Am 8. März 2022 legte LEGO die Zahlen für das Geschäftsjahr 2021 vor. Über die Schlagzeilen des Zahlenwerks informierten wir euch direkt. Wie schon in den Vorjahren haben wir uns den Bericht nochmals in Ruhe vorgenommen und nach interessanten Entwicklungen untersucht. Nun haben wir die wichtigsten Punkte hier für euch zusammengestellt.
Das Geschäftsjahr 2021 haben wir mit Spannung verfolgt. Nach dem großen Umsatzschub bedingt durch die Pandemie galt es für LEGO, nun das Niveau zu sichern und weiter auszubauen. Eine besondere Schwierigkeit dürften die Corona-Auswirkungen gewesen sein, aber auch die angespannten globalen Lieferketten sowie die gestiegenen Transportkosten. Das soziale Leben normalisierte sich zwar in der zweiten Jahreshälfte zu Teilen wieder, aber im Geschäftsleben galt es dennoch, viele Herausforderungen zu meistern. Wir schauen uns in diesem Artikel näher an, wie sich LEGO in diesem Umfeld geschlagen hat.
Vorab der Hinweis an euch: Wir wollen ein wenig tiefer ins Zahlenwerk eintauchen und versuchen, ein paar Zusammenhänge aufzuzeigen. Wir erheben aber nicht den Anspruch einer vollständigen Detailanalyse, denn dazu fehlen uns oftmals weitere Informationen. Unser Fokus liegt auf den wichtigsten Entwicklungen, die wir dem Geschäftsbericht entnommen haben. Gerne könnt ihr euch selbst einen Überblick verschaffen. Den vollständigen Bericht in englischer Sprache sowie den Nachhaltigkeitsbericht findet auf der Website von LEGO. In diesem Jahr gab es allerdings weder eine Bilanz-Pressekonferenz noch eine Vorstandspräsentation, so dass wir uns einzig auf die Berichte stützen müssen.
Alle Angaben in diesem Artikel erfolgen in dänischen Kronen (DKK) oder Mio. dänischen Kronen (mDKK). Ihr könnt das ganz einfach grob in Euro umrechnen, indem ihr die Zahlen durch 7,5 teilt. Falls ihr es ganz genau wissen wollt: Am 31. Dezember 2021 entsprach 1 Euro exakt 7,4364 dänische Kronen.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Wenn wir im Allgemeinen von “LEGO” sprechen, meinen wir die LEGO A/S, eine dänische Aktiengesellschaft, die nicht börsennotiert ist. 75% der Anteile werden von der Eigentümerfamilie über die Investmentgesellschaft KIRKBI A/S gehalten und die restlichen 25% kontrolliert die LEGO Foundation. Weitere Informationen zu den Eigentümern erhaltet ihr auf den verlinkten Webseiten sowie bei LEGO selbst.
Die dänische LEGO A/S nutzt für das operative Geschäft in vielen Ländern Tochtergesellschaften. In Deutschland ist die LEGO GmbH mit Sitz in Grasbrunn bei München für die Koordination verantwortlich. Insgesamt betreibt der Konzern 41 lokale Gesellschaften.
Ergebnisüberblick
Bevor wir den Blick auf einige Details richten, wollen wir uns zuerst einen Gesamteindruck verschaffen und auch den Verlauf der letzten Jahre betrachten.
Das abgelaufene Jahr darf ohne Zweifel als Rekordjahr bezeichnet werden. Der Umsatz legte nochmals um 28% zu und der operative Gewinn konnte sogar um 32% gesteigert werden. LEGO festigt damit seine Position als größter Spielwarenhersteller vor Bandai, Hasbro und Mattel. Trotz des hohen Wachstums konnten die ohnehin sehr guten Margen nochmals leicht ausgeweitet werden.
Damit ihr die Werte vergleichen könnt, haben wir uns für euch die letzten Jahresberichte von führenden Spielwarenherstellern angesehen und die Kennzahlen in dänische Kronen umgerechnet. Leider liegen uns von Playmobil keine aktuellen Zahlen vor, da der Geschäftsbericht 2020/21 noch nicht veröffentlicht wurde.
Beim japanische Bandai-Konzern endet das Geschäftsjahr jeweils zum 31. März. Aus den Quartalsbericht zum 31.12.2021 lässt sich allerdings schon ablesen, dass das laufende Jahr erfolgreich abgeschlossen werden kann. Die Konkurrenz aus Fernost erhöhte sogar Anfang Februar 2022 die Prognose. In der Projektion sticht besonders der Bereich Spielwaren heraus, der mit einen Umsatzanstieg von mehr als 20% und einem Gewinnplus von mehr als 40% erwartet wird.
LEGO (2021) | Bandai (2021/22) Prognose | Hasbro (2021) | Mattel (2021) | Playmobil (2019/20) |
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Umsatz in Mio. DKK | 55.294 | 44.655 | 43.214 | 36.726 | 5.105 |
+/- % | +26,7% | +9,3% | +17,5% | +18,9% | -4,5% |
Operativer Gewinn in Mio DKK | 17.044 | 5.292 | 5.136 | 4.905 | 487 |
+/- % | +32,0% | +13,5% | +52,1% | +94,7% | -30,3% |
Marge | 30,8% | 11,9% | 11,9% | 13,4% | 9,5% |
Die Margenausweitung bei LEGO könnte mit dem Ausbau des Direktgeschäfts zusammenhängen. In der Pressemitteilung berichtet der Konzern von einem Anstieg im Direktkundengeschäft von 22%. Diese Kundschaft wird die Produkte entweder im Online-Shop oder in einem LEGO Brand Store bezogen haben. Hierbei kommen mögliche Rabatte, wie sie im Einzelhandel auftreten können, nur sehr selten zum Tragen. Da uns keine quantifizierbaren Bezugsgrößen genannt werden, können wir über den Anteil des Direktgeschäfts am Gesamtumsatz nur spekulieren. Eine aktuelle Untersuchung der Website “das spielzeug” stützt unsere Vermutung, nach der immerhin 41% der weltweiten Verbraucher in den letzten sechs Monaten unter Umgehung des stationären Handels bzw. des Onlinehandels direkt beim Hersteller eingekauft haben.
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Gesamtumsatz sogar um 27% gestiegen ist. Anscheinend zog die Nachfrage im Geschäft mit großen Einzelhandelsketten deutlich stärker an. Eine Ursache für diese Entwicklung könnte die deutliche Verlagerung der Umsätze in den Onlinehandel gewesen sein. Die Pandemie sorgte für eine starke Verschiebung der Verhältnisse.
