Die Ideas-Plattform wurde gegründet, um Fans die Möglichkeit zu geben, auf einem einfachen Weg Produktvorschläge an LEGO zu unterbreiten. Bereits vor über zwei Jahren diskutierten wir mit euch mögliche Reform-Optionen. LEGO sah bisher hier wohl keinen Handlungsbedarf, denn substantielle Änderungen gab es bisher nicht. Wir wollen uns nach der Beendigung des 3. Review 2022 noch einmal dem Thema widmen und dabei die jüngsten Entwicklungen betrachten.
Mittlerweile ist es über zwei Jahre her, dass wir mit euch über Veränderungen bei Ideas nachgedacht haben. Auslöser des ersten Artikels war das 1. Review 2020, das mit 26 Entwürfen einen neuen Rekord aufstellte. Im Mai 2020 kamen wir zu dem Schluss, dass der Anstieg keine einmalige Erscheinung bleiben würde. Als Grund führten wir die steigenden Nutzerzahlen und die konstante Bewerbung durch LEGO an. In Billund wurde das jedoch als „Corona-Effekt“ bewertet und kein kurzfristiger Handlungsbedarf erkannt. In der damaligen Stellungnahme erklärte Ideas via Blogpost, dass man keine voreiligen Entscheidungen treffen wolle.
Ich denke, es ist an der Zeit, die letzten zwei Jahre einmal näher zu betrachten und aus meiner persönlichen Sicht als großer Ideas Fan einzuordnen und zu kommentieren. Wie hat sich die Website entwickelt? Müssen wir uns an die Flut der Entwürfe gewöhnen? Ist das neue BrickLink Designer Programm eine Konkurrenz? Bevor wir uns diesen Fragen widmen, möchten wir eine Bestandsaufnahme vornehmen.
Inhaltsverzeichnis
Ein kurzer Rückblick
LEGO Ideas wurde 2008 unter den Namen „Cuusoo“ (japanisch für „Wünsch dir“) ins Leben gerufen. In einer Testversion war Cuusoo vorerst nur in Japan verfügbar. Die ersten beiden realisierten Sets, der Tauchroboter LEGO 21100 Shinkai 6500 und der Space-Roboter LEGO 21101 Hayabusa, benötigten in der Gründungsphase nur 1.000 Stimmen. Im Herbst 2011 öffnete LEGO die Testversion für den internationalen Zugriff und erhöhte die Grenze auf 10.000 Stimmen.
Im Mai 2014 wurde „Cuusoo“ in „Ideas“ umbenannt. Zu diesem Zeitpunkt berichtete der Blogpost von knapp 580.000 registrierten Personen. Zeitgleich wurden einige Regeländerungen umgesetzt: Erstmals wurde ein Zeitlimit eingeführt, innerhalb dessen die Entwürfe die notwendige Unterstützung sammeln sollten. Ein Jahr später, im Sommer 2015, stellte man in Billund fest, dass das Limit zu restriktiv war und verlängerte die Frist auf maximal 2 Jahre und 2 Monate.
2017 traten die letzte große Änderungen in Kraft. LEGO sah sich mit zu vielen Star Wars- und Marvel-Ideen konfrontiert. Ideas gestattete fortan keine Projekte mehr, deren Lizenzen im eigenen Sortiment genutzt werden. Das war auch die Geburtsstunde der Ideas-Sperrliste, die neben den aktuell aktiven IPs auch bereits über Ideas realisierte Konzepte beinhaltet.
Im Oktober 2019 überschritt die Ideas-Community die magischen Grenze von 1.000.000 Konten. Bis zu diesem Zeitpunkt erreichten im Durchschnitt 10 bis 12 Modelle ein Review und die Entwürfe genossen unter vielen Fans einen gewissen Kult-Faktor. Nach unserer Beobachtung veränderte sich der Charakter der Ideenschmiede ab 2020. Ein Beschleuniger mag der Ausbruch der Corona-Pandemie und die damit gestiegene Zahl der LEGO Fans gewesen sein, die strukturellen Probleme waren aber schon vorhanden und sind weiterhin ungelöst. Werfen wir nun einen Blick auf die aktuelle Entwicklung.
