöst.
Der wesentlichste Unterschied zwischen den beiden Schiffen zeigt sich beim Blick auf das Oberdeck: Durch die Innenausstattung, die im Kontext der Insel ja durchaus Sinn ergibt, hat die neue Barracuda kein Kanonendeck. Ein Platzieren der Kanonen im Rumpf ist ohne größere Umbauten nicht möglich. Zwar können sie natürlich auch auf dem Oberdeck platziert werden, aber wozu hat das Schiff dann Stückpforten? Andererseits hat man durch das geschlossene Oberdeck nun viel mehr Platz für Mannschaft und Vorräte, auch das Schwein hat mehr Auslauf. Und das ist schließlich auch wichtig, oder?
Fazit
Die LEGO IDEAS 21322 Pirates of Barracuda Bay sind wie ein Besuch bei alten Freunden, die man schon lange nicht mehr gesehen hat. Manches irritiert zunächst ein bisschen, weil sowohl man selbst als auch die Freunde sich weiterentwickelt haben. Und doch ist da nach kurzer Zeit wieder ein Gefühl von Vertrautheit und man fühlt sich wie zu Hause.
Das Bauen hat großen Spaß gemacht und AFOLs mit einem Hang zur Nostalgie können meines Erachtens mit diesem Set nichts falsch machen. Es bietet ein herausforderndes Bauerlebnis auf der einen und viele schöne Anspielungen auf die Piraten von früher und somit selige Kindheitserinnerungen auf der anderen Seite. Das Preis-Leistungs-Verhältnis empfinde ich als hervorragend, auch wenn es rein vom Preis pro Stein her günstigere Sets gibt. Aber Gestaltung (viele Details, keine Sticker, Verpackung), Modellgröße und Bauspaß sind eben auch wichtige Faktoren.
Wider Erwarten hat mich die Inselvariante mehr überzeugt als das „B-Modell“, die Barracuda Mk II. Die Inneneinrichtung, bzw. speziell die Schenke, ergibt im Inselkontext mehr Sinn und sorgt beim Schiff dafür, dass das Kanonendeck nicht nutzbar ist – für mich ein Nachteil gegenüber dem alten Set 6285 Black Seas Barracuda. Auch dass die Segel nicht beidseitig bedruckt bzw. durchgefärbt sind, ist für mich ein Nachteil gegenüber dem Original. Insgesamt finde ich die Bespielbarkeit der alten Barracuda besser.
Gleichwohl ist die Barracuda Mk II ein extrem sorgfältig gestaltetes Schiff, das mit interessanten Formen und Details aufwartet. Und da es sich preislich wie auch in Sachen Komplexität recht eindeutig um ein AFOL-Set handelt, ist die geringere Bespielbarkeit kein allzu großes Manko.
Hervorragend bespielbar ist hingegen die Insel, die wunderbar gestaltet ist und mit ihren vielen Stegen und möglichen Verstecken geradezu dazu einlädt, eigene Abenteuer zu erfinden. Allein den alten Palmen, die hier leider kein Revival erleben, weine ich noch immer eine Träne nach.
Im Regal sind sowohl die Insel- als auch die Schiffvariante echte Schmuckstücke – wenn denn ausreichend Platz dafür vorhanden ist. Und der eine oder andere AFOL wird sich dabei ertappen, wie er innerlich wieder sechs Jahre alt ist, Kanonengeräusche imitiert und Piraten über die Planke gehen lässt – wetten?
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Das war unser Review der LEGO IDEAS 21322 Pirates of Barracuda Bay. Habt ihr noch Fragen oder Ergänzungen? Dann äußert beides gerne in den Kommentaren. Ist das Set für euch auch ein Highlight? Und welche Variante mögt ihr lieber, die Insel oder das Schiff?
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