Verbunden mit dem erhöhten Umsatz ist eine deutliche Zunahme im Personalbestand. Im Durchschnitt beschäftigte LEGO 20.198 Personen in Vollzeitstellen, was einem Zuwachs von 15,9% oder gut 2.700 Stellen entspricht. Zum Bilanzstichtag arbeiteten insgesamt 24,484 Personen für LEGO. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich dieser Wert um 19,6%. Die meisten werden wohl in einem der 165 neuen LEGO Brand Stores eingesetzt werden. An dieser Stelle möchten wir anmerken, dass wir weiterhin die Bestandsentwicklung der Brand Stores im Geschäftsbericht nicht nachvollziehen können (siehe Bild). Darüber hinaus wurde zum Beispiel der Campus in Billund im Jahr 2021 fertiggestellt. Weitere Investitionen sprechen für einen weiteren zukünftigen Ausbau des Personals.
LEGO verfügt über eine sehr gute Eigenkapitalausstattung. Im Vergleich zum Vorjahr reduzierte sich der Wert um 2,6 Prozentpunkte von 63,3% auf 60,7%. Die meisten Gesellschaften träumen von solchen Werten. Zudem wird Fremdkapital nur zu sehr geringen Maße eingesetzt. Neben einem verschwindend geringen Anteil (137 mDKK) einer langfristigen Hypotheken-Finanzierung bestehen sonst nur Leasing-Verbindlichkeiten in Höhe von 4.752 mDKK mit externen Kapitalgebern.
Die sonstigen Verbindlichkeiten stammen im wesentlichen aus dem operativen Geschäft mit den lokalen Gesellschaften oder sind Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Staat (z.B. Lohnsteuern).
Absatzmärkte
Die LEGO Gruppe unterteilt ihren Bericht in drei Regionen. Der Hauptabsatzmarkt ist “Europa, Naher Osten & Afrika”, der für 42% des Umsatzes sorgt, gefolgt von “Amerika” mit 40% und “Asien & Pazifik” mit 18%. Im Rahmen der Nürnberger Spielwarenmesse berichtet der deutsche Ableger, die LEGO GmbH, über einen Umsatzanstieg von 7,5%, was etwa 638 Mio. Euro (Vorjahr 593 Mio. Euro) oder rund 4.785 Mio. DKK entsprechen sollte. Der deutsche Anteil am weltweiten Geschäft nahm somit von 10,2% auf 8,7% ab. Zum Vergleich: Der Anteil des britischen Ablegers lag 2020 bei 6,6%.
In der folgenden Tabelle könnt ihr die Entwicklung in den Regionen sehen:
Umsatz nach Region in mDKK | 2021 | 2020 | 2019 | 2018 | 2017 |
---|---|---|---|---|---|
Europa, Naher Osten & Afrika | 22906 (+20,2%) | 19060 (+11,5%) | 17089 (+2,7%) | 16644 (+4,7%) | 15898 |
Amerika | 22031 (+34,8%) | 16345 (+14,1%) | 14328 (+4,1%) | 13769 (+2,3%) | 13457 |
Asien & Pazifik | 9907 (+26,1%) | 7857 (+17,7%) | 6676 (+22,1%) | 5469 (+8,7%) | 5028 |
Aus der Tabelle könnt ihr entnehmen, dass die Region “Europe, Middle East & Africa” ein Umsatzplus von 20% verbuchen konnte. Anhand der uns vorliegenden Quellen können wir nicht nachvollziehen, in welcher Region die Nachfrage-Explosion entstand. Der deutsche Spielwarenmarkt legte beispielsweise um ca. 4% zu, das Marktsegment der Bausätze verzeichnete dagegen eine Steigerung von 13%.
Der spanische Markt freute sich, das Vor-Corona-Niveau nach einem starken Einbruch 2020 wieder erreicht zu haben. In Großbritanien belegte LEGO nach smythtoys.com den 2. Platz der am stärksten wachsenden Online-Spielwaren-Shops. Mögliche Auswirkungen der Brexit-Unsicherheiten können wir nicht bestimmen.
In den USA legte der Gesamtmarkt um 13% zu, zeigte aber auch sehr unterschiedliche Entwicklungen in den Einzelkategorien. Die stärksten Segmente konnten Zuwächse von bis zu 35% verzeichnen, während andere Teilmärkte zwischen 2% und 4% zulegten. LEGO durfte sich in der Kategorie “Building Sets” über eine Steigerung von 16% freuen. Ein interessantes Detail brachte die Marktanalyse der npdgroup in der Februar-Ausgabe des Toybook hervor. Dort kam der Analyst Juli Lennett zu dem Schluss:
More than half of the dollar gains in 2021 came from households with incomes greater than $100,000 — those households likely had more savings from not spending on vacations.
Wenn wir diese Aussage richtig deuten, könnte der US-Markt von signifikanten Einmaleffekten getrieben worden sein. Unabhängig davon ist ein Zuwachs von 35% in einem etablierten Markt ein großer Erfolg.
Der Umsatz im asiatischen Markt konnte ebenfalls um gut 26% gesteigert werden. Allerdings verblasst das Ergebnis ein wenig im Vergleich mit dem US-Markt oder Europa. Weiterhin setzt LEGO insbesondere in China auf eigene Stores. Wie wichtig LEGO der chinesische Markt ist, können wir an den LEGO Brand Stores ablesen: Von den 165 Neueröffnungen wurden im letzten Jahr 95 Standorte in China realisiert. Mittlerweile betreibt LEGO 340 von 832 Brand Stores, also mehr als 40% der Läden, im Reich der Mitte.
Eine detaillierte Übersicht des dortigen Spielwarenmarktes konnten wir nicht finden. Lediglich eine Aufstellung über das 1. Halbjahr des chinesischen Onlinemarktes ließ sich auftreiben. Ergebnis: Bei einer sehr unterschiedlichen Verteilung stiegen die Online-Zahlen um 6,7%, der Handel mit “Building Sets” hingegen um 5%. Vor diesem Hintergrund kann die Entwicklung in Fernost durchaus als sehr zufriedenstellend betrachtet werden.
Erfolgreiche Produkte
Die offizielle Infografik informiert uns über die Top-Seller 2021 bei LEGO. Im abgelaufenen Jahr sollen es die Reihen LEGO City, Technic, Creator Expert, Harry Potter und Star Wars gewesen sein. Erstmals taucht in dieser Kategorie eine Produktlinie auf, die an die erwachsene Zielgruppe ausgerichtet ist. In diesem Zusammenhang kommt die Abschaffung der Bezeichnung im Mai 2020 etwas ironisch daher. Die Auflistung unterliegt keiner bestimmten Reihenfolge und gibt uns daher auch keine Auskunft, welche Reihe besonders erfolgreich war.