Wie entwickelte sich Ideas seit Anfang 2020?
Bereits im Januar 2020 startete LEGO einen besonderen Fanservice über die Ideas-Website: Ihr konntet in einer Abstimmung über eines der nächsten Star Wars UCS Sets entscheiden. Das Voting wurde zu einer Art Kampfabstimmung zwischen dem Gunship und der Nebulon B. Dementsprechend viel Aufmerksamkeit und damit kostenlose Werbung erhielt die Ideas-Website.
Das hatte vorerst keine Auswirkungen auf die sonstigen Aktivitäten der Plattform. Doch dann folgten in vielen Ländern große Restriktionen durch Corona. Den Effekt können wir auch auf Ideas nachvollziehen: Der Lockdown zwang die Menschen, sonstige Freizeitaktivitäten einzustellen, und so suchten sich die Leute eine Beschäftigung. LEGO war dabei einer der Renner: Alleine im April 2020 sprangen 12 Entwürfe über die Marke von 10.000 Stimmen – soviel wie sonst in einer vollen Review-Periode.
Am Ende des Zeitraums bewarben sich 26 Projekte zur Begutachtung. Damit wurde der bisherige Rekord von 15 Einträgen in den Schatten gestellt. Wenige Tage später versuchten wir in unserem Reform-Artikel den Ursachen auf den Grund zu gehen und experimentierten mit einigen Verbesserungsvorschlägen. Bereits damals glaubten wir nicht, „dass der große Zuspruch der ersten Reviewrunde 2020 nur mit den ‚Corona-Effekt‘ erklärt werden kann“.
In Billund bewertet man die Situation vorsichtiger und sah im September 2020 vorerst keinen Handlungsbedarf. In dem Statement führte Ideas aus:
„It’s too early to determine whether the trend will continue and we don’t want to make any snap decisions based solely on the effects of this global situation that we face. Therefore, you shouldn’t expect any fundamental changes to the way LEGO Ideas Product Ideas works in the near future.“
Kurzum: Ideas bewertete den Anstieg offenbar als kurzfristigen Einmaleffekt.
Die Entwicklung ist sogar in den Vorstandsetagen aufgefallen, denn während der LEGO Bilanz-Präsentation 2020 hob Niels B. Christiansen, LEGO CEO, die Entwicklung besonders hervor (siehe Video ab 07:35 Min). Mit einem gewissen Stolz wurde eine Wachstumsrate von 50% genannt und gleichzeitig der LEGO Ideas 21323 Konzertflügel erwähnt, der kurz zuvor den „Toy of the Year“-Award 2021 in der Kategorie „Specialty Toy“ gewann.
Einen weiteren Schub erhielt Ideas, als die Mitglieder im Januar 2021 aufgerufen wurden, über das Jubiläums-Set zur 90-Jahres-Feier abzustimmen. Die Abstimmung stellte sogar das UCS Star Wars-Voting in den Schatten. In einer Zwischenanalyse zählten wir über 55.000 Benutzer, die ihre Stimme abgaben. Zeitgleich verzeichnete Ideas einen Rekord an Neuanmeldungen. Zum Jahresstart 2021 zählte Ideas schon etwa 1.620.000 Fans.
Gleichzeitig gab es im Winter 2020/21 in vielen Ländern wieder zahlreiche Lockdowns unterschiedlichen Ausmaßes. In Deutschland konnten die LEGO Stores erst wieder im März 2021 nach einer längeren Schließung unter starken Einschränkungen öffnen. Wie im Vorjahr galt es, einen Weg zu finden, um sich die Zeit sinnvoll zu vertreiben. Erneut griffen viele Familien zu LEGO und auch die Fans gingen ihre Bauprojekte an. Die Folge: Das 1. Review 2021 wurde mit einem neuen Rekord beendet. 57 Entwürfe konnten zwischen Januar und April die magische Grenze knacken. Anfang Mai 2021 waren 1.805.000 Ideas-Konten registriert.