Wir äußerten schon mehrfach den Verdacht, dass bei der Nennung auch Marketing-Gesichtspunkte eine Rolle spielen könnten. So wird zum Beispiel im Vorwort des Vorstands auch der große Erfolg von LEGO Ninjago und Super Mario hervorgehoben. Die im Vorjahr gelobte Ideas-Reihe findet in diesem Jahr wiederum keine Beachtung.
Im deutschen Markt ist LEGO mit weitem Abstand die beliebteste Spielwarenmarke. Einer Auswertung zufolge soll LEGO kurz vor Weihnachten fast genauso viele Einheiten über Amazon.de verkauft haben wie Ravensburger, Playmobil und Schleich zusammen. In diesem Zeitraum belegte das LEGO Creator 3-in-1 31117 Spaceshuttle-Abenteuer den 2. Platz der meistbestellten Spielwaren bei dem Online-Händler. Passend dazu reklamierten die Sets aus der Creator Expert-Reihe laut den Daten der npdgroup den Status “Top-Gaining Toy” für sich.
In den USA war nach der Analyse der Marktforscher die Star Wars-Reihe ein Verkaufsschlager. Die neuen Star Wars-Inhalte (z.B. “The Mandalorian”) sorgten für eine Wiederbelebung der größten LEGO Lizenz. In der gleichen Übersicht können wir erkennen, dass in Kanada “Super Mario” weiterhin sehr gefragt war und das meistgekaufte Produkt in der Kategorie “Building Sets” wurde. In Mexiko errangen Mario & Luigi den Titel “Top-Gaining Toy”, also das Spielzeug mit den höchsten Zuwächsen. Insofern können wir der Darstellung im Geschäftsbericht in Teilen mit externen Belegen nachvollziehen.
Die neuen LEGO Sets wurden sowohl beim Publikum als auch in Fachkreisen wohlwollend aufgenommen: Bei der 22. Verleihung des “Toy of the Year” erhielt LEGO in 7 von 16 Kategorien eine Auszeichnung. Im Vorjahr konnten die Dänen vier Preise mit nach Hause nehmen. So wurde unter anderem das LEGO 76178 Daily Bugle und die Botanic Collection mit einer Auszeichnung bedacht. Besonders stolz wird man in Billund auf den Gewinn in der Sparte “Specialty Toy of the Year” gewesen sein. Hier wurde das LEGO 40516 Everyone is Awesome zum Sieger gewählt.
Kosten
Schauen wir uns nun die Kostenentwicklung etwas näher an. Unser besonderes Augenmerk wollen wir dabei auf die Personalkosten sowie auf die Entwicklung der Produktionskosten und die Lizenzkosten werfen. Zur Erinnerung: Zu Beginn des Jahres hatten viele Regionen mit den Auswirkungen der Pandemie heftig zu kämpfen. In Deutschland waren die Brand Stores bis Anfang März komplett geschlossen. Die langsame Wiedereröffnung begann mit einem Termin-Shopping, bis dann allmählich weitere Restriktionen aufgehoben wurden. Wie hat sich LEGO in diesm Umfeld geschlagen?
Personalkosten
Beim Blick auf die Personalkosten fällt uns auf, dass sich der Kostenblock unterproportional entwickelte: Bei einem Umsatzanstieg von 27% stiegen die Aufwendungen “nur” um 20,4%. Das entspricht nahezu genau der Veränderung im Personalbestand von 19,6%. Allerdings bemerkten wir im letzten Jahr einen überproportionalen Anstieg. Beim Vergleich der Umsatzentwicklung von 2021 und 2019 stellen wir fest, dass sich beide Effekte nahezu ausgleichen. Wir vermuten, dass sich der Betriebsablauf etwas normalisierte und einige Überstunden oder Sonderschichten weggefallen sein könnten, die meist mit hohen Zuschlägen vergütet werden.
Laut einer Meldung der Nachrichten-Agentur Bloomberg soll das gesamte Personal für das Jahr 2021 erneut eine Bonuszahlung erhalten. In dem Bericht wird von “bigger bonuses” gesprochen. Im Vorjahr zahlte LEGO der weltweiten Belegschaft DKK 10.000 (ca. 1.350 Euro) für die besonderen Leistungen aus. Weder Bloomberg noch LEGO beziffern die Bonuszahlung für 2021. Darüber hinaus gewährt LEGO für das erfolgreiche Jahr drei zusätzliche Urlaubstage.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr verkleinerte LEGO den Vorstand von zehn auf sieben Personen. Die Gesamtvergütung stieg 2021 von 124 mDKK auf 157mDKK oder um 26,6%. Unter Berücksichtigung der Verkleinerung ergibt sich eine Pro-Kopf-Veränderung von 12,4 mDKK auf 22,4 mDKK, was einer Erhöhung um 80% entspricht. Wie im Vorjahr sind die kurzfristigen variablen Vergütungen die Hauptursache. In den „Short-term incentive plans“ werden 59 mDKK nach 34 mDKK im Vorjahr verbucht.
Transport & Produktverfügbarkeit
Bereits im letzten Jahr wiesen wir auf die Schwierigkeiten beim Warentransport hin. Zum Ende des Jahres explodierten die Charterraten für Standard-Container, gleichzeitig stellten sich die Fahrpläne der Container-Flotte als zunehmend unzuverlässig heraus. Die Corona-Pandemie sorgte 2021 für weiterhin extrem angespannte Lieferketten.
Viele von euch werden sich wahrscheinlich noch an die Havarie der “Ever Given” im Suez-Kanal erinnern: Am 23. März 2021 wurde der Container-Riese von einem Sandsturm in die Begrenzung der Seestraße gedrückt und verstopfte eine der wichtigsten Handelsrouten zwischen Europa und Asien. Die 6-tägige Blockade verursachte einen gigantischen Stau und zeigte symptomatisch die Zerbrechlichkeit der Warenströme auf.
Während sich dieser Verzug innerhalb von einer Woche normalisierte, hatte die Branche mit umfangreichen Einschränkungen durch die Pandemie zu kämpfen. China schloss zum Beispiel im August 2021 den zweitgrößten Hafen des Landes und verschärfte mit der Maßnahme die ohnehin schon angespannte Situation der Transportwege.