Ende April 2021 wurde das Ideas-Team um eine Person erweitert, um das Kern-Team vor allem in der Moderation, bei den 10k-Interviews und dem Versand von Preisen zu unterstützen. Das war auch dringend notwendig, denn damals deutete einiges auf einen Bearbeitungs-Stau hin. Bestes Beispiel waren die Review-Entwürfe. Üblicherweise postet Ideas die Anerkennung innerhalb von 24 Stunden. Das LEGO Viking Longship von Jonas knackte jedoch am 7. März 2021 die magische Schwelle. Die offiziellen Glückwünsche des Ideas-Team trudelten allerdings erst mit über einen Monat Verspätung am 16. April 2021 ein.
Einen ähnlichen Trend konnte ich in den 10k-Interviews erkennen. In dem Format stellen sich die kreativen Köpfe selbst vor, plaudern etwas über ihre LEGO Leidenschaft und beschreiben, wie das Ideas-Modell entwickelt wurde sowie ihr Gefühl beim Erreichen der 10.000 Stimmen. Nachdem im 1. Review 2021 der Rekord von 57 Entwürfen die Ziellinie überschritt, zählten wir nur noch 49 veröffentlichte Interviews. Das mag zum einen daran liegen, dass teilweise bekannte Namen auftauchten, die eventuell keine Lust mehr hatten, das Interview auszufüllen, zum anderen kenne ich aber auch Fälle, in denen die Interviews offenbar vergessen wurden. Der Fairness halber betone ich, dass im 2. Review 2021 wieder alle 10k-Interviews veröffentlicht wurden, aber das 3. Review 2021 zeichnete sich schon wieder durch Lücken aus. Ob hier eventuell auch manche Interviews nicht eingereicht wurden, wissen wir jedoch nicht.
Bereits in unserem Hintergrund-Artikel zeigten wir euch schon einige Beispiele von geduldeten Regelverstößen auf. Ich versuche euch bei den Entwurfs-Vorstellungen bereits auf mögliche Ungereimtheiten hinzuweisen, damit ihr eure Hoffnungen nicht so hoch ansetzt. Unverständlich bleibt für mich beispielsweise, warum das Projekt Minas Tirith nicht nachträglich aus dem Review entfernt wurde. Der Fan gab im Interview offen eine Teilezahl von 4.400 an und lag damit klar über dem offiziell erlaubten Limit von 3.000 Steinen. Im aktuell beendeten 3. Review 2022 steht ebenfalls ein Modell unter dem starken Verdacht, die Teilegrenze weit überschritten zu haben. Im Post zu „The Zoo“ erwähne ich, dass das Modell laut Auskunft des Fandesigners aus 4.500 Teilen besteht.
Dem Ideas-Wachstum konnten diese Kleinigkeiten nichts anhaben: Im November 2021 hatte man in Billund Grund die Sektkorken knallen zu lassen, als die Marke von 2.000.000 Benutzern geknackt wurde. Trotz der erhöhten Anforderungen blieb die Personaldecke von außen betrachtet unverändert. Ende März 2022 wechselte die Verstärkung, da die Erstbesetzung die Aufgabe aus unbekannten Gründen nicht mehr fortführte. Ich vermute aber, dass eventuell ein Zeitvertrag ausgelaufen sein könnte.
Aus meiner Sicht kam der Verdacht auf, dass Ideas nicht sonderlich interessiert war, die organisatorische Planung und den technischen Unterbau an das Wachstum anzupassen. Im Sommer 2022 stellte ich sogar für einen kurzen Zeitraum fest, dass der „Time-Out“ bei manchen Entwürfen nicht mehr funktionierte. Im Extremfall hätte das zu erfolgreichen Projekten geführt, die die Zeitvorgaben überschritten haben. Erst nach einem Hinweis konnte der Fehler behoben werden. Nach meiner Beobachtung führte der Vorfall aber nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung.
Erst im Sommer 2022 ging dem dynamischen Wachstum ein wenig die Luft aus. Im Juli 2022 zählten wir ca. 2.360.000 Konten und zum Jahreswechsel 2022/23 konnten wir gut 2.615.000 registrierte Fans vermerken. Eine Übersicht der Entwicklung könnt ihr der nachstehenden Tabelle entnehmen. Zusätzlich haben wir die Anzahl der Fans ins Verhältnis zur Review-Schwelle gesetzt, worauf ich später noch eingehen will.
Datum | Review- Grenze | Anzahl Ideas- Konten | in % |
---|---|---|---|
Mai 2014 | 10.000 | 578.668 | 1,73% |
Oktober 2019 | 10.000 | 1.000.000 | 1,00% |
Mai 2020 | 10.000 | 1.235.000 | 0,81% |
September 2020 | 10.000 | 1.413.000 | 0,71% |
Januar 2021 | 10.000 | 1.620.000 | 0,62% |
Mai 2021 | 10.000 | 1.805.000 | 0,55% |
November 2021 | 10.000 | 2.000.000 | 0,50% |
März 2022 | 10.000 | 2.205.000 | 0,45% |
Juli 2022 | 10.000 | 2.360.000 | 0,42% |
Januar 2023 | 10.000 | 2.615.000 | 0,38% |
Spannend wird es, wenn wir die Anzahl der aktiven Entwürfe betrachten: Aufgrund des stark gestiegenen Mitgliederbestands wäre auch ein stetiger Anstieg logisch. Die Wirklichkeit sieht aber anders aus, denn nach einem Zuwachs, der im Mai 2021 den Höhepunkt erreichte, reduzierte sich die Auswahl wieder auf das Niveau von Mai 2020. Wir zählen heute mit ca. 2.700 Modellen eine nahezu identische Auswahl. Die Anzahl der Entwürfe mit mehr als 5.000 Stimmen nahm in gleichen Zeitraum von 42 auf 105 Modellen zu und spiegelt damit ungefähr den Kontenzuwachs wider.
In diesen zwei Jahren konnten wir noch eine Veränderung feststellen: Die Beliebtheit von Lizenz-Produkten hat deutlich zugenommen. Während im Mai 2020 noch fast zwei Drittel aller Einreichungen der Fantasie entsprangen, holten die Lizenz-Modelle auf und sind nun mit etwa 50% vertreten. Der Lizenz-Anteil liegt bei Projekten mit mehr als 5.000 Stimmen sogar noch höher.
In unserem Reform-Artikel vor zwei Jahren hatten wir das mit der höheren Aufmerksamkeit der Themen und einer bereits vorhandenen Fanbasis begründet. Das beste Beispiel sind die aktuellen Entwürfe zum „Lover“-Video von Taylor Swift. Nachdem LEGO Ideas der Taylor Swift-Gemeinde sogar noch Hoffnung auf ein Set machte, wurden einige Entwürfe eingereicht.
Die Fans sorgen mit ihrem Abstimmungsverhalten aber auch dafür, dass die Lizenzen immer mehr in den Fokus rücken und sind indirekt ein Antreiber der Veränderung. Als Gegenpol achtete Ideas in den letzten Jahren bei der Auswahl sehr darauf, dass sich generische Ideen und Lizenzthemen die Waage hielten. Nachdem die ersten Ideas-Sets alle eine Lizenz benötigten, haben die generischen Modelle deutlich aufgeholt und können jetzt einen Anteil von knapp 40% vermelden.