Eine Folge der gestörten Transportwege waren Materialknappheit bzw. deutliche höhere Beschaffungskosten. Anhand des HARPEX-Index, der die Preisentwicklung der Charterraten für Seefracht widerspiegelt, könnt ihr euch ein Bild von der Situation machen. Der Nachrichtensender n-tv geht in einem Hintergrundartikel davon aus, dass die beeinträchtigten Lieferketten sich erst wieder mit dem Ende der Pandemie normalisieren werden.
LEGO versucht, diesem Umstand mit global verteilten Produktionsstätten entgegenzuwirken. Aktuell wird jeweils eine Fabrik in China und Mexiko betrieben. In Europa verfügt LEGO über Produktionsstätten in Ungarn, Tschechien und im dänischen Billund. Eine weitere Einheit soll in Vietnam errichtet werden. Die Bautätigkeit wird schon in diesem Jahr beginnen und soll 2024 abgeschlossen sein. Das strategische Ziel dahinter: LEGO will die Produktion möglichst nahe an den Hauptmärkten ansiedeln, um lange Transportwege zu vermeiden.
Damit konnte sich LEGO offensichtlich etwas von den Problemen der Transportwege entkoppeln, jedoch scheint sich die Knappheit in gestiegenen Materialkosten niederzuschlagen. In der Position “Raw materials and consumables used” ist schon ein leicht überproportionaler Anstieg von 5.775 mDKK auf 7.567 mDKK oder 31% zu erahnen. Hier könnte es im nächsten Jahr spannend werden.
Neben den gestiegenen Kosten sollte die zeitliche Verzögerung ein großes Problem werden. Im Spielwarenmarkt werden rund 50% des Umsatzes zum Jahresende getätigt. Schon im Herbst gab es in Deutschland Warnungen über eine mögliche Produktknappheit. Diese Hinweise sollten nicht unbegründet sein.
Bereits Anfang November konnten wir in Europa und in den USA sinkende Verfügbarkeiten erkennen. Wahrscheinlich schrillten bei LEGO zu diesem Zeitpunkt mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft schon einige Alarmglocken. Das könnte auch ein Grund für die recht dürftigen Angebote zum Black Friday 2021 gewesen sein.
In den USA waren Anfang November 2021 rund 53% aller Sets sofort verfügbar, 6% standen auf Nachbestellung und 41% waren bereits vergriffen. Anfang Dezember konnte man in den USA nur noch 24% direkt kaufen, 3% der Sets wurden nachgeliefert und 73% des Angebots waren ausverkauft. Besonders ausgeprägt stellte sich die Knappheit in den klassischen Kinder-Serien dar: LEGO City, DUPLO, Ninjago oder Creator 3-in-1 sowie Friends Sets waren in Nordamerika Mangelware oder bereits weit vor dem Weihnachts-Fest ausverkauft. Die Verfügbarkeit lag zwischen 0 und 10%.
In Europa haben wir zwar auch einen signifikanten Rückgang der Verfügbarkeiten registriert, aber vom Ausmaß in den USA blieben wir verschont. Im europäischen LEGO Onlineshop lag die direkte Verfügbarkeit Anfang Dezember bei ca. 51% (Westeuropa) bzw. 40% (Osteuropa) unmittelbar vor Weihnachten.
Der Markenname LEGO
Ihr mögt euch vielleicht wundern, aber die LEGO A/S ist nicht Inhaberin der Namensrechte von “LEGO”. In den beiden Vorjahren hatten wir euch erläutert, dass die Gründerfamilie offenbar die Namensrechte über ihre Investmentgesellschaft KIRKBI Invest A/S Group verwertet. Aus dem Geschäftsbericht ist das nur noch schwer erkennbar. Im Jahr 2019 wurde die Ausgabenposition “Other external expenses” noch so umschrieben: “Other operating expenses include research and development expenses, trademark royalty and other operating costs.” Der Hinweis auf die “trademark royalty” verschwand 2020. Da der Bilanzposten jedoch nicht nachträglich korrigiert wurde, gehen wir davon aus, dass die Kosten weiterhin dort verbucht werden.
Die Auflösung finden wir erst unter Punkt 5.5. im Anhang. Dort legt LEGO die Geschäfte mit verbundenen Unternehmen offen. Im Jahr 2021 musste die operative LEGO A/S insgesamt 1.988 mDKK (265 Mio. EUR) an die KIRKBI für die Nutzung der Namensrechte bezahlen. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhte sich der Betrag um 420 mDKK oder 26,8%. Bezogen auf den Umsatz entspricht die Höhe wie in den Vorjahren 3,6%. Wir vermuten ganz stark, dass es eine umsatzbezogene Vereinbarung gibt.
Lizenzkosten
Das Thema Lizenzen wird weiterhin heiß und manchmal auch kontrovers diskutiert. Auf der einen Seite freuen sich viele Fans, Merchandise-Artikel zu einem bestimmten Thema zu erhalten, auf der anderen Seite werden Lizenzen von manchen LEGO Fans als Kostentreiber wahrgenommen. Der Einsatz von Lizenzen will daher wohlüberlegt sein. Im Spielwarenmarkt konnte in den letzten Jahren mit Lizenz-Artikeln ein überproportionales Wachstum erzielt werden. Das dürfte für viele Hersteller ein starkes Argument sein. Die npdgroup berichtet zum Beispiel für das erste Quartal im chinesischen Onlinemarkt:
Sales of licensed toys increased 45%, while sales of non-licensed toys grew by 13%. The top-gaining toy licenses in Q1 were Ultraman, Lamborghini, Mercedes-Benz, Ferrari, and Disney Frozen.
Bei LEGO muss die Nutzung einer Lizenz nicht unbedingt mit einem relativ hohen Preis verbunden sein. Als Beispiel wollen wir das frisch ausgezeichnete LEGO Marvel 76178 Daily Bugle mit dem LEGO Star Wars 75309 UCS Gunship vergleichen. Während der “Daily Bugle” mit 3.772 Teilen und 25 Minifiguren bei LEGO 299,99 Euro kostet, schlägt das Gunship mit seinen 3.292 und 2 Minifiguren mit 349,99 Euro zu Buche. Wir könnten noch einige weitere Vergleiche anstellen, wollen aber damit nur zeigen, dass eine Lizenz nicht unbedingt einen hohen Preis bedeutet. Vielmehr scheint dieser sehr stark von dem Lizenzthema an sich abhängig zu sein.