Die Entwicklung haben wir ebenfalls für euch in einer Tabelle aufbereitet:
Datum | Aktive Entwürfe | Lizenz- Anteil | Entwürfe über 5.000 Stimmen | Lizenz- Anteil über 5.000 Stimmen |
---|---|---|---|---|
Mai 2020 | 2.700 | 36,9% | 42 | 38,1% |
September 2020 | 3.600 | 39,8% | 58 | 43,1% |
Januar 2021 | 3.550 | 43,2% | 63 | 46,0% |
Mai 2021 | 4.400 | 43,0% | 85 | 50,6% |
November 2021 | 3.200 | 47,4% | 90 | 57,8% |
März 2022 | 3.200 | 45,9% | 87 | 49,4% |
Juli 2022 | 2.750 | 48,2% | 92 | 48,9% |
Januar 2023 | 2.680 | 49,9% | 105 | 56,2% |
Reaktionen auf die Review-Ergebnisse 2021
Ich habe euch gerade gezeigt, dass die Konten-Entwicklung auf Ideas nicht ausschließlich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie steht. Es gibt aber noch einen weiteren Anlass für eine latente Unzufriedenheit. Um der Sache auf den Grund zu gehen, wollen wir uns nochmal die Review-Entscheidungen 2021 näher ansehen.
Beginnen wir mit dem 1. Review 2021: In der Rekord-Runde standen 57 Entwürfe zur Auswahl. LEGO Ideas wählte aus diesem reichhaltigen Angebot zwei Modelle aus, bei einem weiteren Projekt wurde die Entscheidung vertagt. Kurz nach der Verkündung wurde das Ergebnis intensiv besprochen. Sowohl bei uns im Blog, aber auch direkt bei Ideas wurde Kritik an der geringen Anzahl der umgesetzten Ideen zum Ausdruck gebracht. Des Weiteren habt ihr bemängelt, dass erneut eine TV-Sitcom den Zuschlag bekommen hat.
Ideas begründete die Wahl von zwei Modellen mit begrenzten Kapazitäten und Entwicklungszeiten, was verständlich, aber bei so einer großen Auswahl, natürlich schmerzlich ist. Für die Fans hatte die Entscheidung aber einen noch ganz andere Aussage: Es lohnt sich offenbar, ein Modell mehrmals einzureichen, denn „The Office“ setzte sich erst im 3. Anlauf des Fandesigners durch. Seitdem verzeichnen wir einen spürbar gestiegenen Anteil an Re-Entries, die manchmal völlig unverändert sind. Den einreicheden Fans kann das nicht vorgeworfen werden, schließlich bewies Ideas selbst, dass sich Hartnäckigkeit lohnt.
Die Entscheidung zum 2. Review 2021 warf auch einige Fragen auf. Von den 36 Kandidaten erhielten nur zwei Projekte die Produktionsfreigabe. Während das A-Frame-Haus allgemein akzeptiert wurde, schieden sich an der Wahl von „BTS Dynamite“ die Geister. Der Hauptkritikpunkt sowohl bei uns im Blog als auch bei Ideas war vor allem die vermeintlich ungenügende bautechnische Leistung.
Die Enttäuschung der Ideas-Community ist schon gut nachvollziehbar: Teilweise werden viele Monate in die Perfektion der Modelle investiert, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erzielen. Wenn im Gegensatz dazu LEGO ein Modell wählt, bei dem die Qualität des Entwurfes wahrscheinlich nicht das Hauptkriterium gewesen sein kann und bei dem die Minifiguren noch nicht mal Gesichter haben, ist der Frust wohl nachvollziehbar.
In unseren Kommentarspalten zu Ideas-Artikeln wird häufiger angeführt, dass es nur auf die Idee ankommt. Wie ihr im nachstehenden Bild sehen könnt, ist die Thematik allerdings nur ein Punkt aus einer ganzen Reihe der Ideas-Prüfkriterien, welche wir euch schon im Detail vorstellten. Offensichtlich überwog bei „BTS Dynamite“ der Aspekt „Expected demand“ so stark, dass die Entscheidung zu Gunsten der Einreichung ausfiel.
Das Ergebnis zum 3. Review 2021 bot nicht ganz so viel Zündstoff wie bei den beiden Vorgängern, stellte aber doch ein paar Fragen. LEGO Ideas wählte aus 36 Einreichungen nur eine Vorlage aus. Die meisten aus der Community hatten mit mehr Sets gerechnet. Hinzu kam der Re-Entry-Effekt, denn das „Hocus Pocus“-Haus der Sanderson Schwestern brauchte ebenfalls zwei Anläufe, bevor Billund das „OK“ zur Umsetzung gab.