Einer der größten Lizenzgeber und langjähriger Geschäftspartner von LEGO ist der Disney-Konzern. Dieser gibt an, die Vergütungen auf Basis der erzielten Umsätze zu berechnen. Oftmals wird auch eine Mindestabsatzmenge vereinbart. Wir orientieren uns an der Berechnungsmethode von Disney und setzen nun die gezahlten Lizenzkosten ins Verhältnis zum Umsatz.
LEGO musste im letzten Jahr 4.481 mDKK für den Einsatz von Lizenzen aufwenden. Im Vergleich zum Vorjahr legte der Posten um 1.373 mDKK oder gut 44% zu. In dieser Summe befinden sich ebenfalls die Vergütungen an die Ideas-Fandesigner. Auffallend ist der besonders starke Anstieg. Erstmals übersteigt der Aufwand 8% des Umsatzes. Ohne dafür einen konkreten Nachweis zu haben, würden wir vermuten, dass sich hier der zunehmende Einsatz der Lizenzen bei Creator Expert oder LEGO Technic bemerkbar macht. Ihr könnt euch anhand unser Neuheiten Übersicht 2021 selbst auf die Suche begeben.
In den letzten 10 Jahren bewegte sich der Wert zwischen 6,5% und 7,5%. Eine Detailübersicht könnt ihr der nachstehenden Tabelle entnehmen:
Jahr | Lizenzkosten in mDKK | Umsatz in mDKK | in % |
---|---|---|---|
2021 | 4.481 | 54.844 | 8,17% |
2020 | 3.308 | 43.656 | 7,58% |
2019 | 2.777 | 38.544 | 7,20% |
2018 | 2.689 | 36.391 | 7,39% |
2017 | 2.583 | 34.995 | 7,38% |
2016 | 2.893 | 37.934 | 7,63% |
2015 | 2.523 | 35.780 | 7,09% |
2014 | 2.019 | 28.578 | 7,06% |
2013 | 1.602 | 25.294 | 6,33% |
2012 | 1.506 | 23.095 | 6,52% |
Risikovorsorge
Die erhöhte Risikovorsorge des Vorjahres war nicht unbegründet. Unter dem Punkt “3.4. Trade Receivables” können wir die Entwicklung verfolgen. LEGO musste in diesem Jahr einen Verlust von 156 mDKK auf nicht einbringliche Forderungen realisieren. Wir können keinen Zusammenhang zu einer bestimmten Adresse herstellen, gehen allerdings davon aus, dass sich einige Abnehmer im zweiten Corona-Jahr sanieren mussten oder das Geschäft ganz aufgaben.
Mit Blick auf den Rechnungsbestand fällt auf, dass in diesem Jahr mehr überfällige Forderungen bilanziert werden, die noch nicht wertberichtigt sind. Der Betrag der offenen Rechnungen, deren Zahlungsziel um mehr als 2 Monate überschritten ist, stieg von 30 mDKK auf 102 mDKK an. Eine Begründung ist aus dem Zahlenwerk nicht ersichtlich.
Generell hat sich die restriktive Vorsorgepolitik etwas entspannt: Während im Vorjahr noch auf 6.626 mDKK eine pauschale Vorsorge von 569 mDKK oder eine Quote von 8,6% festgelegt wurden, sind im aktuellen Jahr auf einen Bestand von 8.194 mDKK nur 419 mDKK oder 5,1% errechnet worden.
Eine besonderes Augenmerk fällt auf einen Standard in jedem Geschäftsbericht einer großen Gesellschaft: Darin muss eine Gesellschaft auf mögliche Risiken hinweisen, die zwischen Bilanzstichtag und Veröffentlichungsdatum entstanden sind. LEGO erklärt dazu im Punkt 5.6.”Events occurring after the reporting period” (übersetzt von Stonewars):
“Abgesehen von den im Konzernabschluss erfassten oder ausgewiesenen Ereignissen sind nach dem Berichtszeitraum keine für den Konzernabschluss wesentlichen Ereignisse eingetreten..”
Diese Formulierung ist ein Standard und eigentlich keine Erwähnung wert. Das Management Statement, sprich die Vollständigkeitserklärung wurde am 1. März 2022 abgegeben und mit gleichem Datum vom Wirtschaftsprüfer bestätigt.
Gut eine Woche zuvor brachen die Kampfhandlungen in der Ukraine aus, die LEGO im März 2022 zur Pausierung der Lieferungen nach Russland zwangen und wahrscheinlich auch für eine Aussetzung der Aktivitäten in der Ukraine sorgten. Überraschend veröffentlicht LEGO den Bericht der ukrainischen Tochter auf der eigenen Website. Der Gesamtumsatz wird für das Jahr 2020 mit etwa 130 mDKK (17,4 Mio. EUR) beziffert.
VIP-Programm
Viele von euch werden bestimmt das LEGO Treueprogramm kennen. Mit dem “VIP-Programm” könnt ihr bei jedem Direktumsatz mit LEGO VIP-Punkte sammeln, sofern ihr euch kostenfrei angemeldet habt. Mit den Punkten könnt ihr bei späteren Einkäufen einen Rabatt erhalten oder Sachprämien beziehen. Anfang 2021 war beispielsweise eine stark limitierte Auflage der Raumsonde Ulysses sehr beliebt. Darüber hinaus ist auch der Bezug von verbilligten Eintrittskarten für das LEGOLAND möglich.
Aus der Sicht von LEGO handelt es sich bei den VIP-Punkten um ein zukünftiges Leistungsversprechen, dass als Verbindlichkeit im Geschäftsbericht erwähnt werden muss. Gleiches gilt für Gutschein-Karten, die für den Einkauf bei LEGO erworben werden können. Die Position finden wir im Anhang unter Punkt 3.7.
Der Gegenwert der ausstehenden VIP-Punkte wird im Zahlenwerk mit 378 mDKK angegeben, was einer Zunahme von satten 40% entspricht. Umgerechnet beziffert sich das Leistungsversprechen mittlerweile auf rund 50 Mio. Euro. Interessant: LEGO muss anscheinend nicht mehr den nominalen Betrag ausweisen, sondern kann unter bestimmten Voraussetzungen den Wert mit Hilfe eines Berechnungsmodells ermitteln, das die Einlösewahrscheinlichkeiten und den durchschnittlichen Einlösebetrag berücksichtigen soll.
Bricklink
Zur Entwicklung von BrickLink erfahren wir im Jahresreport nichts. Der LEGO Zweitmarktplatz wird mit keinem Wort erwähnt. Ein prüfender Blick auf die Auflistung unter Punkt 5.7. “Group Structure” lässt uns aufatmen. BrickLink gehört weiterhin zur LEGO Gruppe.