Die Filmvorlage ist in Europa eher unbekannt und das Thema vorrangig in Nordamerika relevant. Dort genießt der Film einen gewissen Kultstatus. Hinzu kommt, dass der Halloween-Klassiker – ähnlich wie „Kevin allein zu Haus“ – einen starken saisonalen Bezug hat. Das hat bei einigen Fans (vor allem hierzulande) für ein gewisses Unverständnis gesorgt.
Warum sind so viele Fans mittlerweile unzufrieden?
Die Frage ist nicht so leicht zu beantworten. Wahrscheinlich kommen viele Faktoren zusammen, von denen wir die offensichtlichen kurz besprechen wollen.
Durch die stark zugenommenen User-Zahlen ist es für die Einreichungen „einfacher“ geworden, die notwendigen Stimmen einzusammeln. Viele werden jetzt einwenden, dass die aktuelle Hürde für die meisten unerreichbar ist und das können wir gut nachvollziehen. Es gibt eine Menge tolle Ideen, die im Mittelfeld stecken bleiben, keine Aufmerksamkeit bekommen und von der Community nicht gesehen werden. Auf der anderen Seite platzen die Review-Runden seit einiger Zeit förmlich aus allen Nähten. Die Auswahl ist riesig und genau da liegt auch ein Problem, denn die Anzahl der akzeptierten Vorlagen blieb in den letzten zwei Jahren mehr oder weniger unverändert. In der Konsequenz nimmt die Wahrscheinlichkeit einer Zusage ab und schon rein mathematisch das Frust-Potential durch Enttäuschung zu.
LEGO hat die Begrenzung in der Vergangenheit unter anderem mit beschränkten Produktionskapazitäten begründet. Das Argument ist zwar bedingt nachvollziehbar, aber die Ideas-Reihe rückt in der Vermarktung von LEGO immer mehr in den Vordergrund. Warum einer aufstrebenden Reihe nicht den notwendige Support und eben ggf. auch mehr Produktionskapazitäten zukommen, ist nicht wirklich einleuchtend.
Hinzu komt, dass das Ideas-Team Sonder-Sets im Rahmen von Aktionen, Kooperationen und Wettbewerben ausschreibt und die Kapazitäten zusätzlich verknappt. Im Mai 2022 durften die Fans über das erste Target x LEGO Set abstimmen. Anfang Dezember 2022 konnten wir uns über die Gewinner des 2. Target x LEGO Set freuen, das aus einem Ideas-Contest hervorging, und am 5. Januar 2023 soll der Sieger der Dungeons & Dragons x Ideas Aktion verkündet werden.
Aufgrund entsprechender Präzedenzfälle sind mittlerweile Re-Entries in Mode gekommen. Was die kreativen Köpfe zu Recht freut, stört manche Puristen, die auf der Suche nach neuen und frischen Ideen sind. In den meisten Fällen ist in einem weiteren Versuch die Dynamik nicht mehr so groß und führt zu einem Abnutzungseffekt. Ob Re-Entries tatsächlich ein Ärgernis sind oder auch etwas Positives an sich haben, möchten wir nicht beurteilen, denn hier verfügen beide Sichtweisen über nachvollziehbare Argumente.
Unverständlich ist es hingegen, objektiv regelwidrige Modelle zum Review zuzulassen. Ich persönlich bin hier schon manchmal erstaunt, dass einige Entwürfe das Review erreichen und selbst auf klare Verstöße nicht reagiert wird.
Werfen wir nun noch einen kurzen Blick auf die zahlreichen gelungenen, aber abgelehnten Entwürfe: Mit der Einreichung auf Ideas werden die Verwertungsrechte an LEGO übertragen. Das erscheint sinnvoll, denn wie sollen sonst die Entwürfe vermarktet werden? Allerdings verbleiben die Rechte drei Jahre nach dem Ausscheiden aus dem Voting bzw. nach Ablehnung im Review bei LEGO. In dieser Zeitspanne kann das Projekt nur unentgeltlich angeboten werden, was natürlich für viele kreative Köpfe nicht attraktiv ist. Aus diesem Grund landen die Modelle meist für drei Jahre in der Schublade und geraten in Vergessenheit. Für uns Fans ist das auch ärgerlich, da wir die Idee gerne mit dem Kauf einer Anleitung oder sogar des fertigen Objekts gerne unterstützen würden, aber oftmals verschwindet das Vorhaben aufgrund der langen Wartezeit wieder vom Radar. Das neue BDP-Konzept mag uns etwas Hoffnung geben, löst die Problematik für Lizenz-Entwürfe nicht.
Vor über zwei Jahren teilte Ideas mit, die Situation prüfen zu wollen. Seitdem ist jedoch nichts passiert, außer, dass die Plattform intensiv beworben wird. Aus unserer ersten Tabelle könnt ihr ersehen, dass die Marke von 10.000 Stimmen bei der Umbenennung in Ideas einen Zuspruch von 1,73% der Community bedeutet hat. Aufgrund der aktuellen Zahl ist die relative Schwelle jedoch auf nur noch 0,38% abgefallen. Würde Ideas die Grenze auf das damalige Niveau harmonisieren, wären heute rund 45.000 Stimmen notwendig. Diese Schwelle würde dann aber so hoch liegen, dass sie wohl eher eine abschreckende Wirkung hätte. Schon eine Änderung auf 20.000 Stimmen würde für viele Projekte eine enorme Herausforderung bedeuten.
Auf der anderen Seite scheint das aktuelle Level für große Lizenzthemen oder eine aktive Fanbasis keine große Hürde zu sein. Die Follower können sich einfach auf Ideas anmelden und sofort für den Entwurf stimmen. Aus der Sicht von LEGO ist das Verhalten natürlich wünschenswert, da sich somit die Vielfalt im Review vergrößert. Die spontanen Unterstützungen haben aber den Nachteil, dass die Werthaltigkeit hinterfragt werden muss. Der Klick auf den „Support“-Button ist kostenlos und ohne rechtliche Bindung. In der 1. BDP-Runde zeigte sich aber, dass ein Support noch lange keinen Kauf bedeutet: Das oft gefeierte Thema „Bionicle“ verfehlte die Finanzierungsschwelle und schied überraschend aus. Maßnahmen zur Erhöhung der Stimmwertigkeit wurden nicht implementiert oder zumindest diskutiert.
Euch mag es nicht so auffallen, aber für mich als intensiven Beobachter wirkt die Personaldecke bei Ideas manchmal bedrohlich dünn. Auch wenn es vielleicht etwas kleinkariert wirkt, aber dass die erfolgreichen Entwürfe lange Zeit eine verspätete Anerkennung in Form eines offiziellen Kommentars vom Ideas-Team bekamen und manchen Fandesignern sogar ein 10k-Interview verwehrt wurde, finde ich wirklich schade, denn diese drückten in der Vergangenheit immer eine Wertschätzung durch das Ideas-Team aus. Hinzu kommt auch noch, dass gerne mal Contest-Fristen kommentarlos verschoben werden oder kurzzeitig technische Probleme auftreten.
Für mich stellt sich die Frage, warum in letzter vermehrt Zusatzaktivitäten organisiert werden, wenn gleichzeitig bei genauer Betrachtung Defizite im Tagesgeschäft deutlich erkennbar sind.
Kann das Bricklink Designer Programm einen Teil der Probleme lösen?
Mitte Dezember konnten wir darüber berichten, dass das BrickLink Designer Programm (BDP) zu einem dauerhaften Instrument wird. Die Ankündigung kam nicht ganz überraschend, denn seit dem Pilot-Projekt (ADP) aus dem Jahr 2019 und dem BrickLink Designer Programm Invitational (BDP) hat LEGO viel gelernt und ist offensichtlich auch mit der Resonanz zufrieden gewesen. Das Gesamtvolumen der drei BDP-Runden schätzen wir immerhin auf ca. 23 Mio. Euro.