Im Rahmen des damaligen Bricklink-Erwerbs wurde auch die südkoreanische Sohobricks mitgekauft. In unserem letzten Hintergrundbericht erwähnten wir bereits, dass die Gesellschaft im Mai 2020 aufgelöst wurde. Folgerichtig wird Sohobricks nicht mehr in der Übersicht aufgeführt.
Die Löschung von Sohobricks hatte keine Auswirkungen auf die Bewertung der Transaktion. Der ursprüngliche Kaufpreis wurde nicht korrigiert. Das leiten wir aus dem unveränderten Goodwill ab, der in der Tabelle 3.1. bilanziert wird. Dieser wird bei Firmenkäufen für immaterielle Gegenstände, wie zum Beispiel Patente oder Kundenbestand, gezahlt und muss im Rechnungswesen gesondert erwähnt werden. Ändert sich diese Bewertung, wäre auch eine Anpassung im Geschäftsbericht notwendig.
Nachhaltigkeitsbericht
Zusätzlich zum “normalen” Geschäftsbericht veröffentlicht LEGO auch einen Nachhaltigkeitsbericht. In diesem werden unter anderem die Entwicklungen im Umweltschutz, die Fortschritte zur Gleichberechtigung und das soziale Engagement dargestellt. Die Informationen könnt ihr natürlich auf der LEGO Website selbst abrufen.
Umwelt
Im Jahr 2020 kündigte LEGO ein 400 Mio. US-Dollar schweres Investitionsprogramm an, um bis 2025 mehr Nachhaltigkeit zu erreichen. Kernpunkt des Programms sind die Erforschung neuer Materialien, damit die Verpackung und die Produkte aus nachhaltigeren Rohstoffen hergestellt werden können. Als ein Ergebnis präsentierte LEGO Mitte 2021 einen Klemmbaustein-Prototypen aus recycelten PET-Plastikflaschen. Dieser befindet sich aber noch in einer intensiven Testphase. Das Forscherteam beschrieb den Status in der Infografik zur Pressemitteilung so: “The testing is far from complete.”
Falls die Tests erfolgreich sein sollten, könnten eines Tages tatsächlich LEGO Steine aus PET in einem Set vorhanden sein. Der Weg dorthin dürfte wahrscheinlich ebenso mühsam sein wie die Einführung von Teilen aus Zuckerrohr. Bis 2030 wollen die Dänen große Teile der Produktpalette auf den nachhaltigen Rohstoff umstellen. Aktuell sind uns nur Pflanzenteile bekannt, die zum Beispiel im LEGO Ideas 21318 Baumhaus vorkommen. Aktuell gibt es 150 Elemente, die aus nachhaltigen Materialien hergestellt werden, fast die Hälfte aller Sets enthält zumindest eines der neuen Teile.
Beim Thema Verpackung gibt es einige Neuerungen: So wurden bereits Ende 2021 die Baseplates aus der Classic-Reihe mit einem neuem Gewand ins Regal gestellt. LEGO verzichtet auf den Einsatz von Plastik und bietet die Sets nun mit einer Papierhülle an. Die bereits 2020 aufgetauchten Papiertüten innerhalb der Sets wurden erstmals mit den aktuellen LEGO 4002021 Mitarbeiter Geschenke 2021 in einem offiziellen Sets getestet. Eine breite Markteinführung steht unmittelbar bevor und soll in den nächsten zwei Jahren die kleinen Plastiktüten komplett ablösen.
Bei der Müllvermeidung des nicht-wiederverwertbaren Materials konnte LEGO Fortschritte erzielen. Die Recyclingquote konnte auf 93% (Vorjahr: 91%) erhöht werden. Einen großen Anteil daran hatte die Reduktion der deponierten Abfallmenge um 70% auf aktuell 115 Tonnen. Darüber hinaus montierte LEGO mehr als 20.000 Solar-Paneele auf den Betriebsgebäuden. Das entspricht einer Fläche von mehr als 20 Fußballfelder und vergrößert die Kapazität auf fast das Doppelte. Einen Großteil des benötigten Stroms wird von KIRKBI, der Investmentgesellschaft der Gründerfamilie, selbst betriebenen Windparks produziert.
Im Jahr 2016 vereinbarte LEGO in Zusammenarbeit mit dem WWF (World Wildlife Fund) Ziele zur effektiven Müllreduktion. Im letzten Jahr konnten wir im Nachhaltigkeitsbericht lesen, dass man in Billund hinter den gesteckten Zielen zurücklag. Über den Fortschritt der Bemühungen können wir in diesem Bericht jedoch nichts mehr finden.
Werfen wir einen Blick auf den Wasserverbrauch: Im Pandemie-Jahr 2020 sind in China und Mexiko leichte Rückgänge festzustellen. Im aktuellen Jahr stieg die benötigte Wassermenge an beiden Standorten jedoch wieder dem Umsatz entsprechend um gut 25% an. Der Bedarf im ungarischen Nyíregyháza legte um 9% zu, in Dänemark sowie in Tschechien kamen die Fabriken in etwa mit dem Vorjahresvolumen aus. Der Gesamtvolumen stieg um 14% von 703.000 auf 821.000 Kubikmeter. Bezogen auf den gestiegenen Produktionsmengen wurde die Ressource um 8,8% effektiver eingesetzt.
Im Nachhaltigkeitsbericht des Vorjahres können wir erstmals eine Zielgröße zu den CO2-Emissionen nachlesen. Dort legte sich LEGO in einem wissenschaftlich fundierten Ziel fest, “… unsere absoluten Kohlenstoffemissionen bis 2032 um 37 % zu senken.” Aufgrund der vorgelegten Veröffentlichung können wir keine Aussagen machen, ob die Dänen auf einem guten Weg sind. Die Berechung des CO2-Fussabdrucks wird jeweils im Herbst für das Vorjahr berechnet. Die Ergebnisse können wir also erst im vierten Quartal 2022 einsehen. Schauen wir also mal kurz in den CO2-Bericht 2020.
Dort stellen wir schnell fest, dass der Großteil der CO2-Emissionen in der Wertschöpfungskette anfallen und nur 2% LEGO zuzuordnen sind. Allerdings fällt uns auf, dass die Berechnungsgrundlage im Jahr 2020 geändert wurde und ein Vergleich mit 2019 schwierig ist. Im Vorjahr wurden noch 11% der Treibhausgase LEGO direkt zugeordnet.
Laut der aktuellen Berechnungsmethode werden rund 1.200.000 Tonnen CO2 pro Jahr der Produktion von LEGO Produkten zugeordnet. Das entsprach einen leichten Anstieg, der hauptsächlich durch die stillgelegten Fabriken Anfang 2020 verursacht wurde. Um die Ausfälle zu kompensieren und die Versorgung intakt zu halten, entschied man sich in Billund für die Belieferung per Luftfracht.
LEGO lässt sich in Kimafragen vom CDP (Carbon Disclosure Project) bewerten. Die Organisation bewertet die Bemühungen zum Klimaschutz und Resourcen-Schonung in unterschiedlichen Kategorien. Die Dänen erhielten 2021 zum sechsten Mal in Folge eine Leadership-Bewertung, das für ein klimabewusstes Handeln auf Vorstandsebene steht. Im letzten Jahr konnte die Bewertung in der Sparte “Climate Change” von “A-” auf “A” verbessert werden. Dieses Top-Rating tragen nur 2% der registrierten Unternehmen. Zusätzlich fordert LEGO seine Geschäftspartner auf, ebenfalls an diesem Programm teilzunehmen. Falls ihr euch näher mit der Thematik beschäftigen wollt, haben wir für euch die Beschreibung des Scoring-Modells herausgesucht.
Soziales Engagement
Die LEGO Foundation kümmert sich hauptsächlich um die sozialen Belange. Die Stiftung besitzt 25% an LEGO und erhielt im abgelaufenen Jahr natürlich auch einen Gewinnanteil. Im Jahr 2021 flossen der Foundation 2000 mDKK zu. Diese Mittel werden zum Beispiel eingesetzt, um Kinder in Not oder mit einer Benachteiligung zu unterstützten. Im letzten Jahr wurden die Kinder in Indien mit 1 Mio. US-Dollar bedacht, als die Pandemie dort besonders starke Verwerfungen hervorrief. Des Weiteren nahm LEGO die humanitäre Situation in Afghanistan nach der Machtübernahme der Taliban sowie das starke Erdbeben in Haiti zum Anlass, die Hilfsorganisationen vor Ort mit jeweils 50 mDKK auszustatten. Nach der Flutkatastrophe in NRW spendete LEGO 7,1 Mio. Kronen das Deutsche Rote Kreuz.
In den USA wurde 2019 die Aktion “LEGO Replay” gegründet und im vergangenen Jahr auf Kanada ausgeweitet. Das Konzept dahinter ist recht simpel: Wenn ihr irgendwo bei euch altes LEGO findet und es spenden möchtet, könnt ihr einfach ein kostenfreies Versandlabel ausdrucken und die Sets oder die Steinesammlung an LEGO Replay senden. Die Steine werden dann zentral gesammelt und an bedürftige Einrichtungen vermittelt. Im letzten Jahr kam auf diesem Weg ein Spendenvolumen von rund 160.000 kg zusammen.
Eine weiteres Projekt ist die jährliche Bauaktion “Build to Give”: In der Adventszeit spendete LEGO für jeden Weihnachtsstern, der über die sozialen Netzwerke oder in der LEGO Life App mit dem Hashtag gepostet wurde, ein kleines Set an Bedürftige. Das Ergebnis übertraf die Resonanz des Vorjahres deutlich und so konnten gut 1,5 Millionen Sets in 29 Ländern verteilt werden.
Über die LEGO Foundation wird ebenfalls die Initiative “Learnung through play” betrieben. Die Idee dahinter ist sehr simpel, benötigt aber leider besondere Aufmerksamkeit: Eltern werden dazu ermuntert, mit ihren Kindern zusammen das Spielen und die Kreativität zu erleben. In den USA werden gezielt Eltern mit Kleinkindern bei ärztlichen Routine-Untersuchungen mit einem DUPLO Set bedacht, um den Spielspaß auch zu Hause zu erleben. In China wird das Konzept in Zusammenarbeit mit UNICEF betrieben. Hier sollen benachteiligte Kinder zwischen 0 und 6 Jahren aktiv zum Spielen angeregt werden. Weltweit werden aktuell rund 3,5 Millionen Kinder unterstützt.
Personal
Die Pandemie erforderte im letzten Jahr auch wieder einige Improvisationskünste und flexibles Handeln. Gutes und zufriedenes Personal ist in solchen Zeiten ein solides Fundament. In der Führungsetage wird man mit Wohlwollen bemerkt haben, dass die Zufriedenheit im Unternehmen einen neuen Höchststand erreichte. Der Motivationsindex wurde in der internen Umfrage mit 83 festgestellt und damit nochmal ein wenig besser als im Vorjahr.
Eine Ursache könnten die sozialen Leistungen sein: Neben einer gesonderten Erfolgsprämie gewährt LEGO beispielsweise auch eine verlängerte Elternzeit und organisierte an drei Produktionsstandorten eine Impfaktionen für das Personal und deren Familien. Darüber hinaus wird verstärkt Wert auf ein ausgewogenes Betriebsklima gelegt. Das beinhaltet ausdrücklich eine Geschlechtergleichstellung und Diversität. Bereits im Vorjahr wurde eine Vereinbarung mit dem United Nations Women’s Empowerment Principles (WPE) unterzeichnet. Das LEGO 40516 Everyone is Awesome Set dürfte den bekundeten Willen unterstreichen.
Die Quote der weiblichen Personen in Führungsebenen stieg 2021 von zuvor 38% auf nunmehr 40%, wobei immer noch erkennbar ist, dass in den höheren Ebenen der Anteil abnimmt. Im Vergleich zum Vorjahr verbesserten sich jedoch die Quoten oder verharrten zumindest auf dem Niveau. Bis 2028 soll ein Gleichgewicht hergestellt sein. Der 7-köpfige Vorstand ist aktuell mit zwei Frauen besetzt.
LEGO muss aufgrund gesetzlicher Erfordernisse auch regelmäßig die Arbeitsbedingungen der Zulieferfirmen untersuchen. Dazu gehören unter anderem vereinbarte, aber auch unangekündigte Besuche vor Ort. Die Pandemie und die damit verbundenen Einschränkungen in den Reisemöglichkeiten führten in wenigen Fällen zu einer Verschiebung. 92% der Termine konnten wahrgenommen werden. Die häufigsten Problemen waren die Zahl der Überstunden, die korrekte Zeiterfassung und unzureichender Brandschutz. Ein Drittel der Beanstandungen konnten bereits abgestellt werden und bei weiteren gut 50% wird an der Behebung gearbeitet. Einem Zulieferer wurde die Geschäftsverbindung aufgrund von Verstößen und mangelnder Bereitschaft zur Behebung gekündigt.