Ein Blick ins Kleingedruckte lässt ein wenig aufhorchen, denn im Gegensatz zu Ideas finden teilnehmende Fans andere Bedingungen vor. Zum einen sind die Mitwirkungspflichten deutlich höher, denn für die Teilnahme ist eine Studio-Datei und eine digitale Bauanleitung notwendig. Auf der anderen Seite sind die rechtlichen Hürden nicht mehr so hoch. Gemäß den aktuell publizierten Guidelines entfällt die 3-jährige Übertragung der Vertriebsrechte an LEGO und auch die Vergütung im Erfolgsfall wirkt im Vergleich zu Ideas attraktiv.
Spannend wird auch das angekündigte Intervall sein: Laut den Plänen von BrickLink soll das Programm dreimal pro Jahr stattfinden und kann jeweils bis zu fünf Sets hervorbringen. Davon können die Ideas-Fans nur träumen, denn in der Regel wählt LEGO nur 1 bis 3 Sets pro Review-Runde aus. Im Gegenzug ist das neue BDP auf 20.000 Einheiten beschränkt, während diese Grenze für Ideas-Sets nicht gilt.
Es gibt zumindest einige Gründe, warum das BDP für Fandesigner attraktiver erscheint. Eventuell nehmen wir uns des Themas noch einmal an, wenn das neue BDP angelaufen ist. Eine gewisse Abwanderung von Ideas zum neuen BDP für lizenzfreie Modelle würde uns jedoch nicht überraschen.
Fazit
Ich bin ein großer Ideas-Fan und habe die Website in den letzten Jahren mit Spannung verfolgt. Dabei wurden großartige Sets realisiert. Die Saturn V oder der alte Angelladen zählen bei vielen zu den besten LEGO Sets. Vielleicht hatte ich mir deshalb auch eine Reaktion von Ideas auf die stark gewachsenen Userzahlen und die sich daraus ergebenen Effekte erhofft.
Dass die Anzahl der eingereichten Entwürfe wieder auf das Niveau von vor zwei Jahren zurückgefallen ist, dürfte angesichts der Nutzerzahlen überraschen, könnte aber auch tatsächlich mit dem Abklingen der Pandemie zu tun haben. Eine Rückkehr zu den übersichtlichen Review-Runden halte ich aber für sehr unwahrscheinlich.
Aus der Sicht von LEGO liefert Ideas eine reichhaltige Modell-Auswahl und deshalb befürchte ich, dass wir in absehbarer Zeit keine wesentlichen Änderungen bei LEGO Ideas sehen werden. Dafür hätte es aus meiner Sicht in den letzten zwei Jahren genug Zeit gehabt. Das stimmt mich durchaus traurig, da ich angesichts der Masse an Einreichungen manchmal den Überblick verliere und keine emotionale Bindungen zu den Bauwerken aufbauen kann.
Bisher haben wir für euch bei StoneWars jeden einzelnen Entwurf, der die Grenze von 10.000 Stimmen erreicht hat, vorgestellt. Diese Vorstellungen kosten eine Menge Zeit und durch die stark gestiegene Anzahl an Entwürfen ohne Aussicht auf Besserung ist der Aufwand stark gestiegen. Des Weiteren ist auch euer Interesse an den einzelnen Beiträgen merklich gesunken, was ich gut verstehen kann. Wir werden daher in Zukunft etwas an unserer Berichterstattung rund um die Ideas-Entwürfe ändern und euch diesbezüglich morgen genauere Infos liefern.
Was denkt ihr? Braucht LEGO Ideas eine Änderung, oder gehen wir in diesem Artikel mit dem Programm zu streng ins Gericht? Glaubt ihr, dass man bald in Billund reagiert, oder ist die Entwicklung vielleicht sogar gewollt? Welche Änderungen würdet ihr euch wünschen? Geht es bei Ideas nur um die Idee oder legt ihr auch Wert auf die Bauqualität des Entwurfs? Ist das Wachstum nach euer Beobachtung gesund oder sollte man einen Gang zurückschalten? Schreibt uns eure Meinungen gerne in die Kommentare.