Produktsicherheit
LEGO kommt im Nachhaltigkeitsbericht zu der Erkenntnis, dass der letzte Produktrückruf 12 Jahre her ist. Im Anhang des Berichts finden wir auf Seite 30 unter Punkt 4 die offizielle Definition. Dort heißt es (übersetzt von StoneWars):
Produktrückrufe sind die Anzahl der offiziellen Rückrufe nach Safety Gate (EU), CPSC (U.S.) und DPAC (China). Die Zahl spiegelt die auf den Markt gebrachten LEGO Produkte wider, die aufgrund von Sicherheitsmängeln vom Markt genommen wurden.
Den hektischen Aktionismus rund um die Markteinführung der LEGO Technic 42113 Bell Boeing V-22 Osprey dürften einige mit Sicherheit anders interpretieren. Laut einem Brickset-Post sollen zumindest einige Einheiten in UK bei kleineren Händlern verkauft worden sein. Vermutlich bezieht sich LEGO darauf, dass es keinen offiziellen Rückruf über eines der genannten Systeme gab und das Set demzufolge nicht zurückgerufen wurde.
Ziele für 2022
Nach diesem Rekord-Jahr sieht LEGO etwas verhaltener in die Zukunft. Der Vorstand formuliert die Zielsetzung für 2022 auf Seite 11 seines Berichts wie folgt (übersetzt von StoneWars):
Die LEGO Gruppe erwartet für 2022 ein Wachstum im einstelligen Bereich, das über dem des globalen Spielwarenmarktes liegt. Dies soll durch eine kontinuierliche Konzentration auf Produktinnovation und -attraktivität sowie Wachstum in etablierten und neueren Märkten erreicht werden. Die LEGO Gruppe wird weiterhin in Bereiche wie Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Einzelhandelskanäle und Innovation investieren, um ein langfristiges und nachhaltiges Wachstum zu erzielen.
Zusammenfassung und Bewertung
Das abgelaufene Geschäftsjahr darf ebenso wie das Vorjahr als außergewöhnlich bezeichnet werden. Die Einschränkungen durch die Pandemie standen vor allem im ersten Halbjahr noch im Vordergrund. In der zweiten Jahreshälfte rückten die angespannten Lieferketten und die aufkommende Rohstoffknappheit in den Fokus. In diesem Umfeld konnte LEGO mit einem neuen Umsatz- und Gewinnrekord abschließen. Das Ergebnis kommt nicht ganz überraschend zustande, denn die guten Halbjahreszahlen 2021 deuteten bereits ein starkes Jahr an. LEGO steht damit jedoch nicht alleine da: Quer durch die gesamte Spielwarenindustrie werden gute Ergebnisse berichtet.
Besonders in Nordamerika überzeugten die Dänen mit einem starken Ergebnis, das sogar die dynamischen Erwartungen in Fernost überflügelte. Angeheizt von einem staatlichen Corona-Bonus und Einschränkungen in der Urlaubs-Saison stand den Haushalten mehr Geld zur Verfügung, das bereitwillig für Spielzeug ausgegeben wurde. Mit Blick auf die geplünderten US-Lagerbestände zum Jahresende hätte LEGO wahrscheinlich noch mehr absetzen können, aber scheinbar waren nicht genug Kapazitäten vorhanden. Folgerichtig wurden die Weichen für eine weitere Fabrik gestellt, die in Vietnam entstehen und ab 2024 in Produktion gehen soll.
Erstmals sahen wir mit der “Creator Expert”-Reihe eine Themenreihe unter den Top Sellern, die an die erwachsene Zielgruppe gerichtet ist. Wer von euch versucht hat, in der Adventszeit beispielsweise die LEGO 10294 Titanic oder das LEGO Ideas 21330 Home Alone zu ergattern, bekam eine Vorstellung davon, wie begehrt die großen Sets waren. Trotz der relativ hohen absoluten Preise gab es eine sehr zahlungskräftige Kundschaft, die bereitwillig die Produkte kaufte. Der Blick in die USA verrät uns, dass insbesondere Haushaltseinkommen von über 100.000 US-Dollar aktiv waren. Im kommenden Jahr gilt es nun diese Zielgruppe an sich zu binden. Ob die neue Kundschaft LEGO treu bleiben wird, wenn Urlaubsreisen oder sonstige Freizeitbeschäftigungen wieder einfacher werden, bleibt abzuwarten.
Weitere Risiken dürften die angespannten Lieferketten und die allgemeinen Preissteigerungen sein. Insbesondere in den letzten Wochen wurden vielen schmerzlich bewusst, dass lebensnotwendige Güter unerfreuliche Preissprünge erfuhren und das Hobbybudget in Frage stellen können. Wenn sich aus diesen Effekten eine dauerhaft hohe Inflation etablieren sollte, könnten auch Teile des sprunghaften Umsatz- bzw. Gewinnanstiegs der letzten beiden Jahre hinterfragt werden.
Das Thema Nachhaltigkeit zeigt uns sehr deutlich, wie schwierig die Suche nach alternativen Werkstoffen ist. Die Einführung von Zuckerrohr-basierten Teilen erfuhr seit dem Release des LEGO Ideas 21318 Baumhaus keine nennenswerten Fortschritte. Der vorgestellte Bio-PET-Brick ist ein Schritt in die richtige Richtung, bedarf allerdings noch viel Entwicklungsarbeit. Ein Erfolg kann immerhin beim Verpackungsmaterial verzeichnet werden: Ab diesem Jahr sollen die bekannten Plastiktüten ersetzt werden.
Unter dem Strich sahen wir ein starkes Jahr für die gesamte Spielwarenbranche und insbesondere bei LEGO. Vor dem Hintergrund, dass es den Dänen gelingt, die neue Kundschaft für sich zu begeistern und dass es keine schwerwiegenden Störungen gibt, halten wir das ausgegebene Ziel, ein leichtes Wachstum zu erreichen, für realistisch.
Was haltet ihr von dem Zahlenwerk? Haben euch die Ergebnisse überrascht oder habt ihr das starke Abschneiden erwartet? Glaubt ihr, LEGO kann die Umweltziele erreichen, oder sind sie zu ambitioniert gesetzt? Wie seht ihr die Zukunft von LEGO? Glaubt ihr an viele Sondereffekte oder ein gesundes Wachstum? Waren euch alle Details bekannt oder konnten wir euch einige Hintergründe näherbringen? Schreibt uns eure Meinungen gerne in die Kommentare.
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